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Branche kompakt | Saudi-Arabien | Windenergie

Weitere Entwicklung der Windkraft ungewiss

Eine erste große Windkraftanlage ist im Bau. Auf die Ausschreibung weiterer Projekte wird gewartet. Bis 2030 strebt die Regierung den Ausbau von 16 Gigawatt Windkraftkapazität an.

Von Robert Espey | Dubai

  • Marktüberblick

    Das Ziel, den Öl- und Gasverbrauch zur Stromerzeugung zu reduzieren, sinkende Windstromkosten und der geplante grüne Wasserstoffsektor eröffnen der Windkraftbranche Chancen.

    Markttreiber und -hemmnisse

    Treiber

    Hemmnisse

    Reduzierung des Gas- und Ölverbrauchs konventioneller Kraftwerke (Klimaschutzpolitik)

    Schärfere Local-Content-Vorschriften

    Aufbau eines grünen Wasserstoffsektors

    Weitere konventionelle Kraftwerke im Bau und in Planung, Atomkraftwerke in der Diskussion

    Sinkende Kosten für Windkraftanlagen

    Unsicherheiten über langfristige finanzielle Lage des Staatssektors, Strukturreformen und regionale politische Entwicklungen

    Quelle: Analyse von Germany Trade & Invest

    Von Robert Espey | Dubai

  • Politische Ziele

    Zur Umsetzung der Regierungspläne müssten bis 2030 jährlich Windkraftwerke mit einer Leistung von etwa 2 Gigawatt fertiggestellt werden. Bislang fehlen aber entsprechende Projekte.

    Realisierung ambitionierter Pläne fraglich

    Erneuerbare Energien (EE) spielten in Saudi-Arabien bislang eine geringe Rolle, obwohl bereits seit etwa 15 Jahren an ambitionierten EE-Konzepten gearbeitet wird. Das von Saudi-Arabien 2013 vorgestellte 54 Gigawatt Programm zur Nutzung von EE hatte international für großes Aufsehen gesorgt.

    Gemäß der damaligen Planung war das Ziel, bis 2020 EE-Projekte mit einer Gesamtleistung von 24 Gigawatt zu realisieren. Davon sollten etwa 11 Gigawatt auf Concentrated Solar Power (CSP), 6,5 Gigawatt auf Photovoltaik (PV), 5 Gigawatt auf Windkraft, 1 Gigawatt auf Waste-to-Energy (WTE) und 0,5 Gigawatt auf Geothermie entfallen. Bis 2032 war der Ausbau der alternativen Energien auf 54 Gigawatt geplant: 25 Gigawatt CSP, 16 Gigawatt PV, 9 Gigawatt Windkraft, 3 Gigawatt WTE und 1 Gigawatt Geothermie.

    Bild vergrößern

    Das ambitionierte Programm verschwand aber wieder in den Schubladen beziehungsweise es wurde in stark modifizierter Form als Teil der 2016 vorgelegten Saudi Vision 2030 wiederbelebt. Das 2018 präsentierte National Renewable Energy Program sah für 2023 ein EE-Ausbauziel von 9,5 Gigawatt vor. Diese Zielmarke wurde zwischenzeitlich auf 27,3 Gigawatt angehoben. Davon sollen 20 Gigawatt auf PV-Kraftwerke und 7 Gigawatt auf Windenergie entfallen. Bis 2030 wird eine Erhöhung auf 58,7 Gigawatt angestrebt (davon: 40 Gigawatt PV, 16 Gigawatt Wind, 2,7 Gigawatt CSP).

