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Special | Zentralasien | Konnektivität

Zentralasien bereitet sich auf mehr Transitgüterverkehr vor

Um für den Transitgüterverkehr attraktiver zu werden, braucht Zentralasien mehr internationale Kooperation und einfachere Regulierung. Eine Analyse der wichtigsten Transportrouten.

Von Lukas Latz | Berlin

Die Coronakrise und der Stau im Suez-Kanal führten zu Verzögerungen im Containerschiffsverkehr und damit zu einer gesteigerten Attraktivität des Landweges, auch wenn das Gesamtvolumen der auf Straße und Schiene transportierten Güter nur einen Bruchteil des Seehandels zwischen China und Europa ausmacht.

Drei Transportkorridore sind wichtig für den Güterverkehr durch Zentralasien:

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Die drei Korridore entsprechen nicht einzelnen Schienen- oder Straßenverbindungen. In jedem Korridor gibt es zahlreiche Routen. Als übergeordnete Vergleichsgröße zeigen die Korridore aber, in welche drei Richtungen sich der Transitgüterverkehr durch Zentralasien bewegt: durch Kasachstan von China nach Russland (nördlicher Korridor), über das kaspische Meer (mittlerer Korridor) und in den Iran (südlicher Korridor).

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  • Nördliche Route über Kasachstan ist immer stärker ausgelastet

    Der Transitgüterverkehr auf Kasachstans Schienen hat sich in wenigen Jahren vervielfacht. Auf der Route wird viel in Schienen- und Straßenbau investiert, aber nicht immer effektiv.

    Beim Ausbau der Schieneninfrastruktur arbeitet Kasachstan eng mit DB Engineering and Consulting, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn, zusammen. 2019 schlossen DB und die kasachische Eisenbahn (Kazakhstan Temir Zholy; kurz: KTZh) einen Management-Kooperationsvertrag. Mit Peter Sturm ist ein Mitarbeiter von DB Engineering seit August 2020 Generaldirektor der KTZh-Tochtergesellschaft, die für den Personenverkehr zuständig ist.

    Kasachstan investiert ins Schienennetz

    „Kasachstan investiert viel in den Ausbau seiner Schieneninfrastruktur. Die Aussichten, dass der Transitverkehr weiter wachsen wird, sind gut. An der kasachisch-chinesischen Grenze, so erzählen uns Logistiker, klappt der Spurbreitenwechsel bereits besser als an der östlichen EU-Grenze“, erklärt Eduard Kinsbruner, Regionaldirektor für Zentralasien beim Ostausschuss der deutschen Wirtschaft.

    Beobachter mahnen, dass Kasachstans staatliche Ausgaben in Infrastruktur mit einem hohen Korruptionsrisiko einhergehen, wenn sie nicht von multilateralen Banken finanziert werden. Im Februar 2021 wurde durch eine parlamentarische Anfrage bekannt, dass die Schulden des Staatsbetriebes KTZh 4,5 Milliarden US-Dollar (US$) betragen. Das entspricht fast zehn Prozent der gesamten kasachischen Staatsschulden. Die Ziele der kasachischen Eisenbahn zu Ausbau und Verbesserung des Schienennetzes könnten durch die hohen und intransparenten Auslandsschulden des Staatsbetriebes verzögert werden.

    Innerhalb von knapp zehn Jahren erweiterte Kasachstan sein Schienennetz um fast 2.000 Kilometer. Das Netz erreicht damit nach Angaben der kasachischen Eisenbahn mittlerweile eine Gesamtlänge von über 16.000 km. Zum Vergleich: Deutschlands Schienennetz ist 38.400 km lang. Innerhalb von zwei Jahren konnte zudem die Geschwindigkeit des Transit-Containerverkehrs von 1.011 Kilometern pro Tag im Jahr 2018 auf 1.155 Kilometer pro Tag im Jahr 2020 gesteigert werden. Angestrebt werden 1.300 Kilometer pro Tag.

