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Special | Algerien | Klimaschutzatlas

Klimaschutz-Atlas

Algerien - Wirtschaftliche Bedeutung des Klimaschutzes nimmt zu

Algerien ist das Paradebeispiel einer öl- und gasbasierten Rentenökonomie. Jedoch scheint beim Klimaschutz ein Kurswechsel eingeleitet zu sein.

Von Peter Schmitz | Tunis

  • Klimastrategie: Algerien beginnt mit dem Umbau

    Öl und Gas sind nach wie vor das Lebenselixier der algerischen Volkswirtschaft. Ein Umdenken hat aber eingesetzt. Die Folgen des Klimawandels zeigen sich bereits.

    Die Folgen des Klimawandels sind in Algerien schon heute sichtbar, vor allem in häufigeren extremen Wetterphänomenen. Die Wertschöpfung des Landes ist aber fast vollständig auf Öl und Gas ausgerichtet. Auch wenn die Gesamtemissionen aufgrund der Größe der Volkswirtschaft vergleichsweise gering ausfallen, ist die Energieintensität der Wirtschaft hoch. Neben ökologischen Aspekten hat der Umbau hin zu mehr Nachhaltigkeit mittelfristig aber auch wirtschaftlich eine existenzielle Bedeutung. Langfristig könnte die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen abnehmen oder der Handel beispielsweise durch Maßnahmen wie die EU-Grenzbesteuerung verteuert werden.

    Die Grundlage der Klimastrategie Algeriens ist das Pariser Abkommen. Darauf basierend wurde ein nationaler Klimaschutzbeitrag (Contribution Prévue Déterminée au niveau National, CPDN) und schließlich der nationale Klimaplan aufgestellt. Algerien will bis 2030 die Treibhausgasemissionen um bis zu 22 Prozent reduzieren, die Auswirkungen des Klimawandels gering halten und dabei den Wohlstand des Landes erhalten. Die vier Kernsektoren der Strategie sind Energie, Abfall, Forstwirtschaft und Sensibilisierung (Aufklärung).

    Algerien: Klimabilanz im Jahr 2021

    Indikator

    Algerien

    Deutschland

    Bevölkerung (in Mio.)

    46,1

    83,2

    Ranking des Landes im Climate Change Performance Index (CCPI) 1)

    Rang: 48

    Punktezahl: 42,24

    Rang: 16

    Punktezahl: 61,11

    Anteil des Landes an den weltweiten Treibhausgasemissionen (in %) 2)

    0,5

    1,4

    CO2-Ausstoß gesamt (in Mio. t/Jahr)

    176

    675

    CO2-Ausstoß pro Kopf (in t CO2/Kopf und Jahr)

    4,0

    8,1

    Emissionsintensität der Wirtschaft (in kg CO₂/BIP 3))

    0,3

    0,2

    Energieintensität der Wirtschaft (in MJ 4)/2017 US$ PPP 5)) 6)

    5,32

    2,76

    1 2023, Rang von 64; 2 2020; 3 Bruttoinlandsprodukt; 4 Megajoule; 5 Purchasing Power Parity (Kaufkraftparität); 6 2019.Quelle: CCPI 2023; Climate Watch 2023; Global Carbon Atlas 2023; IEA 2023; EIU

    Dreh- und Angelpunkt ist der Energiesektor. Bis 2030 sollen 22 Gigawatt aus erneuerbaren Energien kommen. Bisher spielten diese kaum eine Rolle. Zusätzlich wird das Thema Energieeffizienz (insbesondere Gebäudeisolierung) verfolgt. Der Stromverbrauch erreichte im Sommer 2023 aufgrund des verstärkten Einsatzes von Klimaanlagen mit über 18.000 Megawatt laut Sonelgaz einen historischen Rekord. Ein wichtiges Einsparpotenzial wird auch im Einsatz von Gas als Treibstoff im Transportsektor und in der Reduzierung der Abfackelung von Abgasen bei der Öl- und Gasförderung gesehen. Die Verwertung von Abfall und die Nutzung von aufbereitetem Abwasser bieten noch großes Potenzial, um Landwirtschaft und Bevölkerung mit Wasser und Nahrungsmitteln zu versorgen sowie die Lebensqualität zu steigern.