    Saudi-Arabien: Installierte und prognostizierte Windkraftkapazitäten 2020 bis 2030

    Jahr

    Windkraftkapazitäten (in Megawatt) 1)

    2020

    3

    2022

    419

    2024

    419

    2026 2)

    2000

    2030 3)

    16000

    1) Windkraftkapazitäten für grüne Wasserstoffprojekte sind nicht enthalten; 2) bei Realisierung derzeit geplanter Projekte; 3) Regierungsplanung, keine Unterscheidung zwischen Onshore- und Offshore-WindkraftQuelle: MEED Projects, Ministry of Energy, Recherchen von Germany Trade & Invest

    Bislang nur ein großes Windprojekt im Bau

    Obwohl die Kapazitätsziele im aktuellen EE-Programm mit 16 Gigawatt bis 2030 anspruchsvoller geworden sind, gibt es im Windsektor weiterhin relativ wenig Bewegung. Es erscheint sehr zweifelhaft, ob die Zielgröße erreicht wird. Bislang ist nur eine größere Windkraftanlage im Bau beziehungsweise im Teilbetrieb. Ausschreibungen für weitere Projekte lassen auf sich warten.

    Der bis 2030 angestrebte Anteil der EE an der Stromerzeugung von 50 Prozent wird im Wesentlichen auf Solarkraft entfallen. Der saudi-arabische Energieminister Abdulaziz bin Salman erklärte 2021, sein Land werde jährlich Solarprojekte mit einer Gesamtkapazität von 5 bis 7 Gigawatt in Angriff nehmen. Aktuell (April 2022) entfallen mit 0,4 Gigawatt nur 0,5 Prozent der gesamten Stromerzeugungskapazitäten auf EE. Die EE-Kapazitäten verteilen sich auf geschätzte 409 Megawatt Solarenergie (359 Megawatt PV, 50 Megawatt CSP) und lediglich 3 Megawatt Onshore-Windkraft.

    Privatsektor soll investieren

    Beim Aufbau des EE-Sektors soll die Privatwirtschaft eine zentrale Rolle übernehmen. Dabei ist nicht nur die Realisierung der Kraftwerke auf Private Public Partnership (PPP)-Basis gemeint, sondern private in- und ausländische Unternehmen sollen auch in die gesamte Wertschöpfungskette investieren. Für Solar- und Windkraftwerke wird ein steigender Local Content gefordert. Internationale Firmen sind deshalb auf der Suche nach geeigneten lokalen Partnern und saudi-arabische Unternehmen suchen ausländische Technologiegeber.

    Von Robert Espey | Dubai

  • Marktorganisation

    Der Privatsektor soll auch im Stromsektor eine wichtigere Rolle spielen. Derzeit nehmen staatliche Akteure noch zentrale Funktionen ein.

    Kraftwerkssektor noch staatlich dominiert

    Die Stromerzeugung ist weiterhin überwiegend in staatlicher Hand. Seit 2002 darf der Privatsektor im Kraftwerkssektor investieren. Der Anteil der staatlichen Kraftwerksbetreiber liegt gegenwärtig noch bei 83 Prozent.

    Aktuell (April 2022) liegen die gesamten Kraftwerkskapazitäten bei rund 87 Gigawatt. Davon entfallen auf private Betreiber weniger als 15 Gigawatt. Der größte staatliche Kraftwerksbetreiber ist die Saudi Electricity Company (SEC) mit etwa 57 Gigawatt. Andere staatliche Betreiber verfügen über rund 15 Gigawatt. Darunter fallen die Saline Water Conversion Corporation (SWWC) mit sechs Kraftwerken von insgesamt 6,5 Gigawatt und die nationale Ölgesellschaft Saudi Aramco mit 2,2 Gigawatt.

    Das größte private Kraftwerk mit 4,1 Gigawatt betreibt die Hajr for Electricity Production Company. Die Klassifizierung als privat bezieht sich auf die Rechtsform des Unternehmens, nicht auf die Eigentumsverhältnisse. Die SEC hält 50 Prozent der Firmenanteile, 22,49 Prozent besitzt die Acwa Power Company, die zu 50 Prozent dem staatlichen Public Investment Fund (PIF) gehört. Samsung C&T und der MENA Infrastructure Fund halten 12,51 Prozent und 15 Prozent. Acwa Power hat eine Option, die Samsung-Anteile zu übernehmen.

