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Branche kompakt | Indien | Hochbau

Bauvolumen soll bis 2025 um jährlich 7 Prozent zulegen

Indiens Baubranche ist 2022 wieder auf den Wachstumspfad zurückgekehrt. Vor allem in den Ballungszentren werden neue Wohnungen und Büroflächen benötigt.

Von Boris Alex | New Delhi

  • Marktchancen

    Der indische Hochbau hat sich 2022 positiv entwickelt. Die Nachfrage nach Wohn- und Gewerbeimmobilien zieht trotz höherer Baukosten und Zinsen weiter an.

    Wohnungsbau legt 2022 erneut kräftig zu

    Die indische Bauindustrie bleibt auf Wachstumskurs. Das Bauvolumen dürfte bis 2025 zwischen 6 und 7 Prozent jährlich zulegen, so die Prognose von Invest India. Zwar bleibt der Infrastruktursektor die treibende Kraft für die Branche, aber auch der Wohnungs- und Gewerbebau entwickeln sich positiv. Die Urbanisierung treibt die Nachfrage nach Wohnraum in den indischen Ballungszentren voran. Bis 2030 soll die Bevölkerung in den Städten um ein Fünftel auf 600 Millionen und bis 2050 weiter auf 800 Millionen Menschen zulegen, schätzt die Weltbank. Die Builders Association of India schätzt, dass in den nächsten 30 Jahren 100 Millionen Wohneinheiten in den Städten gebaut werden müssen.

    Der Wohnungsbau hatte sich 2021 nach einem Corona-bedingten Rückgang im Jahr davor wieder erholt. Der positive Trend am Immobilienmarkt hat sich im 1. Halbjahr 2022 weiter gefestigt. So legten die Baubeginne von Wohnungen und Häusern in den acht größten Ballungsgebieten gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 56 Prozent auf 160.806 Einheiten zu, so die Daten von Knight Frank Research. Der Verkauf von Neubauten verzeichnete im betrachteten Zeitraum ein Plus von 60 Prozent auf 158.705 Wohnungen und Häuser. 

    Immobiliennachfrage trotz Preissteigerungen und Leitzinserhöhung stabil

    Die Befürchtung der Unternehmen, dass sich die im Zuge des Ukrainekriegs gestiegenen Preise für Energie und für Baustoffe wie Stahl und Zement negativ auf die Bauaktivitäten auswirken könnten, ist bislang nicht eingetreten. Branchenschätzungen zufolge dürften die Baukosten 2022 um bis zu 15 Prozent über dem Vorjahresniveau liegen. Auch die Anhebung des Leitzinses hat nicht zu einem Rückgang der Immobiliennachfrage geführt. Seit Anfang Mai 2022 hat die indische Zentralbank, Reserve Bank of India, die Repo Rate schrittweise um 185 Basispunkte auf 6,25 Prozent (Stand 8. Dezember 2022) angehoben. Dies dürfte allerdings die positiven Aussichten für den Haus- und Wohnungsmarkt kaum eintrüben, so die Einschätzung der State Bank of India.

    In dem aus Sicht deutscher Branchenunternehmen besonders relevanten Premiumsegment wächst die Nachfrage überdurchschnittlich stark. Im 3. Quartal 2022 legten in den Ballungszentren die Baubeginne von Wohnimmobilien ab einem Bauwert von 175.000 US-Dollar (US$) gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 15 Prozent auf 6.688 Einheiten zu, analysiert der Immobiliendienstleister JLL India. Die Bauvorhaben beschränken sich dabei nicht mehr nur auf Metropolen wie Mumbai und Bengaluru oder die Hauptstadtregion New Delhi. Trident Reality will beispielsweise 370 Millionen US$ in eine 80 Hektar große Luxuswohnanlage in Panchkula (Bundesstaat Haryana) investieren.

    Milliardenschweres Stadtentwicklungsprojekt in Mumbai geplant

    Die Bau- und Immobilienbranche erwartet zusätzliche Wachstumsimpulse durch die Entwicklung des Dharavi-Slums in Mumbai. Ende November 2022 hatte der indische Mischkonzern Adani Group den Zuschlag für das Projekt erhalten. Bis 2040 sollen auf dem 2,5 Quadratkilometer großen Gebiet Wohn- und Geschäftshäuser mit einer Fläche von rund 1 Million Quadratmetern entstehen. Zudem müssen für die Umsiedlung von 68.000 Bewohnern Ersatzwohnungen an anderer Stelle gebaut werden. Adani wird 615 Millionen US$ für das Bauland zahlen. Die Gesamtinvestitionen werden auf 3,4 Milliarden US$ geschätzt.

