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Wirtschaftsumfeld | Südosteuropa | Diversifizierung von Erdgaslieferungen

Südosteuropa stärkt regionalen Erdgasmarkt

Südosteuropa lernt, ohne Erdgas aus Russland zurechtzukommen. Neue Pipelines und Lieferverträge werden verhandelt. Mehr Investitionen in die Infrastruktur sind weiterhin notwendig.

Von Dominik Vorhölter | Bukarest

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine versucht die Europäische Union (EU), russische Energieimporte zu ersetzen. Die EU will bis 2027 ihre Erdgaseinfuhren aus Aserbaidschan auf 20 Milliarden Kubikmeter pro Jahr verdoppeln. Das geht aus einer Absichtserklärung zwischen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev hervor. Im Mai 2022 trafen sich Regierungsvertreter von Aserbaidschan, Bulgarien, Griechenland, Italien, Nordmazedonien, Rumänien, Serbien und der Ukraine in Sofia und beschlossen, neue Lieferwege für Erdgas nach Südosteuropa zu etablieren.

Jetzt machen die Länder in Südosteuropa Fortschritte bei der Diversifizierung ihrer Erdgaslieferungen. Erstmals strömt Erdgas aus Aserbaidschan über eine neue Pipeline nach Bulgarien und Rumänien. Seit Oktober 2022 ist der bulgarisch-griechische Interkonnektor (IGB) in Betrieb. Dieser verbindet den südlichen Gaskorridor mit dem Netz der Trans-Balkan-Pipeline. Damit kann nun Erdgas aus dem Kaspischen Meer durch Griechenland und Bulgarien in mehrere südosteuropäische Länder gelangen.

Rumänien hat vor kurzem einen Vertrag über Gaslieferungen in Höhe von 1 Milliarde Kubikmeter mit Aserbaidschan abgeschlossen. Die Liefervereinbarung zwischen dem rumänischen staatlich kontrollierten Erdgasunternehmen Romgaz und der Staatlichen Energiegesellschaft der Republik Aserbaidschan, SOCAR, gilt für den Zeitraum April 2023 bis März 2024, teilte Romgaz am 3. Februar 2023 mit.

„Der südliche Gaskorridor mit dem Erdgas aus Aserbaidschan dient als Sicherheitsnetz für viele Staaten in Südosteuropa“, sagte der rumänische Präsident Klaus Iohannis bei einem Treffen mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Aliyev am 3. Februar 2023 in Baku.

Bulgarien wird zum Erdgas-Hub

Bulgarien etabliert sich als Erdgas-Hub für die Region Südosteuropa. Das Land besitzt mit dem bulgarisch-griechischen Interkonnektor IGB nun eine Schlüsselverbindung für die Diversifizierung der Erdgasversorgung in der Region. Der Interkonnektor ist über Griechenland an die Pipelines des Südkorridors angeschlossen. Über die beiden Teilstücke - die Transanatolische und die Transadriatische Pipeline - liefert Aserbaidschan Gas nach Europa. Sie verlaufen durch Georgien, die Türkei, Griechenland und Albanien nach Italien.

Republik Moldau bekommt neue Lieferwege für Erdgas 

Über die Trans-Balkan-Pipeline können mithilfe des Interkonnektors in Bulgarien zukünftig auch Rumänien und Nordmazedonien mit dem Gas aus Aserbaidschan versorgt werden. Zuvor strömte hauptsächlich russisches Gas durch das Netz der Trans-Balkan-Pipeline. Die Pipeline führt aus Russland durch die Ukraine, die Republik Moldau, Rumänien, Bulgarien und endet in Nordmazedonien.

Perspektivisch kann auch die Republik Moldau Erdgas aus Aserbaidschan erhalten. Dann würde Erdgas für die Republik Moldau vom südlichen Gaskorridor her über Bulgarien und Rumänien - also aus der entgegengesetzten Richtung als bisher - seinen Weg ins Land finden. Damit hätte die Republik Moldau einen wichtigen Schritt erreicht, um sich von ihrer großen Abhängigkeit von russischen Erdgaslieferungen zu lösen.

Bulgarien und Serbien bauen neue Pipeline

Der Ausbau des Erdgaspipeline-Netzes geht darüber hinaus weiter. Mitte Januar 2023 begann der Bau einer neuen Verbindung zwischen Bulgarien und Serbien auf der bulgarischen Seite. Die neue Verbindungsleitung für Erdgas entsteht zwischen der bulgarischen Stadt Novi Iskar und der serbischen Stadt Nis. Sie hat nach Angaben der serbischen Regierung eine Länge von 170 Kilometer. Die serbische Seite befindet sich ebenfalls bereits im Bau. 

Weitere Anschlüsse Richtung Westen folgen 

Rumäniens Erdgasnetz soll zudem perspektivisch mit einer Pipeline verbunden werden, die Gas aus dem Südkorridor nach Ungarn und Österreich befördern kann. Dafür soll die Pipeline Bulgarien-Rumänien-Ungarn-Austria, kurz BRUA, entstehen. Ziel ist dabei, dauerhafte bidirektionale Flüsse, auch reverse-flows genannt, zwischen dem rumänischen Gastransportsystems mit Bulgarien und Ungarn sicherzustellen. Das BRUA-Projekt unterstützen die Partnerstaaten im Rahmen der Drei-Meeres-Initiative. 

Drei-Meere-Initiative

In der Drei-Meere-Initiative haben sich dreizehn europäische Länder zwischen Adria, Ostsee und Schwarzem Meer zusammengeschlossen. Ihr Ziel ist, die Zusammenarbeit in Mitteleuropa beim Ausbau der Energie-, Verkehrs- und Telekommunikationsinfrastruktur zu stärken. 

Netzbetreiber initiieren Ausbau der Infrastruktur

Die Erdgasnetzbetreiber Bulgartransgaz (Bulgarien), ICGB (Bulgarien), FGSZ (Ungarn), Transgaz (Rumänien) und Gastrade (Griechenland) wollen den regionalen Erdgasmarkt stärken. Mittelfristig planen sie bidirektionale Erdgasflüsse von Süd nach Nord und umgekehrt. Um sogenannte bidirektionale Erdgasflüsse zu ermöglichen, müssen die Länder die Erdgasinfrastruktur, insbesondere die Verdichterstationen, ertüchtigen. Diese Anlagen komprimieren das Erdgas, damit der für den Transport nötige Druck aufrechterhalten bleibt. Im Dezember 2022 vereinbarten die Partner hierzu Machbarkeitsstudien. 

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