Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branche kompakt | USA | Chemische Industrie

Die US-Chemieindustrie erwartet steigende Produktionszahlen

Der amerikanische Markt für Chemieprodukte wird in den kommenden Jahren stabil wachsen. Projekte zur Emissionsminderung tragen zu einer hohen Investitionstätigkeit bei.

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Ausblick auf die chemische Industrie in den Vereinigten Staaten

Bewertung:

 

  • Der Gesamtumsatz der US-Chemieindustrie soll 2024 um 1,5 Prozent wachsen und 628 Milliarden US-Dollar erreichen. Für 2025 wird eine Zunahme um 2,9 Prozent erwartet.
  • In wichtigen Abnehmerbranchen wie dem verarbeitenden Gewerbe und der Bauwirtschaft steigt die Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen.
  • Durch den Inflation Reduction Act kommen milliardenschwere Projekte für nachhaltige Chemie und Dekarbonisierung in Gang.
  • Deutsche Chemieunternehmen sind an zahlreichen Projekten beteiligt und bauen ihre Kapazitäten in den USA aus.

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, Investitionen, Beschäftigungsstand, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: März 2024

  • Markttrends

    Die Chemie ist ein Nutznießer der Reindustrialisierungswelle in den USA. Steigende Produktionszahlen in Abnehmerbranchen ziehen einen Mehrbedarf an Chemieprodukten nach sich.

    Die US-amerikanische Chemieindustrie kehrt 2024 auf den Wachstumspfad zurück. Laut dem Branchenverband American Chemistry Council (ACC) wird sich die mengenmäßige Produktionsleistung von chemischen Erzeugnissen um 1,5 Prozent erhöhen. Im Folgejahr 2025 dürfte es mit einem Plus von 2,1 Prozent sogar noch besser laufen. Die kurze Schwächephase 2023 mit einem Produktionsrückgang von etwa 1 Prozent ist damit überwunden.

    11 %

    der weltweiten Chemieproduktion entfallen auf die USA.

    Mehr als 85 Prozent der in den Vereinigten Staaten hergestellten Basis- und Spezialchemikalien finden ihren Weg in andere Industriesektoren. Diese haben ihre hohen Lagerbestände aus der Pandemiezeit in den vergangenen Monaten abgebaut, was sich stabilisierend auf die Nachfrage auswirkt. 

    Förderprogramme wie der Inflation Reduction Act (IRA) oder der Chips and Science Act sorgen in Kombination mit einem Reshoring-Trend für eine regelrechte Renaissance der US-Industrie. Ob für Transportausrüstungen, Elektrotechnik oder Nahrungsmittel überall im Land werden neue Produktionskapazitäten geschaffen. Die US-Industrieproduktion wird laut ACC im Zeitraum 2024 bis 2026 um durchschnittlich 1,8 Prozent pro Jahr zulegen. 

    Auch die Bauwirtschaft setzt als wichtige Abnehmerbranche Impulse. Laut Prognosen von Dodge Construction Network steigt der Wert der neu begonnenen Projekte im Jahr 2024 um rund 7 Prozent auf 1,2 Billionen US-Dollar (US$). Ein wichtiger Wachstumstreiber ist neben dem Infrastrukturausbau auch der gewerbliche Hochbau. 

    USA zementieren ihre Rolle als Plastikweltmeister

    Insbesondere die Nachfrage nach Kunststoffen ist in den USA ungebrochen. Laut Prognosen von Freedonia dürfte der Gesamtbedarf bis 2028 um insgesamt 1,9 Millionen Tonnen ansteigen. Dies entspricht einer durchschnittlichen Wachstumsrate von etwa 1 Prozent pro Jahr.

    Bild vergrößern

    Als Nachfragegarant erweist sich insbesondere die Verpackungsindustrie. Aufgrund steigender Konsumausgaben und Bevölkerungszahlen nimmt das Verpackungsaufkommen zu. Die Association for Packaging and Processing Technologies erwartet für 2024 einen volumenmäßigen Anstieg um 1,5 Prozent. Bei Lebensmittelverpackungen hält Plastik einen wertmäßigen Anteil von rund 60 Prozent. Insbesondere die Nachfrage nach flexiblen Kunststoffverpackungen verzeichnet Zuwächse, weshalb der Plastikanteil weiter zunehmen dürfte.

    Auch in der Automobilindustrie gewinnen Kunststoffe an Bedeutung, beispielsweise um Gewicht einzusparen. Nach Erwartungen des ACC dürfte die inländische Kfz-Produktion bis 2026 um durchschnittlich 1,5 Prozent pro Jahr wachsen und entsprechende Impulse setzen.