    Bedarf an neuer Bürofläche und Industriebauten zieht wieder an

    Mit dem Ende der Coronabeschränkungen kehren die Beschäftigten in ihre Büros zurück und der Markt für Gewerbeimmobilien zieht wieder an. Im 1. Halbjahr 2022 wurden in den acht größten Städten 2,2 Millionen Quadratmeter an neuer Bürofläche fertiggestellt, 60 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Der positive Trend dürfte sich weiter fortsetzen, so die Einschätzung von DLF. Der Immobilienentwickler erwartet, dass bis 2025 jährlich zwischen 2,8 Millionen und 3,3 Millionen Quadratmeter an neuer Büroflächen auf den Markt kommen dürften.

    Der Bedarf an Industriebauten zieht wegen geplanter Großinvestitionen unter anderem in der Elektro- und Elektronikindustrie, dem Automobilsektor und der chemischen Industrie ebenfalls wieder an. Der boomende IT- und Telekommunikationssektor sorgt zudem für eine steigende Nachfrage nach Rechenzentren. JLL India erwartet in diesem Segment bis 2024 Investitionen in Höhe von 5,5 Milliarden US$. Bis 2025 werden zudem weitere 18,5 Millionen Quadratmetern an zusätzlicher Lagerhausfläche benötigt, prognostiziert die Associated Chambers of Commerce and Industry of India.

    Zahlreiche neue Einkaufszentren geplant

    Auch im Einzelhandel stehen die Zeichen auf Wachstum. Im Jahr 2022 sind knapp 1 Million Quadratmeter an neuer Gewerbefläche in 15 Einkaufszentren hinzugekommen - fast doppelt so viel wie in der Vorperiode, so eine Analyse von Anarock. Für 2023 erwartet der Immobiliendienstleister die Eröffnung von weiteren 16 Malls mit einer Verkaufsfläche von 674.000 Quadratmetern. Einer der größten Projektentwickler in diesem Segment, Phoenix Mills, will seine Einzelhandelsfläche bis 2026 auf 1,2 Millionen Quadratmeter nahezu verdoppeln. Dabei werden immer mehr Malls in kleineren Millionenstädten (Tier-2- und Tier-3-Cities) wie Indore, Nagpur, Udaipur und Vadodara gebaut.

    Gebäude bieten Potenzial für Energieeinsparung

    Der Energieverbrauch in Indiens Gebäudesektor steigt jedes Jahr um etwa 3 Prozent. Mit dem 2017 verabschiedeten Energy Conservation Building Code (ECBC) soll der Verbrauch von gewerblichen und öffentlichen Neubauten bis 2030 um bis zu 50 Prozent gegenüber 2017 reduziert werden. Mit der Energy Conservation (Amandment) Bill 2022 wurde die gesetzliche Grundlage dafür gelegt, dass die ECBC-Bauvorschriften künftig auch auf Wohngebäude angewendet werden können. Der Absatz von Smarthome-Technik könnte sich bis 2025 auf 9 Milliarden US$ verdreifachen. Das Segment Energiemanagement soll bis 2026 Jahren von 150 Millionen auf 410 Millionen US$ zulegen, so die Prognose von Statista.

    Ausgewählte Hochbauprojekte in Indien (Investitionen in Millionen US-Dollar)

    Projekt

    Investitionssumme

    Projektstand

    Projektträger

    Gurugram Global City / Stadtentwicklungsprojekt in Grurugram (Haryana)

    12.125

    Frühe Planungsphase; Landerwerb verzögert sich; Finanzierung noch offen

    Haryana State Industrial & Infrastructure Development Corporation Limited (HSIIDC)

    India International Convention and Expo Centre / Messe- und Kongresszentrum in New Delhi