    Staatliches Monopol bei Stromabnahme und -verteilung

    Die zur SEC gehörende Saudi Power Procurement Company (SPPC) ist der Stromabnehmer der meisten Kraftwerke. Für die Stromübertragung und -verteilung ist die ebenfalls zur SEC gehörende National Grid SA zuständig. Die Royal Commission for Jubail & Yanbu betreibt ein separates Stromnetz mit einem 2-Gigawatt-Kraftwerk (Power & Water Utility Company for Jubail & Yanbu/Marafiq).

    Saudi-Arabien: Strompreise nach Verbrauchsmengen und Sektoren (in US-Cent pro Kilowattstunde)

    Verbrauchsmenge pro Monat (in Kilowattstunden)

    Haushalte

    Gewerbe

    Landwirtschaft

    Öffentliche Einrichtungen

    Industrie

    Private Bildungseinrichtungen

    Bis 6.000

    4,8

    5,3

    4,3

    8,5

    4,8

    4,8

    Über 6.000

    8,0

    8,0

    5,3

    8,5

    4,8

    4,8

    Gültig seit 2018Quelle: Saudi Electricity Company

    Die Strompreise sind zwar 2018 kräftig angehoben worden, aber dennoch weiterhin subventioniert. Wann und ob es kostendeckende Tarife geben wird, ist derzeit unklar. Die niedrigen Strompreise machen die Stromerzeugung durch private Wind- und Solaranlagen, zum Beispiel Dachinstallation, zumeist wenig attraktiv. Nur bei weiter deutlich steigenden Strompreisen wären solche Investitionen zunehmend sinnvoller. Private Kleinanlagen können grundsätzlich überschüssigen Strom ins Netz einspeisen.

    Von Robert Espey | Dubai

  • Marktchancen

    In Saudi-Arabien ist mit dem Bau weiterer großer Windfarmen zu rechnen. Ob die ambitionierte Regierungsplanung umgesetzt wird, ist allerdings zweifelhaft.

    Entwicklung der Windkraft steht noch am Anfang 

    In Saudi-Arabien wurde 2016 in Turaif die erste, und bis 2021 einzige, große Windturbine installiert. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt der nationalen Ölgesellschaft Aramco und General Electric (GE). Das US-Unternehmen lieferte eine Turbine des Modells 2.75-120 mit einer Leistung von 2,75 Megawatt.

    Das National Renewable Energy Program (NREP) strebt bis 2023 eine EE-Kapazität von 27,3 Gigawatt an. Dieser Zeitplan erscheint allerdings wenig realistisch. Bis 2030 sind 58,7 Gigawatt anvisiert. Davon sollen 40 Gigawatt auf PV, 16 Gigawatt auf Wind und 2,7 Gigawatt auf CSP entfallen.

    Zuständig für einen Teil der NREP-Projekte ist das zum Energieministerium gehörende und 2017 gegründete Renewable Energy Project Development Office (REPDO). Die Organisation ist für 30 Prozent der angestrebten NREP-Kapazitätsziele verantwortlich. Alle REPDO-Projekte werden BOO-Basis Build, Own, Operate ausgeschrieben. Die Investoren schließen mit der Saudi Power Procurement Company (SPPC), einer Tochter der Saudi Electricity Company, einen langfristigen Stromabnahmevertrag (Power Purchase Agreement, PPA) ab, der zumeist über 25 Jahre läuft.

    Im Rahmen der ersten REPDO-Ausschreibungsrunde wurden 2018 das 300 Megawatt Sakaka PV-Kraftwerk und Anfang 2019 das 416 Megawatt Dumat al Jandal Windkraftprojekt an private Betreiber vergeben. Dieses 500 Millionen US-Dollar (US$) Windkraftprojekt ging an ein Konsortium aus dem französischen Unternehmen EDF Renewables und der staatlichen Abu Dhabi Future Energy Company (Masdar). Mit der Fertigstellung wird noch 2022 gerechnet. Bereits im Sommer 2021 wurden erste Windturbinen in Betrieb genommen.

    Das dänische Unternehmen Vestas ist Lieferant der insgesamt 99 Turbinen mit einer Leistung von jeweils 4,2 Megawatt. Der mit der SPPC ausgehandelte Stromabnahmevertrag umfasst eine Laufzeit von 20 Jahren und sieht einen Preis für die Stromlieferung von 19,9 US$ pro Megawattstunde vor.

