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Branchen | Bangladesch | Textilien und Bekleidung

Textilwirtschaft und Bekleidung in Bangladesch

Die Textil- und Bekleidungsindustrie ist das Rückgrat der bangladeschischen Wirtschaft. Doch die Branche steht vor großen Herausforderungen, und die Konkurrenz wächst. 

Von Boris Alex | New Delhi

  • Bangladesch will Importabhängigkeit bei Fasern verringern

    Ohne Baumwolle und Chemiefasern aus dem Ausland würden in der bangladeschischen Textilindustrie die Maschinen still stehen – doch das soll sich ändern.

    Bangladesch zählt weltweit zu den wichtigsten Herstellern und Exporteuren von Bekleidung. Die Rohstoffe zur Produktion der Ready Made Garments (RMG) werden allerdings fast vollständig im Ausland bezogen. Im Jahr 2021 importierte das Land Textilfasern im Wert von fast 14 Milliarden US-Dollar (US$). Um die Importabhängigkeit der Textilbranche zu verringern, soll mehr Baumwolle angebaut und Chemiefasern künftig auch in Bangladesch produziert werden. Zudem soll die Rohstoffgewinnung aus Gebrauchttextilien verstärkt genutzt werden.

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    Baumwolle bleibt wichtigste Faser für die Bekleidungsindustrie

    Bangladeschs Textilunternehmen stellen vor allem Oberbekleidung wie Hosen, T-Shirts und Pullover aus Baumwolle her. Deren Anteil an der Gesamtproduktion beziffert die Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association (BGMEA) auf etwa 75 Prozent. Weltweit geht die Nachfrage nach Bekleidung aus Baumwolle aber seit Jahren zurück. Viele Hersteller wollen daher ihr Sortiment stärker auf anspruchsvollere Artikel, wie Funktionsbekleidung und Unterwäsche, ausrichten. Letztere machten im Finanzjahr 2021/2022 (1. Juli bis 30. Juni) mit 2,3 Milliarden US$ nur rund 7 Prozent der gesamten RMG-Exporte aus.

    Gemessen am riesigen Baumwollbedarf der Bekleidungsindustrie ist die heimische Produktion gering. Nicht einmal 2 Prozent der jährlich verbrauchten Fasern stammen von lokalen Plantagen. Auf den 45.000 Hektar großen Anbaufläche (0,6 Prozent der gesamten Agrarfläche von 8 Millionen Hektar) wurden 2022/2023 rund 28.000 Tonnen geerntet, so die Daten des Cotton Development Board (CDB). Dem gegenüber standen Einfuhren von 1,5 Millionen Tonnen. Damit war Bangladesch der zweitgrößte Importeur hinter China. Die wichtigsten Bezugsländer waren Indien mit einem Anteil von 35 Prozent, gefolgt von Brasilien (13 Prozent) und den USA (7 Prozent).

    Bangladesch will Baumwollproduktion bis 2030 vervierfachen

    Im laufenden Finanzjahr 2023/2024 dürfte der Baumwollbedarf um rund 9 Prozent auf 1,6 Millionen Tonnen zulegen, so die Prognose des Global Agricultural Information Network. Um langfristig weniger abhängig von Importen zu sein, will Bangladesch die Baumwollproduktion bis 2030 auf 136.500 Tonnen vervierfachen. Um dieses Ziel zu erreichen, soll die Anbaufläche auf 100.000 Hektar mehr als verdoppelt und der Ertrag pro Hektar von derzeit etwa 660 auf 1.400 Kilogramm gesteigert werden. Bis 2041 könnte die Baumwollproduktion 345.800 Tonnen erreichen, so die Prognose des CDB.

    Eine weitaus bedeutendere Rolle bei der bangladeschischen Faserproduktion spielt Jute. Hier lag das Land mit 1,6 Millionen Tonnen im Finanzjahr 2021/2022 nur knapp hinter Indien. Die Jute wird vor allem zu Verpackungsmaterialien und in geringerem Umfang auch zur Herstellung von Heimtextilien wie Polster- und Kissenbezügen, Gardinen oder Bettwäsche weiterverarbeitet. Bangladesch exportiert jedes Jahr Rohjute und Juteartikel im Wert von rund 1 Milliarde US$.

