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Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Finanzierung

Themenkreis diskutiert Ukraine-Programme auf europäischer Ebene

Die eingeladenen Experten erklärten, welche Chancen sich für Unternehmen aus der Ukraine-Fazilität der EU sowie aus geberfinanzierten Projekten europäischer Banken ergeben.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Berlin

Hauptmagnet für die über 80 Teilnehmenden der dritten Sitzung des Themenkreises „nachhaltiger Wiederaufbau der Wirtschaft“ der Plattform Wiederaufbau am 13. März 2024 war die im Februar 2024 beschlossene Ukraine-Fazilität.

Ukraine-Fazilität finanziert Staatshaushalt und sichert Wiederaufbau ab

Bis 2027 stellt die Europäische Union (EU) dem osteuropäischen Land rund 50 Milliarden Euro zur Verfügung. Wichtigstes Ziel ist eine planbare und verlässliche Unterstützung des ukrainischen Staatshaushalts, unterstrich Garry Poluschkin, Länderkoordinator Ukraine beim German Economic Team. Ein Teil der Mittel soll staatliche und private Investitionen in den Wiederaufbau und die Modernisierung der Wirtschaft als Garantien absichern über Partnerbanken zu günstigen Konditionen. Zudem soll ein Kapitalkostenzuschuss die Zinslasten für Altschulden der Ukraine reduzieren.

Um die Auszahlung der Gelder freizuschalten, musste die Ukraine einen Reformplan ausarbeiten. Dieser sogenannte Ukraine-Plan wurde am 20. März 2024 in Brüssel vorgelegt und wartet noch auf die Freigabe. Das Dokument wurde federführend vom Wirtschaftsministerium von Vizepremierministerin Yulia Svyrydenko erarbeitet. Es gibt eine grobe Zielrichtung notwendiger Reformen vor nicht nur auf politischer Ebene, sondern auch in einigen Schlüsselbranchen wie Energie, Landwirtschaft, Transport und Logistik, kritische Rohstoffe, IT oder grüne Transformation.

EIB unterstützt Finanzierung staatlicher und privater Vorhaben

Einer der Durchführungspartner der Ukraine-Fazilität ist die Europäische Investitionsbank (EIB). Das Geldinstitut der EU-Mitgliedsstaaten vergibt Darlehen für Investitionen der öffentlichen Hand, um Vorhaben in den Branchen Energie, Transport und öffentlicher Nahverkehr umzusetzen. Dabei setzt die Bank aus Luxemburg auf einen dezentralen Ansatz. Seit Beginn der russischen Vollinvasion am 24. Februar 2022 finanzierte die EIB Projekte im Wert von rund 2 Milliarden Euro.

Dabei kommen hauptsächlich drei Maßnahmen zum Einsatz, berichtete der Leiter des Ukraine Teams, Sven Röben. Der EU4U Trustfund gewährt dem Staat und privaten Investoren vergünstigte Kredite, die Zinssätze reduzieren und indirekte Equity-Investition finanzieren. Mit dem Jaspers-Programm unterstützt die EIB die ukrainische Regierung bei der Ausarbeitung von Priorisierungen für Investitionen, um eine schnellere Umsetzung von Projekten zu ermöglichen. Zudem startet im Laufe des 2. Quartals 2024 der European Investment Fund. Das neue Instrument wird die Kapazitäten für Absicherungen von Exportgeschäften durch europäische Exportkreditagenturen steigern.

EBRD bietet Finanzierungs- und Absicherungsinstrumente in der Ukraine an

Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) finanziert in der Ukraine Projekte zur Unterstützung der Energie- und Nahrungsmittelsicherheit, zum Ausbau der Infrastruktur sowie zur Steigerung der Resilienz des privaten Sektors und bietet Handelsfinanzierungen. In den Jahren 2022 und 2023 finanzierte die multilaterale Entwicklungsbank laut Christoph Denk, Geschäftsführer der Sparte Policy Strategy and Delivery, 99 Projekte im Wert von 3,8 Milliarden Euro. In Zukunft will sich die EBRD in gleicher Intensität weiter engagieren und mehr Projekte direkt mit Kommunen und Regionen realisieren.

Das in London ansässige Geldinstitut erarbeitet gerade zwei neue Fazilitäten, um kriegsspezifische Risiken abzusichern. Diese sollen Ende des 3. Quartals 2024 auf den Markt kommen und sich vorrangig auf die Transportversicherung fokussieren. Zudem berät die EBRD die Ukraine bei der Heranführung an die EU, der Umsetzung von Strukturreformen sowie bei der Reintegration von Kriegsveteranen in den Arbeitsmarkt.

Häufiger in Anspruch genommen wird zudem der Business Ombudsman Council, so Denk. Diese gemeinsame Antikorruptionsinitiative der EBRD, der ukrainischen Regierung, der OECD und fünf ukrainischen Wirtschaftsverbänden fungiert als unabhängiger Ansprechpartner sowohl für ukrainische als auch ausländische Unternehmen, die Rechtsstreitigkeiten mit staatlichen Stellen führen.

Unternehmen können sich an geberfinanzierten Projekten beteiligen

Das Vergabewesen in der Ukraine ist stark von den kriegerischen Auseinandersetzungen beeinträchtigt. Um Transparenz zu schaffen, müssen staatliche Organisationen EBRD-finanzierte Projekte gemäß deren Vergaberegeln (EBRD Procurement Policy and Rules) ausschreiben. Wie Dirk Plutz, stellvertretender Direktor der Abteilung für Beschaffungspolitik und Beratung, unterstrich, bedeutet dies unter anderem, dass die Ausschreibungen auf der elektronischen Plattform ECEPP veröffentlicht werden müssen. Interessierte Firmen können sich dort registrieren und Beratung der EBRD zur Handhabung dieser Plattform in Anspruch nehmen. Wenn es es sich dabei um EBRD-kofinanzierte Ukraine-Projekte handelt, werden diese zwar grundsätzlich auf der staatlichen ukrainischen Beschaffungsplattform Prozorro eingestellt, dann aber bei ECEPP gespiegelt. Zur Zeit handelt es sich um 28 Projekte im Wert von rund 850 Millionen Euro. Durchschnittlich beteiligen sich mehr als drei Unternehmen pro Ausschreibung.

Interessierte Firmen können sich zudem als Berater für technische Inspektionen, Machbarkeitsstudien, oder Reconstruction-Assessment-Projekte bewerben, aber auch für die Umsetzung von ERBD-finanzierten Bauvorhaben. Die Vergabemodalitäten hängen von der Komplexität des Vorhabens ab. Im Regelfall, so Plutz, wird ein einstufiges Verfahren angewendet, bei größeren Vorhaben wie dem Bau von Kläranlagen oder Brücken ein zweistufiges. Je nach Umfang findet ebenfalls die Evaluierung der Projekte statt.

Wegen des andauernden russischen Angriffskriegs nimmt die EBRD für die Ukraine zudem eine erweiterte Risikoanalyse vor, die auch Auswirkungen von Verwerfungen in Lieferketten und bei der Logistik berücksichtigt. Zudem führt sie Integritätsprüfungen durch und bietet Marktdienstleistungen an, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Bieter zu schaffen.

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