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Special China Seidenstraße

Chinas Energieseidenstraße muss neue Wege gehen

Der Trend auf der neuen Seidenstraße geht in Richtung Erneuerbare. Doch große Kohlekraftprojekte in wichtigen Partnerländern sorgen weiter für eine schlechte CO2-Bilanz.

Von Marcus Hernig | Bonn

Der Bau und Betrieb von Energieinfrastruktur weltweit ist der wichtigste Sektor von Chinas neuer Seidenstraße, auch Belt and Road Initiative (BRI) genannt. Bis 2020 können laut der Universität Boston rund 40 Prozent aller Seidenstraßenprojekte dem Energiesektor zugeordnet werden. Energievorhaben umfassen den Bau von Kraftwerken und Stromübertragungsleitungen.

Energieseidenstraße: China verfolgt langfristig sieben Ziele

Die Kommission für nationale Entwicklung und Reform (NDRC) sowie die Staatliche Energiebehörde (NEA) haben bereits 2017 sieben Ziele für Chinas Engagement im Ausland im Rahmen der Energieseidenstraße definiert:


  1.  Koordinierung nationaler Bestimmungen der Staaten
  2.  Handel mit konventionellen Energiequellen
  3.  Förderung von öffentlich-privaten Partnerschaften (PPP)
  4.  Zusammenarbeit bei der Kapazitätsfestsetzung der Energieproduktion
  5.  Grenzüberschreitende Konnektivität von Energieinfrastrukturen
  6.  Flächendeckende Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien bis 2030
  7.  Durchsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens

Nur noch wenige große Energieprojekte geplant 

Nach Informationen des Global Development Policy Center (GDPC) hat China 2014 bis 2022 rund 104.950 Megawatt an Kraftwerkskapazität erbaut oder ist im Begriff diese fertigzustellen. Die Emissionen dieser Kraftwerke belaufen sich im genannten Zeitraum auf insgesamt 303.440 Kilotonnen Kohlenstoffdioxid (CO2).

Die Coronapandemie und Chinas wirtschaftlicher Abschwung stellen die Weichen für die Zukunft: Für den Zeitraum 2023 bis 2033 hat das GDPC nur 61 geplante Projekte mit einer Kapazität von 10.075 Megawatt weltweit erfasst. Das ist nicht einmal ein Zehntel der Vorhaben in den Jahren 2014 bis 2022.

Von 16 abgeschlossenen Verträgen und Memoranden of Understanding zwischen Januar 2021 und Oktober 2022 zielen neun auf den Ausbau von Wind- und Solarenergie in den Partnerländern. An zweiter Stelle steht die Erdölförderung mit vier neuen Projekten. Die Förderung von Gas und der Ausbau von Wasserkraftwerken durch chinesische Unternehmen spielen bei den aktuellen Planungen hingegen so gut wie keine Rolle.

Kohle- und Wasserkraft produzieren den meisten Strom weltweit

Zwischen 2014 und 2022 dominierten Kohlekraftwerksprojekte. Mit der installierten Gesamtleistung von 44.951 Megawatt entfallen auf Kohlekraft 42,8 Prozent der BRI-Kraftwerkskapazität. Viele Vorhaben sind noch nicht fertiggestellt. Die größten Kapazitäten befinden sich in Vietnam und Südafrika.

Wasserkraft folgt mit insgesamt 30.595 Megawatt an bereits installierter oder noch in Bau befindlicher Kapazität. Das sind rund 29,2 Prozent der Kraftwerksleistung entlang der neuen Seidenstraße.

Projekte in Brasilien sollen CO2-Bilanz verbessern

Brasilien, Pakistan, Südafrika, Vietnam und Indonesien sind die mit Abstand wichtigsten Energiepartner Chinas entlang der neuen Seidenstraße. Staatsunternehmen der Volksrepublik haben dort zwischen 2014 und 2022 fast 60 Prozent aller Kraftwerke gebaut. Mit 63,8 Prozent verursachen diese Stromerzeuger rund zwei Drittel aller CO2-Emissionen, die BRI-Kraftwerksprojekte weltweit ausstoßen.

