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Special | Slowenien | 20 Jahre EU-Osterweiterung

Slowenien: Innovatives Drehkreuz im Herzen Europas

Slowenien hat sich rasch in die EU integriert. Die zentrale Lage macht das Land zu einem wichtigen Bindeglied in der Region. Davon profitiert die innovationsfreudige Wirtschaft.

Von Kirsten Grieß | Ljubljana

Nach dem EU-Beitritt beeindruckte Slowenien mit einer zügigen wirtschaftlichen Aufholjagd. Unter den Neumitgliedern im östlichen Europa erfüllte Slowenien als erstes Land die Maastricht-Kriterien und führte 2007 den Euro ein. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Kaufkraftparitäten lag 2022 bei rund 90 Prozent des EU-Durchschnitts. Slowenien profitiert von einer soliden industriellen Basis. Es gehört heute zu den am stärksten industrialisierten Ländern der EU.

Internationale Investoren schätzen den Standort. Die günstige geografische Lage und der Hafen in Koper machen Slowenien als Tor gen Osten - auch in den fernen Osten - interessant. Die überwiegend kleinen und mittleren Betriebe im Land arbeiten vorrangig als Zulieferer. Ihre hohe Technologieaffinität macht sie agil.

Slowenien ist seit 20 Jahren EU-Mitglied - das mag noch jung klingen, aber Slowenien war schon immer im Herzen Europas und zeigt das in der EU seit zwei Jahrzehnten mit großer Überzeugung. Es gestaltet aktiv mit, um unser gemeinsames Europa zu stärken und zu vergrößern. Es übernimmt Verantwortung für Europa - auch über europäische Grenzen hinaus, besonders sichtbar gerade in den Vereinten Nationen, wo es für zwei Jahre Mitglied des UN-Sicherheitsrats istSlowenien beweist: Es braucht keine geografische oder demografische Größe, um ein großer Europäer zu sein!  

Natalie Kauther Botschafterin der Bundesrepublik Deutschland in Slowenien

EU-Gelder fließen in den Umbau der Wirtschaft

Slowenien erhält bis 2026 rund 2,7 Milliarden Euro aus dem Wiederaufbaufonds der EU. Im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik fließen bis 2027 weitere 3,2 Milliarden Euro. Über die Hälfte der Mittel ist für Investitionen in den grünen Wandel, die Digitalisierung der Wirtschaft und nachhaltiges Wachstum vorgesehen. Viele Unternehmen profitieren direkt von EU-Geldern, die über Förderprogramme und Investitionszuschüsse vergeben werden.

Ein einschneidendes Ereignis war die Flutkatastrophe im August 2023. Die entstandenen Schäden wurden von der Regierung auf 10 Milliarden Euro beziffert. Zwar ist der Wiederaufbau zügig angelaufen, er wird das Land aber noch Jahre beschäftigen.

Industrie setzt auf Nachhaltigkeit

Knapp 50 Prozent der Industrieproduktion Sloweniens gehen auf die energie- und emissionsintensive Herstellung von Werkstoffen zurück. Die Dekarbonisierung der Wirtschaft gehört zu den prioritären Klimazielen der Regierung. Seit Freigabe des EU-Aufbau- und Resilienzplans Mitte 2021 zahlte die Regierung mehr als 300 Millionen Euro an Fördermitteln an rund 800 produzierende Unternehmen, um sie bei der ökologischen Modernisierung zu unterstützen. 

Anfang 2024 kündigte die Regierung eine weitere Ausschreibung in Höhe von 42 Millionen Euro an. Das Geld soll Firmen dabei helfen, die Energieeffizienz zu verbessern, auf erneuerbare Energiequellen umzustellen und Produktionsprozesse umweltfreundlicher zu gestalten.

50 %

der industriellen Produktionsleistung erwirtschaftet die Materialherstellung.

Vorreiter beim Senken der Emissionen ist Sloweniens größter Stahlhersteller, die SIJ Gruppe. Der Konzern hat eine extrem leichte Stahlart entwickelt, womit der CO2-Ausstoß bei Transport und Nutzung reduziert wird. Den Stahl stellt SIJ zu 100 Prozent aus recyceltem Stahlschrott her. Auf Recycling setzt auch der Aluminiumhersteller Talum. Das Unternehmen will den Recyclinganteil seiner Produkte bis 2030 auf 55 Prozent steigern. Die Primäraluminiumproduktion wurde bereits eingestellt. Ähnliche Entwicklungen sind bei anderen Herstellern zu beobachten. Die Investitionen in effizientere Produkte, Produktionsprozesse und grüne Energieerzeugung eröffnen auch Chancen für deutsche Technologieanbieter.

