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Deutsche Ingenieure: Entwicklungszusammenarbeit als Geschäftsfeld

Entwicklungsbanken sind wichtige Kunden für beratende Ingenieure. Auch deutsche Unternehmen ziehen regelmäßig geberfinanzierte Aufträge an Land.

  • Entwicklungsbanken: Gute Kunden für deutsche Ingenieure

    Für beratende Ingenieure lohnt es sich, bei Geldgebern der Entwicklungszusammenarbeit nach Infrastrukturaufträgen zu suchen. Vor allem die Weltbank bietet viel. (Stand: 20.12.2023)

    Zwischen der philippinischen Hauptstadt Manila und dem Vorort Antipolo Hill Plateau soll eine Seilbahn gebaut werden - ein Megaprojekt. Ein deutsches Unternehmen ist schon jetzt beteiligt. Die beratenden Ingenieure der Dorsch Gruppe erstellen gerade eine Machbarkeitsstudie für das Vorhaben. Das Geld dafür kommt aus der Entwicklungszusammenarbeit: Die Asiatische Entwicklungsbank (ADB) finanziert die Studie.

    Internationale Geber - allen voran regionale Entwicklungsbanken und die Weltbank - fördern weltweit eine Vielzahl von Konnektivitätsprojekten. Neben den dafür notwendigen Bau- und Lieferleistungen werden für jedes Projekt vielfältige Beratungsleistungen ausgeschrieben, wie zum Beispiel die Erstellung von Machbarkeitsstudien, Designprüfung, Bauüberwachung und vieles mehr.

    Konnektivität

    Bei Konnektivitätsvorhaben geht es vor allem um große Infrastrukturprojekte, die Länder oder Weltregionen miteinander vernetzen, aber auch Landesteile innerhalb einzelner Staaten verbinden. Der Fokus liegt auf Projekten in den drei Bereichen Transport-, Energie- und Digitalinfrastruktur. Konnektivitätsprojekte betreffen unter anderem Autobahnen, Häfen und Flughäfen, Schienen, Pipelines, große Energieparks, Stromnetze und Unterseekabel.

    Entwicklungsprojekte sind ein wichtiges Geschäftsfeld

    Geberfinanzierte Konnektivitätsprojekte können eine gute Quelle für Consultingaufträge sein. Einige deutsche Ingenieurberatungen bewerben sich sogar nur oder fast nur auf Projekte der Entwicklungszusammenarbeit. Thomas Eckart von German Rail Engineering (GRE), die zur Dorsch Gruppe gehört, sagt beispielsweise:

    "Wir arbeiten im Ausland ausschließlich über geberfinanzierte Ausschreibungen."

    GRE berät bei Schienenprojekten. Die entsprechende Verkehrsinfrastruktur gehört den Staaten selbst, die für den Ausbau ihres Schienennetzes eine Finanzierung von Geberorganisationen erhalten. Leistungen werden - wie meist bei geberfinanzierten Projekten - öffentlich ausgeschrieben.

    Vor allem den Entwicklungs- und Schwellenländern fehlt oft das Geld, um große Infrastrukturprojekte selbst zu finanzieren. Sie sind auf internationale Geber angewiesen. Unternehmen, die in diesen Ländern Geschäfte machen wollen, hängen damit ebenfalls von diesen Gebern ab.

    Laut Catharina Stahr vom Verband Beratender Ingenieure (VBI) bestimmt die Ausrichtung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit sogar mit, in welchen Ländern hiesige Consultants aktiv sind: "Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat eine Liste mit Ländern, in die die Gelder fließen sollen. Wenn Länder aus der Liste fliegen, müssen Unternehmen darüber nachdenken, was das für sie bedeutet." Wenn eine Firma in einem Land sehr aktiv war und dieses Land dann keine BMZ-Gelder mehr erhält, muss das Unternehmen überlegen: Baue ich Kapazitäten ab oder bin ich mittlerweile so gut vor Ort vernetzt, dass ich dort Aufträge von anderen Auftraggebern bekomme?

    Die Weltbank fördert viele Infrastrukturprojekte

    Die Weltbank hat den Ruf, besonders viele Konnektivitätsprojekte zu finanzieren. Bei einer Umfrage von Germany Trade & Invest (GTAI) und dem VBI im Juni 2023 schätzte über die Hälfte der elf befragten Ingenieure die Weltbank als einen besonders aktiven Geber ein.

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    Auffällig: Nur eins der befragten Unternehmen nannte die Asiatische Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB), die die Infrastruktur sogar im Namen trägt. Möglicherweise ist die Bank noch nicht bekannt genug. An geringen Erfolgsaussichten bei Ausschreibungen kann es jedenfalls nicht liegen. Bei den Consultingverträgen liegen deutsche Berater bei der AIIB mit 30,3 Millionen US-Dollar von 2016 bis 2022 hinter Indonesien und Indien auf Platz 3.

