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Branchen | EU, Russland | Sanktionen auf Ölprodukte

Embargo und Preisdeckel senken Export russischer Ölprodukte

Die EU verbietet den Import von Ölprodukten aus Russland und deckelt deren Preis. Der Kreml untersagt das Befolgen der Obergrenze, kann aber sinkende Fördermengen nicht verhindern.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Berlin

Vor Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine importierte die Europäische Union (EU) rund 1,1 Million Barrel pro Tag (bpd) Ölprodukte aus Russland und bediente damit ein Viertel der Nachfrage. Deutschland bezog vor allem Diesel aus Russland. Noch im Jahr 2022 deckte die Bundesrepublik rund ein Achtel ihres Bedarfs an Diesel von dort.

Der Kreml wiederum exportierte 2022 rund 40 Prozent seiner Erdölprodukte nach Europa. Mit der Ausfuhr von Öl und Ölprodukten erwirtschaftete Moskau 2022 rund 153 Milliarden Euro und damit mehr als ein Drittel seiner Exporterlöse - die höchsten Einnahmen seit 2011. Russland profitierte von den explodierenden Energiepreisen nach Kriegsbeginn. Doch damit soll nun Schluss sein.

Einfuhrverbot und Preisdeckel für russische Ölprodukte in Kraft getreten

Am 5. Februar 2023 trat die zweite Stufe des Importembargos der G7-Staaten und der EU auf russisches Öl in Kraft. Seither gelten ein Einfuhrembargo auf per Schiff transportierte Mineralölprodukte und ein stufenweiser Preisdeckel auf Erdölderivate, die an Drittstaaten geliefert werden. Für hochwertigere Destillate wie Diesel oder Kerosin liegt die Obergrenze bei 100 US-Dollar (US$) pro Barrel, für billigere Produkte wie Heizöl oder Testbenzin bei 45 US$ pro Barrel. An internationalen Märkten kostete ein Fass Diesel vor der Einführung des Preisdeckels zwischen 100 und 120 US$.

Preisobergrenzen für Petroleumerzeugnisse ab 5. Februar 2023

KN-Code

Ölprodukt

Preisobergrenze je Barrel (US$)

2710 12 31

Flugbenzin

100

2710 19 21

Flugturbinenkraftstoff

100

2710 20 11

Gasöle, darunter Diesel

100

2710 19 11

Mittelschwere Öle

100

2710 12 41

Motorenbenzin

100

2710 19 31

Schweröle

100

2710 19 87

Getriebeöle

45

2710 20 32

Heizöle

45

2710 19 83

Hydrauliköle

45

2710 12

Leichtöle und Zubereitungen

45

2710 19 81

Motorenöle

45

2710 91

Ölabfälle

45

2710 12 21

Testbenzin

45

2710 19 85

Weißöle

45

Aufzählung nicht abschließendQuelle: Anhang der Durchführungsverordnung (EU) 2023/251 der Kommission vom 4. Februar 2023 (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:2023:032I:FULL&from=DE)

Europäische Reeder, technische Dienstleister, Finanzdienstleister und Versicherer dürfen russische Ölprodukte nur dann transportieren, wenn deren Preis unterhalb dieser Obergrenzen liegt. Infolgedessen wird Russland nur noch rund ein Drittel seiner bisherigen Menge an Diesel im Ausland absetzen können, berechneten Analytiker des Beratungshauses Energy Aspects.

Vor Inkrafttreten des Embargos legten die EU-Länder fleißig Vorräte an. Aktuell rechnen weder die Bundesregierung noch der Mineralölverband Fuels und Energie mit Versorgungsengpässen bei Kraftstoffen. Die vollen Diesellager ermöglichen es, auf mögliche Preissprünge mit der Ausweitung des Angebots zu reagieren und so die Preise zu stabilisieren.

Preisdeckel auf Rohöl drückt Einnahmen des Kreml

Mit dem am 5. Dezember 2022 eingeführten Preisdeckel von 60 US$ pro Barrel wollen die G7-Staaten und die EU Russlands Milliardeneinnahmen aus dem Rohölexport verringern. Der Plan scheint aufzugehen. Nach Einführung der Preisobergrenze sank die Exportmenge im Dezember 2022 um mehr als ein Fünftel, so der Branchendienst Kpler. Die Einnahmen aus dem Export von Rohöl gingen im Dezember 2022 gar um ein Viertel im Vergleich zum Vormonat zurück. Der Preis für ein Fass der Ölsorte Urals bleibt auf Talfahrt.

