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GWB connecting Fort Lee NJ and Manhattan NYPlus it's MLK day so flag up. George Washington bridge | © TONY SHI PHOTOGRAPHY

Special | USA | Konnektivität

USA wollen mit G7 die Infrastruktur weltweit verbessern

US-Präsident Joe Biden will die Infrastruktur nicht nur zu Hause, sondern auch in den Entwicklungsländern modernisieren. So soll auch das Hegemoniestreben Chinas eingedämmt werden.

Beim Treffen der Staats- und Regierungschefs der sieben führenden westlichen Industrienationen (G7) stand die Erholung der Weltwirtschaft von der Coronavirus-Pandemie im Mittelpunkt. Das Motto des Gipfels, der vom 11. bis 13. Juni in Cornwall stattfand: Build Back Better, also ein besserer Wiederaufbau nach der Pandemie.

In einer gemeinsamen Erklärung einigten sich die USA, Kanada, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan sowie das Vereinigte Königreich darauf, mehr Infrastrukturprojekte in Entwicklungsländern zu realisieren. Damit wollen die G7 dem erheblichen Infrastrukturbedarf in wenig entwickelten Ländern Rechnung tragen, der durch die COVID-19-Pandemie noch verschärft wurde. Der Anstoß für das Vorhaben kam dabei aus Washington, D.C.

  • Build Back Better World für moderne Infrastruktur

    Die Biden-Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, der chinesischen Seidenstraßeninitiative ein wirksames Infrastrukturprogramm entgegenzusetzen.

    Vor der Amtszeit von Joe Biden als 46. Präsident hatten die USA lediglich zugeschaut, wie chinesische Regierungs- und Firmenvertreter durch mehr als 60 Länder zogen und Hunderte von Bau- und Lieferverträgen abschlossen, meist angereichert mit großzügigen Finanzierungen, allerdings häufig hoch verzinst. Westliche Warnungen, dass die begünstigten Länder damit in eine Überschuldungsfalle tappen, verhallten in den meisten Fällen ungehört. Inzwischen kamen beispielsweise mit Montenegro und Sri Lanka die ersten Länder gegenüber chinesischen Gläubigern in Zahlungsschwierigkeiten.

    Build Back Better World

    Um diese Praxis und damit den wachsenden wirtschaftlichen und politischen Einfluss Chinas in Entwicklungs- und Schwellenländern einzudämmen, verkündete Joe Biden auf dem Gipfel der wichtigsten Industriestaaten (G7) in Cornwall eine westliche Antwort auf die chinesische Belt and Road Initiative (BRI): „Build Back Better World“ (B3W) heißt die neue Initiative, so als handele es sich um eine Fortsetzung seiner aus Wahlkampfzeiten stammenden und innenpolitisch ausgerichteten Kampagne „Build Back Better“, nur dieses Mal auf die globalen Herausforderungen zugeschnitten.

    Laut Fact Sheet des Weißen Hauses stellt B3W eine werteorientierte, qualitativ hochwertige und transparente Infrastrukturpartnerschaft dar, die von großen Demokratien angeführt werde, um den Bedarf von über 40 Billionen US-Dollar an Infrastruktur in den Entwicklungsländern zu decken. Der Kern der Initiative besteht darin, über die öffentliche Entwicklungshilfe hinaus privates Kapital zu mobilisieren, um es in die globale Infrastruktur zu investieren. Der Fokus richtet sich auf vier Bereiche: Klima, Gesundheit und Gesundheitssicherheit, digitale Technologie sowie Geschlechtergerechtigkeit und Gleichstellung.

    USA melden sich als wirtschaftliche Führungsmacht zurück

    Zwar existiert B3W zunächst nur als ein Grundkonzept, das laut Fahrplan bis Herbst 2021 noch mit konkreten Strukturen, Programmen und Mechanismen angereichert wird. Doch stimmen mit der Rückkehr der US-Regierung zum Multilateralismus schon einmal die Grundvoraussetzungen, damit B3W von Anfang an über ausreichend Schwung und Durchsetzungsfähigkeit verfügt. Denn wie die Praxis der jüngsten Vergangenheit zeigte, waren europäische und asiatische Alleingänge zur Eindämmung von BRI ohne die nötige Rückendeckung aus den USA bisher nicht erfolgreich.