    Bei der KfW Entwicklungsbank ist das Bild gemischt. Zum einen nannten 45 Prozent der befragten Unternehmen die Bank als eine, die viele Konnektivitätsprojekte finanziert. Doch beschränken sich diese Projekte fast ausschließlich auf Energieerzeugung und -versorgung. Thomas Eckart von GRE erinnert sich: "Anfang der 2000er hat das BMZ das Thema Transport nach einem Strategiewechsel sehr stark auf der Förderliste reduziert." In den Energiebereich hingegen gingen im Jahr 2022 knapp 28 Prozent der KfW-Zusagen. Auch deutsche Ingenieure profitieren davon: Intec - GOPA-International Energy Consultants beispielsweise berät bei mehreren Stromprojekten in Côte d'Ivoire.

    Die Weltbank ist als Finanzier zwar wichtig für die Unternehmen, doch klagen viele über die langwierigen und aufwändigen Prozesse. Ist die deutsche KfW Entwicklungsbank hier besser? "Die Weltbank ist schon sehr bürokratisch, aber ich glaube, dass die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und die KfW Entwicklungsbank im Grunde genommen nicht weniger bürokratisch sind. Es geht eher darum, welcher bürokratische Ablauf einem vertraut ist", lautet die Einschätzung von Catharina Stahr.

    Tipps für Neueinsteiger

    Geberfinanzierte Aufträge sind gerade für beratende Ingenieure ein vielversprechender Geschäftszweig. Der Einstieg ist jedoch kein ganz leichter. Einige grundsätzliche Tipps gibt es:

    1. Unternehmen sollten sich gut über die Geber und deren Projekte informieren. Sie sollten Abläufe und Verfahren kennen und mindestens eine Datenbank für Projekt- und Ausschreibungshinweise abonnieren. Geeignet sind beispielsweise die kostenfreie GTAI-Projekt- und Ausschreibungsplattform und die TED-Datenbank.
    2. Kontakte sind enorm wichtig. Unternehmen sollten diese sowohl zu lokalen und internationalen Kooperationspartnern, als auch zu den ausschreibenden Stellen und den Gebern pflegen.
    3. Internationale Geber verlangen meist, dass Bewerber Erfahrung im Auslandsgeschäft und Referenzen mitbringen.
    4. Bei geberfinanzierten Ausschreibungsverfahren sind viele Formalia einzuhalten. Unternehmen müssen daher unbedingt die Regularien und formalen Anforderungen für den Vergabeprozess befolgen.
    5. Wer ins Geschäft mit internationalen Gebern einsteigen will, muss geduldig sein und es immer wieder versuchen.

    Weitere Hinweise zum Geschäftseinstieg bietet der GTAI-Exportguide.

    Von Laura Sundermann | Bonn

  • Bauprojekte im Ausland und die Rolle von Consultants

    Im Interview berichtet Fred Wendt, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von ILF Consulting Engineers, über die Vergabe von Projekten und den Markt für deutsche Ingenieurberater. (Stand: 10.02.2023)

    Fred Wendt | © ILF Beratende Ingenieure GmbH

    Deutsche Ingenieurberater sind bei Infrastrukturprojekten im Ausland recht gut im Geschäft. Sie spielen dort auch eine Rolle bei der Vergabe von Aufträgen – wohingegen deutsche Baufirmen selten zum Zuge kommen, wie deren Verband in Berlin beklagt.

    Fred Wendt (52), Geschäftsführer der deutschen Niederlassung von ILF Consulting Engineers in München, erläutert die Tätigkeit von Beratern bei den Projekten und erklärt auch, worauf es bei internationalen Ausschreibungen ankommt.

     

    Aufträge landen selten bei deutschen Baufirmen

    Herr Wendt, treffen Sie bei Ihren Projekten im Ausland viele deutsche Firmen an?

    Jedenfalls kaum deutsche Baufirmen oder Anbieter anderer Gewerke. Die Consultants sind da aber nicht das Problem. Es gibt einfach nicht viele deutsche Firmen, die große Bauprojekte im Ausland als Generalunternehmer stemmen können oder wollen. Franzosen oder Spanier haben da mehr Expertise. Bei erneuerbaren Energien in Afrika gehören Juwi South Africa, die zur deutschen Juwi AG aus Wörrstadt gehört, oder BayWa r.e. zu den wenigen deutschen Firmen, die solche Projekte ganzheitlich entwickeln. Besser vertreten sind deutsche Firmen bei Anlagen und Technik, zum Beispiel SMA bei Wechselrichtern.

    Bestimmen Sie als Planer eines Projekts schon Details, die bestimmte Anbieter in die nähere Auswahl bringen?

    Wir sind unabhängig und strikt dem Interesse des Kunden verpflichtet. Zusammen mit ihm legen wir am Anfang eines Vorhabens die wesentlichen Parameter fest und wie wichtig diese sind. Dazu gehört auch die Qualität. Auf dieser Basis erarbeiten wir verschiedene technische Anforderungen. In der Auswertung von Bietern erhält jeder eine Punktzahl – je nachdem, wie gut er die Anforderungen erfüllt. Je höher die Qualität bewertet wird, umso besser sind die Chancen von guten, aber möglicherweise eben auch teuren Anbietern etwa aus Deutschland.

    Haben Sie ein Beispiel?

