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Wirtschaftsumfeld | Nordafrika | Projektgeschäft

Ägypten dominiert das Projektgeschäft in Nordafrika

Die Länder Nordafrikas planen im Jahr 2023 Großprojekte, die deutschen Unternehmen Beteiligungschancen bieten. Doch es gibt auch Hindernisse zu überwinden.

Von Friedrich Henle | Berlin

Die wirtschaftlichen Aussichten Nordafrikas beurteilt die Afrikanische Entwicklungsbank für das Jahr 2023 positiv. Ein geschätztes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von real 4,3 Prozent liegt leicht über der Prognose für den gesamten afrikanischen Kontinent mit 4 Prozent. Verschiedene Investitionsprojekte der südlichen Mittelmeeranrainer untermauern diese Vorhersagen. Die Projektvolumina in den einzelnen Ländern unterscheiden sich jedoch stark.

Großprojekte in Ägypten bekommen etwas Gegenwind

Kurz- bis mittelfristig dürfte einiges an Dynamik aus dem ägyptischen Projektmarkt entweichen. Zum einen ist die finanzielle Situation der ägyptischen Regierung infolge des Ukrainekrieges und der Zinspolitik der US-amerikanischen Notenbank so angespannt wie lange nicht mehr. Zum anderen führt der Mangel an US-Dollar (US$) zu erheblichen operativen Schwierigkeiten und Verzögerungen von Projekten: Es fehlen Devisen, um erforderliche Komponenten und Ausrüstungsgegenstände aus dem Ausland bezahlen zu können. Deshalb hängen Waren im Wert von circa 5 Milliarden US$ seit mehreren Monaten in ägyptischen Häfen fest. Vor dem Hintergrund einer hohen Inflation stehen die Großprojekte immer lauter und öffentlicher infrage. Auf diese Kritik reagiert die Regierung mit Sparmaßnahmen. Unter anderem sollen einstweilen keine neuen (Infrastruktur-)Projekte mit einer sogenannten „starken US$-Komponente“ umgesetzt werden.

Projekte im Energiebereich sind davon jedoch ausgenommen. Wegen der „Zeitenwende“ kann Ägypten auf diesem Gebiet mit großzügiger Unterstützung aus Deutschland und der EU rechnen – das gilt sowohl für die Erzeugungskapazitäten als auch für die Infrastruktur zum Transport des in Ägypten erzeugten grünen Stroms. Ebenso dürften Investitionen in die Infrastruktur zum Export von Erdgas und LNG (Liquefied Natural Gas) weitergehen.
 

Algerien profitiert von der hohen Nachfrage an Energierohstoffen

Die Einnahmen aus dem Öl- und Gasexport lagen 2022 bei über 50 Milliarden US$, gegenüber etwa 34 Milliarden US$ im Jahr davor. Peter Schmitz, Algerien-Korrespondent bei Germany Trade & Invest (GTAI) in Tunis, leitet daraus ab: „Obwohl viel Geld in höhere Gehälter für Staatsbedienstete und Kompensationszahlungen fließt, um die Inflation auszugleichen, ist der Spielraum für Investitionen wieder größer.“

So verfolgt der staatliche Öl- und Gaskonzern Sonatrach seinen 40 Milliarden US$ teuren Investitionsplan weiter. Schwerpunkte sind die Exploration neuer und die Produktionssteigerung bestehender Öl- und Gasfelder. Auch die Raffinerie- und Transportkapazitäten sollen ausgebaut werden. Gaspipelines nach Europa werden auch in Zusammenhang mit möglichen Wasserstofflieferungen in der Zukunft gebracht. Da Algerien bei der Diversifizierung der Wirtschaft auf energieintensive Industrien setzt, könnte das Thema Power-to-X auch für die lokale Verwendung interessant sein. „Deutschland wird als wichtiger Partner gesehen, um Technologie und Kapital beizusteuern“, so Schmitz weiter.

Großprojekte in Marokko im Bereich erneuerbare Energien

Im Süden des Königreichs will das britische Unternehmen Xlinks im Rahmen eines Megaprojekts 7 Gigawatt an Solar- und 3,5 Gigawatt an Windenergiekapazitäten aufbauen und dafür bis zu 22 Milliarden US$ investieren. Die gewonnene Energie soll über Unterseekabel mit einer Länge von 3.800 Kilometern bis ins Vereinigte Königreich transportiert werden. Andere Energieprojekte haben das Ziel, grünen Wasserstoff zu erzeugen. In diesem Zusammenhang müssen auch Meerwasserentsalzungsanlagen errichtet werden.

„Deutsche Beteiligungen an diesen Vorhaben dürften in Nischenbereichen bei Zulieferungen bestehen“, sagt Michael Sauermost, Marokko-Korrespondent bei GTAI. Er erwartet auch durch den weiteren Ausbau der Verkehrsinfrastruktur oder im Gesundheitswesen eine wachsende Investitionstätigkeit. Zwei Großprojekte für den Ausbau des Hochgeschwindigkeitszugnetzes würden aktuell verhandelt. Chinesische Investoren versuchten, gegen die Platzhirsche aus Frankreich zu konkurrieren.

Libyen kann sein Potenzial noch nicht ausschöpfen

Von den hohen Weltmarktpreisen für Energierohstoffe profitiert auch Libyen. Trotz instabiler politischer Lage positionieren sich dort internationale Konzerne, um weitere Öl- und Gasfelder zu erschließen. So schloss die Regierung mit der im Land bereits sehr präsenten Eni im Januar 2023 ein neues Abkommen über eine Investition von 8 Milliarden US$. Sollte die Produktion wie geplant im Jahr 2026 aufgenommen werden, entspräche die Förderung rund 2 Prozent des derzeitigen europäischen Bedarfs an Gas.

Tunesien bleibt wichtiger Standort für Automobilzulieferer

Das Land wird auf absehbare Zeit kein großer Projektmarkt für deutsche Unternehmen werden. Ausnahmen bilden weiterhin geberfinanzierte Projekte, wie in den Bereichen Wasseraufbereitung, Energie und Transport. Abgesehen davon ist das Interesse internationaler Unternehmen am Nearshoring-Standort Tunesien durch den Krieg in der Ukraine gestiegen. Die einzelnen Investitionsprojekte sind aber überschaubar, da es in erster Linie um die Ausweitung bestehender Industrieaktivitäten, vor allem in der Kabelkonfektionierung, geht. Deutsche Unternehmen sind hier vorne dabei.

Die finanzielle Situation des Landes spitzt sich hingegen weiter zu. Mitte Februar 2023 ist nach wie vor nicht absehbar, wann das dringend benötigte Abkommen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) endgültig geschlossen werden kann. Das Haushaltsgesetz 2023 beinhaltet zwar einzelne, vom IWF geforderte Maßnahmen. Insbesondere die dramatisch verschuldeten öffentlichen Unternehmen und der aufgeblähte staatliche Personalstand bleiben jedoch unberührt. Zudem steigt die Abgabenlast, was vor allem Investitionen tunesischer Unternehmen weiter erschweren dürfte. Beobachter erwarten ein politisch, sozial und wirtschaftlich schwieriges Jahr 2023 für Tunesien.

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