    Darüber hinaus treibt Kasachstan die Elektrifizierung seines Schienennetzes voran. Im Rahmen des staatlichen Entwicklungsprogramms „Nurly Zhol“ sollen die Bahnstrecken Moyjnty-Aktogaj (522,4 km) und Tobol-Nikeltau (510,3 km) bis 2025 elektrifiziert werden.

    Kasachische Eisenbahn: Daten im Überblick (Stand: 2020)

    Länge des Schienennetzes

    16.000 km (davon elektrifiziert: ca. 5.000 km)

    Fracht-Umschlagsvolumen der kasachischen Eisenbahn insgesamt

    256 Millionen 20-Fuß-Standardcontainer (TEU)

    Geschwindigkeit von Transit-Containerzügen

    1152 km pro Tag

    Anzahl der Containerzüge im Transitverkehr über Kasachstan insgesamt

    7000

    Containerzüge im Transitverkehr über Kasachstan zwischen China und der EU

    4800 (Im Jahr 2020 stieg die Zahl um 55 Prozent)

    Quelle: Kasachische Eisenbahn (Kazakhstan Temir Zholy)

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    Für den Transitfernverkehr gewinnt auch die Straße an Bedeutung

    Infolge der Covid-Krise und der Blockade des Suez-Kanals durch das Auflaufen des Containerschiffs Ever Given ist der Warenverkehr zwischen China und Europa nach wie vor gestört. Da Container aktuell Mangelware sind, liefern Logistiker kleine Margen von China nach Westeuropa komplett über die Straße.

    Der Straßentransit ist auch deshalb von Bedeutung, weil China den Transport von Gefahrgütern über die Schiene streng reglementiert. Als Gefahrgüter zählen beispielsweise auch Batterien und Akkuteile für die Motoren von E-Autos. Diese Güter, die von der deutschen Automobilindustrie stark nachgefragt werden, müssen die kasachische Grenze über die Straße passieren. Wegen strenger Hygieneauflagen kam es 2020 häufig zu LKW-Rückstau an der kasachisch-chinesischen Grenze.

    Russische Autobahnen sollen Transitverkehr zwischen Westeuropa und China ermöglichen

    In Russland werden aktuell zwei neue Autobahnen gebaut, die den Transitverkehr zwischen Europa und China verbessern sollen. Russlands Regierung hat ein „föderales Projekt“ zur Errichtung einer „internationalen Transportroute Europa-Westchina“ ausgerufen. In Teilen existiert die Route bereits. Das Projekt sieht den Neubau der Autobahn M12 zwischen Moskau und Kasan vor, den Bau einer Umgehungsstraße um die Stadt Toljatti und die Modernisierung einiger Teilstücke des bereits bestehenden Autobahnnetzes, das im Oblast Orenburg nach Kasachstan führt. Projektträger ist der staatliche Straßenbaukonzern Avtodor. Die Fertigstellung des Projektes ist bis 2024 geplant. Jedoch wurden beim Erwerb der nötigen Bodenrechte einige Fehler gemacht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit Januar 2021 wegen Korruption. Dadurch könnte das Projekt verzögert werden.

    Finanziert aus privaten Mitteln plant die Investitionsfirma „Russkaja Choldingovaja Kompanija“, geleitet vom ehemaligen Gazprom-Manager Aleksandr Rjazanov, eine kostenpflichtige Autobahn. Die „Meridian“ genannte Autobahn soll durch Südrussland führen. Da die großen russischen Metropolen umgangen werden und auf der Strecke kaum PKWs fahren würden, wäre die Strecke für autonomes Fahren und Schwertransporter geeignet. Nach Angaben des Investors soll der Bau der Strecke 7,5 Milliarden Euro kosten und könnte bis 2024 fertiggestellt werden. Die Finanzierung des Projekts ist bislang jedoch nicht vollständig geklärt.

