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Interview | EU | 20 Jahre EU-Osterweiterung

"Ein größerer Binnenmarkt mit mehr Chancen auch für das Handwerk"

Am EU-Binnenmarkt partizipieren auch Handwerksbetriebe. Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, umreißt im Interview Chancen und Herausforderungen.

Von Fabian Möpert | Berlin

Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH) | © ZDH/Henning Schacht

Als die Länder Mittelosteuropas vor 20 Jahren der EU beitraten, waren die Löhne dort deutlich niedriger als in den alten EU-Staaten. Nicht nur, aber auch im Handwerk befürchteten viele Betriebe deshalb Konkurrenz durch vermeintlich billige Arbeitskräfte. Zwei Jahrzehnte nach der EU-Osterweiterung fällt die Gesamtbilanz aus Sicht des deutschen Handwerks indes positiv aus. Im Interview mit Germany Trade & Invest (GTAI) unterstreicht Jörg Dittrich, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), die Chancen im vergrößerten EU-Binnenmarkt.

Herr Dittrich, wie bewerten Sie aus der Perspektive deutscher Handwerksbetriebe die Erweiterung der EU um die Länder Mittel- und Osteuropas?

Die Hoffnung auf einen neuen florierenden Wirtschaftsraum hat sich mit der EU-Osterweiterung an vielen Stellen erfüllt. Wir sehen einen größeren Binnenmarkt mit mehr Chancen auch für das Handwerk. Und gerade wir Deutschen wissen aus geschichtlicher Erfahrung, dass Grenzen mit Mauern nichts Gutes bringen. Die positive Entwicklung gilt nicht nur für den wirtschaftlichen, sondern auch für den individuellen und politischen Austausch. Durch den grenzüberschreitenden Wettbewerb, die verbesserte Fachkräftemobilität und die Möglichkeit, neue Geschäftsfelder in den Nachbarländern zu erschließen, lässt sich die Osterweiterung als ein Gewinn auch für das deutsche Handwerk bezeichnen.

Welche Effekte lassen sich besonders hervorheben?

Die grenznahen Regionen und Bundesländer hatten durch die Osterweiterung Anpassungen zu bestehen, profitieren nun aber auch von den Vorteilen des Binnenmarktes. Großen Anteil daran haben die Einwanderung und der erleichterte Pendelverkehr von Fach- und Arbeitskräften aus den Nachbarländern. Vor allem im Bau- und Ausbaubereich wäre es ohne die Osterweiterung wohl kaum möglich gewesen, die hohe Nachfrage nach handwerklicher Leistung in Deutschland zu bedienen. 

Wie nehmen Handwerksbetriebe umgekehrt die Marktchancen in den Erweiterungsländern wahr?

In den Beitrittsländern konnten deutsche Handwerksbetriebe neue Geschäftsfelder erschließen, insbesondere in städtischen Regionen mit hoher Kaufkraft, in denen sie als spezialisierte Anbieter in Marktnischen erfolgreich sind. Dieser grenzüberschreitende wirtschaftliche Austausch hat wesentlich dazu beigetragen, auch den individuellen und den politischen Dialog zwischen Deutschland und den Nachbarländern zu stärken.

Wo sehen Sie den größten Nutzen der wirtschaftlichen Integration?

Der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland ab 2010 sowie die Erhöhung von Lohn- und Preisniveau in den mitteleuropäischen Ländern haben in den vergangenen Jahren dafür gesorgt, dass sich die Wettbewerbsbedingungen länderübergreifend angleichen und Verzerrungen durch Löhne oder Preise entschärft wurden. Die Osterweiterung zeigt daher beispielhaft, wie die nationale Wirtschaft vom europäischen Binnenmarkt profitiert.

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