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Branche kompakt | Polen | Maschinen- und Anlagenbau

Die Nachfragedynamik nach Maschinen flacht in Polen ab

Die Investitionen gehen in Polen 2022 gegenüber dem starken Vorjahr zurück. Der Krieg in der Ukraine hinterlässt Spuren. Das beeinträchtigt auch den Maschinenbau.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Markttrends

    Die polnischen Maschinenbauer müssen dem Trend zu mehr Digitalisierung, Automatisierung, Umweltschutz und Elektromobilität folgen. Die ausländische Konkurrenz ist groß.

    Ungewisse Zukunft trübt die Aussichten

    Das polnische Bruttoinlandsprodukt (BIP) hatte 2021 mit einem Plus von 5,7 Prozent gerade aus dem Coronatal heraus gefunden. Nun trüben die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine die Aussichten. Der Vorsitzende des Polnischen Entwicklungsfonds (Polski Fundusz Rozwoju, PFR), Paweł Boris, erwartet 2022 dadurch ein um 0,5 bis 1 Prozentpunkt geringeres Wirtschaftswachstum von nur noch etwa 4,5 Prozent. Der Złoty verliert stark an Wert, und die Inflation zieht an. So dürften die Investitionen 2022 nicht mehr so dynamisch wachsen wie im Vorjahr. 

    Im Coronajahr 2020 sank der Gesamtwert der Investitionen laut dem Statistischen Hauptamt GUS auf 69,7 Milliarden Euro (auf Złoty-Basis real minus 5 Prozent gegenüber 2019). Darunter waren Ausgaben für Maschinen, Anlagen und Werkzeuge von 22,8 Milliarden Euro (minus 3,9 Prozent). Größere Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern wandten dafür 15,9 Milliarden Euro auf und in den ersten drei Quartalen 2021 bereits rund 11 Milliarden Euro - das waren 6,7 Prozent gegenüber den ersten drei Quartalen 2020.

    Investitionsgüter werden zum Großteil importiert mit Deutschland als wichtigstem Lieferland. Aber auch inländische Maschinenbauer beliefern den einheimischen Markt. Sämtliche Branchenunternehmen (ohne IKT sowie elektronische und Elektroausrüstungen) erwirtschafteten 2020 im In- und Ausland laut GUS einen Umsatz von 11,15 Milliarden Euro. Bei Unternehmen mit mindestens zehn Mitarbeitern lag der Umsatz bei 10,11 Milliarden Euro, der 2021 auf Złoty-Basis real um 16,3 Prozent auf 11,51 Milliarden Euro stieg.

    Investitionen zogen 2021 an

    Im Jahr 2020 (2019) sanken die Investitionen sämtlicher Maschinen- und Anlagenbauer auf 484,6 (587,8) Millionen Euro, was auf Złoty-Basis einem Rückgang von nominal 14,8 Prozent entsprach. Im Jahresverlauf 2021 legten sie wieder zu: Branchenunternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern brachten in den ersten drei Quartalen 232 Millionen Euro auf, nach nur 204,4 Millionen Euro von Januar bis September 2020. Das war ein Plus 16,6 Prozent.

    Das Leasing spielt in Polen bei der Finanzierung von Investitionsgütern eine zentrale Rolle und ist daher ein wichtiges Barometer für die Nachfrage insgesamt. Im Jahr 2021 wuchsen die Umsätze der Leasing-Branche mit Maschinen und Ausrüstungen (einschließlich Kreditvergabe) nominal und auf Złoty-Basis um 25,9 Prozent auf 5,4 Milliarden Euro. Der Verband des Polnischen Leasing (Związek Polskiego Leasingu, ZPL) rechnet für 2022 in seiner Prognose von Mitte Februar mit einem weiteren Plus von 13,1 Prozent auf 6,2 Milliarden Euro. Die Aussichten haben sich jedoch durch die kriegerischen Auseinandersetzungen im Nachbarland verschlechtert. 