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    Eine Schlüsselrolle spielt in Algerien auch die Forstwirtschaft. In den vergangenen Jahren kam es zu teilweise verheerenden Waldbränden, die zu starker Kritik an der Regierung führten. (Wieder-)Aufforstung sowie die Prävention und effektivere Bekämpfung von Waldbränden stehen weit oben auf der Agenda. Um die Bevölkerung für diese Themen zu sensibilisieren, die bis vor Kurzem kaum eine Rolle spielten, sind Bildungs-, Ausbildungs- und Forschungsprogramme geplant.

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    Von Peter Schmitz | Tunis

  • Klimaziele: Algerien setzt auf neue Energie- und Wasserressourcen

    Um den Wohlstand des Landes und die Versorgung der Bevölkerung zu sichern, bleibt Algeriens Regierung nur der Weg zu erneuerbaren Energien und einer Anpassung an den Klimawandel.

    Grundlage der algerischen Klimaziele sind die bereits seit Beginn der 2000er-Jahre aufgelegten Programme zum Umwelt- und Klimaschutz, insbesondere der nationale Aktionsplan zur Anpassung an den Klimawandel (Plan national d’action et d’adaption au changement climatique, PNA-CC). Dieser umfasst 70 Einzelmaßnahmen. Darauf aufbauend setzte sich Algerien im Rahmen des Pariser Abkommens das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 7 Prozent gegenüber 2013 zu reduzieren. Mit internationaler Unterstützung sind bis zu 22 Prozent anvisiert. Internationale Verpflichtungen ist man dabei aber nicht eingegangen. Die größten Emittenten von Treibhausgasen sind Transport, Energiewirtschaft (2018, jeweils etwa 30 Prozent), Wohnen (20 Prozent) und Industrie (etwa 9 Prozent).  

    Wichtigster Beitrag zur Zielerreichung dürfte die Energieversorgung aus erneuerbaren Energien sein. Bisher gelang der Umstieg nicht, obwohl es schon lange ambitionierte Ziele gibt. Inzwischen ist jedoch Bewegung in den Sektor gekommen.

    Bis 2030 ist die Installation von Anlagen zur Produktion von 22 Gigawatt geplant, 10 Gigawatt davon für den Export der erzeugten Elektrizität. Ein Nebenaspekt zur Stromerzeugung ist die Verbesserung der Abfallverwertung. Hier sehen die Pläne ein Potenzial zur Wiederverwertung von bis zu 13,5 Millionen Tonnen pro Jahr.

    Für den Transportsektor sind die weitere Elektrifizierung von Bahnstrecken, der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und die Nutzung alternativer Kraftstoffe, unter anderem durch Umrüstung von 1,3 Millionen Fahrzeugen auf Flüssiggasantrieb bis 2030 geplant. Das 2016 neu aufgelegte Programm für Energieeffizienz zielt auf den Gebäudesektor ab. Wesentliche Bestandteile sind die thermische Isolation von 100.000 Wohneinheiten pro Jahr und die Installation von energiesparenden Leuchtmitteln.

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    Hohe Energiepreise sind in Algerien grundsätzlich kein Motor für Reformen, denn sie führen zu sprudelnden Einnahmen für die Regierung. Inzwischen scheint die Notwendigkeit zum Umsteuern jedoch so deutlich gesehen zu werden, dass trotz zwischenzeitlich wieder gestiegener Energiepreise an den Programmen festgehalten wird.

    Von einer Dekarbonisierung der Wirtschaft ist dennoch nicht die Rede. Die Bedeutung des Hydrokarbonsektors ist derzeit noch viel zu groß, um dieses Ziel in naher Zukunft ernsthaft ins Auge zu fassen. Realistischer sind Überlegungen, Algerien durch die Umstellung auf erneuerbare Energien und die Produktion von Wasserstoff auch mittel- und langfristig als Energieexporteur zu positionieren. 

    Gerade die Entwicklung seit dem Krieg in der Ukraine spielt dabei eine Rolle. Es wurden bereits mehrere Abkommen mit internationalen Unternehmen unterzeichnet, um Investitionen zur Exploration neuer Vorkommen und Steigerung der Förderkapazitäten anzuziehen. Algerien ist in einer guten Verhandlungsposition, da einerseits der Bedarf in Europa groß ist. Andererseits kann es sich die Regierung leisten, weiterhin eine strategische Partnerschaft mit Russland zu pflegen.