    Japan hatte sich zum Beispiel als Gastgeber der G20 im Jahr 2019 die Zustimmung aller anwesenden Staats- und Regierungschefs, einschließlich Chinas Xi Jinping, zu modernen Prinzipien für hochwertige Infrastrukturinvestitionen eingeholt. Im selben Jahr kündigten Japan und die Europäische Union (EU) eine "Partnerschaft für nachhaltige Konnektivität und hochwertige Infrastruktur" an. Indien, das am G7-Gipfel in Cornwall als Beobachter teilnahm, kündigte bereits 2017 gemeinsam mit Japan den Asien-Afrika-Wachstumskorridor an. Über diese Programme wird kaum noch gesprochen. Im Juli 2021 beauftragte der Europäische Rat die EU-Kommission mit der Schaffung einer globalen Strategie als Erweiterung der glücklosen EU-Asien-Konnektivitätsstrategie von 2018. Mit konkreteren Details ist aber erst Anfang 2022 zu rechnen.

    Auch die USA waren in der Vergangenheit schon einmal aktiv geworden, indem sie Ende 2019 zusammen mit Japan und Australien das „Blue Dot Network“ (BDN) ausriefen. Damit sollten die kurz zuvor vereinbarten G20-Prinzipien gestärkt werden. Dieses Vorgehen hatte auch Interesse im Privatsektor und in der Zivilgesellschaft gefunden. Nur liegen bis heute keinerlei Kriterien zur Projektzertifizierung im Rahmen von BDN vor – schließlich sollte BDN zum Gütesiegel für international finanzierte Infrastrukturprojekte werden. Die auf dem G7-Gipfel vorgestellte Initiative B3W dürfte genügend Anlass bieten, um sich nun doch auf BDN-Zertifizierungskriterien zu einigen. Zusätzlich besteht eine Chance, auch EU-Mitgliedsstaaten für eine Zusammenarbeit im Rahmen von BDN zu gewinnen.

    Arbeitsteilung der Geberländer wahrscheinlich

    Die globale Ausrichtung von B3W drängt eine regionale Schwerpunktsetzung unter den Geberländern regelrecht auf. Europäische Länder wären zum Beispiel für Projekte auf dem westlichen Balkan prädestiniert, wo chinesische Projekte in mehreren EU-Beitrittskandidaten bereits für negative Schlagzeilen gesorgt haben. Japan verfügt als wichtigster Finanzgeber und Projektbetreiber über ein hohes Ansehen in Südostasien. Die USA wiederum dürften sich den Indo-Pazifik zum Schwerpunkt nehmen. So kann die US-Regierung auch der wachsenden Kritik von innen begegnen, dass sie sich gegen einen Wiedereintritt des Landes in die Transpazifische Partnerschaft (CPTPP) oder in andere regionale Handelsabkommen ausspricht beziehungsweise, dass es ihr generell an einer glaubwürdigen Wirtschaftsstrategie für den Indo-Pazifik fehlen würde.

    Von Ullrich Umann | Washington, D.C.

  • G7-Initiative braucht auch privates Kapital

    Die US-Infrastrukturinitiative Build Back Better World (B3W) ist auf großes Interesse bei den G7 gestoßen. Die Staaten allein werden das Vorhaben aber nicht finanzieren können.

    Im Fact Sheet des Weißen Hauses zur B3W heißt es, dass sich die sieben wichtigsten Industriestaaten (G7) und andere gleichgesinnte Partner bei der Mobilisierung von privatem Kapital mit Investitionen der Entwicklungsfinanzierung koordinieren würden.

    Entwicklungshilfebudgets allein reichen nicht aus

    Fest steht, dass der globale Bedarf an Infrastruktur nicht allein durch die öffentliche finanzielle Zusammenarbeit gedeckt werden kann. Im Zeitraum 2015 bis 2019 stellten die G7-Staaten annähernd 113 Milliarden US-Dollar (US$) an Entwicklungshilfe für ausländische Infrastrukturprojekte bereit. Diese Unterstützung unterscheidet sich grundlegend von den meisten chinesischen Krediten im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI). Letztere sind zum einen größtenteils mit höheren Zinssätzen verbunden und entsprechen zum anderen nicht den Entschuldungsprinzipien des Pariser Clubs, also der Gruppe der großen Gläubigerländer, die daran arbeiten, gemeinsame Lösungen für die Schuldenprobleme der Entwicklungsländer zu finden.