    Unilaterale Vorstöße stören gemeinsame Zollpolitik der EAWU

    Kasachstan, Kirgisistan und Russland sind Teil der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU), Usbekistan ist Mitgliedschaftsanwärter. Die EAWU arbeitet an der Vereinfachung der Zollregeln und will einen gemeinsamen Markt für Transportdienstleistungen schaffen. Jedoch ist häufig noch unklar, wann nationale Regeln und wann die supranationalen Regeln angewandt werden. Immer wieder kommt es zu spontanen unilateralen Regeländerungen, die Probleme verursachen.

    Solche Regeländerungen führen zu langen LKW-Staus an der kasachisch-kirgisischen und an der russisch-kirgisischen Grenze. Zuletzt waren im April 2021 750 LKWs am kasachisch-russischen Grenzübergang Syrym/Maschtakowa blockiert. Wie die Tageszeitung Kommersant berichtete, war der Anlass eine Verschärfung der Sicherheitsbestimmungen durch Russlands Geheimdienst FSB. Die Regelung sah vor, dass Lastwagen weniger dicht beladen werden müssen, damit die Behörden besser gegen Menschenhandel vorgehen können.

    Von Lukas Latz | Berlin

  • Mittlere Route über kaspisches Meer ist noch wenig befahren

    Die transkaspische Route eignet sich für Transitgüterverkehr nach Südosteuropa, ist aber umständlich. Durch mehr zwischenstaatliche Kooperation könnte das Frachtvolumen wachsen.

    Das Frachtvolumen auf der transkaspischen Route steigt an. Es beträgt jedoch nur einen Bruchteil dessen, was über die kasachisch-russische Route weiter im Norden verfrachtet wird. Im Jahr 2020 führte die kasachische Eisenbahn 8.100 Tonnen Containergüter von der kasachisch-chinesischen Grenzstadt Altynkol an den kaspischen Hafen von Aktau. Zum Vergleich: Aus China nach Russland fuhr die kasachische Eisenbahn im gleichen Zeitraum über 550.000 Tonnen Containergut. Das ist rund die siebzigfache Menge.

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    Häfen im kaspischen Meer sind nicht ausgelastet

    Von Kasachstans Hafen in Aktau gingen Containergüter in einer Gesamtmenge von 21.200 Tonnen nach Baku. Wichtiger als Container ist für den Hafen jedoch der Export von Öl und Getreide.

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    Die Häfen der Region sind nicht ausgelastet. Der turkmenische Hafen in Turkmenbaschi wurde bis 2018 erheblich erweitert. Laut Informationen der Nachrichtenseite "Sputnik Usbekistan" liegt die Umschlagskapazität nun bei 25 bis 30 Millionen Tonnen pro Jahr. Auslastungszahlen werden nicht veröffentlicht. Jedoch spricht vieles dafür, dass es große Überkapazitäten gibt. Der deutlich gefragtere Hafen von Aktau in Kasachstan hat einen Jahresumschlag von 3 Millionen Tonnen.

    Auch der Hafen von Baku hat Überkapazitäten. Beim Caspian Europe Forum im Februar 2021 erklärte Zaur Hasanov, Leiter der Abteilung für internationale Kooperation des Baku International Port, dass die Auslastung des Hafens von Baku in den letzten Jahren nicht den eigenen Erwartungen entsprochen habe.

    Deutsches Unternehmen plant Hafenneubau an kaspischer Küste

    Auch Russland will Anschluss an die transkaspische Route gewinnen. Ein nationales Projekt sieht den Neubau eines Seehafens in Olja bei Astrachan vor. Bis Ende 2023 soll ein erster kleiner Hafen gebaut werden, der zunächst noch nicht über Kapazitäten für den Containerumschlag verfügt. Bis 2025 sollen dann 9 Hektar Lagerflächen für Container entstehen. In unmittelbarer Nachbarschaft ist eine Sonderwirtschaftszone geplant. Beratend begleitet die deutsche Hamburg Port Consulting, eine Tochtergesellschaft der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), das Projekt.

