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Portal 21 Irland

Anerkennung / Vollstreckung

Überblick

Wer als deutscher Dienstleistungsempfänger in Deutschland oder Irland einen Prozess (zum Beispiel auf Schadensersatz nach einem Gewährleistungsfall) gegen einen irischen Dienstleister gewonnen hat, hat noch nicht sein Geld erhalten. Vielmehr muss er die gerichtliche Entscheidung ggf.--gegebenenfalls anerkennen und auch vollstrecken lassen, um das vom Gericht zugesprochene Geld auch tatsächlich zu erhalten. Bei der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen können dem deutschen Dienstleistungsempfänger dabei mehrere Fallkonstellationen begegnen:

MÖGLICHE FALLKONSTELLATIONEN DER ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG
Land der Anerkennung & VollstreckungIrisches Urteil (1)Deutsches Urteil (2)
Anerkennung & Vollstreckung in IrlandNur irisches Recht, Anerkennung nicht nötig (1a)EuGVVO i.V.m.--in Verbindung mit irischem Recht (2a)
Anerkennung & Vollstreckung in DeutschlandEuGVVO i.V.m. deutschem Recht (1b)Nur deutsches Recht; Anerkennung nicht nötig (2b)
vereinfachte Darstellung


So kann zunächst die Entscheidung eines irischen Gerichts (1) (siehe hierzu die Rubrik zu zuständigen Gerichten sowie die sich anschließenden Rubriken) vorliegen. Diese kann entweder in Irland vollstreckt (1a) oder in Deutschland anerkannt und vollstreckt (1b) werden. Der deutsche Dienstleistungsempfänger kann aber ebenso, etwa aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung, vor einem deutschen Gericht geklagt haben. Eine solche deutsche Gerichtsentscheidung (2) könnte gleichfalls in Irland anerkannt und vollstreckt (2a) oder aber in Deutschland vollstreckt (2b) werden.

Umgekehrt kommen auch Fälle in Betracht, in denen sich der deutsche Dienstleistungsempfänger einer Vollstreckung eines Urteils ausgesetzt sieht, das der irische Dienstleister erwirkt hat. Dies ist beispielsweise bei Klagen des irischen Dienstleisters auf die (bis dahin nicht erfolgte) Zahlung seines Werklohnes möglich. Wenn der irische Dienstleister diesen erfolgreich in Irland eingeklagt hat, kann er entweder dort die Zwangsvollstreckung betreiben, wenn der deutsche Dienstleistungsempfänger Vermögenswerte in Irland hat (1a). Alternativ dazu kann er die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung gegen den Dienstleistungsempfänger in Deutschland betreiben (1b). Hat der irische Dienstleister dagegen einen Prozess in Deutschland gewonnen, sind die deutschen Regeln für die Zwangsvollstreckung in Deutschland anwendbar (2b). Auch hier kann allerdings die Situation auftreten, dass der irische Dienstleister lieber auf in Irland gelegene Vermögenswerte des deutschen Dienstleistungsempfängers (falls solche bestehen) zugreifen möchte – dies setzt dann die Anerkennung und Vollstreckung des deutschen Urteils in Irland (2a) voraus.

Die Anerkennung und Vollstreckung in Deutschland richtet sich grundsätzlich nach deutschem Recht. Dieser Bereich wird von unserem auf ausländisches Recht beschränkten Informationsportal nicht abgedeckt. Der deutsche Dienstleistungsempfänger sollte sich diesbezüglich an einen deutschen Rechtsanwalt wenden oder sonstige Informationsquellen zum deutschen Recht nutzen.

Hilfreich bei der Suche nach einem deutschen Rechtsanwalt:

  • DeutscheAnwaltAuskunft des Deutschen Anwaltvereins (DAV), dort ein Suchformular unter dem Menüpunkt Anwaltsuche oder aber
  • bundesweites amtliches Anwaltsverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer.