    Textilunternehmen müssen Chemiefasern importieren

    Auch bei Chemiefasern ist Bangladeschs Textil- und Bekleidungsindustrie nahezu vollständig auf Lieferungen aus dem Ausland angewiesen. Im Finanzjahr 2021/2022 importierten die Spinnereien 110.000 Tonnen Polyesterfasern und rund 93.000 Tonnen Viskosefasern, so die Daten der Bangladesh Textile Mills Association (BTMA). Der Bedarf wird in den nächsten Jahren stark wachsen, prognostiziert der Verband. Denn die Branche will bis 2030 nicht nur die Bekleidungsexporte auf 100 Milliarden US$ mehr als verdoppeln, sondern auch den Anteil von Bekleidung aus Chemiefasern und Mischgeweben von zurzeit 24 auf 40 Prozent steigern.

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    Damit könnte sich mittelfristig auch die Herstellung von Polyester- und Viskosefasern vor Ort lohnen, so die Einschätzung von BTMA. Zwar hätten Hersteller unter anderem aus China und Südkorea bereits ihr Interesse bekundet, eine Chemiefaserproduktion in Bangladesch aufzubauen. Aber bei den bisherigen Marktvolumina würde sich eine Investition noch nicht rentieren. Auch für die großen lokalen Textilkonzerne könnte sich eine vertikale Integration langfristig lohnen, so BTMA.

    Textilrecycling steht noch am Anfang

    Eine Möglichkeit, die Importabhängigkeit bei Fasern zu verringern und gleichzeitig den Ressourcenverbrauch in der Textilindustrie zu senken, wäre die Wiederverwertung von Gebrauchttextilien. Branchenschätzungen zufolge fallen beim Herstellungsprozess in der bangladeschischen Bekleidungsindustrie 10 bis 20 Prozent des Materials als Verschnitt an – jedes Jahr zwischen 400.000 und 500.000 Tonnen, so die Angaben der BTMA. Dieser sogenannte "Pre-Consumer"-Abfall wird zu 95 Prozent exportiert – vor allem nach Indien – und dort dann entweder zu Fasern recycelt oder für andere Anwendungen downcycelt.

    Der Verband schätzt, dass es in Bangladesch etwa 20 Firmen gibt, die Baumwollfasern aus gebrauchten Textilien herstellen – darunter mit Beximco auch einer der größten Bekleidungsproduzenten des Landes. Zudem gibt es Firmen wie CYCLO oder Recycle-Raw, die sich auf die Kreislaufwirtschaft im Textilsektor spezialisiert haben, aber oft nur einen Teil der Wiederverwertungskette wie Sammlung und Sortierung abdecken. Für den Prozess, aus Gebrauchttextilien wieder Fasern herzustellen – insbesondere bei Mischgeweben – fehlt es in Bangladesch an Know-how und Ausrüstung, so die Aussage der BTMA.

    Bekleidung aus recycelten Fasern für den EU-Markt

    Dabei ist das Marktpotenzial für das Textilrecycling durchaus attraktiv. Würden die Unternehmen ihre Pre-Consumer-Abfälle in Bangladesch weiterverarbeiten, statt sie zu exportieren, könnte dies Geschäftschancen von 4 Milliarden bis 5 Milliarden US$ pro Jahr eröffnen, so die Aussage der BGMEA. Um die Umweltanforderungen der EU im Rahmen des "EU Green Deals" zu erfüllen, müssen die Bekleidungshersteller künftig wiederverwertete Fasern in ihren Produkten verarbeiten. Dies dürfte ebenfalls einen Schub für das Textilrecycling in Bangladesch bringen, prognostiziert der Verband.