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    OSZE will Track-and-Trace-Funktionalität auf der Route verbessern

    Durch Vereinfachung von Zollprozessen und digitalen Datenaustausch könnte die transkaspische Route wirtschaftlich attraktiver werden. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), ein Zusammenschluss nordamerikanischer, westeuropäischer und post-sowjetischer Staaten, betreibt in der Region ein Projekt zur Förderung nachhaltiger Konnektivität zwischen Zentralasien und Europa. Für Daniel Kroos, der das OSZE-Projekt leitet, ist die Verbesserung des Informationsflusses in der Region ein zentrales Anliegen:

    „Derzeit gibt es keinen standardisierten digitalen Datenaustausch zwischen den Logistikzentren in der Region. Um als Transportkorridor im Wettbewerb zu bestehen, müssen Prozesse vereinfacht, Transparenz durch Track-and-Trace von Waren verbessert und der CO2-Fußabdruck reduziert werden."

    Als Lösung hierfür schlägt Kroos eine gemeinsame Logistikplattform für alle an der mittleren Route beteiligten Akteure vor. "Dies würde zu einer wesentlichen Verbesserung der Verkaufs-, Produktions-, Planungs- und Logistikprozesse führen und die Transportzeiten von China nach Europe durch das kaspische Meer wesentlich reduzieren", erklärt Kroos. "So wäre zum Beispiel auch eine Pre-Arrival Clearance von Frachtern im Kaspischen Meer möglich. Daran arbeiten wir gemeinsam mit den wesentlichen Logistik-Playern aus der Region."

    Experten weisen auf viele Probleme der lokalen Logistikmärkte hin

    Daniel Kroos sieht zudem die Notwendigkeit, die Märkte weiter zu öffnen: „Um die Frachtpreise zu senken und das Service Level zu verbessern ist mehr Wettbewerb und Öffnung der Region notwendig. Hierzu beitragen würde auch ein verstärktes Engagement europäischer Logistikunternehmen. Das sollte sich für die Zukunft auszahlen.“

    Auch Sholpan Aitenova, Expertin für Staatsfinanzen beim Zertteu Research Institute in Almaty, weist auf die Notwendigkeit hin, bessere Bedingungen für Investoren zu schaffen:

    „Der Logistik-Sektor ist für Kasachstan eine gute Perspektive, um die Wirtschaft weniger abhängig von Öl-Exporten zu machen. Um mehr ausländische Direktinvestitionen zu ermöglichen, muss die Regulierung vereinfacht werden und es muss mehr gegen Korruption getan werden.“

    Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) finanziert in Zentralasien, dem Kaukasus und Pakistan zahlreiche Neubauten und die Modernisierung von Transportinfrastruktur. Oleg Samukhin, Senior Transport Specialist bei der ADB verweist auf einige Probleme des mittleren Korridors: "Trotz des guten Fortschritts beim Infrastrukturbau haben sich Schlüsselindikatoren wie Durchschnittsgeschwindigkeit und Reisekosten nicht signifikant gebessert. Die größte Herausforderung besteht darin, Barrieren des grenzüberschreitenden Handels zu verringern. Grenzübertritte können nur langsam vollzogen werden. Prozeduren staatlicher Inspektionen sind sehr sperrig; es fehlt an verkehrsrechtlichen Abkommen zwischen ausgewählten Ländern."

    Beim Verkehr über das kaspische Meer weist Samukhin darauf hin, dass das Umladen von Gütern vom Seeweg auf den Landweg bislang schlecht funktioniert: "Trotz bedeutender Investitionen in Seehäfen bleibt multimodale Logistik in der Region langsam und teuer. Weil ein Großteil der kaspischen Handelsflotte in Staatsbesitz ist, ist unklar, in welchem Ausmaß die Transportkosten in Form von Frachtpreisen an Kunden weitergegeben werden oder durch staatliche Subventionen an die nationalen Schifffahrtsindustrien gestemmt werden."

