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Special | Vietnam | Start-ups

Wachsende Digitalwirtschaft hilft Start-ups

Obwohl der weltweite Einbruch der Start-up-Finanzierungen auch Vietnam erfasst hat, wird die junge Gründerszene im Land mittelfristig deutlich größer werden. 

Von Lisa Flatten, Peter Buerstedde | Hanoi

Getragen von einem robusten Wirtschaftswachstum, staatlichen Initiativen und Steueranreizen ist die vietnamesische Start-up-Szene in den vergangenen zehn Jahren sehr gewachsen. Seit 2022 hat sie aber unter dem globalen Einbruch bei den Finanzierungen für Neugründungen zu leiden. Die Wachstumschancen gelten mittelfristig weiter als sehr gut: Die Bevölkerung ist mit einem Durchschnittsalter von 33 Jahren jung, und die Kaufkraft steigt kräftig an.

Digitalwirtschaft soll stark zulegen

Im 1. Halbjahr 2023 schätzte das Ministerium für Information und Kommunikation den Anteil der Digitalwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt auf rund 15 Prozent. Bis 2025 soll dieser auf 20 Prozent und bis 2030 auf 30 Prozent klettern. Das Beratungsunternehmen Bain & Company erwartet in Vietnam und den Philippinen im Zeitraum 2023 bis 2025 mit 20 Prozent pro Jahr die höchsten Zuwächse in der Digitalwirtschaft in Südostasien. 

Bei der Innovationskraft der Wirtschaft ist noch viel Luft nach oben. Im Jahr 2023 rangierte das Land auf Platz 46 des Global Innovation Index der World Intellectual Property Organization. Nach Plänen der Regierung wird Vietnam bis 2030 in die Top-40-Länder aufsteigen. Eine Schlüsselrolle soll das staatliche National Innovation Center (NIC) spielen. Es versucht, Start-ups zu fördern - beispielsweise über Trainingsprogramme, die Bereitstellung von Fablabs (offene Hightech-Werkstätten) und Veranstaltungen.

Vietnams Start-up-Ökosystem befindet sich noch in einem frühen Entwicklungsstadium: Im Start-up Ecosystem Report 2023 von StartupBlink rangiert das Land auf Platz 58 unter 100 bewerteten Ländern. 

Ranking der besten Start-up-Ökosysteme in Südostasien
Land

Regionales Ranking

Globales Ranking

Zahl der Städte mit gutem Ökosystem

Singapur

1

6

1

Indonesien

2

41

5

Malaysia

3

43

3

Thailand

4

52

4

Vietnam

5

58

2

Philippinen

6

59

5

Quelle: Startup Ecosystem Report 2023 von StartupBlink 2023

Förderungsrahmen ist erst schwach entwickelt

Vietnam bietet Softwareentwicklern Steuervergünstigungen, aber kein spezifisches Förderregime für Start-ups. Dies betrifft auch Sonderregularien für Start-ups in bestimmten Sektoren (Sandboxes), wie es sie etwa in Indonesien, Thailand, Malaysia und Singapur gelten. In Vietnam gibt es bisher nur eine Vorlage für einen Erlass zur Schaffung einer Fintech-Sandbox. 

Allerdings baut der Staat ein immer dichteres Netzwerk an Fördereinrichtungen und staatlichen Fonds für Start-ups im ganzen Land auf. Das NIC soll die staatliche Förderung koordinieren und hat 2023 einen Campus in Hanoi eröffnet.

Vietnam hat bisher fünf Start-ups mit einer Bewertung von über 1 Milliarde US-Dollar, sogenannte Einhörner, hervorgebracht. Diese sind in ihren Marktsegmenten gut aufgestellt. Eine Ausnahmeerscheinung ist Mavis. Nach einem Hackerangriff und dem Diebstahl von Kryptogeld von der Spiele-Plattform im Frühjahr 2023 sah es so aus, als würde das Unternehmen von der Bildfläche verschwinden. Ende 2023 hat Mavis aber ein neues Spiel lanciert.