    Anpassung in der Wasserversorgung und der Forstwirtschaft

    Für die Regierung dürfte die Anpassung an den Klimawandel mittelfristig dennoch überlebenswichtig sein. Die teilweise verheerenden Waldbrände im Jahr 2021 sorgten für heftige Kritik. Um in Zukunft besser auf solche Ereignisse vorbereitet zu sein, sucht Algerien in Kooperation mit der Weltbank den Erfahrungsaustausch mit internationalen Partnern, vorrangig aus dem Mittelmeerraum, aber auch aus Kanada. Im Frühjahr 2023 wurde die Commission nationale de protection des fôrets (CNPF) ins Leben gerufen, die mit der Planung von Maßnahmen beauftragt ist. Die Umsetzung liegt in Händen der Direction générale des fôrets (DGF). Dazu gehören die Pflege bestehender und Anlegung neuer Brandschneisen sowie die verstärkte Überwachung zur frühzeitigen Erkennung von Bränden. Zusätzlich gilt es den Umgang mit dem Wald als Ressource zu professionalisieren und nachhaltig zu gestalten. 

    Um die Versorgung der Bevölkerung und der Landwirtschaft mit Wasser sicherzustellen, setzt die Regierung auf Meerwasserentsalzung und die Wiederverwendung aufbereiteter Abwässer. Das Thema Meerwasserentsalzung ist in Algerien nicht neu, wird nun aber forciert. Bis 2030 sollen 60 Prozent des Trinkwasserbedarfs aus dem Meer gedeckt werden. Dafür sind eine Reihe von Anlagen nötig, die sich auf die 14 ans Mittelmeer angrenzenden Wilayas im Norden des Landes verteilen sollen. Dort konzentriert sich die Bevölkerung zu etwa 95 Prozent.

    In den Kinderschuhen steckt das Thema Wiederverwendung von Wasser zur Bewässerung. Zwar sind in Algerien über 90 Prozent der Bevölkerung an ein Abwasserentsorgungsnetz angeschlossen. Das Abwasser wird bisher aber kaum als Ressource genutzt, sondern größtenteils abgeleitet. Aktuell liegt die Aufbereitungskapazität landesweit bei knapp über 1 Milliarde Kubikmetern pro Jahr, bis 2030 sollen es 2 Milliarden werden. Mit dem aufbereiteten Wasser soll eine landwirtschaftliche Fläche von insgesamt 160.000 Hektar künstlich bewässert werden. Die Landwirtschaft hat einen Anteil von etwa 70 Prozent am Gesamtverbrauch von Wasser in Algerien. In Zukunft soll gereinigtes Abwasser neben der Bewässerung auch zum Reinigen öffentlicher Plätze und als Löschwasser eingesetzt werden.


    Von Peter Schmitz | Tunis

  • Klimagesetze: Gesetzlicher Rahmen wird ausgebaut

    Grundlegende gesetzliche Regelungen zum Umweltschutz sind in Algerien etabliert, sogar in der Verfassung. Nicht immer transparent ist jedoch ihre Umsetzung.

    Die zunehmende Bedeutung des Klimawandels für Algerien spiegelt sich auch in der Entwicklung der Gesetzgebung wider. Inzwischen nehmen sowohl die algerische Verfassung als auch einige Gesetze direkten Bezug auf den Klimawandel.

    Bereits in der Präambel verweist die im Jahr 2020 verabschiedete neue algerische Verfassung auf die negativen Auswirkungen des Klimawandels und die Verantwortung des Staates, die Umwelt für künftige Generationen zu schützen. Auch in den Artikeln 21 und 64 wird auf die Verpflichtung des Staates und der Bürger zum Schutz der Umwelt, zum verantwortungsvollen Umgang mit natürlichen Ressourcen, aber auch zur Sensibilisierung für diese Themen hingewiesen. 

    Direkten Bezug auf den Klimawandel nehmen zwei algerische Gesetze: Das Gesetz zum Schutz der Umwelt (2003, Loi relative à la Protection de l’Environnement dans le cadre du Développement Durable) schafft die grundsätzliche Möglichkeit, Ausrüstung zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen mit vergünstigten Abgaben zu belegen. Dies ist durch das jeweilige Finanzgesetz zu regeln und unterliegt somit Änderungen. Das Gesetz zum Ausbau der erneuerbaren Energien (2018, Loi relative à la Promotion des Énergies Renouvelables) identifiziert selbige als Mittel zur Reduzierung von Treibhausgasen und somit ihren Einsatz als entscheidend, um den Klimawandel zu bremsen.

    Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Gesetzen und Verordnungen, die den Schutz der Umwelt, die Biodiversität oder das Boden- und Wassermanagement betreffen. Eine Übersicht dazu bietet der nationale Klimaplan. Diese bestehende Gesetzgebung bot Algerien bisher eine gute Basis bei der Formulierung der Klimastrategie.

    Die Anwendung wie auch die Kontrolle der Einhaltung von Vorgaben ist in Algerien nicht immer transparent. In einem Beitrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu diesem Thema wird die mangelnde Kontrolle kritisiert. So ist die Anzahl der vom Umweltministerium eingesetzten Inspekteure relativ gering. Zudem können die Inspekteure keinerlei Sanktionen anordnen, sondern Verletzungen nur an die Justiz melden. 


    Von Peter Schmitz | Tunis

  • DIHK-AHK-Umfrage zum Klimaschutz 2022

    Algerien

    Die Umfrage wurde im April und Mai 2022 von der DIHK unter 2.860 Mitgliedsunternehmen der deutschen Auslandshandelskammern (AHK) durchgeführt. Unternehmen aus insgesamt 107 Ländern nahmen daran teil. Die Befragung gibt wieder, wie die in dem jeweiligen Land tätigen deutschen oder eng mit Deutschland kooperierenden Unternehmen die Situation vor Ort wahrnehmen.


    Von Martin Knapp (DIHK) | Berlin

  • Energie: Algeriens Energiewende braucht noch viel Zeit

    Algerien scheint die Notwendigkeit einer Energiewende anzuerkennen. Die Umsetzung der ambitionierten Ziele kommt bislang jedoch nur schleppend voran.

    Algeriens Volkswirtschaft fußt auf der Förderung, der Nutzung und dem Export von fossilen Energieträgern. Das Land gehört zu den größten Produzenten von Erdgas. Etwa 90 Prozent der Exporteinnahmen stammen aus der Ausfuhr von Öl, Gas und deren Derivaten.

    Primärenergie: Hoffnung ruht auf Wasserstoff

    Mit dem großen Potenzial zur Energiegewinnung aus erneuerbaren Energien, einer bestehenden Gasinfrastruktur, der Nähe zu Europa sowie dem großen Eigenbedarf bietet sich für Algerien auch die Produktion von Wasserstoff und seine Nutzung an. Eine Potenzialstudie dazu wurde Ende 2021 von der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) veröffentlicht.

    Mit durchschnittlich mehr als 3.000 Sonnenstunden im Jahr sind die Bedingungen für die Nutzung von Sonnenenergie ideal. Zudem belastet jede Ausweitung der gasbasierten Energieerzeugung den Staatshaushalt, da man das wichtigste Exportgut verbrennt. Es ist unerlässlich, erneuerbare Alternativen zu entwickeln, die die nationale Nachfrage nach Energie decken können und gleichzeitig dafür sorgen, dass die fossilen Ressourcen für andere Zwecke erhalten bleiben.

    In einem ersten Schritt zur Unterstützung dieses Projekts setzte das Ministerium für Energie und Bergbau ein Komitee zur Erarbeitung einer nationalen Wasserstoffstrategie ein. Bis 2040 will Algerien etwa 30 Terrawattstunden Wasserstoff produzieren und exportieren. Deutschland unterstützt Algerien bei der Entwicklung der erneuerbaren Energien und der nationalen Wasserstoffstrategie im Rahmen der Deutsch-Algerischen Energiepartnerschaft.

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    Stromerzeugung: Ausbau erneuerbarer Energien läuft schleppend

    Die Stromerzeugung konzentriert sich vor allem auf Gas. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist seit den frühen 2000er-Jahren geplant, spielte bisher aber kaum eine Rolle, ebenso wenig die Energieeffizienz. Von 2000 bis 2017 stieg der Energiebedarf jährlich um durchschnittlich 5 Prozent. Grund war neben dem Bevölkerungswachstum auch eine Änderung der Lebensgewohnheiten und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Auch der Klimawandel trägt dazu bei. Im Juli 2023 wurde mit über 18.000 Megawatt pro Tag ein historischer Rekord beim Elektrizitätsverbrauch erreicht. Ursache dafür ist vor allem der Einsatz von Klimaanlagen in Gebäuden.