    Ein weiteres Wachstumshindernis, so Samukhin, bestehe in der mangelnden Tiefe der kaspischen Hafenbecken. Die kommerziellen Häfen der Region haben eine Tiefe von sechs bis sieben Metern. Für große Containerschiffe müssten die Hafenbecken aber mindestens 15 Meter tief sein.

    Von Lukas Latz | Berlin

  • Zentralasien hofft auf Nord-Süd-Route über Iran und Pakistan

    Über Irans Hafenstadt Bandar Abbas hat Zentralasien Zugang zum Weltmeer. Jedoch kann die Route gen Süden aus politischen und aus Sicherheitsgründen kaum genutzt werden.

    Transitlieferungen der kasachischen Eisenbahn aus China in den Iran haben ein noch geringeres Volumen als Lieferungen über den mittleren Korridor in Richtung Aserbaidschan. Die Länder Zentralasiens haben ein großes Interesse daran, Transitverbindungen in den Süden auszubauen. Zwischen 2009 und 2014 entwickelten Kasachstan, Turkmenistan und Iran eine neue Nord-Süd-Verbindung zwischen den Ländern.

    Sanktionen verhindern bessere Verbindungen über Iran

    2015 hatte sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf einen Plan zur Kontrolle des iranischen Atomwaffenprogramms geeinigt. In der Folge wurden einige der US-amerikanischen Sanktionen gegen die Islamische Republik aufgehoben. US-Präsident Donald Trump kündigte dieses sogenannte Atomabkommen 2018 wieder auf und verhängte neue Sanktionen, die auch von seinem Amtsnachfolger Joe Biden bislang nicht aufgehoben wurden.

    Vor allem für Usbekistan ist der Anschluss an den Iran wichtig. 2016 trat die Vereinbarung von Aschgabat in Kraft. Darin verständigten sich Usbekistan, Turkmenistan, Iran und Oman darauf, gemeinsam bessere Bedingungen für einen Transportkorridor durch die Länder zu schaffen.

    Im Zuge der kurzzeitigen Öffnung nach Aufhebung der Sanktionen 2015 hatten auch die kasachische und iranische Eisenbahn eine engere Kooperation geplant. Im Februar 2017 unterzeichneten sie ein Partnerschaftsabkommen. Beide Unternehmen planten, gemeinsam ein Terminal im Hafen von Bander Abbas zu betreiben. Der Hafen im Golf von Oman sichert dem Iran den Anschluss an den Welthandel. Bislang wurde das gemeinsame Terminal jedoch nicht gebaut. Zum aktuellen Stand des Projekts liegen keine Informationen vor.

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    Südliche Seidenstraße über Teheran ist aus politischen Gründen blockiert

    Für den Transport zwischen China und Westeuropa blicken Logistiker auch auf die Schienenverbindungen südlich des kaspischen Meeres. Die Route über den Iran, Irak, Syrien und die Türkei kann aufgrund der Sanktionen gegen den Iran, der politischen Instabilität und der schwierigen diplomatischen Beziehungen zwischen Europa und den Ländern der Region jedoch kaum genutzt oder ausgebaut werden.

    "Die südliche Route über die Türkei, Syrien und den Iran in Richtung China spielt aktuell für uns noch keine Rolle", erklärt Thomas Schlipköther, Vorstandsmitglied bei Duisport. "Wir führen zwar seit geraumer Zeit Gespräche mit Partnern über mögliche weitere Engagements entlang dieser Route, erachten aber aufgrund der zum Teil unklaren politischen und damit marktseitigen Einflüsse auf logistische Projekte eine Beurteilung von Chancen und Risiken aktuell als nicht eindeutig abgrenzbar."