Vietnamesische Einhörner

  • VNG entwickelt Onlinespiele und betreibt den in Vietnam meistgenutzten Messenger-Dienst Zalo. 
  • VNLIFE bietet mit VNPAY die vorherrschende Plattform für mobile Zahlungen per QR-Code an, die in Vietnam Usus sind. 
  • MoMo ermöglicht Onlinezahlungen.  
  • Tiki betreibt die drittgrößte Onlinehandelsplattform in Vietnam nach Shopee und Lazada. 
  • Mavis hat eine Entwicklungsumgebung für Krypto-Spiele geschaffen.

 

Es gibt eine Reihe von Start-ups, die bereits einige Finanzierungsrunden hinter sich haben. Dazu zählen unter anderem Sendo, Thuocsi, OnPoint, KiotViet, Telio und Kilo im Bereich Onlinehandel. In der Logistik sind es GHTK, GHN, Loship und beFood; Rikkei Finance, Tima und Trusting Social im Bereich Fintech, Rever und Homebase im Immobilienmarkt sowie Topica (Bildung), die Suchmaschine Coc Coc und die Busticketplattform VeXeRe. 

Einige Start-ups entwickelten auch industrielle Businessmodelle, zum Beispiel Entobel und Cricket One für Tierfutter aus Insekten, Dat Bike für elektrische Motorräder und C-Cube für Containermodule zur Herstellung von Pharmaprodukten. 

Top Start-ups in Vietnam
Name

Kapitalbeschaffung in Mio. US$

Branche

VNLIFE (und Tochterunternehmen VNPAY)

1.100,0

Digitale Zahlungen
Sky Mavis (und Tochterunternehmen Axie)

472,0

Entwicklung von Krypto-Spielen
Tiki

455,1

Onlinehandel
MoMo

433,8

Digitale Zahlungen
Sendo

130,0

Onlinehandel
OnPoint

93,0

Dienstleistungen für Onlinehändler
Thuocsi

63,5

Onlinehandel
KiotViet

51,0

Vertriebsmanagement
Quelle: Tracxn 2023

In Vietnams Start-up-Landschaft gibt es zwei wichtige Standorte: Ho-Chi-Minh-Stadt ist der größte Hub, während Hanoi immer attraktiver für Neugründungen wird. Nach Aussagen verschiedener Gründer rangiert Ho-Chi-Minh-Stadt nach Größe und Dynamik der Start-up-Szene im regionalen Vergleich zwar noch weit hinter den wichtigsten Hubs Singapur und Jakarta, aber nur knapp hinter Kuala Lumpur und Bangkok. Auch ausländische Gründer nutzen vor allem Ho-Chi-Minh-Stadt als Standort, um Geschäftsideen zu entwickeln. Gerade im Stadtteil Tau Dien gibt es eine sehr rege Szene. 

Der Bereich hat sich in den vergangenen zehn Jahren stark entwickelt: Ende 2023 gab es in Vietnam nach Daten von Tracxn 4.657 Start-ups, von denen 285 eine Finanzierung erhalten hatten. 

„Vietnamesen sind geborene Unternehmer.“ (Quentin Frécon, Country Manager Vietnam Innovationsstudio Schoolab)

Die erfolgreichsten Start-ups wurden von US-amerikanischen Inkubatoren wie Endeavor, Y Combinator, Lighthouse Ventures und Surge unterstützt. Aber auch K-Startup Challenge aus Südkorea und Iterative aus Singapur haben vietnamesische Start-ups gefördert. Zudem spielen inländische Inkubatoren wie Songhan, Topica und Viisa eine Rolle. 

Zentrale Veranstaltungen sind der Vietnam Venture Summit und Techfest Vietnam, das sogar einen Wettbewerb beinhaltet. In den USA wird jährlich der Wettbewerb "VietChallenge" ausgetragen.

Geldgeber fokussieren sich auf Fintechs

Die Cononapandemie war ein starker Treiber für die Nachfrage nach digitalen Dienstleistungen und ließ neue Ansätze entstehen beispielsweise im Bildungs- und Gesundheitswesen. Dennoch setzen Investoren vor allem auf Fintech-Start-ups, aber auch auf Neugründungen im Bereich Einzelhandel. 

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Zudem setzen staatliche Programme Anreize. Der Plan der Regierung, bis 2025 zu einer bargeldlosen Nation zu werden, hat die Entstehung von Fintech- und InsurTech-Anwendungen wie VNPAY und MoMo beschleunigt. 

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