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Russland verliert pro Tag rund 160 Millionen Euro durch den Ölpreisdeckel,

berechnete das finnische Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA). Nach Inkrafttreten der Preisobergrenze auf Ölprodukte könnten die Verluste auf bis zu 280 Millionen Euro pro Tag steigen. Zudem soll der Preisdeckel auf russisches Rohöl Mitte April 2023 weiter gesenkt werden auf 50 US$ pro Barrel, erwarten Experten der Sberbank.

Laut Internationaler Energieagentur (IEA) summieren sich Russlands entgangene Exporterlöse durch die Preisobergrenze auf Rohöl allein im Januar 2023 auf 8 Milliarden US$. Dies entspräche rund 30 Prozent der gesamten Öl- und Gaseinnahmen Russlands. 

Im gleichen Monat fuhr Russland mit rund 23 Milliarden Euro ein Rekord-Haushaltsdefizit ein. Um das Haushaltsloch zu stopfen, verkaufte das Land rund 3.600 Kilogramm Gold aus dem Nationalen Wohlstandsfonds.

Russland lenkt Lieferungen nach Asien um

Russland reagiert und leitet seine Öllieferungen nach Osten um. Rund drei Viertel der Rohölexporte gehen mittlerweile nach Asien, vor allem nach China und Indien. China nahm im Januar 2023 rund 950.000 bpd Rohöl über die Ostsibirien-Pazifik-Ölpipeline (ESPO) ab. Indien importierte rund 1,4 Millionen bpd Rohöl aus Russland, meldet Kpler. Zudem kann eine russische Schattentankerflotte, die die westlichen Sanktionen zu umgehen versucht, rund 2 Millionen bpd transportieren, schätzt Energy Intelligence.

Doch dieser Schritt hat seinen Preis. Neben den gestiegenen Transportkosten muss Russland seinen asiatischen Abnehmern hohe Preisnachlässe von bis zu 40 US$ pro Barrel gewähren.

Ähnlich dürfte sich die Situation nach Inkrafttreten des Preisdeckels auf Ölprodukte gestalten. Die EU stellt die Einfuhr von Ölprodukten, die aus russischem Rohöl gewonnen werden, ausdrücklich nicht unter Strafe. China und Indien dürften Russland als Lieferant raffinierter Ölprodukte nach Europa verdrängen und die Margen einstreichen, während Russland leer ausgeht.

Russlands Ausfuhrverbot von Rohöl lässt Schlupfloch

Der Kreml verbietet seit 1. Februar 2023 Rohölexporteuren die Einhaltung des G7-Preisdeckels. Das Startdatum für Ölprodukte legt die Regierung noch fest. Der Präsidialerlass verpflichtet Händler und Exporteure, Informationen über die Nichtanwendung der Preisobergrenze in ihren Verträgen an den Föderalen Zolldienst zu melden. Doch dieser besitzt Experten zufolge nicht genug Personal, um jeden Exportvertrag zu überprüfen. Zudem werden Verstöße nur symbolisch mit geringen Geldstrafen geahndet.

Der Mechanismus lässt Unternehmen ein Schlupfloch offen, Rohöl und Ölprodukte unter Beteiligung von Zwischenhändlern weiter zu exportieren. Die Maßnahme der Regierung dürfte daher wirkungslos verpuffen.

Russlands Ölproduktion bricht 2023 ein

Russlands Produktion von Rohöl und Ölprodukten wird nach Einführung des Importembargos und des Preisdeckels um rund 1,5 Millionen bpd sinken, erwartet die IEA. In Folge muss Russland auch einen Teil seiner Raffineriekapazitäten zurückfahren. 

Erschwerend für Russland kommt der Rückzug ausländischer Technologieanbieter und Servicedienstleister hinzu. "In Abwesenheit (westlicher) Unternehmen, von Technologieanbietern und von Dienstleistungsunternehmen wird es für Russland viel schwieriger sein, die Produktion aufrechtzuerhalten", erklärt IEA-Chef Fatih Birol.

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