Im Folgenden werden die Konstellationen der Anerkennung und Vollstreckung in Irland behandelt. Hierfür sind auch die vorrangigen Regelungen des Europäischen Rechts von Bedeutung, die ebenfalls in ihren wichtigsten Grundzügen dargestellt werden.

Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Irland

In den Fällen, in denen nicht lediglich eine irische Entscheidung in Irland vollstreckt wird, sondern eine deutsche Entscheidung in Irland (2a) anerkannt und vollstreckt werden muss, ist aufgrund des grenzüberschreitenden Charakters zunächst die europarechtliche Ebene zu berücksichtigen: Die im Abschnitt internationale Zuständigkeit bereits erwähnte EuGVVO, die in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar gilt, regelt nicht nur die internationale und teilweise auch die örtliche Zuständigkeit in Streitigkeiten zwischen irischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern. Vielmehr bestimmt sich auch die Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen im jeweils anderen EU-Mitgliedstaat nach der EuGVVO. Aufgrund der zum 10.1.2015 in Kraft getretenen Reform der EuGVVO gilt je nachdem, wann das Verfahren eingeleitet wurde, die Fassung der Brüssel-I-Verordnung oder der Brüssel-Ia-Verordnung (Artikel 66 EuGVVO in der Fassung der Brüssel-Ia-Verordnung). Unabhängig davon gibt es bei unbestrittenen Forderungen die Möglichkeit, einen europäischen Vollstreckungstitel zu beantragen.

Verfahren seit dem 10.1.2015

Auf Verfahren, die am 10.1.2015 oder danach eingeleitet, förmlich errichtet oder eingetragen bzw.--beziehungsweise gebilligt oder geschlossen wurden oder werden, finden die Vorschriften der EuGVVO in der Fassung der Brüssel-Ia-Verordnung Anwendung, sofern sie in den Anwendungsbereich der genannten Verordnung fallen.

Der Begriff “Entscheidungen“ umfasst dabei jegliche gerichtliche Entscheidung - ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung als Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid (Artikel 2 lit. a EuGVVO).

Die jeweilige Entscheidung wird im jeweils anderen Land dabei ohne besonderes Verfahren anerkannt (Artikel 36 EuGVVO). Die Partei, die die Anerkennung der Entscheidung erreichen möchte, hat nur eine beweiskräftige Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung sowie die sogenannte "Bescheinigung über eine Entscheidung in Zivil- und Handelssachen" vorzulegen (Artikel 37 EuGVVO). Für die Bescheinigung gibt es in Anhang I der EuGVVO ein Formblatt.

Voraussetzung für die Vollstreckung einer anerkannten Gerichtsentscheidung ist, dass sie im Staat der Gerichtsentscheidung (so beispielsweise in Deutschland) vollstreckbar ist (Artikel 39 EuGVVO). Bisher musste darüber hinaus der Vollstreckungsstaat (so beispielsweise in Irland) einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung stattgeben (vgl.--vergleiche oben Abschnitt Verfahren vor dem 10.1.2015). Dieses sogenannte Exequaturverfahren wurde durch die Brüssel-Ia-Verordnung abgeschafft. Auch für die Vollstreckung ist allein die Vorlage einer beweiskräftigen Ausfertigung der gerichtlichen Enscheidung sowie der oben genannten "Bescheinigung über eine Entscheidung in Zivil- und Handelssachen" erforderlich. Diese muss insbesondere auch bestätigen, dass die Entscheidung vollstreckbar ist (Artikel 42 Absatz 1 EuGVVO). Es ist klargestellt, dass bei Vorlage einer vollstreckbaren Entscheidung jede Sicherungsmaßnahme, die im Recht des Landes, wo die Entscheidung vollstreckt werden soll (so beispielsweise in Irland), vorgesehen ist, ergriffen werden kann (vgl. hierzu den Abschnitt Eilverfahren dieses Länderberichts). Wird die Vollstreckung einstweiliger Maßnahmen und Sicherungsmaßnahmen angestrebt, gelten besondere Formalitäten (Artikel 42 Absatz 2 EuGVVO).