    4.000

    Bauphase; Ende der 1. Projektphase 2022; Fertigstellung: 2024

    KINTEX

    Dharavi Development Project / Stadtentwicklungsprojekt in Mumbai

    3.400

    Ausschreibung abgeschlossen; Laufzeit des Projekts bis 2039

    Adani Group

    Central Vista Redevelopment Project / Neubau des Regierungsviertels in New Delhi

    2.400

    Baubeginn: 2021; weitere Teilausschreibungen in Planung; Fertigstellung: 2024 

    Central Public Works Department

    Gigafactory für Lithium-Ionen-Batterien / Telangana

    1.152

    Planungsphase; Laufzeit des Projekts bis 2032

    Amara Raja

    Luxus-Apartmentkomplex / New Delhi

    970

    Planungsphase; Baubeginn: Frühjahr 2023

    Godrej Properties

    Wohn-Gewerbe-Anlage mit 743.000 Quadratmetern / Gurugram (Haryana) 

    485

    Baubeginn der 1. Projektphase mit 232.000 Quadratmeter für Anfang 2023 geplant

    Elan Group

    Einkaufszentrum / Ahmedabad (Gujarat)

    364

    Planungsphase; Baubeginn Anfang 2023

    Lulu Group

    Industrie- und Logistikpark mit Rechenzentrum / Karnataka

    303

    Planungsphase; Absichtserklärung mit Regierung von Karnataka unterzeichnet

    ESR India

    Bürogebäude und Rechenzentrum / Noida (Uttar Pradesh)

    206

    Planungsphase; Baubeginn 2023

    DLF India

    Innovation Hub / Innovationscampus für Medizintechnik Digital Health in Bengaluru

    177

    Architekturwettbewerb abgeschlossen; Fertigstellung: 2025

    Siemens Healthineers; Generalplaner: Eller + Eller

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Branchenstruktur

    Indiens Baubranche wächst wieder. Der Hochbau ist fest in der Hand lokaler Firmen. Architektur- und Ingenieurdienstleistungen bieten ausländischen Anbietern Geschäftschancen.

    Bauvolumen soll bis 2025 auf 900 Milliarden US-Dollar steigen

    Die Bauindustrie zählt zu den Schlüsselsektoren der indischen Wirtschaft. Im Finanzjahr 2021/2022 hatte sie einen Anteil von 9 Prozent am Bruttoinlandsprodukt und beschäftigt etwa 51 Millionen Menschen direkt. Die Stimmung in der Branche ist gemischt: Zwar sorgen die höheren Investitionen im Wohnung- und Gewerbebau für eine gute Auftragslage. Allerdings haben die Unternehmen mit steigenden Preisen für Energie und Baustoffen wie Zement und Stahl zu kämpfen. Auch die Anschaffungskosten für Baumaschinen sind gegenüber 2021 um etwa ein Viertel gestiegen. Das Bauvolumen einschließlich Infrastrukturbau dürfte aufgrund des Aufholeffekts 2022 um 16 Prozent auf 740 Milliarden US$ zulegen. Invest India erwartet bis 2025 jährliche Zuwachsraten zwischen 6 und 7 Prozent.

    Bei großen Hochbauprojekten kommen vor allem heimische Immobilienentwickler und Baufirmen zum Zug. Aber auch für ausländische Anbieter vor allem von Architektur-, Ingenieurs- und Planungsdienstleistungen bietet Indien gute Geschäftschancen. Beispielsweise hat das Düsseldorfer Architekturbüro Eller + Eller im Frühjahr 2021 den Wettbewerb zum Bau eines Innovationszentrums von Siemens Healthineers in Bengaluru gewonnen. Auch Blocher Partners aus Stuttgart hat über seine indische Tochter in Ahmedabad (Gujarat) bereits eine ganze Reihe von Wohnungs- und Gewerbeprojekte in Indien realisiert.

    Indische Unternehmen dominieren im Immobilien- und Bausektor

    Große Bauprojekte im Privatsektor werden von heimischen Immobilienentwicklern wie DLF, Prestige Group, Lodha Group oder Godrej Properties umgesetzt. Die Developer konzentrieren sich dabei meist auf ihre regionalen Stammmärkte und arbeiten dort als Generalunternehmen mit lokalen Baufirmen zusammen. Der Staatskonzern NBCC India spielt bei öffentlichen Bauvorhaben im sozialen Wohnungsbau, bei Bildungs- und Gesundheitseirichtungen sowie bei Verwaltungsgebäuden eine wichtige Rolle. Daneben gibt es eine Reihe von internationalen Konzernen, die in Indien vor allem Engineering Procurement Construction- (EPC) oder Building Information Modelling (BIM) Dienstleistungen anbieten. Im Juni 2022 hat das deutsche Ingenieursbüro Jan und Friends (J&F) die indische Tochter von Hochtief übernommen. 

