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Videokonferenz, Telearbeit, Personen, Laptop, Japan | © Adobe/taa22 Digitale Geschäftspraxis für Japan | © Adobe/taa22

Wirtschaftsumfeld | Japan | Digitalisierung

Digitale Geschäftspraxis auf dem Vormarsch

Digitale Tools sind aus dem unternehmerischen und gesellschaftlichen Alltag in Japan zwar kaum mehr wegzudenken. Dennoch besteht im Unternehmensumfeld noch Nachholbedarf.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Japaner kommunizieren im Alltag gerne digital

    Egal ob Smartphone oder Messengerdienst: Die japanische Bevölkerung nutzt privat fleißig digitale Werkzeuge und Anwendungen.

    Japan fördert generell den Wettbewerb zwischen Unternehmen um beste Lösungen und strebt nach freiem Informationsfluss sowie einem hohen Datenschutz. Je nach Segment sind auf dem Archipel Dutzende von Anbietern von digitalen Kommunikationslösungen zu finden. Viele der Unternehmen sind außerhalb des Landes jedoch unbekannt.

    Japaner sind technikaffin

    Insgesamt zeigt sich die japanische Bevölkerung aufgeschlossen gegenüber technologischen Neuerungen. Dabei ist die Offenheit für digitale Anwendungen in der allgemeinen Bevölkerung jedoch bislang höher als im Unternehmensumfeld. Zumindest trifft dies auf die Nutzung von sozialen Netzwerken zu. Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung McKinsey stehen der digitalen Transformation im Firmenbereich die japanische Businesskultur und Organisationsstruktur im Wege. Es fehlt der Wille für technologische Veränderungen.

    Nachholbedarf bei digitaler Infrastruktur

    Die Coronapandemie hat gezeigt, dass in Japan bei der digitalen Infrastruktur, bei Technologieplattformen sowie Serviceangeboten noch Defizite bestehen. Dies ist zugleich eine Herausforderung und Chance. Auf der einen Seite mussten und müssen Unternehmen ihre Geschäftspraxis schneller als geplant digitalisieren. Auf der anderen Seite sehen sich Anbieter von digitalen Lösungen einem großen Nachfrageschub gegenüber.

    "Die Covid-19-Pandemie hat Firmen in kürzester Zeit zum Umdenken gezwungen."

    So fasst Daniel Schwarz, Gründer und Vorstandsvorsitzender der IT-Deutschland Global Business Solutions mit Sitz in Tokyo, die Lage zusammen. Laut dem Experten wurde vieles, was vorher unerwünscht, unmöglich oder nie geplant war, im Zuge der Krise evaluiert.

    Unter anderem wurde das Arbeiten im Homeoffice in kürzester Zeit zum Standard, ordnet Daniel Schwarz ein. Die Unternehmen suchten außerdem nach Lösungen, um die Kommunikation zu optimieren. Dabei blieben Open-Source-Lösungen zum größten Teil auf der Strecke, gibt der IT-Fachmann zu bedenken. Insgesamt würden deren Vorteile absolut unterschätzt.

    Internetplattformen spielen sowohl im Business-to-Consumer- als auch Business-to-Business-(B2B-)Geschäft eine fundamentale Rolle. In beiden Bereichen gehören Techkonzerne wie Amazon, Google und Apple mit ihren Clouddiensten zu den führenden Anbietern in Japan. Bei B2B-Lösungen ist auch IBM Cloud zu nennen. Auf japanischer Seite sind NTT, Fujitsu, NEC und GMO als etablierte Clouddienstleister aktiv.

    Digitalbehörde gibt Richtung vor

    Um die digitale Infrastruktur zu standardisieren, hat die seit dem 1. September 2021 bestehende Digitalbehörde in einem ersten Aufschlag die Lösungen von Amazon Web Services und Google Cloud Platform für die Integration öffentlicher Dienste ausgewählt. Auf welche Lösungen private Firmen in Japan zurückgreifen, bestimmt jedoch teilweise die weit verbreitete Praxis der Anbieterbindung.