    Mit jährlich 255 Kilogramm pro Kopf wird in den Vereinigten Staaten deutlich mehr Plastik verbraucht als in anderen Ländern. Unter den Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) liegt der Durchschnitt im Vergleich nur bei 155 Kilogramm. 

    Dem hohen Verbrauch stehen sehr geringe Recyclingquoten gegenüber. Laut Berechnungen des National Renewable Energy Laboratory (NREL) wurden im Jahr 2019 nur etwa 5 Prozent der Plastikabfälle wiederverwertet. Der steigende Kunststoffbedarf wird dadurch fast vollständig durch Polymerneumaterial gedeckt. 

    Positive Aussichten für Farben und Lacke

    Auch für Farben und Lacke zeigt die Nachfragekurve nach oben. Die Volumina steigen nach Prognosen von ChemQuest im Jahr 2024 um 2,8 Prozent auf rund 5,1 Milliarden Liter an. Für den Branchenumsatz wird ein Plus von 6,5 Prozent auf rund 35,7 Milliarden US$ erwartet.

    Farben und Lacke im Architekturbereich bilden mit einem mengenmäßigen Anteil von rund 60 Prozent das wichtigste Marktsegment. Gute Perspektiven auch im Wohnungsbau: Laut ACC wird es bis 2026 einen Anstieg auf knapp 1,6 Millionen Baustarts geben. Im Jahr 2023 wurde mit den Arbeiten für rund 1,4 Millionen Wohneinheiten begonnen. Je nach Quelle fehlen in den USA zwischen 3 Millionen und 7 Millionen Wohnungen, sodass langfristig ein hoher Bedarf besteht.

    Auf Industrie- und Speziallacke entfällt ein Marktanteil von 28 beziehungsweise 12 Prozent. Steigerungen in der Transportgüter- sowie in der Metall- und Elektroindustrie sorgen auch in diesen Segmenten für Belebung. Beispielsweise soll die Produktion in der Luftfahrt laut ACC im Zeitraum 2024 bis 2026 um durchschnittlich 4,3 Prozent pro Jahr zulegen. Die Herstellung von Elektrogeräten könnte um 2,1 Prozent pro Jahr wachsen.

    Landwirte setzen auf neuartige Chemieprodukte

    Laut Prognosen von IndustryARC wächst das Umsatzvolumen für Agrarchemikalien bis 2027 auf rund 40,5 Milliarden US$. Dies entspricht einer durchschnittlichen Steigerungsrate von 2,8 Prozent pro Jahr. Durch das Wetterphänomen El Niño ist zumindest bis zur Jahresmitte 2024 in vielen Agrarregionen mit überdurchschnittlichen Regenfällen und guten Anbaubedingungen zu rechnen. Dies gilt insbesondere für die Kornkammer Kansas.

    Durch Methoden wie Präzisionslandwirtschaft dürften die eingesetzten Mengen bei Dünge- und Pflanzenschutzmitteln jedoch tendenziell stagnieren oder leicht zurückgehen. Wachstum wird vor allem durch den Einsatz innovativer und leistungsstärkerer Agrarchemie generiert. 

    So erwartet das U.S. Department of Agriculture bei Feldfrüchten einen leichten Flächenrückgang. Im Zeitraum 2023 bis 2033 könnte die kultivierte Fläche um insgesamt 2,8 Prozent auf rund 99,8 Millionen Hektar schrumpfen. Innovative Techniken wie chemische Saatgutbehandlung sollen jedoch zum Beispiel bei Weizen gleichzeitige Ertragssteigerungen von rund 14 Prozent ermöglichen. Ein Vorreiter ist hier Bayer: Der Konzern kooperiert in den USA mit den Start-ups Pairwise und Cibus, um neuartige Saatguttechnik zu entwickeln.

    Mehr Haushalte benötigen mehr Chemie im Haushalt

    Zusammen mit der Bevölkerung wächst in den USA auch die Anzahl der Privathaushalte. IBISWorld rechnet für 2024 mit 133,6 Millionen privaten Haushalten, ein Plus von 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dies trägt zur steigenden Nachfrage nach Haushaltschemikalien bei. Die inländische Produktion wird deshalb laut ACC bis 2026 um durchschnittlich 1 Prozent pro Jahr wachsen.