    Leasing von Maschinen und Anlagen (in Millionen Euro; nominale Veränderung auf Złoty-Basis in Prozent)

    Maschinenart

    2020

    2021

    Veränderung 2020/21

    Andere Maschinen und Ausrüstungen

    1.007

    1.275

    30,1

    Baumaschinen

    682,7

    877,1

    32,0

    Metallbearbeitungsmaschinen

    272,7

    355,8

     34,1

    Landmaschinen

    344,4

    288,2

    -14,0

    Gabelstapler

    210,1

    275,4

    34,7

    Kunststoffmaschinen

    188,5

    237,2

    29,3

    Nahrungsmittelmaschinen

    138,9

    166,9

    23,5

    Druckereimaschinen

    91,4

    109,8

    23,5

    Medizinische Ausrüstungen

    88,3

    104,9

    22,1

    Gastronomieausrüstungen

    42,2

    40,1

    -2,3

    Insgesamt

    3.066

    3.731

    25,0

    Umrechnung gemäß Jahresdurchschnittskursen 2020: 1 Euro=4,4430 Zł, 2021: 1 Euro=4,5652 Zł, geschätzter Gesamtwert anhand der Angaben der ZPL-MitgliederQuelle: Verband des Polnischen Leasing ZPL


     

    Nachholbedarf bei Automatisierung und Digitalisierung

    Gute Chancen haben die Anbieter von Investitionsgütern, die Automatisierung und Digitalisierung vorantreiben. Das verringert den Fachkräftemangel und Kontakte in der Pandemie. Polen verfügte laut dem Polnischen Ökonomischen Institut (Polski Instytut Ekonomiczny, PIE) 2020 erst über 52 Roboter pro 10.000 Arbeitnehmer, 2020 beschafften die Fabriken 2.150 Roboter (minus 19 Prozent gegenüber 2019). Am besten stand die Gummi-und Kunststoffindustrie mit 177 Robotern pro 10.000 Arbeitnehmer da, gefolgt von der Kfz-Branche mit 165 und der Pharmasparte mit 111.

    Auch die aufstrebende Logistikbranche stattet sich gut mit Technologie zur Automatisierung aus. Warenlager sind stark digitalisiert und passen sich neuen Trends an wie dem Onlinehandel mit kleinen Bestellungen. Empfindliche und verderbliche Waren wie Nahrungsmittel sind ebenfalls auszuliefern. Die Firma Retail Robotics aus Bielsko-Biała (Bielitz Biala) startete die Serienproduktion eines Roboters für den Einzelhandel. Der PickupHero händigt den Kunden Pakete oder Waren aus Regalen oder Kühlschränken im Laden aus, was die Warteschlangen verkürzt. Die Firma arbeitet an E-Commerce-Lösungen für die Stadt der Zukunft. 

    Die Einführung der Industrie 4.0 fördert die Platforma Przemysłu Przyszłości (Plattform der Zukunftsindustrie). Das Narodowe Centrum Badań i Rozwoju (NCBR; Landeszentrum für Forschung und Entwicklung) bezuschusst F&E-Aktivitäten.

    Traktoren stark gefragt

    Die Inlandsproduktion von Traktoren sank laut GUS 2021 mit 1.684 Stück um 4,3 Prozent (2020: 1.760 Stück). Die Nachfrage nach solchen Maschinen legte aber laut dem Portal Agroprofil.pl mit 14.074 angemeldeten neuen Traktoren um 42,3 Prozent kräftig zu (2020: 9.891 Stück). Hier kamen ausländische Anbieter verstärkt zum Zuge. Führend war auch 2021 New Holland mit 2.521 abgesetzten Traktoren (+38,7 Prozent) vor Kubota (1.673, +58,1 Prozent), John Deere (1.416), Deutz-Fahr (1.317) und anderen.

    Die Leasing-Firmen überlassen Landmaschinen in starkem Maße über eine Kreditvergabe. Hier ist der Anteil des Leasings selbst mit etwa einem Viertel gering (s. Tabelle). Der Bedarf der Landwirte an Ausrüstungen ist weiter groß, die dafür noch bis Ende 2023 Fördermittel der Europäischen Union (EU) aus dem Haushalt 2014 bis 2020 abrechnen können. Erste Versuche mit vertikalen Farmen, in denen Pflanzen in mehreren Stockwerken gezüchtet werden, gibt es - Stichwort Urban Farming. Dafür werden spezielle Ausrüstungen und Techniken benötigt.