    LKW- und Schienenroute über Afghanistan sind in früher Planungsphase

    Um neue Exportmöglichkeiten zu eröffnen, strebt Usbekistan an, einen Transportkorridor über Afghanistan nach Pakistan zu eröffnen. Die US-amerikanische Entwicklungsagentur USAID unterstützt in einem Projekt diesbezüglich zwei Logistik-Unternehmen. Die Unternehmen aus Pakistan und Usbekistan sollen bis Jahresende 50 Transitfahrten auf dieser Route durchführen.

    Usbekistan, Afghanistan und Pakistan einigten sich im Januar auf eine Roadmap zum Aufbau einer Schienenverbindung von Masar-i-Sharif (in Nordafghanistan unweit der usbekischen Grenze) über Kabul nach Peshawar in Pakistan. Der Aufbau der Strecke soll 4,8 Milliarden US-Dollar (US$) kosten. Beobachter halten es für möglich, dass sich der von den USA aufgelegte Central Asia Investment Fund an dem Projekt beteiligen könnte. In diesem Jahr könnte bereits die genaue Projektierung der Strecke beginnen.

    Im Mai 2021 wurde bekannt, dass die Weltbank 35 Millionen US$ für die Projektierung zur Verfügung stellt.

    Von Lukas Latz | Berlin

  • Wie deutsche Logistiker zentralasiatische Routen nutzen

    Für deutsche Logistiker sind Verkehrsverbindungen in Zentralasien ein wichtiger Markt. Probleme gibt es unter anderem bei Tarifstandards und bei der Sicherheit.

    Für den Handel zwischen China und Westeuropa nutzen auch deutsche Logistiker immer häufiger die Landwege über Zentralasien, Russland und den Kaukasus. Zentralasien ist auch als Zielmarkt von Bedeutung. Zwei Logistiker berichten von den Besonderheiten des Bahn- und LKW-Verkehrs.

    Transsibirische Route ist wichtige Alternative zu Zentralasien

    Für den Verkehr nach China wird die transsibirische Route immer häufiger genutzt. Die Route meidet Zentralasien komplett; sie steuert Russlands pazifische Häfen in Vladivostok oder Nachodka an. Von Russlands Häfen werden Waren über den Seeweg weiter in chinesische, japanische oder südkoreanische Zielstädte verschifft.

    Hendrik Wehlen, Business Development Manager Eurasia & Far East bei VTG, sieht zwei Vorteile der transsibirischen Route. Dort sei es machbar, „von heute auf morgen Ware einzubuchen“. Dagegen seien die direkten Europa-China-Züge vier bis acht Wochen im Voraus schon ausgebucht. Positiv bewertet Wehlen zudem die Möglichkeit, verschiedene Wagontypen zu benutzen: „Auf den Europa-China-Zügen wird die Ware meist in 40-Fuß-High-Cube-Containern gefahren, manchmal auch in 20-Fuß-Standard-Boxen. Auf der transsibirischen Route ist man ein bisschen losgelöst davon. Da sind 40-Fuß-Container oder 20-Fuß-Container machbar, genauso gut Tankcontainer, auch Flexitanks [Tankbehälter aus Gummigewebe] und Gefahrgut sind realisierbar.“

    In Russland und Zentralasien ist VTG aktiv in der Wagenvermietung, dem Transport von Flüssigkeiten in Tankcontainern und in der Projektlogistik, das heißt im Transport von Maschinen und großen Anlagen. Wichtige Kunden sind die chemische und petrochemische Industrie und etwa Unternehmen, die Gas-Pipelines bauen.

