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Branche kompakt | Italien | Maschinenbau

Maschinenbau wächst auch in fordernden Zeiten

Die Aussichten in Italien für den Maschinenbau haben sich verbessert. Ein Grund dafür ist die stabil erwartete Nachfrage.

Von Oliver Döhne | Mailand

  • Markttrends

    Digitalisierung und Automatisierung stehen im Fokus des Maschinenbaus in Italien.   

    Italien vermeidet Anfang 2023 die Rezession 

    Italiens Wirtschaft wächst Anfang 2023 moderat. Für die Bruttoanlageinvestitionen erwartet die Zentralbank im Jahr 2023 ein Plus von 2,9 Prozent. Im Jahr 2024 könnten es nur noch 1,6 Prozent sein. Dann wirken sich sinkende Anreize in der Bauindustrie aus, während die Kreditkosten zunehmen könnten. Die Ausrüstungsinvestitionen sollen stabiler bleiben und 2023 und 2024 um jeweils 3,1 Prozent zulegen. 

    Nach einer im März 2023 veröffentlichten Umfrage des Industrieverbands Confindustria wollen 20 Prozent der Firmen in den kommenden sechs Monaten investieren. Die Zuversicht in der verarbeitenden Industrie war im Februar 2023 stabil, bei den Kapitalgüterherstellern steigend und in der Bauwirtschaft rückläufig.

    Der nationale Dachverband der Hersteller von Werkzeug-, Verpackungs- und Textilmaschinen (Federmacchine) ist optimistisch und erwartet für 2023 ein Plus der Inlandsnachfrage von 3,1 Prozent auf 32,8 Milliarden Euro. Davon sollen rund 12 Milliarden Euro aus dem Import kommen, etwa 2,1 Prozent mehr als 2022. Im März 2023 gaben hier sogar 70 Prozent der Verbandsmitglieder an, in den kommenden sechs Monaten investieren zu wollen, 32 Prozent der Investitionen sollen Anlagegüter betreffen.   

    Der andere große Dachverband, Anima, der unter anderem die Schwer- und Lebensmittelindustrie vertritt, meldete für 2022 einen Umsatzzuwachs von 5,3 Prozent auf 54,5 Milliarden Euro. "Ein Ergebnis, das hoffen lässt", sagte Anima-Präsident Marco Nocivelli. Dennoch gebe es weiterhin viele Unsicherheiten auf dem Weltmarkt, wohin die Verbandsmitglieder rund 57 Prozent ihrer Produktion liefern. Zudem drückten die hohen Preise für Material und Vorprodukte die Margen erheblich.  

    Markt für Werkzeugmaschinen und Automatisierung wächst

    Bei Werkzeugmaschinen, Robotik und Automatisierungstechnik erwartet der Verband Ucimu für 2023 ein Wachstum des Inlandsmarkts um 3,7 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro, davon entfallen rund 2,6 Milliarden Euro auf den Import (+1,3 Prozent). Zwar haben viele Abnehmer Käufe im 4. Quartal 2022 vorgezogen, um noch die 40-prozentige Steuergutschrift für Industrie-4.0-Ausrüstung zu nutzen. Diese sank zum Jahresbeginn 2023 auf 20 Prozent. Allerdings sieht die Ucimu-Präsidentin Barbara Colombo auch für das Gesamtjahr 2023 eine lebhafte Nachfrage. 

    Die Verpackungsmaschinenhersteller büßten 2022 laut Verband Ucima zwar 3 Prozent Umsatz ein, bleiben aber mit rund 8 Milliarden Euro nur leicht unter dem Vor-Corona-Niveau des Jahres 2019. Nachfrage kommt verstärkt aus dem Inland. Herausforderungen sind fehlende Komponenten und die geplanten EU-Auflagen, die einen Pflichtanteil von wiederzuverwendenden Verpackungen vorsehen (Re-use statt Recycling). Grundsätzlich seien die Aussichten gut. Die derzeitigen Aufträge garantierten rund 7,5 Monate Produktion. Da die europäischen Auflagen an Schadstoffreduktion und Nachhaltigkeit steigen, sind die Erwartungen in der Umwelttechnik besser denn je. 

    Die Hersteller von Baumaschinen werden voraussichtlich weiter von den hohen Investitionen in die Infrastruktur profitieren, die der Staat mithilfe der Gelder aus dem europäischen Aufbauplan unternimmt. Das gilt insbesondere für den Ausbau der Energieinfrastruktur, von Erneuerbaren Energien bis zu Gas und Wasserstoff. Die Hersteller von Klimatechnik für Wohngebäude bekamen laut Anima Probleme, als die Regierung Änderungen am Förderprogramm Superbonus unternahm. Konkret ging es darum, dass Steuergutschriften nicht mehr ohne Weiteres an durchführende Renovierungsfirmen abgetreten werden können. Produzenten von Kunststoffmaschinen rechnen für das Jahr 2023 mit einem leichten Rückgang. Gründe sind die schwächelnde Nachfrage in In- und Ausland sowie die unsichere Gesamtlage. 

