Wirtschaftsumfeld | Finnland | Investitionsklima
Gutes Investitionsklima – jedoch mit Herausforderungen
Investoren loben den finnischen Wirtschaftsstandort. Es gibt allerdings Stolpersteine, von denen auch deutsche Firmen betroffen sind.
20.02.2024
Von Niklas Becker | Helsinki
Ausländische Investoren schätzen an Finnland unter anderem die Nähe zu Entscheidungsträgern. Aufgrund der geringen Bevölkerungszahl sei der Austausch mit diesen Personen merklich einfacher. Der heimische Absatzmarkt sei aber weiterhin groß genug.
Im Foreign Direct Investment (FDI) Barometer 2023 nennen ausländische Investoren zudem die Lebensqualität, hochqualifizierte Mitarbeiter und die digitale Infrastruktur als die größten Stärken der finnischen Wirtschaft. Die Umfrage wird von der staatlichen Wirtschaftsförderungsgesellschaft Business Finland und der AmCham veröffentlicht. Zu den größten Herausforderungen des Landes gehören laut dem Barometer der Fachkräftemangel und die Arbeitskosten.
Genehmigungsverfahren erschweren neue Projekte
Eine weitere Hürde für Firmen in Finnland sind die heimischen Genehmigungsverfahren. Das berichtete beispielsweise Antti Aumo, Direktor der für die Betreuung ausländischer Investoren zuständigen Gesellschaft Invest in Finland, in einer Pressemitteilung im Februar 2023: "In Finnland haben Probleme mit Genehmigungsverfahren große Industrieinvestitionen behindert. Die Verfahren sollten verbessert werden, um sicherzustellen, dass unser Unternehmensumfeld auch in den kommenden unsicheren Zeiten wettbewerbsfähig und attraktiv bleibt."
Betroffen von den Herausforderungen der finnischen Genehmigungsverfahren ist der deutsche Chemiekonzern BASF. Das Unternehmen hat in Harjavalta eine Produktionsanlage für Vorprodukte von Kathodenmaterialien gebaut. Die Bauarbeiten hat BASF im Herbst 2022 abgeschlossen. Produziert wird in der Anlage jedoch nicht. Das oberste Gericht in Finnland hat die von den Behörden erteilte Umweltgenehmigung zurückgezogen. Im Herbst 2023 erhielt BASF eine neue Genehmigung. Umweltverbände haben auch gegen diese Einspruch eingelegt, weshalb zum Jahresanfang 2024 ein Gerichtsverfahren läuft.
Arbeitsniederlegungen machen sich bemerkbar
Streiks von Arbeitnehmern sind in Finnland - ähnlich wie in Deutschland - fester Bestandteil von Lohnverhandlungen. Mit 64 Streiks gab es in dem nordischen Land laut Internationaler Arbeitsorganisation (ILO) 2022 merklich weniger Arbeitsniederlegungen als beispielsweise in Deutschland (1.532) oder dem Vereinigten Königreich (749). Die finnischen Arbeitsniederlegungen haben jedoch deutlich größere Auswirkungen als in anderen europäischen Ländern. So fielen 2022 in Finnland je 1.000 Beschäftigte durchschnittlich 367,5 Arbeitstage durch Streiks aus. Laut den verfügbaren ILO-Daten absoluter Spitzenwert in Europa. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 6,9 und im Vereinigten Königreich 79,2 Tage.
Investitionen aus den USA steigen kontinuierlich
Nach Angaben des finnischen Statistikamtes beliefen sich die ausländischen Direktinvestitionen im Land 2022 auf knapp 80 Milliarden Euro. Größter Investor ist Schweden mit knapp 16 Milliarden Euro. Deutschland liegt mit rund 6 Milliarden Euro nach den USA auf Platz 3. Letztere haben ihr Engagement in Finnland in den vergangenen Jahren schrittweise erhöht. Im Jahr 2022 belief sich das amerikanische Investitionsvolumen im Land auf 14 Milliarden Euro, 2018 waren es noch etwa 8 Milliarden Euro.
Etwa 60 Prozent aller ausländischen Direktinvestitionen sind in den finnischen Dienstleistungssektor geflossen. Ausländische Firmen haben hier vor allem in den Finanzsektor sowie die Immobilienbranche investiert. Auf Finnlands verarbeitendes Gewerbe entfiel rund ein Viertel aller ausländischen Direktinvestitionen. Hier haben besonders die finnische Chemie- und Metallbranche viele Investoren angezogen.
Laut Zahlen der finnischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft Business Finland haben sich 2022 rund 300 neue ausländische Firmen in Finnland niedergelassen. Etwa zwei Drittel haben bestehende Firmen im Land übernommen.
Deutsche Unternehmen besitzen in Finnland 395 Tochtergesellschaften. Im Jahr 2022 erwirtschafteten diese nach Zahlen vom finnischen Statistikamt einen Umsatz von etwa 16 Milliarden Euro und beschäftigten fast 26.000 Arbeitnehmer.
Deutsche Investoren schätzen an Finnland vor allem die Digitalkompetenz von Zulieferern und Mitarbeitern sowie den Digitalisierungsgrad der Industrie. Das zeigt eine Unternehmensbefragung der Deutsch-Finnischen Handelskammer (AHK Finnland). Besonders positiv schneidet auch die Aufgeschlossenheit von Verbrauchern gegenüber neuen Produkten und Dienstleistungen ab. Deutsche Firmen nutzen Finnland deshalb auch oft als Markt, um neue Produkte zu testen.
Unternehmen | Branche |
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Lidl | Einzelhandel |
Meyer Turku | Schiffbau |
Bayer | Pharma |
DB Schenker | Logistik |
Würth | Großhandel |
Investitionsförderung: Steuererleichterungen für Investoren gefordert
Ausländische Investoren erhalten bei der Neuansiedlung in Finnland derzeit keine Steuervergünstigungen oder Fördermittel. Aufgrund des kleinen Staatshaushalts kann das nordische Land keine entsprechenden Zuschüsse bereitstellen. Der finnische Zentralverband der Industrie (EK) fordert Anfang Februar 2024 jedoch ein Umdenken. Es seien neue Wege erforderlich, um Investitionen anzuziehen.
"Die Sicherung der finnischen Wettbewerbsfähigkeit geht uns alle an - wenn ausländische Investitionen an Finnland vorbeigehen, wird auch ein Großteil des Wachstums an Finnland vorbeigehen. Deshalb brauchen wir neue Instrumente, sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene", sagt Jyri Häkämies, Geschäftsführer von EK. Der Verband fordert Steuerbefreiungen für strategische Investitionen aus dem Ausland. Finnlands Regierung soll sich zudem für einen EU-weiten Fonds zur Anwerbung von ausländischen Investoren einsetzen.
GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.