    Bei digitalen Tools haben Unternehmen wie Konsumenten die Qual der Wahl. Zwar gibt es einige marktbeherrschende Firmen, wie etwa im E-Commerce-Bereich die Plattformen von Amazon, Rakuten und Yahoo!Japan (seit Frühjahr 2021 mit LINE unter der Z-Holding vereint). Nichtsdestotrotz ist Japan ein freier Marktplatz für digitale Lösungen. Sogenannte Super-Apps sind nicht vorhanden, dafür gibt es aber eine große Anzahl von unterschiedlichen Apps. Bei Ausgaben in Appstores gehört Japan zu den Top-Ländern. Gemäß App Annie, dem führenden weltweiten Anbieter von Daten und Analysen über den Mobilmarkt, rangierte das Land 2019 international auf Platz vier.

    Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Digitale Tools im japanischen Unternehmenskosmos

    Bereits vor 2020 war die digitale Transformation im Land ein Thema. Die Covid-19-Pandemie hat die Nutzung digitaler Tools zusätzlich beschleunigt.

    Um Coronamaßnahmen einzuhalten, haben Unternehmen mit Alternativen experimentiert, die geschäftliche Aktivitäten ohne physische Anwesenheit, kontakt- und papierlos ermöglichen. Vieles davon wird für die Geschäftspraxis auch zukünftig eine Rolle spielen, etwa wenn es darum geht, innerhalb der Firma sowie mit Geschäftspartnern oder Konsumenten zu kommunizieren.

    Digitale Lösungen sind gefragt

    Digitale Tools werden in erster Linie für Verkaufsaktivitäten und das Marketing genutzt. Es folgen die Einsatzbereiche Projekt- beziehungsweise Teamtreffen und technischer Support. Bei Verhandlungen wird jedoch nicht so häufig auf digitale Hilfsmittel zurückgegriffen. Relativ gering ist deren Einsatz außerdem bei der Handhabung von Fragen der Privatsphäre und im Bereich Cybersicherheit. Diese Ergebnisse lieferte eine Onlineumfrage, die Germany Trade & Invest (GTAI) gemeinsam mit der Auslandshandelskammer (AHK) Japan im Oktober 2021 unter knapp 400 deutschen Unternehmen vor Ort durchgeführt hat. Die Rücklaufquote belief sich auf 17 Prozent.

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    Onlinemeetings und Videokonferenzen sind zu wichtigen Kommunikationskanälen aufgestiegen und werden in vielen Firmen zukünftig ein fester Bestandteil sein. Als wichtigste Kommunikationsgeräte stehen Laptops, Notebooks und Smartphones eindeutig im Vordergrund. Desktopcomputer und Tablets werden weit weniger für digitale Geschäftsaktivitäten genutzt. 

    Gängige Plattformen verwendet

    Insgesamt greifen die befragten Firmen in Japan auf die auch in Deutschland bekannten Plattformen wie Microsoft Teams, Zoom oder Skype und teilweise auf LinkedIn zurück. Darüber hinaus existieren japanische Angebote, die jedoch eher Insellösungen darstellen. Bei der Kommunikation innerhalb der Unternehmen und im Business-to-Business-Bereich steht Microsoft Teams an erster Stelle, gefolgt von Zoom. Es werden aber außerdem Tools wie Kintone und Yammer genutzt, die in Deutschland eher unbekannt sind. Allerdings spielt beispielsweise der Kommunikationsdienst Line, der im Alltag sehr verbreitet ist, im geschäftlichen Umfeld kaum eine Rolle, obwohl eine App für Firmen angeboten wird.

    Soziale Netzwerke bleiben außen vor

    Im Unternehmensumfeld bleiben soziale Netzwerke, wie Facebook, Twitter oder Instagram, bei der Kommunikation zumeist außen vor. Diese Dienste kommen jedoch ins Spiel, wenn es um die Interaktion mit Kunden und Konsumenten geht. Die Kundenansprache im Sinne von Konsumgütermarketing erfolgt zunehmend über SNS (Social Networking Services). Hier sind Facebook, Youtube und Instagram wie auch Line gefragt.