    Wichtige nationale Investoren im EE-Sektor sind der Public Investment Fund (PIF) und die Acwa Power Company, die zu 50 Prozent dem PIF gehört. Die beiden Akteure sind bislang aber in Saudi-Arabien nur an Solarprojekten beteiligt. Der Staatsfonds will bis 2030 in Solar- und Windprojekte mit einer Gesamtkapazität von etwa 40 Gigawatt investieren.

    Acwa Power besitzt Erfahrungen mit Windkraftprojekten außerhalb von Saudi-Arabien. Das Unternehmen hat in zwei kleine jordanische Windkraftanlagen investiert sowie in jeweils ein Windkraftprojekt in Marokko und Aserbaidschan:

    • Jordanien: Central Electricity Generating Company (CEGCO) Hofa, 1,1 Megawatt; CEGCO Ibrahimyah, 0,3 Megawatt
    • Marokko: Khalladi Wind Farm, 120 Megawatt
    • Aserbaidschan: Khizi-Absheron Wind Farm, 240 Megawatt, geplante Fertigstellung 2023

    Pressemeldungen zufolge hat Acwa Power außerdem im Januar 2022 einen Vorvertrag für einen 500 Megawatt Offshore-Windpark im Aserbaidschan unterzeichnet.

    Weitere Windkraftanlagen in Planung

    Im Rahmen der vierten REPDO-Ausschreibungsrunde soll die Yanbu Windkraftfarm mit 850 Megawatt vergeben werden. Mit der Aufforderung, Expression of Interests (EOI) abzugeben, wurde bereits 2021 gerechnet. Jetzt werden die Interessenbekundungen in 2022 erwartet. Das Ingenieurbüro Fichtner ist hier als Berater tätig. Ein Interessent dürfte Frankreichs Engie sein.

    Saudi-Arabien: Auswahl geplanter Windkraftprojekte

    Projekt

    Investitionssumme (in Millionen US$)

    Projektstand 1)

    Projektbetreiber

    NEOM: Renewable Energy: Wind Power Park 2)

    1.000

    ST

    ACWA Power/NEOM/Air Products

    Al Ula Tourism Development: Renewable Energy 3)

    1.000

    FEED

    Royal Commission for Al-Ula

    Renewable Energy Program: Round 4: Yanbu Wind Power Plant, 850 Megawatt

    1.000

    FEED

    Renewable Energy Project Development Office

    Offshore Floating Wind Farm, 500 Megawatt

    500

    ST

    Plambeck Emirates Global Renewable Energy

    Jubail Wind Power Plants, 100 Megawatt

    250

    ST

    Saline Water Conversion Corporation

    Haql Wind Power Plant, 100 Megawatt

    120

    ST

    Saline Water Conversion Corporation

    Yanbu Wind Power Production Plant 4)

    39

    ST

    Royal Commission for Jubail & Yanbu

    1) ST = Studie, FEED = Front End Engineering Design; 2) 4 Gigawatt Solar- und Windkraftpark ist geplant, Anteil der Windkraft offen; 3) Solar- und Windkraft, Anteil der Windkraft offen; 4) Produktion von Anlagenkomponenten, Details nicht bekanntQuelle: MEED Projects, Recherchen von Germany Trade & Invest

    Als Teil des 3 Milliarden US$ Al-Ula Tourismusprojekts in Medina plant die Royal Commission for Al-Ula, EE zu nutzen. Die geschätzten Investition dafür belaufen sich auf 1 Milliarde US$. Ob, beziehungsweise in welcher Größenordnung, dabei Windkraft zum Einsatz kommen soll, ist nicht bekannt. Als Projektmanager für das gesamte Al-Ula Projekt wurden die drei französischen Firmen Egis, Assystem und Setec engagiert.