    Bis auf Weiteres wird Gas dennoch das Rückgrat der Stromerzeugung in Algerien bleiben. Die installierte Kapazität der Gaskraftwerke lag 2019 nach Angaben der Commission des energies renouvelables et de l'efficacité énergétique (CEREFE) bei etwa 21.000 Megawatt. Bis 2028 soll diese auf 36.000 Megawatt steigen.

    Der Ausbau der erneuerbaren Energien soll bis 2030 voranschreiten. Die erhoffte Dynamik jedoch ist abgeflaut, zumindest bis zum Sommer 2023. Während bis 2018 nur etwa 350 Megawatt Solar- und 10 Megawatt Windenergie installiert worden sind (genaue Zahlen sind kaum vorhanden), sollte der Ausbau vor allem der Solaranergie eigentlich Fahrt aufnehmen.

    Eine lang erwartete Ausschreibung über 1.000 Megawatt, verteilt auf Lose zwischen 50 und 300 Megawatt, wurde zum Jahresende 2021 von Shaems lanciert, dem neu ins Leben gerufenen Gemeinschaftsunternehmen von Sonelgaz und Sonatrach. Nachdem die Abgabefrist mehrmals verschoben wurde, hört man seit Langem nichts mehr. Offiziell eingestellt wurde das Verfahren bislang jedoch nicht. 

    Im Frühjahr 2023 startete stattdessen Sonelgaz selbst eine Ausschreibung. Statt eines IPP-Modells (Independent Power Producer), bei dem die Investoren Eigentümer des Projekts wären und den Strom anschließend verkauften, setzt Sonelgaz auf EPC-Verträge (Engineering, Procurement and Construction). Auch hier wurde die Abgabefrist bereits verschoben und endet voraussichtlich Ende Juli 2023. Sonelgaz plant insgesamt 2.000 Megawatt, verteilt auf 11 Standorte mit Kapazitäten von 80 bis 220 Megawatt. 

    Die Gesamtziele der Strategie sind davon offiziell unberührt. Bis 2030 sieht diese insgesamt 22.000 Megawatt aus erneuerbaren Energien vor. Davon entfallen 13.500 Megawatt auf Fotovoltaik, 5.000 Megawatt auf Windenergie und 2.000 Megawatt auf konzentrierte Solarenergie. 1.000 Megawatt sollen aus Biomasse erzeugt werden, 400 Megawatt durch Kraft-Wärme-Kopplung sowie 15 Megawatt mit Geothermie. 

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    Höhere Energieeffizienz in der Industrie als Chance für Investitionen

    Seit 2011 verfolgt Algerien eine Strategie zur Verbesserung der Energieeffizienz. Sie wurde im Jahr 2015 überarbeitet. Bis 2030 sollen im Gebäudeenergiebereich 30 Millionen Tonnen Öläquivalent (tons of oil equivalent, toe) eingespart werden: 20 Millionen toe durch den Einsatz energiesparender Leuchtmittel, 7 Millionen toe durch thermische Isolierung von Gebäuden, 2 Millionen toe durch den Einsatz von Solarthermie zur Warmwassererzeugung, sowie etwa 1 Million toe durch den Einsatz von Leuchtdioden (LED) im Bereich der öffentlichen Beleuchtung. 

    Im Transportsektor setzt die Strategie zur Energieeffizienz relativ allgemein auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, etwas konkreter auf den Einsatz von alternativen Kraftstoffen, insbesondere verflüssigtes Petroleumgas und komprimiertes Erdgas. Das soll zur Einsparung von 16 Millionen toe bis 2030 führen. 

    Für deutsche Unternehmen dürfte der Bereich der industriellen Energieeffizienz mittelfristig das interessanteste Betätigungsfeld werden. Energieaudits und Monitoring sind hier die wichtigsten Stichwörter, die künftig eine deutlich wichtigere Rolle spielen dürften. Neben dem Öl- und Gassektor kommen dafür besonders die Zement- und die Stahlindustrie in Frage. 

    Abgesehen vom Ausbau des Gaskraftwerkparks und dem Programm für erneuerbare Energien hält Algerien bislang grundsätzlich auch an den Plänen zum Bau eines Kernreaktors fest. Seit einigen Jahren gibt es dazu immer wieder Meldungen. Im Jahr 2019 wurde ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Als Partner waren China, Russland oder Frankreich im Gespräch. Wirklich absehbar ist der Start aktuell nicht. Auch die Nutzung oder Speicherung von CO₂ wird bisher nicht offensiv verfolgt.