    Monatliche Nutzerzahlen sozialer Netzwerke nach Altersgruppen (in Millionen; Nutzung einzelner Altersgruppen in Prozent)*

    Soziales Netzwerk

    Aktive Nutzer

    15-19

    20-29

    30-39

    40-49

    50-59

    60-69

    LINE

    86

    93,7

    89,3

    84,8

    79,5

    69,4

    61,1

    Twitter

    45

    78,3

    69,5

    43,2

    36,1

    30,2

    18,9

    Instagram

    33

    37,4

    57,9

    37,3

    27,6

    22,9

    10,5

    Facebook

    26

    18,0

    33,3

    33,3

    27,5

    26,7

    22,6

    *) Stand: Oktober 2021Quelle: Gaiax Co., Ltd.

    Laut Angaben der Marketingfirma Bigbeat ist der Anteil der Bevölkerung in sozialen Medien von Januar 2020 bis Januar 2021 um 4,9 Prozentpunkte auf 74,3 Prozent gestiegen. Der Zugang zu sozialen Medien findet zu 98 Prozent über Mobiltelefone statt. Die am meisten genutzten SNS-Plattformen waren Anfang 2021 Youtube, Line, Twitter und Instagram.

    Influencer und virtuelle Shoppingmalls auf dem Vormarsch

    Videoplattformen als Marketingtools gewinnen in Japan an Bedeutung. In Livestreams stellen bekannte Influencer sowie unbekannte Selbstvermarkter (Self promoter) unterschiedlichste Produkte und Dienstleistungen vor. Bei professionellen Videostreaming-Plattformen ist die E-Commerce-Verbindung gleich integriert. Neben Youtube und Instagram gehören in Japan unter anderem Niconico oder Tiktok zu beliebten Werbekanälen.

    Mit ersten Anwendungen und sicherlich zukünftig höherer Aufmerksamkeit sind Angebote wie virtuelle Shoppingmalls eine Möglichkeit, Kunden sozusagen zu Hause abzuholen. So bietet Tokyos Hipster-Einkaufsviertel Harajuku ein virtuelles Einkaufserlebnis. Selbst japanische Traditionshäuser wie Isetan experimentieren bereits mit einem virtuellen Angebot, bei dem Kunden sowohl online als auch offline Waren sehen und erwerben können.

    Virtual-Reality-Lösungen im Arbeitsalltag

    Auch im Unternehmensalltag sind virtuelle Lösungen keine Zukunftsmusik mehr. Sie sollen die Zusammenarbeit der Mitarbeiter über die Entfernung ermöglichen. Durch die Coronapandemie ausgelöste Beschränkungen in Japan haben die Einreise von ausländischen Geschäftsleuten und Fachpersonal deutlich erschwert. Dementsprechend mussten Firmen zur Einrichtung von Maschinen oder zur Wartung auf Virtual-Reality-Anwendungen zurückgreifen.

    Nicht zuletzt sind virtuelle und Hybridmessen in den Blickpunkt gerückt. Zwar können sie den wichtigen persönlichen Kontakt mit bestehenden und potenziellen Neukunden vor Ort nicht ersetzen. Dennoch werden solche alternativen Formate sicherlich einen Platz in der Messelandschaft finden, gerade auch wegen der zunehmenden Bedeutung von Klimaschutzplänen der Unternehmen.

    Alternative zu Geschäftsreisen

    Nach der Coronapandemie werden auch Unternehmen in Japan nicht mehr zu alter Normalität zurückkehren, beispielsweise bei Geschäftsreisen innerhalb des Landes. Hier werden digitale Kommunikationslösungen einen Teil der Treffen ersetzen. Im Rahmen der GTAI- und AHK-Umfrage gab der überwiegende Teil der Firmen an, ihre Geschäftsreiseaktivitäten künftig zu verringern. Darunter sieht etwa ein Drittel der Unternehmen eine Verringerung von Geschäftsreisen um 30 Prozent vor und ein weiteres Viertel sogar um 50 Prozent im Vergleich zum Vorkrisenniveau.

    Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Zwischen freiem Datenfluss und Schutz persönlicher Daten

    Datenschutz wird in Japan eine große Bedeutung beigemessen. Den Spagat zwischen einem freien Informationsfluss und dem Schutz persönlicher Daten regelt ein grundlegendes Gesetz.

    Das Datenschutzgesetz von 2005, der "Act on the Protection of Personal Information" (APPI), ist seit Mai 2017 in einer grundlegend überholten Version in Kraft. Es zielt darauf ab, mit den Veränderungen des digitalen Umfeldes Schritt zu halten. Denn mit der digitalen Transformation haben auch in Japan Datendiebstahl und Hackerangriffe zugenommen.

    Gesetzliche Ähnlichkeit mit DSGVO

    Das Datenschutzniveau von Japan ist mit der auf Ebene der Europäischen Union (EU) eingeführten Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) grundsätzlich vergleichbar. Daher können seit der gegenseitigen Adäquanz-Entscheidung der EU-Kommission und der japanischen Personal Information Protection Commission (PPC) vom 23. Januar 2019 personenbezogene Daten ohne zusätzliche Garantien oder sonstige spezielle Anforderungen für den Datentransfer übermittelt werden. Allerdings muss gemäß dem japanischen Datenschutzgesetz die Erlaubnis der betroffenen Person zur Übertragung der gesammelten persönlichen Daten an eine separate Firma eingeholt werden. Dabei gilt es zu beachten, dass auch ein Gruppenunternehmen, beispielsweise das Mutterhaus in Deutschland, eine separate rechtliche Einheit von der japanischen Tochter darstellt.

    Gemeinsamer Nutzungszweck möglich

    Ferner ist es möglich, persönliche Daten gemeinsam mit einer separaten rechtlichen Einheit zu nutzen. Hierzu müssen der gemeinsame Verwendungszweck (Joint Use) sowie Details der Nutzung, beispielsweise welche Daten verwendet werden sollen, der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung mitgeteilt werden. Für die gemeinsame Nutzung der von der japanischen Tochter erhobenen persönlichen Daten mit der deutschen Muttergesellschaft wird dieser gemeinsame Verwendungszweck unbedingt empfohlen.

    Gesetz wird extraterritorial angewendet

    Weiterhin sollte beachtet werden, dass das japanische Datenschutzrecht eine extraterritoriale Anwendung kennt. Dies kommt zum Tragen, wenn Daten von in Japan ansässigen Individuen aus dem Ausland gesammelt werden. Eine weitere Anpassung der Regelungen in Richtung der DSGVO wird laut Rechtsexperten zum 1. April 2022 erfolgen. Die anvisierte Änderung betrifft etwa die verpflichtende Meldung im Falle von Datenverletzungen.

    "Die Einwilligung des Datensubjektes ist nach wie vor das wichtigste Legitimationstool für den Datentransfer."

    Dies sei der wichtigste Unterschied des japanischen Datenschutzgesetzes zur DSGVO, betont Ulrich Kirchhoff, Rechtsanwalt beim ARQIS Foreign Law Office in Tokyo. "Eine Rechtfertigung, wie das berechtigte Interesse der DSGVO, kennt das japanische Datenschutzrecht grundsätzlich nicht", erläutert der Experte.

    Imageschäden und Geldstrafe drohen bei Verstößen

    Die Nichteinhaltung von Datenschutzanforderungen kann nicht nur zum Reputationsverlust, sondern auch zu direkten Schadenersatzansprüchen der betroffenen Personen führen. Bußgelder in Höhe von bis zu 100 Millionen Yen (umgerechnet rund 0,87 Millionen US-Dollar) oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr sind möglich. Japan verfügt mit der PPC seit 2016 über eine unabhängige Datenschutzbehörde, die Verstöße überwacht.

    Alle Unternehmen, die persönliche Daten für ihr Geschäft nutzen, wie beispielsweise Betreiber von Informations- und Kommunikationsinfrastruktur oder Anbieter von Onlinediensten, müssen die Datensicherheit gewährleisten. Insbesondere in Branchen mit einem hohen Anteil an personenbezogenen Informationen, wie dem E-Commerce, Gesundheitsdiensten und der Finanzwirtschaft, werden gut abgesicherte Datenverarbeitungssysteme eingefordert.