    Für die Energieversorgung von zwei Reversosmose-Meerwasserentsalzungsanlagen prüft die Saline Water Conversion Corporation (SWCC) die Errichtung von zwei Windparks. Die Projekte mit einer Leistung von jeweils 100 Megawatt sollen in Haql und Jubail stehen. Derzeit ist eine Durchführbarkeitsstudie ausgeschrieben.

    Das Unternehmen Plambeck Emirates Global Renewable Energy aus den Vereinigten Arabischen Emiraten hat 2019 mit dem italienischen Unternehmen Saipem eine Vereinbarung unterzeichnet, den  Bau einer 500 Megawatt Offshore Floating Wind Farm in Saudi-Arabien zu prüfen. Das Projekt zeigt aber bislang keine großen Fortschritte.

    Geplante grüne Wasserstoffproduktion erfordert große Solar- und Windkraftanlagen

    Angesichts der für die Solarstromerzeugung sehr günstigen klimatischen Bedingungen bietet Saudi-Arabien gute Voraussetzungen für eine wettbewerbsfähige Produktion von grünem Wasserstoff. Riad strebt an, zu einem weltweit führenden Erzeuger und Exporteur von grünem Wasserstoff zu werden.

    Zentrum der grünen Wasserstoffproduktion soll das Mega-Regionalentwicklungsprojekt NEOM im derzeit noch dünn besiedelten Nordwesten Saudi-Arabiens werden. Das Projekt mit einem Volumen von 500 Milliarden US$ befindet sich noch in einem frühen Stadium. NEOM bietet sowohl für Solar- als auch für Windenergie gute Voraussetzungen.

    Kooperation mit Deutschland

    Deutschland und Saudi-Arabien wollen im Wasserstoffsektor eng kooperieren. Im März 2021 haben der damalige Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Saudi-Arabiens Energieminister Abdulaziz bin Salman Al Saudeine eine Gemeinsame Absichtserklärung zur Gründung einer Wasserstoffzusammenarbeit zwischen Deutschland und Saudi-Arabien unterzeichnet.

    Der Public Investment Fund plant in NEOM gemeinsam mit Acwa Power und dem US-Unternehmen Air Products & Chemicals ein 5 Milliarden US$ Projekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff beziehungsweise Ammoniak. Dort laufen derzeit Planungen für den Bau einer 1,5 Milliarden US$ Ammoniak-Fabrik mit einer Jahreskapazität von 1,2 Millionen Tonnen. ThyssenKrupp Industrial Solutions soll für dieses Projekt die Ammoniakprozess- sowie die Wasserelektrolysetechnologie liefern. Zur Stromversorgung des Wasserstoff-Ammoniak-Projekts ist ein 4 Gigawatt Solar- und Windkraftpark vorgesehen.

    Von Robert Espey | Dubai

  • Markthemmnisse

    Die Kapazitätsplanungen werfen Fragen auf. Die bei Windkraftanlagen geforderte lokale Wertschöpfung stellt Anlagenbauer und Investoren vor Herausforderungen.  

    Weitere konventionelle Kraftwerke und Atomkraftprojekte geplant

    Die Entwicklungsziele bei Solar- und Windenenergie sind zwar ambitioniert, der Grad der Realisierung ist aber ungewiss. Zudem werden weiterhin neue konventionelle Kraftwerke gebaut und geplant. Das gasbefeuerte 1,5 Gigawatt Al Fadhili Kraftwerk in Jubail wurde 2020 fertig. Kurz vor der Fertigstellung steht ein 1,5 Milliarden US$ teures 1,8 Gigawatt Gas- und Dampfturbinen (GuD)-Kraftwerk in Riad, auch bekannt als Power Plant 13 (PP 13). Ein weiteres GuD-Kraftwerksprojekt (PP 14) mit 1,6 Gigawatt ist in der Hauptstadtregion im Bau. Die nationale Ölgesellschaft Armaco errichtet für 0,8 Milliarden US$ eine 940-Megawatt-GuD-Anlage.