    Maschinen für die Lebensmittelindustrie fuhren 2022 rund 4,5 Prozent mehr Umsatz (4,7 Milliarden Euro) ein als im Vorjahr. Kühltechnik für Lebensmittel legte dabei um 5,1 Prozent auf rund 2 Milliarden Euro zu, während Maschinen zur Lebensmittelverarbeitung um 2,8 Prozent auf rund 1,6 Milliarden Euro wuchsen. Agrarmaschinen verzeichneten 2022 infolge von Lieferproblemen und fehlenden Vorprodukten einen leichten Rückgang, bleiben aber auf hohem Niveau.

    Gute Nachfrage besteht nach Lager- und Logistikausrüstung, deren Anbieter laut Anima rund 1,8 Milliarden Euro umsetzten, 4,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Textilmaschinenhersteller mussten im 4. Quartal 2022 einen Auftragsrückgang von 35 Prozent gegenüber dem 4. Quartal 2021 hinnehmen. Gründe sind der Krieg in der Ukraine und die unsichere makroökonomische Lage. 

    Digitalisierung steht im Fokus der Branche

    Strategische Schwerpunkte für den Maschinenbau sind Automatisierung und Digitalisierung. Dazu gehören ferngesteuerte und vorausschauende Wartung, kollaborative Roboter und künstliche Intelligenz. Chancen zur Zusammenarbeit für deutsche Unternehmen bestehen bei gemeinsamer Entwicklung innovativer Lösungen. Ansprechpartner sind hier auch die Kompetenzzentren für die Industrie 4.0, in denen Industrie und Forschung bei Themen wie intelligente Fabrik, Advanced Machine Learning/Collaborative Robotics und Additive Manufacturing kooperieren, zum Beispiel "Made" in Mailand, an dem sich Siemens und Bosch beteiligen, oder "Bi-Rex" in Bologna, das sich unter anderem auf Industrie-4.0-Anwendungen in den Life Sciences spezialisiert.

    Fördersätze gehen zurück

    Der Staat fördert Käufe von Industrie-4.0-Ausrüstung über Steuergutschriften, die Anfang 2023 auf 20 Prozent halbiert wurden und in den kommenden Jahren weiter sinken. Kleine und mittlere Unternehmen die in Maschinen und Anlagen investieren, erhalten über das Förderinstrument "Nuova Sabatini" Zinszuschüsse von 2,75 Prozent. Wenn es sich um 4.0-Ausrüstung oder Equipment für grünere Produktionsprozesse handelt, sind es 3,755 Prozent. Über den Bonus Investimenti Sud (Investitionen im Süden) sind Steuergutschriften zwischen 20 und 45 Prozent möglich, zum Beispiel in Erdbebenzonen, Sonderwirtschaftszonen (ZES) und Logistikzonen (ZLS). 

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Branchenstruktur

    Herzstück der Branche in Italien sind die vielen kleinen und mittelständischen Firmen mit hohem Spezialisierungsgrad. 

    Italien ist Europas zweitgrößter Produzent von Maschinen und Anlagen

    Der Maschinenbau (NACE 28) war 2021 laut italienischem Statistikamt mit einer Produktion von 92,9 Milliarden Euro Italiens drittwichtigstes Segment der verarbeitenden Industrie - hinter der Herstellung von Lebensmitteln und von Metallerzeugnissen. Nach Deutschland ist Italien Europas zweitgrößter Produzent von Maschinen und Anlagen. Neben Maschinenbauern sind im Land zahlreiche Ingenieursunternehmen aktiv, die international Industrieanlagen planen, bauen und zum Teil auch betreiben.

    Produktion in den wichtigsten Maschinenbausparten in Italien (in Millionen Euro, Veränderung in Prozent)

    Nace-Code

    Sparte

    Produktion 2021

    Veränderung 2021/20

    2822

    Hebezeuge und Fördermittel

    9.093

    29,8

    2841, 2849

    Werkzeugmaschinen 

    7.903

    18,5

    2825

    Kühl- und Lüftungsgeräten für die Industrie

    7.539

    20,0

    2814

    Armaturen und Ventile

    7.519

    -39,7

    2830

    Land- und Forstwirtschaftliche Maschinen

    5.512

    6,8

    2893

    Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie und
    die Tabakverarbeitung

    5.421

    16,4

    2815

    Wälzlager, Schaltungen und Getriebeteile

    4.918

    -3,1

    28292150, 28292180

    Verpackungs- und Abfüllmaschinen

    4.541

    -11,7

    2813

    Pumpen und Kompressoren

    4.291

    11,8

    2892

    Bergwerks-, Bau- und Baustoffmaschinen

    3.342

    19,2

    2896

    Verarbeitung
    von Kunststoffen und Kautschuk
    (einschließlich Teilen und Zubehör)

    3.032

    7,0

    2812

    Hydraulik und Pneumatik

    2.863

    25,6

    2894

    Textil-,
    Bekleidungs- und Lederverarbeitungsmaschinen

    2.472

    77,8

    2811

    Motoren und Turbinen (außer für Kfz und Flugzeuge)