Als Folge der schlechten CO2-Bilanz gerade bei den süd- und südostasiatischen Vorhaben engagieren sich chinesische Kraftwerksbauer verstärkt in Lateinamerika. Mit 32.755 Megawatt sind 17,6 Prozent der von China 2014 bis 2022 weltweit umgesetzten Energieprojekte in der Region zu finden, davon allein 19.588 Megawatt in Brasilien. Bereits 2021 kamen 84 Prozent der in Brasilien generierten Energie aus erneuerbaren Quellen. Nachdem Chinas State Grid und China Three Gorges (CTG) bereits massiv in umstrittene Staudammprojekte investiert hatten, zeigen Daten der Universität Boston einen klaren Trend Richtung Wind und Solar. Mittlerweile ist das Amazonasland Partner Nummer eins bei Wasser, Wind und Solar. Windkraftvorhaben sind bis 2032 geplant, viele Solaranlagen werden bis 2025 fertiggestellt.

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Kohlekraft-Verordnung nicht vollständig umgesetzt

Chinas Präsident Xi Jinping verkündete im September 2021 vor der Generalversammlung der Vereinten Nationen ein Moratorium für den Bau neuer Kohlekraftwerke entlang der Seidenstraße. Doch an der zeitnah flächendeckenden Umsetzung bestehen Zweifel. Insbesondere energiehungrige Industrieparks benötigen Strom, der noch vielfach aus Kohle erzeugt wird. Im Kohleförderland Indonesien wurden 2022 für das Sulawesi-Labota-Kohlekraftwerk, das den Morowali-Industriepark bedient, und für die Kohlekraftanlagen des Obi-Industrieparks neue Zusatzverträge zum Ausbau beschlossen.

In Pakistan sollen weitere Kohle- und Wasserkraftwerke mit insgesamt 7.388 Megawatt an Kraftwerksleistung installiert werden. In Laos werden Energieprojekte modernisiert. Dabei ist unklar, ob bestehende Kohlekraftwerke, die chinesische Firmen erbaut haben, emissionsärmer werden oder ob dort alternativ neue Wind- und Solarvorhaben im Rahmen der "grünen Seidenstraßen-Politik" ans Netz gehen.

Vorhaben zum Stromnetzausbau nehmen zu

Nach Recherchen von Germany Trade and Invest (GTAI) bauten chinesische Staatsunternehmen, allen voran Power China und Sinomach, in Asien und Afrika im 1. Halbjahr 2022 insgesamt 19 nationale und transnationale Stromnetze aus. Schwerpunkte sind einerseits das Ringleitungsprojekt auf der Insel Luzon auf den Philippinen, wo eine 500 Kilovolt-Hochspannungsleitung entsteht, und andererseits die transnationalen Stromverbindungen zwischen Südchina und Singapur. Im Juni 2022 wurde ein Build-Operate-Transfer-Vertrag (BOT) zwischen dem kambodschanischen Unternehmen SchneiTec und Sinomach unterzeichnet, um die geplante 500 Kilovolt-Hochspannungsleitung zwischen Thailand und Phnom Penh zu verlegen.

Internationale Geldgeber treten anstelle chinesischer Banken

Chinas staatliche Energiekonzerne sind die wichtigsten Akteure der Energieseidenstraße. Die meisten Projekte entfallen auf Power China, gefolgt von China Energy Engineering Group (CEEG) und Sinomach. Bis Ende 2020 hat allein Power China gemäß GTAI-Recherchen 120 BRI-Vorhaben im Umfang von 22,2 Milliarden US-Dollar (US$) abgeschlossen. CEEG und Sinomach folgten mit je 97 beziehungsweise 38 Projekten im Gesamtwert von 11,4 Milliarden beziehungsweise 2,6 Milliarden US$.

Künftig werden die Konzerne dabei nicht mehr auf eine Finanzierung durch chinesische Staatsbanken vertrauen können. Chinesische Entwicklungs- und Staatsbanken haben sich fast ganz aus der Finanzierung von Energieinfrastruktur entlang der neuen Seidenstraße zurückgezogen. Im 1. Halbjahr 2022 schlossen Staatsunternehmen des Landes stattdessen Verträge mit zahlreichen privaten Investoren und Firmen sowie mit der Weltbank, der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) und der Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) ab.

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