    Obwohl die Unterstützung der G7 zusammengenommen nur einen Bruchteil dessen ausmacht, was die Entwicklungsländer an Finanzierung benötigen, bleibt sie zumindest konstant, während Chinas BRI sich in den letzten Jahren rückläufig entwickelte. Laut Asiatischer Entwicklungsbank werden allein die asiatischen Entwicklungsländer bis 2030 Infrastrukturhilfen in Höhe von 26 Billionen US$ erhalten müssen.

    Ungenutztes Finanzierungspotenzial in den Geberländern wird im privaten Sektor ausgemacht: Pensions- und Investitionsfonds, Versicherungsgesellschaften, aber auch Staatsfonds sind auf der Suche nach zuverlässigen, langfristigen Renditen. Vermögensverwalter und Geldmanager verwalten über 110 Billionen US$, was mehr als das 16-fache des US-Bundeshaushalts aus dem Jahr 2020 darstellt. Aber nur ein Bruchteil dieser riesigen Summe wird in Infrastruktur investiert, denn insbesondere die Entwicklungsländer erscheinen vielen Investoren als ein zu riskantes Anlagegebiet. 

    Risikoabsicherung für private Investitionen gefordert

    Die Herausforderung besteht darin, dass allzu oft, insbesondere in Schwellenländern, die potenziellen Gewinne die wahrgenommenen Risiken nicht aufwiegen. Die Liste der übergreifenden Risiken ist lang und vielfältig: Umwelt-, Sozial-, Gesundheits- und Sicherheitsrisiken; Inflation, Devisenmangel und andere makroökonomische Wagnisse; Vertragsstreitigkeiten, eine schwache Rechtsstaatlichkeit und auch weitere rechtliche und politische Risiken werden vorrangig gesehen. Auch die Komplexität von Projekten schreckt ab, einschließlich der Bau- und Betriebsrisiken. Im Ergebnis ist ein Mangel an bankfähigen Projekten zu beklagen. Um künftig einen größeren Pool an privatem Kapital freizusetzen, sind innovative Wege erforderlich, einschließlich multilateraler und direkter Versicherungsprodukte, um das aktuelle Risiko-Nutzen-Kalkül anzupassen.

    Die US-Regierung muss sich außerdem auf einen zentralen Koordinator für B3W innerhalb ihrer Struktur festlegen. Die Liste der US-Behörden mit einschlägigem Fachwissen und Fähigkeiten ist lang und umfasst unter anderem das Außen-, Finanz-, Transport- oder das Handelsministerium beziehungsweise die US-Behörde für internationale Entwicklung, die U.S. Development Finance Corporation oder die U.S. Export-Import Bank. Dass Präsident Biden B3W zu seiner Priorität gemacht hat, bietet die Möglichkeit, alle diese Fähigkeiten an einer Stelle zu bündeln und damit effektiver zu nutzen.

    Koordination durch multilaterale Entwicklungsorganisationen

    B3W bedarf aber auch einer multilateralen Koordinierung. Dabei werden internationale Organisationen wie die Weltbankgruppe (WBG) und regionale Entwicklungsbanken mit einzubeziehen sein. Zum Beispiel hat der US-Senat gerade erst einen Finanzbeitrag zur Kapitalerhöhung für die Interamerikanische Entwicklungsbank (IADB) bewilligt, die bei der Koordinierung eine wichtige Rolle spielen kann. Der Internationale Währungsfonds (IWF), die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und die Vereinten Nationen dürften ebenfalls als Koordinatoren für B3W auftreten.

    Sollten die Europäer bei der Initiative auf ihre eigenen Institutionen setzen, bieten sich vor allem die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) an. Die deutsche KfW Entwicklungsbank verfügt ebenfalls über viel Erfahrung mit Investitionsvorhaben in Entwicklungs- und Schwellenländer und könnte für den deutschen Beitrag zu B3W wichtige Aufgaben bei der Durchführung übernehmen.      

    WBG und der IWF haben sich darauf konzentriert, Industrienationen dazu zu bewegen, bei der Schuldenrückzahlung durch weniger entwickelte Länder Nachsicht zu üben. Die G20 haben sich mit der Debt Service Suspension Initiative (DSSI) sogar darauf geeinigt, die Rückzahlung von Schulden durch Entwicklungsländer zeitweilig ganz auszusetzen. Das andere verwandte Thema, das von der WBG und dem IWF vorangetrieben wird, ist die Schuldentransparenz. Denn Daten zu BRI-bezogene Schulden liegen immer noch kaum öffentlich zugänglich vor.

    Von Ullrich Umann | Washington, D.C.

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