    2.153

    -53,1

    Quelle: Statistikamt Istat März 2023; Berechnungen von Germany Trade & Invest

    Kleinere Firmen prägen die Branchenlandschaft

    Neben einer begrenzten Anzahl großer, meist multinationaler Konzerne besteht die Branche eher aus heimischen, kleineren Firmen. Laut nationalem Statistikamt waren (nach der aktuellsten Angabe aus dem Jahr 2020) im Maschinenbau in Italien 19.369 Unternehmen aktiv und beschäftigten 469.299 Menschen. Lediglich 246 Firmen hatten mehr als 250 Mitarbeiter. In den beiden großen Branchenverbänden Anima und Federmacchine sind etwa 1.000 Firmen mit rund 225.000 Mitarbeitern (Anima) beziehungsweise 5.100 Firmen mit rund 206.000 Mitarbeitern organisiert. Deren Gesamtumsatz lag 2022 bei 54,5 Milliarden Euro (Anima) beziehungsweise 54,1 Milliarden Euro (Federmacchine). 

    Wichtige Maschinenbauunternehmen in Italien (Auswahl; Umsatz in Milliarden Euro)

    Bezeichnung

    Bereich

    Umsatz 2021

    Anzahl der Beschäftigten 2021

    Herkunftsland

    Brembo SpA

    Bremssysteme

    2,8

    12.225

    Italien

    Danieli & C. officine meccaniche SpA

    Anlagenbau

    2,6

    8.668

    Italien

    Ali Group

    Nahrungsmittelmaschinen

    2,1

    9.718

    Italien

    ABB Italia

    Industrieautomation, Ausrüstung für die Energiewirtschaft

    2,1

    4.695

    Schweiz

    Ariston Thermo

    Kühl- und Heiztechnik

    1,7

    6.856

    Italien

    IMA SpA

    Verpackungsmaschinen

    1,7

    6.248

    Italien

    Interpump group

    Hydraulik (Nebenabtriebe, Zylinder, Ventile) und Hochdruckpumpen

    1,6

    7.721

    Italien

    Sacmi Cooperativa Imola

    Verpackungsmaschinen

    1,5

    4.720

    Italien

    Ansaldo Energia

    Kraftwerksbau

    1,4

    3.267

    Italien

    Sogefi group

    Luft-, Kühl- und Filtersysteme

    1,3

    5.462

    Italien

    Quelle: Umfrage Mediobanca 2022, Unternehmensangaben, Presse, Recherchen und Schätzungen von Germany Trade & Invest

    Der Maschinenbau lebt vom Auslandsgeschäft

    Ähnlich wie in Deutschland ist auch der italienische Maschinenbau stark auf das Ausland ausgerichtet. Die Mitgliedsfirmen von Anima (Schwerindustrie und Nahrungsmittelmaschinen) erzielten 2021 etwa 57 Prozent ihres Umsatzes im Ausland, die von Federmacchine (unter anderem Werkzeug-, Textil- und Verpackungsmaschinen) rund 64 Prozent. Hinter China, Deutschland und den USA ist Italien der größte Maschinenexporteur. Wichtigste Absatzmärkte sind Europa und die USA.

    Gleichzeitig kommt viel Technologie aus dem Ausland nach Italien. So bieten zahlreiche Marktsegmente trotz starker inländischer Anbieter Raum für Absatzchancen ausländischer Firmen. Beispielsweise sind in der Antriebstechnik, bei Motoren, Metallbearbeitungsmaschinen, Fördertechnik, Armaturen und Baumaschinen gleichzeitig Import und Export umfangreich. Deutsche Produkte führen die meisten Kategorien an, der Gesamtanteil Deutschlands am Maschinenimport lag 2021 bei 25,2 Prozent. Dahinter folgen China mit 15,4 Prozent und Frankreich mit 8 Prozent. 

    Neben Importen steigt auch die lokale Präsenz ausländischer Unternehmen, meist durch Übernahmen. Die Sicht auf Deutschland ist gespalten. Auf vielen Märkten stehen deutsche und italienische Maschinenbauer in direktem Wettbewerb. Allerdings sind deutsche Firmen und Forschungsinstitute oft Technologieparter italienischer Counterparts. Zudem ist Deutschland einer der wichtigsten Absatzmärkte. Unternehmen beider Länder beliefern sich mit Komponenten. 

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Rahmenbedingungen

    Im gemeinsamen Markt gelten in Italien grundsätzlich die gleichen Rahmenbedingungen wie in Deutschland.

    Problemloser innereuropäischer Warenverkehr

    Zuständig für die Normen elektrotechnischer Komponenten ist das italienische elektrotechnische Komitee (Comitato Eletrotechnico Italiano, CEI). Für die Sicherheit von Maschinen gilt die in nationales Recht überführte EU-Richtlinie 2006/42/EC. Sachverständiger für Normen ist der Verband Ente Italiano di Normazione

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union (EU) sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa Deutsches Institut für Normung e.V.). 

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.


    Von Oliver Döhne | Mailand

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