    Route über Kasachstan nach China ist schnell, aber ausgebucht und schwieriger abzuwickeln

    Die Transportrouten, die durch Kasachstan oder die Mongolei direkt nach China führen, haben normalerweise eine hohe Grund-Geschwindigkeit. Seit der Covid-Krise erlebte VTG aber massive Rückstaus an der chinesischen Grenze, da Wagons händisch desinfiziert werden mussten. Die Direkt-Route profitiert zudem von chinesischen Subventionen für die Schienenlogistik. Von den Subventionen ausgeschlossen sind jedoch bestimmte Wagonklassen wie Tankcontainer und Flexitanks, die für VTG eine wichtige Nische darstellen. Ein weiterer Nachteil: Der Transport von Gefahrgütern über die Schiene ist deutlich strenger reguliert als in Westeuropa. In China wird der Transport von Gefahrgut bevorzugt über LKW abgewickelt.

    Auf beiden Routen besteht für VTG das Problem, dass gewisse in Europa übliche Swap Body Tankcontainer nicht tarifiert werden können. Joachim Goldenbaum, Deputy Head of Sales von VTG Tanktainer, erklärt: „In Westeuropa gibt es 23-Fuß-, 25-Fuß- und 30-Fuß-Container. All diese Containertypen können wir in Russland und China derzeit nicht transportieren, weil sie nicht im Tarifsystem vorkommen.“

    Zudem weist Goldenbaum auf die strikten Vorgaben der Zollbehörden hin:

    „Ich muss meinem Kunden erzählen, dass er, wenn er einen Container gestaut hat, erstmal 34 Bilder davon machen muss, wie die Fässer gestaut und gesichert sind, und das von allen Ecken und Kanten. An jeder Zollgrenzstelle wird der Container geöffnet und geprüft, ob der Container noch genauso aussieht, wie er mal abgegangen ist.“

    Transkaspischer Korridor hat noch Entwicklungsbedarf

    Der transkaspische Korridor über die Türkei, Georgien und Aserbaidschan spielt für VTG eine deutlich geringere Rolle als die Nordrouten. VTG nutzte die Route zum Transport einer Luftzerlegungsanlage nach Temirtau in Kasachstan, die zum großen Teil von Linde in Deutschland produziert worden war. Für den Transport der schweren Anlagen, abgewickelt zwischen 2016 und 2018, wählte VTG den Weg über das Schwarze Meer von Constanţa in Rumänien nach Poti in Georgien, von da mit der Bahn nach Baku und von dort über das kaspische Meer nach Aktau. Für die sperrigen Anlagenteile war der Transport übers Schiff einfacher abzuwickeln.

    Eine Herausforderung bestehe aber darin, verlässliche Partner für ein solches Projekt zu finden, so Klaus Lutze von der VTG-Abteilung Projektlogistik: „Der Weg ist eine sehr gute Alternative für bestimmte Empfangsregionen, doch er ist noch nicht tariflich ausgereift. Wir müssen hierbei die einzelnen Netzwerkpartner koordinieren. Dafür ist langjährige Erfahrung und ein ausgereiftes Netzwerk in der Branche notwendig.“

    Für den LKW-Transport stehen gute Infrastruktur und Zollabwicklung zur Verfügung

    Per LKW liefert das Speditionsunternehmen Quehenberger Logistics Maschinenbauteile, pharmazeutische Produkte, Medizintechnik, Produkte der Automobilindustrie, zum Teil auch Hilfslieferungen und Saatgut in die Länder Zentralasiens.

    Holger Philipowski, verantwortlich für die Logistik in Osteuropa und Zentralasien bei Quehenberger Logistics, sagt, dass der Verkehr über die russisch-kasachischen Routen gut funktioniert: „Durch die Schaffung der Eurasischen Wirtschaftsunion hat sich der Transit über die belarussisch-russische und über die russisch-kasachische Route deutlich verbessert. Über die russisch-kasachische Grenzen fahren wir entweder in Uralsk im westlichen Kasachstan oder über Aktobe weiter im Osten. Auf der Route über Uralsk ist die Infrastruktur besser. Auch wenn die Straßen gut sind, gibt es im Winter oft Straßensperrungen bei Kälte und extremen Winden. Die für Kasachstan geplante Maut wurde nach einem Streik der kasachischen Frachtführer vorerst ausgesetzt.“