    Gemäß MEED Projekts befinden sich konventionelle Kraftwerksprojekte im Wert von über 14 Milliarden US$ in der Planungsphase. Dazu gehören unter anderem ein dreiphasiges Projekt mit insgesamt 3,6 Gigawatt (PP 16) für 3,1 Milliarden US$, die Kapazitätserhöhung der Shuqaiq Power Plant um 2,4 Gigawatt für 2,5 Milliarden US$, ein 3,6-Gigawatt-Projekt für 4 Milliarden US$ in Taiba und ein 3,5-Gigawatt-Vorhaben für ebenfalls 4 Milliarden US$ in Al Qassim.

    Die Perspektiven des Atomkraftsektors sind unklar. Es soll eine Nuclear Energy Holding Company gegründet werden. Die Planung sieht bis 2040 den Bau von Kernreaktoren mit einer Gesamtleistung von 17 Gigawatt vor. Zunächst sollen zwei große Atomkraftwerke sowie smarte Reaktoren mit einer Leistung von jeweils 100 Megawatt errichtet werden. Es ist ebenfalls geplant, Uran in Saudi-Arabien abzubauen.

    Lokale Wertschöpfung als wichtiges Vergabekriterium

    Die Erfüllung von Local-Content-Anforderung stellt die Investoren vor Herausforderungen. Die Entwicklung einer lokalen Zulieferindustrie ist angestrebt, aber ein Großteil der Komponenten und der technischen Dienstleistungen muss zumindest mittelfristig weiterhin im Ausland beschafft werden. Genaue Informationen zum Local Content bei der im Bau befindlichen ersten großen Windkraftanlage (Dumat al Jandal) liegen nicht vor.

    Bei der Vergabe von Solar- und Windprojekten sollen Investitionen besonders positiv beurteilt werden, wenn sie den Aufbau einer lokalen Wertschöpfungskette in Betracht ziehen. Die erste große PV-Anlage ist das 300 Megawatt Sakaka-Kraftwerk, welches 2021 ans Netz ging. Die Vergabe der PV-Anlange war an die Auflage gebunden, einen Local-Content-Anteil von 30 Prozent zu erreichen. Ob diese Vorgabe eingehalten werden konnte, ist nicht bekannt.

    Bei sechs im Frühjahr 2021 vom Renewable Energy Project Development Office (REPDO) vergebenen PV-Projekten ist eine lokale Wertschöpfung von 17 Prozent zu erreichen. Für vier im Herbst 2021 vergebene PV-Projekte gilt eine Local-Content-Quote von mindestens 18 Prozent. Die Local Content & Government Procurement Authority hat Richtlinien zur Kalkulation der lokalen Wertschöpfung erlassen.

    Finanzielle Situation des Staatssektors langfristig ungewiss

    Die Stromabnahmeverträge zwischen privaten Kraftwerksbetreibern und der staatlichen Saudi Power Procurement Company (SPPC) haben bei Windkraftanlagen in der Regel eine Laufzeit von 20 Jahren, bei Solaranlagen sind 25 Jahre vorgesehen.

    Die Staatseinnahmen schwanken erheblich, was vor allem durch die instabilen Öleinnahmen bedingt ist. Die Haushaltsdefizite waren in den letzten Jahren ebenfalls hoch. Dennoch ist kurz- und mittelfristig nicht mit Zahlungsausfällen zu rechnen. Das Land verfügt über beachtliche und derzeit wieder steigende Reserven.

    Die längerfristige Entwicklung der finanziellen Situation des Staatsektors ist allerdings nur schwer prognostizierbar. Die Abkehr von fossilen Brennstoffen könnte die Ölpreise dauerhaft stark unter Druck setzen. Es ist derzeit unsicher, ob es Saudi-Arabien gelingt, die Wirtschaft zu diversifizieren und damit unabhängiger von Öleinnahmen zu werden.

    Die anhaltend instabile politische Situation in der Golf-Region, wie beispielweise Konflikte mit dem Iran und Jemen, könnte eskalieren und die saudi-arabische Wirtschaft schwer treffen. Ausländische Investoren müssen diese Risiken einkalkulieren.

