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Branche kompakt | Schweiz | Windenergie

Marktorganisation

Firmen dürfen Strom erzeugen und als Großabnehmer den Stromlieferanten wählen. Haushalte sind an lokale Energieversorger gebunden. Die geplante Liberalisierung stockt.  

Von Oliver Döhne | Bonn

Nur teilweise freier Strommarkt 

Der Strommarkt der Schweiz ist erst teilweise liberalisiert. Freie Stromversorgerwahl haben nur Großkunden mit einem Jahresverbrauch von mehr als 100.000 Kilowattstunden, was auf rund 35.000 Unternehmen zutrifft. Von diesen haben sich rund 68 Prozent entschieden, den Strom auf dem freien Markt zu beschaffen. Die übrigen Endverbraucher sind über die Grundversorgung an den jeweiligen lokalen Versorger gebunden, was sich laut Branchenkennern vorerst auch nicht ändern wird, auch wenn eine weitere Liberalisierung eigentlich vorgesehen ist. Die Energiesicherheit wiegt momentan mehr als der Wettbewerb. Auch ist fraglich, wie viele internationale Retailer der vergleichsweise kleine Strommarkt Schweiz anziehen würde. Zurzeit sind nur 2 Prozent der Stromversorger ausländische Investoren, 90 Prozent sind öffentliche Institutionen. Kritiker sehen auch einen starken Lobbyismus der bisherigen Versorger, die ihre Monopole und Subventionen nicht verlieren wollen. Langfristige Stromlieferverträge (PPA) direkt zwischen Produzent und Endabnehmer sind laut Suisse Eole bereits in einigen Fällen Praxis und dürften in Zukunft deutlich zunehmen. 

Die Grundversorgung wird von der Eidgenössische Elektrizitätskommission (ElCom) kontrolliert. ElCom ist die unabhängige staatliche Regulierungsbehörde im Elektrizitätsbereich. Sie überwacht die Einhaltung des Stromversorgungs- und Energiegesetzes, trifft die dazu nötigen Entscheide und erlässt Verfügungen. Sie beaufsichtigt die Strompreise und entscheidet bei Differenzen betreffend den Netzzugang. Sie überwacht zudem die Versorgungssicherheit im Strombereich und regelt Fragen zum internationalen Stromtransport und -handel. Schließlich entscheidet die ElCom in Streitigkeiten zu Rückliefervergütungen sowie zwischen Netzbetreiber und Eigenverbraucher. 

Das Ende September 2023 verabschiedete Mantelerlass-Gesetz enthält Verbesserungen zur Tarifberechnung in der Grundversorgung. Diese basierten bislang auf einer Durchschnittspreismethode auf Basis der durchschnittlichen Produktions- und Beschaffungskosten des ganzen Energieportfolios des Grundversorgers, sowohl für Kundinnen und Kunden in der Grundversorgung als auch im freien Markt. Dies führte laut Experten zu Preisverzerrungen und benachteiligt systematisch die grundversorgten Kundinnen und Kunden. Künftig gelten separate Grundlagen für Grundversorgung und freien Markt.

Heterogene Branchenstruktur

Insgesamt sind im Sektor 630 Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) aktiv, vom lokalen Verteilnetzbetreiber, über das Gemeinde- und Stadtwerk, zum überregionalen Versorger bis hin zum börsennotierten Großproduzenten. Die Produktion ist ungleich verteilt. Nur rund 7 Prozent können ihre Grundversorgung weitestgehend oder vollständig aus ihrer eigenen Produktion decken. Über 70 Prozent der Versorger hat wenig bis gar keine Eigenproduktion und beschafft vor allem am Markt. Die beiden größten Produzenten wiederum haben selbst keine beziehungsweise nur wenige Endkunden. 

Lokale Versorger müssen in ihrem Netzgebiet die ihnen angebotene Elektrizität aus erneuerbaren Quellen abnehmen und angemessen vergüten, sofern diese aus Anlagen stammt mit einer Leistung von höchstens 3 Megawatt oder einer jährlichen Produktion, abzüglich eines eventuellen Eigenverbrauchs, von höchstens 5.000 Megawattstunden. Können sich Netzbetreiber und Produzent über die Vergütung nicht einigen, so richtet sie sich nach den vermiedenen Kosten des Netzbetreibers für die Beschaffung gleichwertiger Elektrizität. Das Übertragungsnetz befindet sich im Eigentum der nationalen Netzgesellschaft Swissgrid. 

Kantone definieren geeignete Flächen

Laut nationalem Energiegesetz sind die Kantone aufgefordert, (Richt-)Pläne zu erarbeiten, die das Potenzial der Windkraft im Kanton abschätzen, die zukünftige Rolle der Windkraft im Kanton skizzieren und geeignete Flächen für Windkraftanlagen festlegen. Diese Richtpläne sind mit den Nutzungsplänen der Gemeinden und den Zielen und Interessen des Bundes abzustimmen. Hierbei sind laut Suisse Eole die westschweizerischen Kantone schon weiter fortgeschritten als die im Osten, was aber im Osten den Vorteil haben kann, auch noch neue Projekte in die Richtpläne mit aufzunehmen. Als Folge der Gesetzesinitiativen zur Vereinfachung der Abläufe (Mantelerlass und andere Einzelvorlagen) wird den Kantonen in der Genehmigung künftig mehr Entscheidungsbefugnis zukommen. 

Direktvermarktung und Investitionsbeiträge

Nach Ende der bisherigen kostendeckenden Einspeisevergütung für Windkraft, die 2022 auslief, ist die Schweiz zu einer Einspeisevergütung mit Direktvermarktung übergegangen. Dabei verkauft jeder Produzent seinen Strom selbst oder über Dienstleister. Dafür erhält der Betreiber neben dem Markterlös und einem Bewirtschaftungsgeld eine variable Einspeiseprämie. Diese Einspeiseprämie wird als Differenz eines fixen, anlagespezifischen Einspeisetarifs und eines variablen Referenz- beziehungsweise Durchschnittspreises errechnet (Contract for Difference). Dabei kann es bei hohen Marktpreisen dazu kommen, dass ein Betreiber den Differenzbetrag an den Staat zurückzahlen muss, so wie es während der Energiekrise der Fall war. Im Mantelerlass ist vorgesehen, dass Erzeuger sich künftig entscheiden können zwischen dieser Einspeiseprämie mit Direktvermarktung und einem einmaligen Investitionszuschuss von 60 Prozent der förderfähigen Kosten. Zuständig für den Fördermechanismus ist die Swissgrid-Tochter Pronovo. 

Anlaufstelle Guichet Unique

Als zentrale Anlaufstelle und Informationsdrehscheibe des Bundes für Anliegen im Zusammenhang mit Windenergie, vor allem für Projektentwickler, hat das Bundesamt für Energie den Guichet Unique (Einheitsschalter) eingerichtet. Er ist unter anderem für die Koordination technischer Beurteilungen von Vorprojekten auf Bundesebene zuständig. Details zur Organisation des Energiemarktes finden Sie unter folgenden Links:

Energiepolitik/Regulierung

Der Strommarkt der Schweiz

Faktenblatt Energierecht

 

 

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