    Eine verpflichtende Datenspeicherung auf Servern in Japan wird grundsätzlich nicht verlangt. Sie ist aber zu empfehlen, wenn der Server nicht in einem Land des Europäischen Wirtschaftsraumes und damit nicht in einem EU-Mitgliedsland, Norwegen, Island oder Liechtenstein steht.

    Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Pandemie ist ein Paradigmenwechsel

    Daniel Schwarz weiß, wie der japanische IT-Markt tickt. Der CEO des IT-Dienstleisters ITD-GBS arbeitet seit 2018 in Tokyo. Im Interview gibt er interessante Einblicke.

    GTAI: Das IT-Unternehmen ITD-GBS begleitet deutsche Firmen auf ihrem Weg auf den japanischen Markt und japanische auf den deutschen. Was haben beide Märkte gemeinsam?

    Schwarz: Wir unterstützen deutsche und japanische Unternehmen, Daten national oder grenzübergreifend und effizient zu verarbeiten. Das Zusammenspiel aus IT und Recht ist in beiden Märkten in den vergangenen Jahren wichtiger geworden ist. So muss in Japan ab April der Verlust von personenbezogenen Daten angezeigt werden, da die persönlichen Rechte des Betroffenen verletzt werden könnten. Es gibt zudem neue Richtlinien zur Datennutzung und zum länderübergreifenden Datenaustausch. Bei Verstoß drohen höhere Strafen von bis zu umgerechnet rund 0,87 Millionen US-Dollar. Um mit ITD-GBS auf die rechtlichen Anforderungen zu reagieren, haben wir mit unserem Kooperationspartner ARQIS Foreign Law Office den Service "unwyr" ins Leben gerufen.

    GTAI: Was sind die Unterschiede zwischen Japan und Deutschland?

    Schwarz: Zwar sind auch die großen japanischen Firmen beim Thema Datenschutz und IT-Ausstattung gut aufgestellt, aber vor allem die kleinen und mittelständischen Unternehmen hinkten bisher hinterher. Deutsche Firmen waren im Vergleich bislang stärker für IT-Fragen sensibilisiert. Aber Corona hat als Katalysator gewirkt und die Awareness gesteigert. Das zeigt die Gründung der japanischen Digitalbehörde.

    GTAI: In Deutschland kursiert das Bild des technikaffinen Japaners. Tickt die japanische Bevölkerung bei der IT-Nutzung anders als die deutsche?

    Schwarz: Ich denke, dieses Bild beruht auf Gegenseitigkeit. Betrachtet man das Nutzerverhalten wird klar: Egal ob jung oder alt, viele Menschen in Japan nutzen das Smartphone neben der Arbeit auch zur Unterhaltung, etwa für Gaming, Social Media oder Film und Fernsehen. Sie verbrauchen im Monat nicht selten 30 bis 90 Gigabyte an Datenvolumen.

    Blickt man auf die Innovationskraft, etwa von Startups, so hat sich Tokyo mittlerweile auf Platz neun im "Global Startup Ecosystem"-Ranking katapultiert. Da liegt Deutschland mit Berlin auf Rang 22 weiter hinten. Wie andere Länder schenkt auch Japan IT-Lösungen viel Aufmerksamkeit, die einen wichtigen Beitrag zu den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen und den ESG-Grundsätzen für gutes ökologisches und soziales Unternehmertum liefern.

    GTAI: Langsames Internet und unzureichende 5G-Abdeckung: Ist die japanische IT-Infrastruktur besser ausgebaut als die deutsche?

    Schwarz: Aus meiner Sicht ist die Infrastruktur wie in Deutschland von Region zu Region unterschiedlich gut ausgebaut. In den Landesstrichen, in denen ich in Japan unterwegs bin, verfügen die meisten Einrichtungen über Glasfaser, oder es gibt adäquaten Empfang auf dem Mobilgerät. Es ist also eher erstaunlich, wenn man mal keine Verbindung hat. Das kann aber auch in Japan durchaus vorkommen.