    Die EU kofinanziert zudem Infrastrukturmaßnahmen, sodass für den Straßen- und Bahnlinienbau weitere Baumaschinen benötigt werden. Der Wohnungsbau zeigt sich dynamisch. Laut GUS wurden 2021 rund 340.600 Baugenehmigungen dafür erteilt beziehungsweise Projekte eingereicht (+23,3 Prozent gegenüber 2020).

    Gute Aussichten bestehen grundsätzlich für Maschinen für die Nahrungs- und Genussmittelindustrie, einem bedeutenden Industriezweig in Polen. In den ersten drei Quartalen 2021 stiegen die Investitionen der Nahrungsmittelindustrie (ohne Getränke) laut GUS auf Złoty-Basis nominal um 19,1 Prozent gegenüber den ersten drei Quartalen 2020 auf 1,26 Milliarden Euro.

    Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Branchenstruktur

    Polens Bedeutung als Hersteller von Antriebstechnik wächst dank Auslandskapital. Verlierer der Abkehr von Kohle ist der Bergwerksmaschinenproduzent Famur. 

    Hersteller von Kraftwerkskesseln Rafako erwartet Investoren

    Importierte Maschinen und Ausrüstungen beherrschen den Markt. Daneben besteht eine bedeutende Inlandsproduktion durch in- und ausländische Unternehmen. An der in finanzielle Schwierigkeiten geratenen polnischen Kesselfabrik Rafako wollen sich jeweils ein nicht genannter inländischer und ausländischer Investor beteiligen. Rafako stattet Kraftwerke aus. Die neu entstehenden beziehungsweise geplanten Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerke (GuD-Kraftwerke) sowie Müllverbrennungsanlagen (MVA), die auch Energie erzeugen, benötigen die umweltschonende Ausrüstungen.

    Moderne Heizkessel sind ebenfalls gefragt. Solche produziert auch die österreichische Firma Hargassner, die 2021 die polnische Firma Rakoczy Stal aus Stalowa Wola übernahm. Rakoczy Stal wird Heizungen für mittelosteuropäische Märkte bauen. Alte Kohleöfen und –heizkessel sind in Polen nach und nach auszutauschen. Durch die Abkehr von der Kohle verliert der Bergbau an Bedeutung. Der führende Hersteller von Bergwerksmaschinen Famur S.A. halbierte 2020 seine Einnahmen auf Złoty-Basis fast.

    Produktion von Batterien für Elektroautos steigt

    Polen wird zu einem immer bedeutenderen Produzenten von sowohl Verbrennungsmotoren als auch Akkumulatoren für Elektroantriebe. Der führende Hersteller Toyota Motor Manufacturing Poland erhöhte seine Einnahmen 2020 gegenüber 2019 auf Złoty-Basis um 37 Prozent. Mercedes Benz Manufacturing Poland produziert sowohl Benzin- und Dieselmotoren als auch Batterien für Elektroautos. Auch Stellantis investiert in moderne Antriebe.

    Die koreanische LG Energy Solutions erweitert ihre Fabrik bei Wrocław (Breslau) für Kfz-Batterien, sodass sie mit 10.000 Mitarbeitern die größte der Welt werden soll. Die Gesamtinvestition übersteigt somit 3,1 Milliarden Euro. Im Jahr 2021 produzierte Polen laut GUS 7,53 Millionen Batterien für Elektroautos (2020: 6,41 Millionen, +17,5 Prozent). Die Produktion von Verbrennungsmotoren lag bei 1,59 Millionen Stück (1,58 Millionen, +0,7 Prozent).