Logistiker schalten auf Industrie 4.0 um

Als Knotenpunkt dreier europäischer Transportkorridore profitiert Slowenien von einem Europa ohne Grenzen. Mit dem Beitritt zu EU und Schengenraum sowie strategischen Investitionen in den Ausbau der Hafen- und Verkehrsinfrastruktur hat sich die Logistikbranche seit 2004 zu einem wichtigen Pfeiler der slowenischen Wirtschaft entwickelt. Im Jahr 2022 erwirtschaftete die Branche 5,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Zwar leiden Sloweniens Logistiker derzeit unter steigenden Energiekosten, dem wachsenden Fachkräftemangel und höheren Anforderungen an Nachhaltigkeit. Mit diesen Problemen sind sie in Europa aber nicht allein, wie Mladen Ljubas, Managing Director bei der slowenischen Niederlassung von DB Schenker im Interview mit Germany Trade & Invest erläutert.

1 Million

Standardcontainer schlägt der Hafen Koper pro Jahr um.

Logistikfirmen begegnen den Herausforderungen, indem sie in Digitalisierung und neue Technologien investieren. Den Hafen Koper will die staatliche Betreibergesellschaft Luka Koper bis 2028 für insgesamt 785 Millionen Euro technisch umfassend aufrüsten. Geplant sind der Bau einer automatisierten Lagerhalle, die Ausweitung des Containerterminals, die Elektrifizierung von Piers zur Stromversorgung der Schiffe, elektrifizierte Aufzüge sowie die Installation von Fotovoltaikanlagen auf Lagerdächern. 

Auch andere Branchengrößen vermelden Projekte zur digitalen Prozessautomatisierung. Laut slowenischer Wirtschaftskammer kommt das Transportgewerbe beim Umbau zur Logistik 4.0 erfolgreich voran. Gefragt sind Lösungen für intelligente Container, digitale Lagerverwaltung, fahrerlosen Transport oder agile Routenplanung. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass Lagerbetreiber vermehrt auf energetische Eigenversorgung setzen und Solarmodule auf Lagerdächern installieren.

Deutschland hat einen beachtlichen Handelsaustausch mit Slowenien von zuletzt über 14 Milliarden Euro - und das bei gerade einmal 2 Millionen Einwohnern. In der Region ist kaum ein Standort vergleichbar mit Slowenien. Deutsche Delegationen sind regelmäßig beeindruckt ob der Innovationskraft, klugen und ambitionierten Menschen, Fortschrittlichkeit, Regelkonformität und Ordnung.

Dagmar von Bohnstein Geschäftsführende Vorsitzende des Vorstands, AHK Slowenien

Hohe Dichte an Hidden Champions

Das kleine Land Slowenien verfügt über zahlreiche hochspezialisierte Nischenanbieter, etwa in den Bereichen Medizintechnik, Luft- und Raumfahrtindustrie, Robotik sowie Elektronik und Elektrotechnik. Das 2007 gegründete Unternehmen C-Astral Aerospace beispielsweise entwickelt kleine unbemannte Flugkörper und gehört mit seinen Drohnen zu den Weltmarktführern. Ein weiteres Beispiel ist MESI Medical. Kernprodukt des 2010 gegründeten Start-ups ist ein Tablet, das gestützt auf künstliche Intelligenz eine neue Diagnoseform der prädiktiven medizinischen Bewertung ermöglicht. Mitte 2023 investierte der deutsche Gesundheitsfonds SHS Capital 18 Millionen Euro in MESI und übernahm damit die Mehrheit am Unternehmen.

Die slowenische Regierung fördert die hohe Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit inländischer Unternehmen ganz gezielt. Zwischen 2016 und 2022 fanden dazu rund 150 Ausschreibungen statt. Der Gesamtwert der förderfähigen Projekte erreichte 1,7 Milliarden Euro. Etwa zwei Drittel der Gelder stammten aus den EU-Strukturfonds. Im aktuellen EU-Haushalt bis 2027 kann Slowenien bis zu 1,8 Milliarden Euro für weitere innovative Projekte einsetzen.

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