    Stand: März 2024

    Von Heiko Stumpf | San Francisco

  • Nachhaltigkeit in der Chemieindustrie

    Üppige Subventionspakete und vorhandene Quellen für erneuerbare Energien setzen in den USA einiges in Gang. Für nachhaltige Chemie türmt sich eine Investitionswelle auf.

    Die Chemieindustrie in den USA unternimmt große Anstrengungen zur Dekarbonisierung ihrer Produktionsprozesse. Eine wichtige Antriebsfeder ist der Inflation Reduction Act (IRA). Über eine Vielzahl an Instrumenten stellt das Fiskalpaket hohe Fördersummen bereit. Ein Beispiel ist das mit rund 6 Milliarden US-Dollar (US$) dotierte Industrial Demonstrations Program (IDP), welches Zuschüsse für Dekarbonisierungsvorhaben gewährt. Auch großzügige Steuergutschriften wirken wie ein Hebel.

    Wachstumssprünge bei erneuerbarem Diesel

    Im Bereich der erneuerbaren Kraftstoffe beispielsweise herrscht fast schon Goldgräberstimmung: Dabei steigt die Produktion von erneuerbarem Diesel laut Prognosen der Energy Information Administration (EIA) in den Jahren 2024 und 2025 um jeweils 30 Prozent. 

    Produktion von erneuerbaren Kraftstoffen in den USA (Barrel pro Tag)
     

    2021

    2022

    2023

    2024

    2025

    Erneuerbarer Diesel56.00098.000169.000226.000290.000
    Biodiesel111.000106.000110.00099.00087.000
    Bioethanol979.0001.002.0001.018.0001.013.0001.024.000
    Sonstige 5.00013.00019.00030.00055.000
    Quelle: Energy Information Administration 2024

    Erneuerbarer Diesel ist in der chemischen Zusammensetzung mit fossilen Kraftstoffen vergleichbar und kann in einer Konzentration von 100 Prozent getankt werden. Dadurch ist die Verwendung anders als bei konventionellem Biodiesel nicht auf eine reine Beimischung beschränkt.

    Ab 2025 wird die Herstellung von erneuerbaren Kraftstoffen über Clean Fuel Production Tax Credit (Section 45Z) subventioniert. Die Förderung ist technologieneutral ausgestaltet und ersetzt eine Reihe von speziellen Regelungen, die nur für bestimmte Biokraftstoffe gelten. Der Hersteller erhält 1 US$ pro Gallone, multipliziert mit dem Emissionsfaktor. "Bei negativen Emissionen steigt der Faktor auf über 100 Prozent und zwar ohne Deckelung", sagt Dr. Siegmar Pohl, Rechtsanwalt bei Kilpatrick Townsend in San Francisco.

    Der Verbrauch von erneuerbarem Diesel konzentriert sich stark auf die Westküste. In Kalifornien liegt der Marktanteil bereits bei fast 50 Prozent. Der Betreiber Phillips 66 rüstet beispielsweise die Rodeo-Raffinerie in San Francisco auf erneuerbare Kraftstoffe um. Vom Jahr 2024 an sollen täglich 50.000 Barrel produziert werden.

    "Die Herstellung von erneuerbaren Flugkraftstoffen wird sogar mit bis zu 1,75 US$ pro Gallone gefördert multipliziert mit einem nicht gedeckelten Emissionsfaktor", so Anwalt Pohl. Dies befeuert die Investitionen: So will Strategic Biofuels im Jahr 2025 mit dem Bau einer Anlage starten, die später 32 Millionen Gallonen pro Jahr liefert.

    Unternehmen wollen emissionsarme Düngemittel produzieren

    Auch bei der Herstellung von Düngemitteln setzen Unternehmen auf Dekarbonisierung. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist der Grundstoff Ammoniak. Bei der Herstellung wird bislang vor allem aus Erdgas gewonnener Wasserstoff verwendet und mit Stickstoff vermischt.

    Zahlreiche Unternehmen arbeiten daran, die bei der Wasserstoffproduktion aus Erdgas anfallenden CO2-Emissionen unschädlich zu machen. Auch hier entpuppt sich die Förderung durch den IRA als zentraler Auslöser. Für jede Tonne CO2, welche durch die CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) eingespart wird, gewährt die US-Regierung einen Steuerbonus von bis zu 85 US$ (Section 45Q Tax Credit).