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Spinnereien und Webereien müssen effizienter werden

    Die heimische Produktion von Garnen und Textilien reicht nicht aus, um den Bedarf der Bekleidungsindustrie zu decken. Bei Vorprodukten aus Chemiefasern dominieren Importe.

    Bangladeschs Textilindustrie deckt mehr Glieder in der Wertschöpfungskette ab als nur die Herstellung von Konfektionsware. Die Produktion in den Spinnereien und Webereien reicht allerdings nicht aus, um die Nachfrage der Bekleidungshersteller nach Garnen und textilen Flächen zu decken. Die Unternehmen müssen daher jedes Jahr Vorprodukte im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar (US$) importieren. Insbesondere bei Garnen und Textilien aus Chemiefasern ist die Branche auf ausländische Lieferungen angewiesen.

    Bangladesch produziert vor allem Baumwollgarne

    Im organisierten Sektor gibt es rund 500 Spinnereien mit 13 Millionen Spindeln und einer Kapazität von 3,7 Millionen Tonnen Garn pro Jahr, so die Angaben der Bangladesh Textile Mill Association (BTMA). In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Spinnereien um ein Drittel und die Kapazitäten um 50 Prozent gewachsen. In den nächsten Jahren sollen weitere 2,5 Millionen Spindeln installiert werden, schätzt BTMA.

    Im vergangenen Finanzjahr 2022/2023 (1. Juli bis 30. Juni) produzierten die Spinnereien insgesamt 1,5 Millionen Tonnen Garn. Davon waren 80 Prozent reine Baumwollgarne und der Rest Mischgarne mit Chemiefaseranteil. Laut BTMA gibt es nur 50 Betriebe zur Kunstfaserherstellung. Für 2023/2024 erwartet der Verband ein Plus um 13 Prozent auf 1,7 Millionen Tonnen Garn, davon 1,3 Millionen Tonnen Baumwoll- und 400.000 Tonnen Mischgarn.

    Indien und China sind wichtigste Lieferanten von Garnen

    Zusätzlich importierte Bangladesch 2021/2022 rund 1,3 Millionen Tonnen Garn im Wert von 5,2 Milliarden US$. Den größten Anteil hatten Baumwollgarne mit rund 772.000 Tonnen und Chemiefasern mit fast 400.000 Tonnen. Drei Viertel der Garnimporte stammen aus Indien. Weitere wichtige Lieferländer sind China mit einem Anteil von 12 Prozent und Pakistan mit 7 Prozent, so die Angaben der Zentralbank Bangladesh Bank.

    Importe von ausgewählten Garnen in Bangladesch

    Produkt (HS)

    Importmenge in 1.000 Tonnen

    Importwert in Mio. US-Dollar

    Baumwollgarne (5205, 5206, 5207, 5204)

    772

    3.234

    Garne aus Chemiefaser (5402, 5401, 5403)

    398

    1.342

    Spinngarne (5510, 5508, 5509)

    152

    678

    Sonstige Garne (5301, 5302, 5303, 5304, 5305, 5306, 5307, 5308)

    16

    41

    Garne gesamt 

    1.338

    5.295

    Quelle: Bangladesh Bank 2023

    Die Spinnereien könnten bis zu 70 Prozent des heimischen Bedarfs an Baumwollgarnen decken. Allerdings liegen die Erzeugnisse aus Indien zum Teil preislich unter denen der lokalen Spinnereien. Bislang produzieren die Mühlen fast ausschließlich für die heimischen Textil- und Bekleidungsunternehmen. Die Exporte beliefen sich im letzten Finanzjahr auf lediglich 40 Millionen US$, sie dürften aber in den kommenden Jahren wachsen, so die BTMA.