    Ein Problem an der Hauptroute zwischen Moskau und Kasachstan sei die Gefahr von Übergriffen durch die organisierte Kriminalität, so Philipowski: „Wenn Sie medizinische Produkte oder Medizintechnik an Bord haben, hat eine Fracht schon einmal einen Wert von 2 bis 3 Millionen Euro. Mit einer solchen Ladung ist es gefährlich, die Hauptverkehrsader zwischen Moskau und Kasachstan entlangzufahren. An Rastplätzen und Tankstellen ist die Gefahr krimineller Überfälle groß. Da macht es Sinn, die weniger ausgebauten Routen südlich von Moskau zu nutzen.“

    Von Lukas Latz | Berlin

  • Zentralasien sucht für Infrastrukturausbau deutsche Expertise

    Kasachstan, Usbekistan und Russland investieren in den Ausbau der Transportinfrastruktur. Dabei sind deutsche Ingenieure gefragt.

    Zentralasien plant zahlreiche grenzüberschreitende Schienen- und Straßenbauprojekte. Vor allem bei den Projekten, die von multilateralen Banken finanziert sind, gibt es Chancen für deutsche Firmen in den Branchen Bauüberwachung und Beratung.

    Ausgewählte Projekte im Ausbau des Schienenverkehrs in Zentralasien

    Projekt

    Projektträger/beteiligte Unternehmen

    Zeitraum der Realisierung

    Abschluss von Elektrifizierungs- und Modernisierungsarbeiten im usbekischen Teil des Fergana-Tal

    Usbekische Eisenbahngesellschaft, Asian Development Bank

    Ab 2021

    Ankauf von 24 elektronischen Lokomotiven

    Usbekische Eisenbahngesellschaft; Asian Development Bank

    Ab 2019

    Eisenbahnverbindung von Usbekistan nach Masar-i-Sharif (Afghanistan)

    Usbekische Regierung

    Frühphase

    Neubau einer Eisenbahnlinie  am kasachisch-usbekischen Grenzübergang in der Region Saryaghasch

    Kasachische und Usbekische Eisenbahngesellschaft

    Frühphase

    Modernisierung des kasachisch-chinesischen Grenzbahnhofs in Dostyk: Bau von vier neuen Container-Terminals

    Kasachische Eisenbahngesellschaft; TOO Dostyk Transportation & Logistics

    2020-2025

    Modernisierung der Eisenbahnstrecke Dostyk-Moyinty

    Kasachische Eisenbahngesellschaft

    2020-2025

    Weiterentwicklung des Bahnhofs von Altynkol (Khorgos)

    Kasachische Eisenbahngesellschaft

    Frühphase

    Bahnstrecke Westchina-Kirgisistan-Usbekistan

    Usbekische und kirgisische Regierung; Russlands Eisenbahngesellschaft

    Sondierungsphase

    Ausgewählte Projekte im Ausbau des Straßenverkehrs in Zentralasien

    Projekt

    Projektträger/beteiligte Unternehmen

    Zeitraum der Realisierung

    Föderales Projekt „Internationale Transportroute Europa-Westchina“

    Ministerium für Transport der russischen Föderation, Avtodor

    2020-2024

    Private Autobahn Meridian

    Russkaja Choldingovaja Kompanija

    Bis 2024

    Restaurierung der Autobahn Kyzylord-Zhezqazghan

    Kasachstans staatliches Straßenbauunternehmen KazAvtoZhol

    2021-2025

    Bau einer östlichen Umgehungsstraße um die Stadt Turkestan

    KazAvtoZhol

    2021-2025

    Bau einer südwestlichen Umgehungsstraße um die Stadt Schymkent

    KazAvtoZhol

    2021-2025

    Bau einer Umgehungsstraße um die Stadt Saryagasch

    KazAvtoZhol

    2021-2025

    Von Lukas Latz | Berlin

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