    Bild vergrößern

    Der Düngemittelhersteller CF Industries will beispielsweise die Werke in Louisiana und Mississippi mit CCS ausrüsten. Zusammen mit der japanischen Mitsui ist in Louisiana der Bau des Blue Point Complex geplant, welcher ab 2027 rund 1 Million Tonnen des dadurch gewonnenen blauen Ammoniaks produzieren soll. BASF und Yara arbeiten an Machbarkeitsstudien für ein entsprechendes gemeinsames Ammoniak-Projekt an der US-Golfküste.

    Andere versuchen, die Entstehung von schädlichem CO2 gleich ganz zu verhindern. Das soll gelingen, indem Wasserstoff mittels Elektrolysetechnologie und erneuerbarer Energie produziert wird. Darauf basierend, investiert Atlas Argo rund 1 Milliarde US$ in die Herstellung von "grünem" Ammoniak in Richland, Washington. RWE aus Essen ist zusammen mit Mitsubishi und Lotte an einem vergleichbaren Projekt in Corpus Christi, Texas, beteiligt.

    Regierung fördert Wasserstoff-Hubs

    Der IRA schüttet auch für die Produktion von emissionsarmem Wasserstoff reichlich Geld aus. Für jedes Kilogramm gibt es eine Steuergutschrift von bis zu 3 US$ (Section 45V Tax Credit). Die Höchstsumme gibt es, wenn pro Kilogramm Wasserstoff weniger als 0,45 kg an CO2-Emissionen anfallen. Auf diese Weise wird auch blauer Wasserstoff bezuschusst. Allerdings können die Tax-Credits für Wasserstoff nicht gleichzeitig mit einer Förderung für CCS in Anspruch genommen werden.

    Infolge des Bipartisan Infrastructure Law fließen zudem rund 7 Milliarden US$ in den Aufbau von sieben großen Wasserstoff-Hubs. Jeder erhält eine eigene thematische Ausrichtung: So will sich der Heartland Hydrogen Hub (Minnesota, North Dakota, South Dakota) beispielsweise auf emissionsarme Düngemittel spezialisieren.

    Chemisches Recycling ist im Kommen

    Ein großes Problem der USA sind die geringen Recyclingquoten für Plastikabfälle. Selbst bei leicht wiederverwertbaren Materialien wie PET-Verpackungen werden nur rund 28 Prozent recycelt. Die Regierung in Washington hält sich mit Vorgaben zurück und überlässt das Feld den Bundesstaaten. Neben Kalifornien haben aber erst sechs weitere Staaten Vorschriften erlassen, die Hersteller bei bestimmten Plastikverpackungen stärker in die Pflicht nehmen.

    Um der Plastikflut zu begegnen, setzen zahlreiche Unternehmen auf chemisches Recycling. Durch Verfahren wie Pyrolyse können Abfälle zu synthetischem Öl verarbeitet werden. Dieses dient dann als Ausgangsstoff für neue Kunststoffprodukte. So ging im Februar 2024 die ChemCycling-Anlage der BASF in Port Arthur, Texas, in Betrieb.

    Erste Großanlagen als Wegbereiter für Bioplastik

    Andere Unternehmen wollen Kunststoffabfälle durch innovative Lösungen gleich komplett vermeiden. In Nebraska errichtet der Hersteller Citroniq bis 2027 eine Anlage für biologisches Polypropylen (PP) mit einer Kapazität von 400.000 Tonnen pro Jahr. Grundlage ist aus Mais gewonnenes Ethanol. Weitere Vorhaben sollen folgen. Origin Materials will in Louisiana ab 2025 PET aus Holzabfällen produzieren.

    Von Heiko Stumpf | San Francisco

  • Branchenstruktur

    Die Chemieindustrie findet in den USA gute Standortbedingungen vor. An der Golfküste entstehen Anlagen für Flüssigerdgas. Auch deutsche Unternehmen bauen ihre Produktion aus.

    Nach China sind die Vereinigten Staaten der weltweit zweitgrößte Produzent von chemischen Erzeugnissen. Laut Angaben des Marktforschungsunternehmens IBISWorld gab es 2023 rund 3.800 Hersteller in den USA. Zusammen verfügen die Unternehmen über etwa 11.500 Betriebsstätten. 

    Die Branche deckt die gesamte Bandbreite von Grundchemikalien, chemischen Zwischenerzeugnissen und Spezialchemikalien ab. Wichtige Segmente sind Agrarchemikalien, Kfz-Chemie, Substanzen zur Wasserbehandlung, Kleb- und Dichtstoffe sowie industrielle Gase.