    Gewebte Textilien müssen zum Teil importiert werden

    Bei der Weiterverarbeitung der Garne zu textilen Flächen ist Bangladesch ebenfalls gut aufgestellt. Laut BTMA gibt es etwa 900 Unternehmen im organisierten Sektor mit einer Kapazität von rund 8 Milliarden Metern Stoff pro Jahr. Im Finanzjahr 2022/2023 lag der Output der Textilhersteller bei 4,5 Milliarden Metern und dürfte im laufenden Finanzjahr um etwa 2 Prozent zulegen, schätzt der Industrieverband. Die heimische Produktion deckt rund 85 Prozent des Bedarfs bei Gewirken und 40 Prozent bei gewebten Stoffen ab.

    Importe von ausgewählten Geweben und anderen Zwischenprodukten in Bangladesch

    Produkt (HS)

    Importmenge 1.000 Tonnen

    Importwert in Mio. US-Dollar

    Gewebe aus Baumwolle (5209, 5210, 5212, 5208, 5211)

    640

    4.242

    Gewirke und Gestricke (6001, 6006, 6002, 6003, 6004)

    407

    2.505

    Gewebe aus künstlichen Fasern und Spinnfasern (5408, 5516, 5515, 5512,5514, 5513, 5407)

    344

    2.398

    Gewebe gesamt

    1.391

    9.145

    Quelle: Bangladesh Bank 2023

    Wie bei den Garnen müssen die bangladeschischen Bekleidungshersteller ihre Bedarfslücken über Importe schließen. Bei Geweben aus Baumwolle und Chemiefasern waren es 2021/2022 fast 1 Million Tonnen, bei Gewirken und Gestricken gut 400.000 Tonnen. Die wichtigsten Bezugsländer sind China mit einem Anteil von 60 Prozent, gefolgt von Indien mit 20 Prozent und Pakistan mit 17 Prozent. Auch bei diesem Vorprodukt sind die Exporte mit rund 25 Millionen US$ vernachlässigbar.

    Färbereien verstoßen oft gegen Umweltauflagen

    Laut BTMA gibt es inzwischen 70 Großfärbereien und schätzungsweise 350 kleinere Betriebe im organisierten Sektor. Deren Kapazitäten beziffert der Verband auf 1,3 Millionen Tonnen pro Jahr. Daneben gibt es viele kleine Färbereien, die weitgehend unreguliert sind. Zwar gibt es gesetzliche Auflagen für die Branche im Hinblick auf den Einsatz von Chemikalien und die Aufbereitung und Entsorgung von Abwässern. Doch diese werden im informellen Sektor kaum erfüllt. Auch in den Großfärbereien kommt es immer wieder vor, dass die eingebauten Kläranlagen aus Kostengründen nicht betrieben werden, so die Kritik von Umweltschutzorganisationen.

    Textilkonzerne decken oft die gesamte Wertschöpfungskette ab

    Die meisten Vorstufenbetriebe sind — wie die Bekleidungsindustrie — im Großraum der Hauptstadt Dhaka angesiedelt. Es gibt dabei auf jeder Verarbeitungsstufe eine Reihe von Unternehmen, die sich nur auf einen Teil der Wertschöpfungskette spezialisiert haben. Bei den Spinnereien sind das unter anderem die Badsha Group mit einer Kapazität von fast 100.000 Tonnen sowie die F.A.R. Group und Salma Group mit Kapazitäten von jeweils rund 60.000 Tonnen Garn pro Jahr. Bei textilen Flächen gibt es eine Reihe von Herstellern, die sich auf die Produktion von Denim-Stoffen spezialisiert haben. Dazu zählen unter anderem Nice Denim oder Shasha Denims.

