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Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Exportkreditgarantien

"Kein Deckungsstopp für die Ukraine"

Auch nach Kriegsbeginn unterstützt der Bund die Ukraine wirtschaftlich bestmöglich und sichert weiterhin Ausfuhrgeschäfte mit Exportkreditgarantien ab.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Berlin

Felix Brücher; Head of Market and Commercial Underwriting bei Euler Hermes AG (Exportkreditgarantien des Bundes) Felix Brücher; Head of Market and Commercial Underwriting bei Euler Hermes AG (Exportkreditgarantien des Bundes) | © Dr. Harald Jasser

Die Euler Hermes AG bearbeitet im Auftrag des Bundes Exportkreditgarantien (sogenannte Hermesdeckungen), mit denen Forderungen deutscher Lieferanten vor politischen und wirtschaftlichen Risiken in rund 175 Ländern abgesichert werden. Bis zum 24. Februar 2022 zählte die Ukraine bei der Absicherung von Lieferungen und Leistungen mit Hermesdeckungen zu den Top-10-Ländern. Wie sich die Übernahme von Einzel- und Sammeldeckungen für das osteuropäische Land unter den Bedingungen des Krieges entwickelt, welches Potenzial es für deutsche Exporteure gibt und welche Herausforderungen auf sie warten, dazu steht Felix Brücher, Head of Department Market bei Euler Hermes Rede und Antwort.

Wie entwickelt sich die Übernahme von Exportkreditgarantien für die Ukraine seit dem 24. Februar?

Die Ukraine war und ist ein wichtiger Markt für deutsche Exporteure. Mit Blick auf das Deckungsvolumen lag das Land bis Kriegsbeginn seit Jahren unter den Top-10. Das Betätigungsfeld deutscher Exporteure erstreckt sich dabei von Lieferungen für den Agrarsektor über Maschinen bis hin zu Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien. Seit Kriegsbeginn sichert der Bund vor allem Lieferungen im humanitären Bereich ab.

Grundsätzlich gilt: Lieferungen und Leistungen in die Ukraine können weiterhin mit Bundesdeckungen abgesichert werden. Voraussetzung ist, dass die Geschäfte risikomäßig vertretbar und förderungswürdig sind. Jeder Antrag wird dabei einzeln geprüft. Die Förderungswürdigkeit ist im Ukrainegeschäft in aller Regel gegeben. Schließlich gibt es ein ganz klares Bekenntnis des Bundes, Exporteure zu unterstützen. Daher laufen Geschäfte unter bestehenden Deckungen seit Kriegsbeginn weiter. Auch wurde mehrheitlich dafür gesorgt, dass Projekte, die bei Kriegsausbruch bereits in der Realisierungsphase waren, fertiggestellt werden können.

Grundsätzlich stellt der Bund - anders als viele andere staatliche Kreditversicherer - mit den Ausfuhrpauschalgewährleistungen weiterhin Absicherung für kurzfristige Exportgeschäfte bereit, also insbesondere auch für Waren des täglichen Bedarfs und Rohstoffe, die in die Ukraine geliefert und dort benötigt werden, soweit hierfür Banksicherheiten von den Kunden gestellt werden. Wir sind fortlaufend in Kontakt mit großen Importeuren und der Ukrainischen Nationalbank (NBU), um sicherzustellen, dass im Spannungsfeld zwischen Förderungswürdigkeit und risikomäßiger Vertretbarkeit das Maximum an Deckungsmöglichkeiten gewährleistet wird.

"Mit der weiteren Annäherung der Ukraine an Europa wird der Bedarf an Exportkreditgarantien zunehmen."

Gibt es Firmen, die vor dem Krieg Exportkreditgarantien für Russland beantragt haben, und die sich nun aus dem Land zurückziehen und stattdessen in die Ukraine liefern?

Wir beobachten ein Ausweichen in die Länder Zentralasiens. Im Zentrum steht hier vor allem Usbekistan, das als Manufacturing-Hub stärker in den Fokus rückt. Zudem erhalten wir mehr Anfragen zur Absicherung von Exporten nach Kasachstan, wo traditionell chinesische Anbieter sehr stark sind. Mit den Garantien des Bundes können deutsche Firmen ihren Kunden dort deutlich bessere Kreditkonditionen anbieten als lokal üblich, was einen gewichtigen Wettbewerbsvorteil darstellt.