    Von Peter Schmitz | Tunis

  • Fachkräfte für den Klimaschutz: Hoher Qualifizierungsbedarf

    Das Klimaschutzprogramms Algeriens bietet eine große Chance auf die Schaffung von Arbeitsplätzen. Das Personal dafür muss zum größten Teil noch ausgebildet werden.

    Algerien verspricht sich von der Umsetzung seines Klimaschutzprogramms nicht zuletzt auch neue Arbeitsplätze für die Jugend. Gerade die Jugendarbeitslosigkeit ist ein großes Problem für die Regierung. Die fehlenden Perspektiven bieten einen Nährboden für Proteste. Andererseits hat das Bildungssystem in den letzten beiden Jahrzehnten generell nachgelassen. Spezialisierte Ingenieursschulen wurden beispielsweise geschlossen. Zudem spielten die erneuerbaren Energien bisher kaum eine Rolle, weshalb es auch keinen Bedarf an entsprechenden Fachkräften gab.

    Schätzungen gehen von etwa 12.000 bis 20.000 Arbeitsplätzen aus, die alleine im Bereich erneuerbare Energien entstehen könnten. Dafür ist jedoch die Qualifizierung eines Großteils dieses Personals noch nötig. Zudem sollten auch Forschung und Entwicklung an den Hochschulen des Landes gefördert werden. Die potenziell lukrativsten Gebiete für Sonnen- und auch Windenergie liegen im Süden und Südosten des Landes. Hier sind die Beschäftigungsmöglichkeiten bisher sehr begrenzt, zugleich ist auch die Bildungslandschaft vor Ort noch dünner.


    Von Peter Schmitz | Tunis

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft, auch Hinweise zu Ausschreibungen

    AHK Algerien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministère d'Energie et des Mines

    Ministerium für Energie

    Ministère de la Transition Energétique et des Energies Renouvelables

    Ministerium für erneuerbare Energien und Energiewende

    Ministère de l'Environnement

    Ministerium für Umwelt

    Centre de Développement des Energies renouvelables (CDER)

    Zentrum zur Förderung erneuerbarer Energien (staatlich)

    Salon International des Energies Renouvelables, des Energies propres et du développement durable, ERA

    Oran, nächster Termin 2. bis 4. Oktober 2023

    Direction Générale des Forêts

    Forstdirektion zur Entwicklung, Erhaltung und dem Schutz des Waldes

  • Angebote der AHK

    AHK Algerien

    Die AHK Algerien ist seit ihrer Gründung im Jahr 2005 im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aktiv und führt klimabezogene Projekte durch. Diese Aktivitäten umfassen bilaterale Netzwerktreffen, Geschäftsreisen oder themenbezogene Projekte. Das Hauptziel besteht darin, eine Plattform zu schaffen, die deutschen und algerischen Unternehmen, Behörden und Organisationen die Kontaktaufnahme ermöglicht und als Folge eine effektive und nachhaltige Zusammenarbeit in verschiedenen Themenbereichen fördert. Besonders hohe Bedeutung wird dabei dem Klimaschutz und der Nachhaltigkeit beigemessen.

    Seit dem Beginn der deutsch-algerischen Energiepartnerschaft im Jahr 2014 ist die AHK als aktiver Partner beteiligt und organisiert Veranstaltungen in verschiedenen Formaten. Dies umfasst auch themenspezifische Projektmaßnahmen im Rahmen des Markterschließungsprogramms oder der Exportinitiative Energie des BMWK.

    Seit 1. März 2023 engagiert sich die AHK im Rahmen der BMWK-H2Uppp-Initiative gemeinsam mit lokalen und internationalen Experten und strebt den Aufbau eines Wasserstoff-Kompetenzzentrums an der AHK an. Dabei werden technische und begleitende Projektstudien erstellt, Informationen für interessierte Unternehmen aufbereitet und vermittelt sowie bilaterale Geschäftskontakte hergestellt und begleitet.

    Kontakt


    Telefon: +213 0561 68 01 45

    E-Mail: info@ahk-algerie.org

    Homepage: http://algerien.ahk.de


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