    Entwicklung des Strombedarfs und Marktreformen mit Fragezeichen

    Die Spitzenlast stieg in Saudi-Arabien bis 2015 kontinuierlich an und trat vor allem in den heißen Sommermonaten auf. Seither gibt es keinen klaren Wachstumstrend mehr. Ein wichtiger Grund dafür sind die steigenden Strompreise seit 2015. Ein weiterer Abbau der Stromsubventionen ist vorgesehen.

    Die Regierung geht bis 2030 von einem Anstieg der Spitzenlast auf 120 Gigawatt aus. Mit 62,3 Gigawatt erreichte die Spitzenlast 2015 einen Höhepunkt (nur National Grid, ohne das 2-Gigawatt-Netz der Power and Water Utility Company for Jubail and Yanbu/Marafiq). In den folgenden Jahren lag die Spitzenlast bei 60,8 (2016), 62,1 (2017), 61,7 (2018), 62,1 (2019) und 62,3 Gigawatt (2020). Der neuste und höchste Wert wurde 2021 mit 64,2 Gigawatt registriert.

    Beim Stromverbrauch sind seit 2015 nur noch geringe Zuwächse und sogar Rückgange zu verzeichnen. Der Statistikbehörde zufolge stieg zwischen 2015 und 2018 der Stromverbrauch um lediglich 1,5 Prozent, von 295 auf 299 Terawattstunden. Der Verbrauch schrumpfte 2019 um 3,5 Prozent auf 289 Terawattstunden. Eine leichte Erhöhung um 0,2 Prozent wurde 2020 gemeldet. Schätzungen zufolge dürfte sich 2021 aber ein deutlicher Anstieg auf über 300 Terawattstunden ergeben haben.

    Saudi-Arabien arbeitet an einer weiteren Privatisierung und Liberalisierung des Stromsektors. Prognosen zum Reformtempo und den zu erwartenden Strukturänderungen sind aber schwierig. Im April 2020 wurde ein neues Planungsgremium, das Higher Committee for Energy Mix Affairs for Electricity Production and Enabling the Renewable Energy Sector, unter Leitung des Kronprinzen etabliert.

    Von Robert Espey | Dubai

  • Branchenstruktur

    In Saudi-Arabien befindet sich die Windkraftbranche noch im Aufbau. Staatliche Akteure und ausländische Unternehmen spielen wichtige Rollen.  

    Staatliche Akteure von zentraler Bedeutung

    Der staatliche Public Investment Fonds (PIF) soll eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Solar- und Windbranche übernehmen. Es ist geplant, dass sich der Staatsfonds am Aufbau von 70 Prozent der im Rahmen des National Renewable Energy Program angestrebten rund 59 Gigawatt Solar- und Windkraftkapazitäten direkt beteiligen soll, jeweils mit privaten in- und ausländischen Partnern.

    Der PIF schreibt seine Projekte nicht öffentlich aus, sondern verhandelt direkt mit möglichen Partnern. Das erste direkt, 2021 vergebene PIF-Solarprojekt ist das PV-Kraftwerk in Sudair mit 1,5 Gigawatt. Als Partner wurde Acwa Power ausgewählt, an dem PIF 50 Prozent der Anteile hält.

    Acwa Power wurde 2004 gegründet und ist an zahlreichen Solar- und Windkraftprojekten beteiligt. In Saudi-Arabien hat Acwa Power neben Sudair in das kürzlich fertiggestellte Sakaka PV-Kraftwerk (300 Megawatt) investiert. Ferner ist Acwa Power an einem Konsortium beteiligt, das in Saudi-Arabien derzeit zwei große PV-Projekte realisiert: Al Faisalia mit 600 Megawatt und Qurrayat mit 200 Megawatt. Acwa Power ist im Ausland an Solar- und Windprojekten beteiligt, zum Beispiel in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Oman, Marokko, Ägypten, Jordanien, Vietnam, Südafrika, Äthiopien und Aserbaidschan.