    Bedeutende Textilunternehmen in Bangladesch (Umsatz in Millionen US-Dollar)

    Unternehmen

    Produkte (Auswahl)

    Umsatz *)

    Noman Group

    Garne, Gewebe, Strickwaren, Bekleidung, Heimtextilien

    1.000

    DBL Group

    Garne, Gewebe, Strickwaren, Bekleidung

    870

    Beximco Textiles

    Garne, Gewebe, Strickwaren, Bekleidung

    800

    Ha-Meem Group

    Gewebe, Strickwaren, Bekleidung

    550

    Mondol Group

    Strickwaren, Bekleidung, Unterwäsche

    449

    Square Textiles

    Garne

    170

    Esquire Knit Composite

    Strickwaren

    109

    Shasha Denims

    Garne, Gewebe, Bekleidung 

    93

    Far East Knitting & Dyeing

    Strickwaren, Bekleidung 

    75

    Paramount Textile

    Gewebe, Heimtextilien

    72

    * letzte verfügbare Angaben.Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

    Die großen Bekleidungshersteller wie Noman Group oder Ha-Meem Group sind in der Mehrzahl vertikal integriert und decken oft alle Vorstufenbetriebe ab. Daneben gibt es noch eine Reihe von Industriekonglomeraten, die nicht nur im Textilsektor aktiv sind, aber ebenfalls mit zu den führenden Herstellern von Vorstufenprodukten und Konfektionsware gehören. Dazu zählen unter anderem Beximco und die DBL Group.

    Kunstfasern und technische Textilien bieten Wachstumschancen

    Bangladeschs Textilindustrie will sich ein größeres Stück vom Markt für Bekleidung aus Chemiefasern sichern. Das dürfte sich auch auf die vorgelagerten Fertigungsstufen auswirken. Viele Spinn- und Webbetriebe wollen künftig verstärkt Kunstfasern zu Garnen und Stoffen weiterverarbeiten, um den wachsenden Bedarf der Bekleidungshersteller zu decken, so die Aussage der BTMA. Der Verband erwartet auch Wachstumsimpulse von der Herstellung von technischen Textilien — ein Segment, das von den bangladeschischen Unternehmen bislang kaum besetzt wird. 

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Bekleidungsindustrie muss sich auf mehr Wettbewerb einstellen

    Bangladesch ist der weltweit zweitgrößte Exporteur von Bekleidung. Um diese Position zu halten, müssen die Unternehmen ihr Produktportfolio erweitern und effizienter werden.

    Die Bekleidungsindustrie ist eine Erfolgsgeschichte der bangladeschischen Wirtschaft. Das Land zählt bei Konfektionsware (Ready Made Garments; RMG) seit Jahren zu den bedeutendsten Beschaffungsstandorten für die globale Modebranche. Mit einem Anteil von 8 Prozent lag Bangladesch 2022 bei den weltweiten Bekleidungsexporten auf Rang 2 hinter China. Bis 2030 will die Branche ihre Ausfuhren auf 100 Milliarden US-Dollar (US$) mehr als verdoppeln.

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    Doch die Unternehmen stehen auch vor großen Herausforderungen. Weltweit geht die Nachfrage nach Baumwollkleidung zurück – diese macht mehr als 70 Prozent der bangladeschischen RMG-Produktion aus. Die Hersteller müssen also ihr Sortiment anpassen, um künftig nicht Marktanteile einzubüßen. 

    Bekleidung ist wichtigster Industriezweig in Bangladesch

    Welche Bedeutung die Bekleidungsindustrie für Bangladeschs Wirtschaft hat, machen zwei Zahlen deutlich: Der Anteil an den Gesamtexporten liegt bei 85 Prozent und der Anteil an der Bruttowertschöpfung des Industriesektors bei 45 Prozent. Zudem sind in den rund 4.500 RMG-Fabriken schätzungsweise 4 Millionen Menschen beschäftigt, davon 80 Prozent Frauen. Damit ist die Branche auch für die gesellschaftliche Entwicklung des Landes durch eine stärkere Partizipation von Frauen am Arbeitsmarkt von großer Bedeutung.

    Die meisten Unternehmen haben sich auf die Massenfertigung von konfektionierter Strick- und Webware aus Baumwolle spezialisiert. Die Faser hat einen Anteil von gut 70 Prozent an der gesamten Bekleidungsproduktion, so die Daten der Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association. Hosen – meist aus Denim – und T-Shirts machen mehr als die Hälfte der bangladeschischen RMG-Exporte aus. Das weiße Baumwollshirt und die Bluejeans sind nach wie vor die Cashcows für viele Produzenten.