    Produktion ausgewählter chemischer Erzeugnisse in den USA Produktionsindizes *)

    Sparte

    2021

    2022

    2023

    Chemische Erzeugnisse (außer Pharmazeutika und Arzneimittel)

    89,8

    92,8

    94,1

    Organische Chemikalien

    87,2

    82,2

    85,3

    Anorganische Basischemikalien

    87,6

    93,4

    97,8

    Harz, Synthesekautschuk und -fasern

    92,8

    91,9

    87,5

    Agrarchemikalien

    84,6

    99,3

    110,6

    Farben, Lacke und Klebstoffe

    81,3

    98,7

    107,8

    Seifen und Körperpflegemittel

    103,1

    101,7

    99,0

    * saisonbereinigt, Jahresdurchschnitt, 2017 = 100.Quelle: Federal Reserve 2024

    Neue LNG-Großanlagen werden gebaut

    Über die größten Kapazitäten verfügt mit insgesamt 129 Raffinerien die Petrochemie. Die Anlagen produzierten im Jahr 2023 insgesamt 18,1 Millionen Barrel Kraftstoffe am Tag. Große Kapazitätserweiterungen sind in den kommenden Jahren nicht zu erwarten. Vielmehr plant LyondellBasell für 2025 die Stilllegung der Raffinerie in Houston (264.000/Barrel pro Tag).

    Auf Hochtouren läuft hingegen der Ausbau der Terminals für Flüssigerdgas (LNG), das in den USA durch das umstrittene Fracking gewonnen wird. Mit einer bereits installierten Kapazität von rund 104 Millionen Tonnen sicherten sich die USA 2023 den Titel des Exportweltmeisters für LNG. Und verwiesen Staaten wie Katar und Australien auf die Plätze. (SOHE hier fehlt doch etwas, oder?)

    Durch sich im Bau befindliche Gasverflüssigungsanlagen, insbesondere in den Bundesstaaten Louisiana und Texas, kommt bis 2027 eine Kapazität von 42 Millionen Tonnen hinzu. Zu den Vorhaben zählt das gigantische Plaquemines-Projekt, welches pro Jahr 24 Millionen Tonnen LNG produzieren kann.

    US-Präsident Biden legte Anfang 2024 neue Exportvorhaben zumindest vorübergehend auf Eis. Dies hat allerdings keine Auswirkungen auf Projekte, die bereits genehmigt sind, sich aber noch nicht im Bau befinden. Allein dadurch könnten weitere LNG-Kapazitäten von mindestens 63 Millionen Tonnen entstehen.

    Günstige Standortbedingungen sorgen für Investitionen

    Die reichhaltige und kostengünstige Verfügbarkeit von Erdgas ist einer der Hauptgründe für die guten Standortbedingungen, welche die Chemieindustrie in den USA vorfindet. Die Erdgaspreise im als Benchmark geltenden Henry Hub fielen im Februar 2024 auf den niedrigsten Stand seit 27 Jahren. Hinzu kommen niedrige Energiekosten. Laut der Energy Information Authority (EIA) lag der durchschnittliche Industriestrompreis im November 2023 bei 7,90 US-Dollar (US$) pro Megawattstunde. In Deutschland sind die Stromkosten mehr als doppelt so hoch.

    Die US-Chemieindustrie kann deshalb in die Zukunft ihrer Standorte investieren. Laut Angaben des American Chemistry Council (ACC) betrugen die investiven Ausgaben im Jahr 2023 rund 27,2 Milliarden US$. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies ein Plus von 4,3 Prozent. Für den Zeitraum 2024 bis 2026 wird ein durchschnittliches Wachstum von 2,3 Prozent erwartet.

    Deutsche Unternehmen sind auf Investitionskurs

    Auch deutsche Chemiekonzerne bauen ihre Anlagen in den USA aus. BASF steckt bis 2025 rund 780 Millionen US$ in die Erweiterung der Fertigungsstätte Geismar, Louisiana. Evonik erhöht die Produktion von Kieselsäure in Charleston, South Carolina, bis 2026 um die Hälfte.

    Das einstige deutsche Traditionsunternehmen Linde entwickelt sich zu einem der wichtigsten Wasserstoffproduzenten in den USA. In Texas errichtet es eine Anlage, welche den Düngemittelhersteller OCI mit blauem Wasserstoff und Stickstoff beliefern soll. Der Konzern mit Hauptsitz in Irland beziffert das Investitionsvolumen auf 1,8 Milliarden US$. Zudem erweitert Linde in Kalifornien die Kapazitäten für grünen Wasserstoff.

    Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in den USA

    Akteur/Projekt

    Investitionssumme (in Mio. US$)

    Geplante Fertigstellung

    Anmerkung

    Chevron Phillips/Qatar Energy

    Golden Triangle Polymers

    8.500

    2026

    Polymerproduktion in Orange, Texas; Kapazität von 2,1 Millionen Tonnen Ethylen und 2 Millionen Tonnen Polyethylen pro Jahr

    Air Products and Chemicals

    Louisiana Clean Energy Complex

    7.000

    2026

    Herstellung von blauem Wasserstoff/Ammoniak in Darrow, Louisiana; Wasserstoffkapazität von mehr als 21,2 Mio. Kubikmeter pro Tag

    HIF Global

    eFuels-Anlage

    6.000

    2027

    Herstellung von synthetischen Kraftstoffen in Matagorda, Texas, auf der Basis von grünem und blauem Methanol; Kapazität von 1,4 Millionen Tonnen pro Jahr

    Formosa Plastics

    Sunshine Project

    9.400

    Baustart unklar

    Genehmigung noch nicht erteilt

    Herstellung von Polymeren in St. James, Louisiana; Kapazität von 2,4 Mio. t Ethylen für u.a. 800.000 t LLDPE und HDPE pro Jahr

    LG Chemicals

    Kathodenherstellung

    3.200

    2027

    Herstellung von Kathodenaktivmaterial in Clarksville, Tennessee, mit einer Kapazität von 120.000 t pro Jahr

    Lake Charles Methanol II

    3.200

    2027

    Herstellung von emissionsarmem Methanol in Lake Charles, Louisiana; Kapazität von 3,6 Millionen Tonnen pro Jahr

    Mitsubishi Chemical

    900

     2025

    Herstellung von Methylmethacrylat in Geismar, Louisiana; Kapazität von 350.000 t pro Jahr

    Koura Chemicals

    Batteriechemikalien

    800

    2027

    Herstellung von Lithiumhexafluorophosphat (11.000 t pro Jahr) und R-142b (44.000 t pro Jahr) in St. Gabriel, Louisiana

    Epsilon Advanced Materials

    Anodenmaterial

    650

    2026

    Herstellung von Graphitanoden in Clarksville, Tennessee; Kapazität von 50.000 Tonnen pro Jahr
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

    Für Bewegung sorgen auch Batteriehersteller, welche in den USA eine Gigafactory nach der anderen hochziehen. Bis 2028 könnte eine Gesamtkapazität von mehr als 1.000 Gigawattstunden entstehen. Dadurch steigert sich beispielsweise die Nachfrage nach Fluorkunststoffen, die für Batterien gebraucht werden.

    Gleichzeitig löst die Förderung durch den Inflation Reduction Act (IRA) eine Investitionswelle entlang der gesamten Batteriewertschöpfungskette aus. BASF gehört zu einer Reihe von Unternehmen, welche die Produktion von Kathodenmaterial starten. Lanxess ist in El Dorado, Arkansas, zusammen mit dem kanadischen Unternehmen Standard Lithium an einem Lithiumprojekt beteiligt.

    Vielzahl an regionalen Chemieclustern

    Der heterogene Charakter der Chemieindustrie und die engen Verbindungen zu anderen Wirtschaftszweigen machen sich auch geografisch bemerkbar. So verfügen fast alle US-Staaten über chemische Produktionskapazitäten. Dennoch haben sich klare regionale Schwerpunkte herausgebildet.

    Für die Produzenten chemischer Grundstoffe auf Erdöl- und Erdgasbasis ist unter anderem die Nähe zu den Förderstätten und Häfen wichtig. Rund 90 Prozent der petrochemischen Produktion ballt sich deshalb in den Bundesstaaten Texas und Louisiana. Auch die Herstellung von Basischemikalien und Kunststoffen konzentriert sich stark an der US-Golfküste.

    Nach Texas und Louisiana ist Ohio der drittwichtigste regionale Chemie-Cluster in den USA, unter anderem mit Stärken in der Kunststoff- und Gummiindustrie. Die Unternehmen sind vor allem im südwestlichen Teil des Bundesstaates ansässig, entlang der Achse CincinnatiDayton, aber auch im Städtedreieck Cleveland, Akron und Youngstown im Nordosten.

    Der Mittlere Westen ist ein Zentrum für die Herstellung von Agrarchemikalien und trägt rund ein Drittel zur Produktion in diesem Segment bei. Er sowie der Südosten der USA sind zudem führend bei Spezialchemikalien. Auch viele Hersteller von Haushaltschemie haben ihren Sitz in den südöstlichen Bundesstaaten.