    Das zum Energieministerium gehörende Renewable Energy Project Development Office (REPDO) soll die Realisierung von 30 Prozent des National Renewable Energie Program übernehmen. Dementsprechend soll REPDO bis 2030 private Investoren für Solar- und Windprojekte mit einer Gesamtkapazität von fast 18 Gigawatt finden. Die seit 2018 vom REPDO vergebenen Projekte summieren sich aber nur auf 3,1 Gigawatt, davon sind 0,3 Gigawatt fertiggestellt.

    Großes Interesse internationaler Firmen

    Ausländische Firmen sind für die Realisierung von Windkraftprojekten als Technologielieferanten erforderlich und als Investoren gefragt. Für das Anfang 2019 vergebene 416 Megawatt Dumat al Jandal Windkraftprojekt hatten sich als Projektentwickler neben der lokalen Acwa Power Company 18 internationale Unternehmen präqualifiziert. Darunter die deutschen Firmen Siemens und Enercon.

    Als Hauptauftragnehmer für den Bau der Anlage wurden acht Firmen präqualifiziert: Nordex (Deutschland), Vistas Wind Systems (Dänemark), Elecnor (Spanien), Saudi Services for Electro Mechanic Works (Saudi-Arabien), Akuo Energy (Frankreich), Al Babtain Contracting (Saudi-Arabien), Martifer Group (Portugal) und Goldwind International (China).

    An der Ausschreibung für die Projektentwickler beteiligten sich vier Konsortien:

    1. EDF Renewables/Masdar (Angebot: 21,30 US$ pro Megawattstunde)
    2. Engie/Saudi Services for Electro Mechanic Works (Angebot: 23,62 US$ pro Megawattstunde)
    3. ACWA Power/Martifer Renewables (Angebot: 26,93 US$ pro Megawattstunde)
    4. Enel Green Power/Al Babtain Contracting (Angebot: 33,86 US$ pro Megawattstunde)

    Den Zuschlag hat das Konsortium EDF Renewables/Masdar erhalten, wobei 19,9 US$ pro Megawattstunde ausgehandelt wurden. Der Hauptauftrag für den Anlagenbau ging an Vestas. Ein Unterauftrag wurde an die TSK Group (Spanien) vergeben.

    Auch beim 2017 vom REPDO durchgeführten Präqualifizierungsverfahren für das letztlich aufgegebene 400 Megawatt Midyan Wind Projekt gab es großes internationales Interesse. Als Berater war das Stuttgarter Ingenieurbüro Fichter beteiligt. Fichtner ist als Berater für das gesamte REPDO-Programm engagiert.

    Von Robert Espey | Dubai

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest/Saudi-Arabien

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft, auch Hinweise zu Ausschreibungen

    AHK Saudi-Arabien/Delegation der Deutschen Wirtschaft für Saudi-Arabien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Exportinitiative Energie

    Informationen zu Veranstaltungen, Markt- und Länderinformationen

    Ministry of Energy

    Fachministerium (zuständig für den Stromsektor)

    Water and Electricity Regulatory Authority

    Regulations- und Genehmigungsbehörde

    Saudi Electricity Company

    Staatlicher Kraftwerksbetreiber und zuständig für Strombeschaffung, -übertragung und -verteilung

    Saudi Power Procurement Company

    Zuständig für Stromabnahmeverträge

    Renewable Energy Project Development Office (REPDO)

    Ausschreibungsportal des Renewable Energy Project Development Office

    Public Investment Fund

    Staatlicher Investor 

    Acwa Power

    Wichtiger privater Kraftwerksbetreiber

    NEOM (New Future)

    Mega-Projekt mit geplantem grünem Wasserstoffsektor sowie Solar- und Windpark

    WFES - World Future Energy Summit + Exhibition

    Führende Messe für Energie und Klimaschutz in Dubai (jährlich; 16. bis 18. Januar 2023)

    WETEX- Water, Energy Technology and Environment Exhibition

    Regionale Fachmesse in Dubai (jährlich; 27. bis 29. September 2022, mit Gemeinschaftsstand des Bundes)

    International Trade Exhibition for Electricity, Alternative Energy, Water Technology and Lighting (formerly Saudi Power)

    Fachmesse in Riad (jährlich; nächster Termin: 14. bis 17. November 2022)

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