Dass die Unternehmen statt nach Russland verstärkt in die Ukraine liefern, sehen wir im Moment noch nicht. Ich bin mir jedoch sicher, dass mit der weiteren Annäherung der Ukraine an Europa der Bedarf an Exportkreditgarantien zunehmen wird. Geschäfte, die in Vergangenheit in Russland getätigt wurden, könnten daher künftig verstärkt in der Ukraine gemacht werden.

Aus welchen Branchen wurden in den vergangenen Jahren vor allem Exportkreditgarantien für die Ukraine beantragt?

An erster Stelle ist hier allem voran der Agrarbereich zu nennen, angefangen von Saatgut über Düngemittel bis hin zu Landtechnik. Für diese Exporte liegt der Finanzierungszeitraum häufig zwischen 180 und 360 Tagen, entsprechend der Frucht- und Wertschöpfungsfolge. Viele Anfragen kommen auch von Herstellern von Maschinen und Anlagen, die für die Funktion der Ukraine als „verlängerte Werkbank“ notwendig sind.

Daneben ist die Unterstützung von Lieferungen im Bereich der erneuerbaren Energien ein wichtiges Betätigungsfeld für die Exportkreditgarantien. Auch hier ist die Ukraine ein wichtiger Markt, insbesondere wenn es um die Lieferung von Windkraftanlagen geht.

Das wird auch nach Kriegsende im Rahmen des Wiederaufbaus ein wichtiges Thema bleiben. Für erneuerbare Energien bietet der Bund im Rahmen einer Sonderinitiative schon jetzt bessere Konditionen für Exporteure und Banken an.

Wo liegen die Herausforderungen bei den Exportkreditgarantien für die Ukraine?

Der Bund hat den Rahmen, innerhalb dessen Deckungen übernommen werden können, modifiziert und an die neue Situation angepasst. Daraus folgt beispielsweise, dass die Exporteure Akkreditive als Voraussetzung für die Deckung beibringen müssen. Direkt nach Ausbruch des Krieges waren dazu lediglich staatliche ukrainische Banken zugelassen. Nun werden auch private Banken akzeptiert. Zudem passen Exporteure die Zahlungsbedingungen an und bestehen auf Vorkasse. Schwierigkeiten bereitet uns, aktuelles Zahlenmaterial zu finden, um eine Risikoeinschätzung vorzunehmen.

Gab es seit Kriegsbeginn schon Garantiefälle in der Ukraine?

Seit dem 24. Februar ist die Zahl der Entschädigungsanträge in der Tat gestiegen. Wir sehen Liquiditätsengpässe, Überfälligkeiten sowie Zahlungsverzüge in Bezug auf einzelne Geschäfte. Verlängerungen von Zahlungszielen von bis zu einem halben Jahr sind sehr häufig. Aktuell können wir aber noch keine Ausfallsumme nennen. Bei Zahlungsschwierigkeiten loten wir erst einmal alle Handlungsoptionen aus - zum Beispiel über Restrukturierungen.

"Der Wiederaufbau des Landes wird zentral sein."

Welche Trends erwarten Sie in naher Zukunft für Exportkreditgarantien in der Ukraine?

Aktuell tue ich mich extrem schwer damit zu prognostizieren, wie es weitergehen wird. Durch den Krieg ist die wirtschaftliche Lage in der Ukraine sehr volatil. Sicher ist, dass nach Kriegsende der Wiederaufbau des Landes zentral sein wird. Wir rechnen damit, dass die deutschen Exporte und die Finanzierungserfordernisse dann wieder massiv ansteigen werden.

Von deutschen Firmen wird dann eine verstärkte Präsenz vor Ort gefragt sein. Es ist eine der Hauptstärken der Exportkreditgarantien des Bundes wie auch anderer staatlicher Kreditversicherer, private Mittel zu mobilisieren und mit Blick in die Zukunft Projekte frühzeitig zu identifizieren und zu unterstützen.


Kontaktadresse

Felix Brücher

Head of Department Market

Euler Hermes Aktiengesellschaft

Tel: +49 (711) 90049-35

Mail: felix.bruecher@eulerhermes.com

Auf einer Fokusseite informiert Euler Hermes über aktuelle Entwicklungen wie FAQs und Ansprechpartner.

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