     


    Produktion in den wichtigsten Maschinenbausparten in Polen (in Millionen Euro) 1)

    Sparte

    2019

    2020

    Veränderung 2019/20

    Marktanteil 2020

    Nicht woanders klassifizierte Maschinen und Ausrüstungen (für) 2)

    11.080

    9.759

    -8,9

    100

      Land-  und Forstwirtschaft

    1.245

    1.300

    8,0

    13,3

      Motoren und Turbinen (ohne für Kfz, Flugzeuge)

    1.341

    1.152

    -11,2

    11,8

      Hebe- und Verlade-

    ausrüstungen

    1.020

    841,1

    -14,7

    8,6

      Bau- und Bergbau

    911,9

    558,9

    -36,6

    5,7

      Nahrungs- / Genussmittel

    383,3

    339,7

    -8,4

    3,5

      Metallverarbeitung

    345,2

    246,5

    -26,2

    2,5

    Elektrische Motoren, Generatoren, Transformatoren

    1.634

    1.608

    1,7

    k.A.

    1) nominale Veränderung auf Złoty-Basis und Marktanteil in Prozent, 2) ohne IKT Quelle: Statistisches Hauptamt GUS, Industrieproduktion vom 30. Juli 2021


    Solche Produkte gehen vielfach in den Export. Die Ausfuhren Polens von Maschinen, Anlagen und Transportmitteln (SITC-Nomenklatur) betrugen 2020 laut GUS etwa 89,9 Milliarden Euro, darunter etwa 25,2 Milliarden Euro nach Deutschland. Die gesamten Importe fielen mit rund 83,2 Milliarden Euro geringer aus, darunter aus Deutschland 18,8 Milliarden Euro.  


    Ergebnisse polnischer Maschinenproduzenten 2020 (in Millionen Euro)

    Unternehmen, Sitz 1)

    Einnah-

    men 2)

    Netto-

    gewinn

    Investitionen

    Toyota Motor Manufacturing Poland Sp.z o.o., Wałbrzych

    814,0

    -8,1

    177,4

    FCA Powertrain Poland

    Sp.z o.o., Bielsko-Biała

    535,4

    5,9

    58,6

    CNH Industrial Polska Sp.z o.o., Płock

    516,0

    46,3

    7,4

    Mercedes-Benz Manufacturing Poland Sp.z o.o., Jawor

    436,1

    62,0

    3,8

    Wielton S.A. GK, Wieluń

    409,0

    6,1

    16,3

    Rafako S.A. GK, Racibórz

    271,8

    -73,9

    0,6

    Famur S.A. GK, Katowice

    256,4

    42,8

    36,5

    1) GK=Grupa Kapitałowa, 2) Einnahmen aus VerkäufenQuelle: Tageszeitung Rzeczpospolita, Lista 500, vom 29.11.2021 (500 größte Unternehmen 2020)




    Von Beatrice Repetzki | Berlin

  • Rahmenbedingungen

    Spezielle Marktzugangsbeschränkungen für deutsche Produkte gibt es in Polen nicht. Es gelten die EU-Richtlinien.

    Polnische Normen bestehen zusätzlich

    Das Polnische Komitee für Normierung (Polski Komitet Normalizacyjny, PKN) fördert die Erarbeitung und Verbreitung polnischer Normen. Das PKN bestätigt und widerruft diese gegebenenfalls. Solche freiwilligen Normen erarbeiten Technische Komitees und ähnliche Einrichtungen. Zu den Instituten, die das europäische CE-Zeichen vergeben, zählt das Forschungs- und Entwicklungsinstitut für Fortgeschrittene Produktionstechnologien (Instytut Zaawansowanych Technologii Wytwarzania, IZTW) in Kraków (Krakau).

    Im innergemeinschaftlichen Warenverkehr der Europäischen Union (EU) sind die Regelungen des Umsatzsteuerkontrollverfahrens in der EU zu beachten. Informationen hierzu finden sich auf der Internetseite des Bundeszentralamtes für Steuern. Hinsichtlich der Normierung gelten die einschlägigen EU-Richtlinien (siehe etwa Deutsches Institut für Normung e.V.).

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.


    Von Beatrice Repetzki | Berlin

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