    Regionale Schwerpunkte in der US-Chemieproduktion

    Region

    Schwerpunkte

    Golfküste

    Petrochemikalien, Grundchemikalien, Polymere, Kunstharze, Synthesekautschuk

    Mittlerer Westen

    Agrarchemikalien, Kunststoffe, Farben

    Ohio Valley

    organische Chemikalien, Kunststoffe, Spezialchemikalien

    Mittelatlantik

    Konsumgüter

    Südosten

    anorganische Chemikalien, Fasern, Konsumgüter, Batteriechemikalien

    Nordosten

    Konsumgüter, Spezialchemikalien

    Westküste

    Grundchemikalien, Agrarchemikalien, Konsumgüter
    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

    Die Stärke der US-Chemie zeigt sich auch in der Unternehmenslandschaft. Die USA haben weltweit agierende Branchengrößen wie Dow, ExxonMobil, Chevron oder DuPont hervorgebracht. Aber auch aus anderen Staaten stammende Chemiekonzerne wie Formosa Plastics (Taiwan), SABIC und Saudi Aramco (beide Saudi-Arabien) betreiben Großanlagen für chemische Erzeugnisse.

    Wichtige Branchenunternehmen in den USA

    Unternehmen

    Sparte

    Umsatz 2022 (in Mrd. US$)

    Dow

    Chemieproduktion

    56,9

    ExxonMobil

    Petrochemikalien

    47,5

    LyondellBasell Industries

    Chemieproduktion

    39,5

    Mosaic

    Düngemittel

    19,1

    Chevron Phillips Chemical

    Petrochemikalien

    14,2

    DuPont

    Chemieproduktion

    13,0

    Air Products and Chemicals

    Industriegase

    12,7

    CF Industries

    Düngemittel

    11,2

    Westlake Chemical

    Petrochemikalien

    11,0

    Eastman Chemical

    Chemieproduktion

    10,6

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

    Von Heiko Stumpf | San Francisco

  • Rahmenbedingungen

    Der TSCA reguliert die meisten Industriechemikalien. Immer mehr Maßnahmen zielen darauf ab, den Kunststoffverbrauch zu reduzieren und moderne Recyclingtechnologien zu fördern.

    In den USA gibt es eine Vielzahl von Aufsichtsbehörden, Gesetzen und Normen zur Chemikaliensicherheit. Chemikalien und gefährliche Stoffe unterliegen den Vorschriften des Gesetzes über gefährliche Stoffe (Toxic Substances Control Act; TSCA), das inzwischen überarbeitet wurde. Es reguliert die meisten Industriechemikalien, die in den USA hergestellt oder verarbeitet werden, sowie Importe. Bestimmte chemische Substanzen und Gemische müssen nach dem TSCA gemeldet, registriert und geprüft werden. Darüber hinaus regelt das Gesetz auch die Formaldehydemissionsnormen in Holzwerkstoffprodukten.

    Aufsichtsorgane sind unter anderem die Arbeitsschutzbehörde (OSHA; gehört zum Arbeitsministerium), die Bundesbehörde für arbeitsmedizinische Forschung (NIOSH; Gesundheitsministerium) und die Umweltschutzbehörde (EPA; unabhängige Exekutivbehörde der US-Bundesregierung). Informationen für Importeure und Exporteure zu bestimmten chemischen Stoffen, Pestiziden, ozonschädigenden Substanzen und weiteren umweltgefährdenden Stoffen veröffentlicht die EPA auf einer Sonderseite.

    Mit im Jahr 2023 veröffentlichten Entwürfen will die Environmental Protection Authority (EPA) die Luftreinhaltungsvorschriften für chemische Anlagen verschärfen. Die vorgeschlagenen Änderungen des Clean Air Act sollen die chemischen Luftschadstoffe um rund 6.000 Tonnen pro Jahr reduzieren. Die Emissionen durch Ethylenoxid müssten beispielsweise um 67 Prozent sinken, bei Chloropren sind es sogar 74 Prozent. Laut Angaben der EPA müssten mindestens 200 Anlagen für synthetische organische Stoffe technisch nachgerüstet werden, was Kosten von über 500 Millionen US-Dollar verursachen würde. 