    Exporte von Bekleidung nach Hauptprodukten (in Milliarden US-Dollar)

    Produkt

    2018/2019

    2019/2020

    2020/2021

    2021/2022

    2022/2023

    Hosen

    11,8

    9,4

    10,7

    14,5

    15,0

    T-Shirts

    7,9

    6,3

    7,2

    9,9

    10,9

    Pullover

    4,3

    3,6

    4,1

    5,6

    5,9

    Hemden und Blusen

    3,2

    2,5

    2,0

    2,8

    3,7

    Unterwäsche

    1,6

    1,4

    1,8

    2,3

    2,4

    Finanzjahr: 1. Juli bis 30. Juni.Quelle: Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association (BGMEA) 2023

    Firmen müssen Produktion von Kunstfaserbekleidung forcieren

    Doch weltweit steigt die Nachfrage nach Bekleidung aus Chemiefasern und Mischgeweben. Während diese im Jahr 2022 die Hälfte des globalen RMG-Markts ausmachten, waren es bei den Exporten aus Bangladesch nur 24 Prozent. Vor allem auf den wichtigsten Zielmärkten wie den USA und der EU geht der Trend weg von Baumwolle. Zwischen 2010 und 2020 legten dort die Importe aus Chemiefaserbekleidung im Schnitt um gut 6 Prozent zu, bei Baumwollkleidung hingegen nur um 1,3 Prozent.

    Um den Export bis 2030 auf 100 Milliarden US$ zu steigern, muss Bangladesch seinen Marktanteil bei Kunstfaserbekleidung auf 12 Prozent verdreifachen und bei Baumwolle von 16 Prozent im Jahr 2022 auf mindestens 20 Prozent ausbauen, so eine Analyse des Policy Research Institute. Um das Ziel im Chemiefasersegment zu erreichen, sollten die Hersteller in nachgelagerte Produktionsschritte, wie die Garn- und Textilproduktion aus Polyester oder Viskose, investieren. Denn die größten regionalen Wettbewerber liegen hier vorne: Drei Viertel der chinesischen Bekleidungsexporte entfallen auf dieses Segment. In Vietnam sind es fast 60 Prozent.

    Zugang zum EU-Markt wird schwieriger

    Die Unternehmen müssen sich beim Wettbewerb um den EU-Bekleidungsmarkt auf noch mehr Konkurrenz aus Vietnam einstellen. Denn Bangladesch wird ab 2026 gemäß der Definition der Vereinten Nationen nicht mehr zu den am wenigsten entwickelten Ländern (Least Developed Countries) der Welt gehören. Damit läuft nach einer dreijährigen Übergangsperiode Ende 2029 das Zollpräferenzabkommen "Generalised Scheme of Preferences" aus, das Bekleidung aus Bangladesch bislang zollfreien Zugang zum EU- und US-Markt garantierte.

    Gleichzeitig werden aber für Hersteller aus Vietnam die Einfuhrzölle im Rahmen des 2020 geschlossenen EU-Freihandelsabkommens bis 2028 schrittweise auf null abgesenkt. Auf dem hart umkämpften europäischen Modemarkt kann dies bereits entscheidend sein, so die Analyse der Denkfabrik Research and Policy Integration for Development (RAPID). Das 2023 gestartete europäische CO₂-Grenzausgleichssystem (Carbon Border Adjustment Mechanism) gilt zwar bislang nicht für Bekleidung, es könnte aber bei einer Erweiterung die Marktposition Bangladeschs weiter schwächen, so RAPID.