    Führende Hochbaufirmen und Immobilienentwickler in Indien (Umsatz in Millionen US-Dollar)

    Unternehmen

    2020/2021

    2021/2022

    Lodha Group

    744

    1.287

    NBCC India

    933

    923

    Prestige Group

    872

    767

    DLF

    740

    686

    JMC Projects

    525

    662

    Brigade Group

    234

    360

    Sobha

    294

    332

    Oberoi Realty

    280

    323

    Ahluwalia Contracts

    238

    323

    Puravankara

    131

    114

    Finanzjahr 01.04. bis 31.03.Quelle: Moneycontrol, Unternehmensangaben 2022

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Rahmenbedingungen

    In Indiens Bausektor läuft vieles über langfristige persönliche Beziehungen, was den Markteintritt für deutsche Unternehmen erschwert. Die Zahlungsmoral in der Branche ist schwach.

    Wenig Beschränkungen in der Baubranche

    Indiens Bausektor steht ausländischen Investoren weitgehend offen. Direktinvestitionen in Projekte im Wohnungs-, Gewerbe sowie im öffentlichen Bau sind - unter Auflagen - bis 100 Prozent erlaubt und werden im beschleunigten Genehmigungsverfahren ("Automatic Route") bewilligt. Vorhaben der öffentlichen Hand werden auf der zentralen Ausschreibungsplattform  der indischen Regierung veröffentlicht. Zwar ist der Prozess weitgehend digitalisiert und damit transparenter. Deutsche Unternehmen bemängeln jedoch, dass die Tender oft auf indische Firmen zugeschnitten sind und Ausschreibungen nicht selten wieder zurückgezogen werden, wenn nicht das gewünschte Ergebnis eintrifft.

    Im Privatsektor laden die Projektentwickler die Unternehmen zur Angebotsabgabe (Request for Quotation, Request for Proposal) ein. Um an Projektfrühinformationen zu gelangen, ist der Aufbau eines Netzwerks zu den privaten Immobilienentwicklern wichtig. Die zahlreichen Immobilienmessen und -konferenzen bieten hierfür eine gute Plattform. Der indische Immobiliensektor ist sehr stark von persönlichen Kontakten und langjährigen Geschäftsbeziehungen zwischen den Entwicklern und lokalen Baukonzernen geprägt und der Markteinstieg für ausländische Unternehmen nicht einfach.

    Rechtliche Absicherung wichtig

    Während die Projektplanung inzwischen oft auf internationalem Niveau ist, gibt es bei der Bauausführung hinsichtlich Qualität und Termintreue zum Teil noch erhebliche Defizite. Vor allem bei öffentlichen Bauaufträgen sind Verzögerungen und Kostenüberschreitungen eher die Regel. Auch gilt die Zahlungsmoral im indischen Baugewerbe als äußerst schwach. Daher sollten Unternehmen bei der Vertragsgestaltung Punkte wie Zahlungsmodalitäten und Streitschlichtung frühzeitig klären, um sich rechtlich abzusichern.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    AHK Indien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministry of Housing and Urban Affairs

    Ministerium für Wohnungsbau und Stadtentwicklung

    Builders Association of India

    Baufachverband

    Construction Federation of India

    Baufachverband

    Confederation of Real Estate, Developers Associations of India

    Verband der Immobilienentwickler

    Construction World

    Fachzeitschrift für die Bauwirtschaft

    Construction Week

    Fachzeitschrift für die Bauwirtschaft

    bauma CONEXPO INDIA

    Messe für Baumaschinen und Baustoffe 31.01. bis 03.02.2023, Noida/New Delhi

    ACREX India

    Messe für Heizungs- und Klimatechnik; 14.03. bis 16.03.2022, Mumbai

    Indian Ceramics Asia

    Messe für Sanitär, Keramik, Hausautomatisierung; 15.02. bis 17.02.2023, Gandhinagar

    India Investment Grid

    Projektdatenbank der indischen Regierung

    Central Public Procurement Portal

    Zentrales Portal für öffentliche Ausschreibungen


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