    Bei einem ersten Fotovoltaikprojekt in der Wüste von Dubai, dem Muhammad-bin-Raschid-Al-Maktum-Solarpark, war klar, dass der Gleichrichter ein gutes Belüftungssystem haben musste, bei all dem Sand, Staub und der Hitze dort. In diesem Bereich war seinerzeit die deutsche Firma SMA führend, und sie bekam dann auch den Zuschlag.

    Consultants planen Technik und reden dafür mit Anbietern

    Sprechen Sie in Ihrer Planungsphase mit potenziellen Anbietern über einzelne Lösungen?

    Für die Kunden sind wir der One-Stop-Shop: Wir planen für sie das vollständige Projekt bis ins Detail, wofür wir auch die nötigen Fachleute haben. Die tauschen sich natürlich, je nach Vorgaben, laufend mit Anbietern aus. So stellen wir sicher, dass wir auf dem letzten Stand der Technik sind, dass alles gut zusammenpasst und auch ein Wettbewerb zwischen den Anbietern entsteht.

    Versuchen manche Anbieter, Sie da zu beeinflussen?

    So etwas wäre für uns ein No-Go, wir halten uns an unsere strengen internen Compliance-Regeln. Wie sehr man da aufpassen muss, zeigt, dass die Weltbank über ein Dutzend Firmen von Geschäften mit ihr ausgeschlossen hat. Das betrifft auch Mitbewerber; uns ist das nie passiert.

    Welche Aufgaben decken Sie typischerweise ab?

    Das richtet sich ganz nach dem Auftrag. Der kann sich darauf beschränken, am Anfang eine Machbarkeitsstudie zu erstellen oder in einem späteren Projektstadium die Baufirma zu beaufsichtigen. Am umfassendsten ist die Rolle als Owner's Engineer wie etwa bei dem Solar-Batteriespeicherprojekt Diass im Senegal: Dann erstellen wir das komplette Ausschreibungspaket, bereiten den Tender vor und bewerten die Angebote. Abschließend geben wir dem Kunden eine Empfehlung, der er in vielen Fällen auch folgt. Ist ein Generalunternehmer vorgesehen, dann prüfen wir dessen Planungen und deren Umsetzung bis hin zur Inbetriebnahme.

    Wie die Zusammenarbeit mit Entwicklungsbanken funktioniert

    Welche Rolle spielen die Banken bei geberfinanzierten Projekten?

    Für uns sind die Entwicklungsbanken am Anfang eines Projektes die Hauptansprechpartner. Sie geben das Procedere vor und auch die Ausschreibungskriterien. Zu tun haben wir es dabei vielfach mit sogenannten Tender Agents, das sind oft freie Mitarbeitende der Banken für die Zielregion. Die Ausschreibungen sind in der Regel sehr formalistisch. Man muss genau darauf achten, dass man ihre Kriterien einhält. Wenn sie verlangen, dass die Projektleitung 15 Jahre Berufserfahrung hat, dann gibt's bei 14 Jahren eben Punktabzug. Später verlagert sich der Kontakt für uns mehr und mehr auf den Endkunden oder Projekteigner, bei einem Kraftwerk also auf den lokalen Stromversorger.

    Worauf achten die Banken bei ihrer Auftragsvergabe?

    Dass Sie gute lokale Partner haben, die ein Projekt technisch und vom Management her abwickeln können. Berufserfahrung, Referenzen im Land oder der Region, solche Dinge. Die Bank sollte auch davon überzeugt sein, dass der Partner die Normen und den Kodex der Bank kennt und einhält. Pluspunkte gibt es für Sprachkenntnisse, in Nordafrika zum Beispiel dafür, dass Ihre Mitarbeiter Französisch können.

    Sind Ihnen manche Entwicklungsbanken lieber als andere?

    Wir arbeiten mit allen gut zusammen. Die KfW etwa hat Projektbeteiligte wie uns kürzlich unterstützt in der Mongolei oder in Indien beim Thema Quellensteuer, das für uns schwer durchschaubar ist: Wie hoch ist die Abgabe wofür, und was müssen wir letztlich zahlen? Die Regelungen zu diesem Thema sind international sehr unterschiedlich. Ein zweites Beispiel sind die langen Zahlungsziele etwa in Afrika, die sich oft auf ein halbes Jahr hinziehen statt drei Monate wie vereinbart. Unsere Rechnung geht ja erst zum Kunden, dann zum Ministerium und dann erst zur Förderbank. Bei einem Kraftwerk in Ägypten hat uns die französische Entwicklungsbank AFD sehr gut unterstützt, das Geld halbwegs zeitnah zu bekommen; die KfW ist bei solchen Fragen aber noch hartnäckiger.

    Wie erfahren Sie eigentlich von Projekten?

    Sie werden es nicht glauben, aber von Germany Trade & Invest – Ihre Ausschreibungsdatenbank ist wirklich Gold wert, über diesen Ticker erfahren wir sehr viel. Das gilt vor allem in den Ländern, in denen wir noch nicht aktiv sind. Anderswo erhalten wir Informationen natürlich aus unserem bestehenden Netzwerk.

    Von Ulrich Binkert | Bonn

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