    Japan treibt den 5G-Ausbau voran: Voraussichtlich in diesem Jahr soll ein Testnetzwerk für den Mobilfunkstandard der fünften Generation 5G bereitstehen, das sogenannte "Open RAN". Die vier größten Telekommunikationsanbieter sollen bis 2024 im ganzen Land 5G-Basisstationen aufstellen.

    GTAI: Wie viel Zeit und Budget müssen deutsche Firmen einplanen, bis ihre IT in Japan steht und problemlos läuft?

    Schwarz: Die IT ist so individuell wie das Unternehmen selbst, da diese in der Regel auf die Arbeits- und Produktprozesse abgestimmt sein muss. Dies ist somit vollkommen unterschiedlich und abhängig von der gewünschten beziehungsweise notwendigen Architektur.

    Themengebiete wie die Systemwiederherstellung nach Katastrophen (Disaster Recovery) sollten Firmen aufgrund von Risiken wie Erdbeben aber mit Sorgfalt betrachten.

    Generell gilt: Auch, wenn man "klein" anfängt, können Businessanwendungen relativ schnell durch externe Cloud-Angebote global ausgerollt werden.

    GTAI: Welche Services fragen Unternehmen häufig nach? Welche Rolle spielt Cybersecurity?

    Die häufigsten Anfragen, die wir erhalten, betreffen die Gewährleistung des Datenschutzes. Konkret bedeutet das beispielweise, welche technischen und organisatorischen Maßnahmen muss der Kunde sicherstellen, um in einer Public Cloud persönliche Daten zu verarbeiten?

    Cybersecurity spielt bei der Minimierung von Risiken eine wichtige Rolle.

    GTAI: Homeoffice, Videokonferenzen und virtuelle Messen  Die Coronapandemie hat die Nachfrage nach digitalen Tools explodieren lassen. Wie hat sie den japanischen IT-Markt verändert?

    Schwarz: Aus meiner Erfahrung war die Pandemie ein kultureller Paradigmenwechsel. Meetings oder Netzwerkveranstaltungen, an denen Geschäftsleute vorher nur physisch teilnehmen konnten, sind nun online beziehungsweise als Hybrid-Angebot verfügbar und akzeptiert. Dass ein Umdenken nach der Coronapandemie stattfindet, begrüße ich sehr. Ein gutes Beispiel ist die NTT Group. Sie hat im September 2021 angekündigt, dass in Zukunft alle 320.000 Beschäftigten weltweit selbst entscheiden können, von wo sie arbeiten möchten.

    GTAI: Blicken wir in die Zukunft: Welche IT-Themen und Trends sollten Unternehmen im Auge behalten?

    Schwarz: Da wir selber an einer Lösung zur Verbesserung von Telearbeit (Remote Work) beziehungsweise Remote School arbeiten, ist dies definitiv mein Lieblingsthema. Trends gibt es derzeit aber viele. Ein Beispiel ist das Thema Metaverse.

    Spannend ist dieses Jahr sicherlich alles, was man mit Blockchain assoziieren könnte.

    Das Spektrum reicht hier von Kryptowährungen und NFT (Non-Fungible Token, also nicht ersetzbare digital geschützte Objekte) bis hin zu Supply-Chain-Lösungen.

    Gleichermaßen wird das Thema künstliche Intelligenz meiner Meinung nach Fahrt aufnehmen. Weiterhin würde ich auf mögliche Nachwirkungen achten, die Ende 2021 aus der Schwachstelle in der Java-Bibliothek Log4J hervorgegangen sein könnten. Über diese im Dezember als Log4Shell bekannt gewordene Sicherheitslücke können Angreifer ein System infizieren. Hiervon sind alle Unternehmen betroffen, die eigene oder gekaufte Anwendung nutzen, in denen Log4j enthalten ist, darunter auch Unternehmen in Japan.

    Von Christiane Süßel | Bonn

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