    Unternehmen müssen neue Wachstumssegmente erschließen

    Um auch künftig auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu sein, muss der RMG-Sektor also nicht nur sein Produktportfolio stärker diversifizieren, sondern auch effizienter und nachhaltiger werden. Investitionen in die Herstellung von Chemiefasern sowie deren Weiterverarbeitung zu Garnen und Textilien in den Vorstufenbetrieben sind wichtige erste Entwicklungsschritte, so die Einschätzung der Bangladesh Knitwear Manufacturers and Exporters Association. Dies wäre eine Voraussetzung, um künftig auch bei anspruchsvolleren Produkten wie Sport- und Funktionsbekleidung oder technischen Textilien international konkurrenzfähig zu sein.

    Führende Hersteller wie die Noman Group, Beximco oder DBL Group, die seit Jahren die großen internationalen Modeketten beliefern, dürften diese Entwicklung vorantreiben. Damit könnte auch die Nachfrage nach Textilmaschinen zusätzlichen Schub bekommen. Bangladesch importierte im Finanzjahr 2021/2022 (1. Juli bis 30. Juni) Maschinen im Wert von 1,5 Milliarden US$, ein Plus von 56 Prozent gegenüber der Vorperiode. Die wichtigsten Lieferländer sind China, Korea, Japan und Deutschland.

    Importe von Textilmaschinen in Bangladesch (in Millionen US-Dollar; Veränderung zur Vorjahresperiode in Prozent)

    Segment (HS-Position)

    Importwert 2020/2021

    Importwert 2021/2022

    Veränderung

    Maschinen zum Färben und Veredeln (8451)

    211

    328

    55,5

    Nähmaschinen (8452)

    202

    326

    61,4

    Spinnmaschinen (8445)

    136

    301

    121,3

    Wirk-, Strickmaschinen (8447)

    155

    237

    52,9

    Hilfsmaschinen (8448)

    84

    100

    19,0

    Webmaschinen (8446)

    106

    85

    -19,8

    Düsenspinnmaschinen (8444)

    9

    46

    411,1

    Maschinen zum Herstellen, Gerben oder Bearbeiten von Fellen, Leder oder Schuhwaren (8453)

    22

    21

    -4,5

    Maschinen zum Herstellen von Filz oder Vliesstoffen (8449)

    7

    6

    -14,3

    Insgesamt

    932

    1.450

    55,6

    Finanzjahr: 1. Juli bis 30. Juni.Quelle: Bangladesh Bank 2023

    Von Boris Alex | New Delhi

  • Kontakte in der Textil- und Bekleidungsbranche in Bangladesch

    In Bangladesch ist es wichtig, die richtigen Ansprechpartner zu kennen. Netzwerke sind von hoher Bedeutung.

    Kontakte in der Textil- und Bekleidungsbranche in Bangladesch

    Organisation

    Anmerkung

    Deutsche Institutionen

    Germany Trade & Invest

    Ansprechpartner für Informationen zu Bangladesch

    Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Bangladesch

    Projekte zu Sozial- und Umweltstandards in der Textilbranche

    Branchenverbände

    Bangladesh Textile Mills Association (BTMA)

    Verband für die Textilindustrie

    Bangladesh Knitwear Manufacturers and Exporters Association (BKMEA)

    Verband für die Strickwarenindustrie

    Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters Association (BGMEA)

    Verband für die Bekleidungsindustrie

    Sonstige Ansprechpartner

    Bangladesh Investment Development Authority (BIDA)

    Investitionsbehörde, Informationen zur Textil- und Bekleidungsindustrie

    Export Promotion Bureau Bangladesh

    Plattform für die Exportwirtschaft

    Textile Today

    Fachmagazin für die Textilwirtschaft

    Ministerien

    Ministry of Textile and Jute

    Textilministerium

    Messen

    Garment Technology Bangladesh

    Fachmesse für Textilmaschinen (11.01. bis 14.01.2024, Dhaka)

    DitaTex

    Fachmesse für die Textil- und Bekleidungsindustrie (01.02. bis 04.02.2024, Dhaka)

    Dhaka International Textile & Garment Machinery Exhibition

    Fachmesse für Textilmaschinen (01.02. bis 04.02.2024, Dhaka)

    Von Boris Alex | New Delhi

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