Die Anerkennung einer Entscheidung kann nur auf Antrag eines Berechtigten versagt werden (Artikel 45 EuGVVO), die Vollstreckung einer Entscheidung nur auf Antrag des Schuldners (Artikel 46 EuGVVO). Das Verfahren zur Versagung der Anerkennung ist mit dem über die Versagung der Vollstreckung identisch (Artikel 45 Absatz 4 EuGVVO). Dem Antrag wird jedoch nur stattgegeben, wenn schwerwiegende Gründe, wie etwa ein der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprechendes Urteil, vorliegen (Artikel 45 EuGVVO). Die Gerichtsentscheidung darf im Anerkennungs-/Vollstreckungsstaat (hier beispielsweise Irland) nicht mehr in der Sache selbst nachgeprüft werden (Verbot der révision au fond) (Artikel 52 EuGVVO). Der Antrag ist an den irischen High Court (vgl. Abschnitt örtliche und sachliche Zuständigkeit dieses Länderberichts) zu stellen (Artikel 47 Absatz 1 EuGVVO). Gegen die Entscheidung über den Antrag kann jede Partei einen Rechtsbehelf vor dem irischen Berufungsgericht (Court of Appeal) einlegen, sofern nicht aufgrund besonderer Umstand der Oberste Gerichtshof Irlands (Supreme Court) zuständig ist (Artikel 49 EuGVVO). Gegen die Entscheidung über den Rechtsbehelf wiederum kann nur in Ausnahmefällen vor dem Obersten Gerichtshof Irlands Revision eingelegt werden (Artikel 50 EuGVVO).

Besonderheit: Europäischer Vollstreckungstitel

Hat eine Partei in der Gerichtsverhandlung die Forderung der anderen Seite ausdrücklich anerkannt oder haben sich die Parteien vor Gericht gütlich geeinigt und einen Vergleich geschlossen, gibt es bereits seit 2005 ein vereinfachtes Vollstreckungsverfahren. Denn bei unbestrittenen Forderungen (wie den eben genannten Anerkenntnissen vor Gericht oder gerichtlichen Vergleichen) kann ein Europäischer Vollstreckungstitel nach der Verordnung (EG--Europäische Gemeinschaft) Nr.--Nummer 805/2004 beantragt werden. Das bedeutet für den oben dargestellten Fall des deutschen Dienstleistungsempfängers, wenn er mit dem irische Dienstleister wegen seiner Schadensersatzforderung einen gerichtlichen Vergleich geschlossen hat Folgendes: Mit der durch das deutsche Gericht auszustellenden Bestätigung des Vergleiches als Europäischer Vollstreckungstitel kann in Irland ebenfalls ohne den Zwischenschritt der Vollstreckbarerklärung vollstreckt werden. Den gleichen Vorteil hat natürlich auch der oben angesprochene irische Dienstleister, wenn er und der deutsche Dienstleistungsempfänger im Prozess in Irland einen Vergleich schließen. Weiterführende Informationen zum Europäischen Vollstreckungstitel bietet das EU-Portal mit Zusammenfassungen der EU-Gesetzgebung.

Irland hat zum europäischen Vollstreckungstitel Ausführungsbestimmungen erlassen. Diese finden sich u.a. in der Verordnung Nr. 648/2005 (European Communities (European Enforcement Order) Regulations 2005). Darüber hinaus wurden die Verfahrensregeln vor den Gerichten angepasst: in den Verfahrensregeln der Obergerichte (Rules of the Superior Courts) ist Order 42B, in den Verfahrensregeln des Circuit Court (Circuit Court Rules) ist Order 35A und in den Verfahrensregeln des District Court (District Court Rules) ist Order 51C zu beachten.

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