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Special | China | Seidenstraße

In der Krise richtet sich Belt-and-Road-Initiative neu aus

Die neue Seidenstraße entwickelt sich zum Sammelbegriff für Chinas Außenwirtschaft. Chinesische Staatsbanken ziehen sich aus der Finanzierung zurück und Südamerika wird wichtiger.

Von Marcus Hernig | Bonn

Von Juli bis September 2022 registrierte Germany Trade & Invest insgesamt 257 Projekte, bei denen chinesische Unternehmen der Volksrepublik eine Ausschreibung im Ausland gewonnen, einen Vertrag unterzeichnet oder eine gemeinsame Absichtserklärung (Memorandum of Understanding) geschlossen haben. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist das ein leichtes Plus von 9,4 Prozent.

Das wichtigste Ereignis im Berichtszeitraum war das 13. Internationale Forum für Infrastrukturinvestitionen und Bauwirtschaft (IIICF). Es fand am 28. und 29. September 2022 in der Sonderverwaltungsregion Macau statt. Im Rahmen des Forums wurden 19 Neuverträge zu Projekten der Belt-and-Road-Initiative (BRI) geschlossen.

Nur noch Hälfte aller Projekte betrifft Energie- und Transportinfrastruktur 

Von den 257 Vorhaben des 3. Quartals 2022 entfallen rund ein Drittel auf den Energiesektor. Davon ist wiederum gut die Hälfte den erneuerbaren Energieträgern Solar, Wasser, Wind und Biomasse zuzuordnen. Weitere 18,4 Prozent dienen dem Ausbau nationaler und transnationaler Stromnetze. Die restlichen 27,6 Prozent teilen sich Bau- und Wartungsaufträge mit fossilen Energieträgern und Atomenergie. 

Nur noch 43 BRI-Aktivitäten (16,7 Prozent) betreffen Häfen, Straßen, Eisenbahnen, U-Bahnen oder Flughäfen. Im 3. Quartal 2021 wurden noch 58 Vorhaben (24,7 Prozent) dem Bereich Transport und Verkehr zugeordnet. Damit machen Energie- und Transportprojekte nur noch die Hälfte aller von Juli bis September 2022 registrierten Vorhaben auf Chinas neuer Seidenstraße aus.

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Immobilien, Bergbau und Industrie werden immer wichtiger

Die deutlichste Steigerung gegenüber der Vorjahresperiode gibt es bei Vorhaben der Immobilienbranche. Sie reichen von der Wartung von Versorgungsleitungen bis zum Bau neuer Industrieparks. Zwischen Juli und September 2022 wurden 51 solcher Projekte identifiziert, was einer Steigerung von rund 60 Prozent gegenüber dem 3. Quartal 2021 entspricht.

Auch Bergbau und Industrie haben deutlich zugelegt. Gleich 53 neue Vorhaben sollen dazu beitragen, Lithium und Nickel abzubauen, die chemische Industrie zu fördern oder neue Batteriewerke aufzubauen. Der Anteil an den gesamten BRI-Projekten im 3. Quartal 2022 stieg auf Jahresbasis um 32,5 Prozent. Nach der Energieinfrastruktur hat sich dieser Bereich zum zweitwichtigsten Sektor der neuen Seidenstraße entwickelt.

Chinesischer Staat finanziert nur noch wenig

Mehr als die Hälfte aller Projekte im Berichtszeitraum soll von privaten Investoren oder ausländischen Regierungen finanziert werden. Die beiden Staatsunternehmen Power China und Energy China gewannen mit jeweils 34 Auftragsübernahmen die meisten Ausschreibungen der aktuellen BRI-Projekte.

Chinesische BRI-Investoren machen dagegen nur noch ein Viertel der Geldgeber aus. Mit einem Anteil von 14,3 Prozent sind internationale Entwicklungsbanken die drittwichtigste Kapitalquelle. Die beiden großen Entwicklungsbanken China Exim-Bank und China Development Bank (CDB) spielen mit dem Finanzierungsanteil von knapp 2 Prozent kaum noch eine Rolle.

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Afrika verliert an Bedeutung

Mit lediglich 67 registrierten Projekten im 3. Quartal 2022 - gegenüber 89 im Vorjahreszeitraum - ging das Engagement chinesischer Investoren in Afrika um fast ein Viertel zurück. In der Vorjahresperiode war die Verkehrsinfrastruktur der eindeutige Schwerpunkt chinesischer Investitionen auf dem Kontinent. Von Juli bis September 2022 erhielten chinesische Staatsunternehmen hingegen die meisten Aufträge im Bereich Bergbau und Energiewirtschaft. Kupfer- und Kobaltminen im Kongo gehören genauso dazu wie Fotovoltaiklösungen in Nordafrika.

In Asien spielen Energie- und Rohstoffsektor führende Rolle

Nachdem im 1. Halbjahr 2022 im Verband südostasiatischer Staaten (ASEAN) ein Rückgang zu verzeichnen war, zeigen die Entwicklungen im 3. Quartal 2022 deutlich nach oben. Die Anzahl der Aufträge stieg um 49 Prozent auf insgesamt 64. Favoriten in ASEAN sind die Branchen Energie mit 22 sowie Bergbau und Metallurgie mit 16 vorgesehenen Einzelprojekten.

Vietnams bedeutende Stellung als Investitionsstandort für Wind und Solar ist dabei ähnlich wichtig wie der Nickelerzabbau in Indonesien für Chinas weltweit führende Batterieproduktion.

Während die Zahl der Vorhaben in Südasien (Indien, Bangladesch, Pakistan und Sri Lanka) leicht gesunken ist, wurden im Mittleren Osten und in Zentralasien mehr Projekte gegenüber dem Vergleichszeitraum 2021 ausgemacht. Zu den Schwerpunkten dieser drei Regionen gehören der Bau von zwei neuen Wasserkraftwerken in Nepal durch Energy China und zwei Windparks in Usbekistan. Auftragnehmer sind Energy China und Goldwind, die Finanzierung kommt aus Abu Dhabi.

Lateinamerika verzeichnet deutlich mehr, Europa weniger BRI-Vorhaben

Noch im 3. Quartal 2021 spielte Lateinamerika kaum eine Rolle bei Projekten der neuen Seidenstraße. Ein Jahr später hat sich die Gesamtzahl mit 39 Aufträgen an chinesische Firmen mehr als verdoppelt. Der regionale Zuwachs lag vor allem in Argentinien und Brasilien. Ein Drittel aller Projekte stammt aus der Energiebranche. Dabei entwickelte sich Brasiliens Ölriese Petrobras zum weltweit wichtigsten Kunden für chinesische Ölförder- und Logistikinseln (FPSO).

In Europa wurden im 3. Quartal 2022 hingegen lediglich 16 BRI-Vorhaben registriert, davon nur noch wenige in Osteuropa. Das bedeutet einen Rückgang um 38,4 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Neue Projekte finden sich in der Europäischen Union: In Ungarn will Chinas Elektroauto-Hersteller Nio seine neue Batteriewechsel-Technologie erstmals im Ausland umsetzen. In Spanien unterzeichneten Envision und Energy China Verträge für neue Solarkraftwerke. Auch im Bereich der erneuerbaren Energien sind chinesische Unternehmen wichtige Partner in Europa.

Die Entwicklungen in den übrigen Weltregionen sind marginal. Lediglich Papua-Neuguinea in Ozeanien baut seine Straßeninfrastruktur weiterhin mit verschiedenen chinesischen Staatsunternehmen aus. 

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