    Weltweite Vereinbarungen für Kunststoffe geplant

    Die Vereinten Nationen (UN) bereiten ein globales Abkommen vor, um die Umweltverschmutzung durch Kunststoffe zu stoppen. Der Vertrag soll auch Standards und Maßnahmen festlegen, die vom Rohstoff über das Produktdesign bis hin zum Recycling den gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen abdecken. Während eine Koalition aus 50 Ländern strenge Regelungen wie eine starke Begrenzung der Produktionsmenge befürwortet, wollen Staaten mit einer großen petrochemischen Industrie wie die USA das Problem in erster Linie mit Recycling und Abfallmanagement angehen.

    Im Februar 2023 verhängte die Federal Drug Administration (FDA) ein Verbot von per- und polyfluorierten Alkylverbindungen (PFAS) in Lebensmittelverpackungen. Auch auf bundesstaatlicher und lokaler Ebene gibt es immer mehr Maßnahmen, die den Kunststoffverbrauch reduzieren und Wiederverwertung fördern. Einige Bundesstaaten erlassen Gesetze zur Förderung sogenannter fortschrittlicher Recyclingverfahren, andere verbieten vor allem Einwegplastik.

    Bislang haben Kalifornien, Oregon, Washington, Colorado, Minnesota, Maryland, Delaware, New Jersey, New York, Connecticut, Rhode Island, Maine und Vermont Gesetze verabschiedet, welche bestimmte Einwegkunststoffe verbieten. Kalifornien war der erste Bundesstaat mit einem umfassenden Gesetz, das sowohl die Reduzierung als auch das Recycling von bestimmten Kunststoffen umfasst. Sechs weitere Staaten folgten diesem Vorbild.

    Superfund-Steuer für bestimmte Chemikalien

    Der Infrastructure Investment and Jobs Act (IIJA) von 2021 brachte mit der Wiedereinführung der sogenannten Superfund-Steuer auch Nachteile für die chemische Industrie: So fällt auf 121 Substanzen, darunter Kunststoffe und andere synthetische Materialien, eine Verbrauchssteuer an, die im Falle von Aceton bis zu 20,06 US$ pro Tonne erreicht. Die Superfund-Steuer wird von den Herstellern oder Importeuren dieser Chemikalien erhoben. Sie wird bei der ersten Verwendung oder dem ersten Verkauf in den USA fällig.

    Die verschärften Exportkontrollen der USA nach China dürften europäische Chiphersteller nur minimal treffen, könnten sich aber auch auf die Zulieferer von Komponenten auswirken. Wollen diese Unternehmen Güter an chinesische Kunden verkaufen, die nach der Foreign Direct Product Rule ein direktes Produkt von amerikanischer Software oder Technologie sind, benötigen sie eine Ausfuhrgenehmigung der US-Behörden. Diese gilt jeweils nur für ein Jahr und muss erneuert werden.

    Germany Trade & Invest stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Die Publikation Zoll und Einfuhr kompakt zu den USA informiert über aktuelle Zollvorschriften, die Handelspolitik der USA und Handelshemmnisse, die den Marktzugang erschweren können. 

    Von Heiko Stumpf | San Francisco

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    Deutsch-Amerikanische Handelskammer (AHK USA)

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Der Delegierte der Deutschen Wirtschaft/Representative of German Industry and Trade - RGIT

    Verbindungsbüro des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) und des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) in Washington, D.C.

    U.S. Census Bureau

    Statistikbehörde

    U.S. Energy Information Administration (EIA)

    Behörde für Statistiken speziell zur Energiewirtschaft (einschließlich Öl und Gas)

    U.S. Department of Agriculture (USDA)

    Ministerium für Landwirtschaft

    American Chemistry Council (ACC)

    Verband der Chemieindustrie

    Plastics Industry AssociationFachverband für die Kunststoffindustrie

    American Coatings Association

    Fachverband für Lacke und Farben

    US Oil and Gas Association

    Verband der Öl-/Gasindustrie

    Freedonia Group

    Marktforschungsunternehmen

    Chemical Week

    Fachzeitschrift für Chemie

    Oil and Gas Journal

    Fachzeitschrift für Öl und Gas

    RIGZONE

    Newsletter für Öl und Gas

    NPE 2024 Plastics ShowFachmesse, 6. bis 10. Mai 2024 in Orlando, Florida

    ATCE - SPE Annual Technical Conference and Exhibition

    Fachmesse, Schwerpunkte: Chemie, Petrochemie, Energiewirtschaft, 23. bis 24. September 2024 in New Orleans, Louisiana

    The Battery Show - North America

    Fachmesse, 7. bis 10. Oktober 2024 in Detroit, Michigan

    Independent Commodity Intelligence Services (ICIS)

    Internetportal für die Chemieindustrie

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.