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Branchencheck | Italien

Noch Nachholbedarf

Obwohl die meisten Sektoren im Jahr 2021 wieder auf den Wachstumspfad gefunden haben, benötigen viele Branchen mehr Zeit, um das Vorkrisenniveau von 2019 zu erreichen.

Von Oliver Döhne | Mailand

Die erfolgreiche Impfkampagne, die zurückkehrende Nachfrage und die reichhaltigen europäischen Fördergelder haben die Aussichten in den meisten Branchen verbessert. Die Beschäftigung ist stabil bis zunehmend, die Investitionsstimmung positiv und die politische Situation stabil. Allerdings sorgen nun Logistikengpässe, knappe strategische Komponenten, steigende Energiepreise und ein erheblicher Modernisierungsdruck für Kopfzerbrechen. Darüber hinaus ist angesichts des Omikron-Ausbruchs wieder mit Beeinträchtigungen der Betriebsabläufe zu rechnen, auch wenn Italien hier zurzeit insgesamt besser dasteht als Deutschland. 

  • Bauwirtschaft

    Die Zuversicht in der Branche bleibt hoch. Die europäischen Gelder ermöglichen viele Infrastrukturprojekte. Auch die Fördermittel für Wohnungsrenovierungen werden wohl verlängert. 

    Die Bauindustrie befindet sich bereits seit einiger Zeit deutlich über dem Vorkrisenniveau und wird voraussichtlich auch 2022 eine Konjunkturlokomotive bleiben. Der Zuversichtsindex der Baufirmen liegt deutlich über dem der verarbeitenden Industrie, sowohl bei Aufträgen, Beschäftigung und Geschäftsausblick. Die Bauinvestitionen werden Prognosen zufolge 2021 um 17,6 Prozent und 2022 um 6,6 Prozent zulegen. Wie die bislang sehr starke Förderung von Sanierungen und Modernisierungsinvestitionen für Gebäude 2022 aussehen wird, wird Ende 2021 noch diskutiert. Die Regierung will die 110-prozentige Steuergutschrift des Superbonus für Einfamilienhäuser zurückfahren. Das stößt aber auf Widerstand, unter anderem beim Umweltverband Legambiente. Andere Instrumente wie der Renovierungsbonus, der Öko- und Sisma-Bonus sowie der Superbonus für die Renovierung historischer Gebäudefassaden gelten sicher auch 2022.

    Im Infrastrukturbereich will Italien einen guten Teil der europäischen Aufbaugelder in den Ausbau der Bahnstrecken investieren, sowohl interregional als auch in den Städten. Bis 2026 sollen rund 32 Milliarden Euro in Bahnstrecken und intermodale Hubs fließen. Auch die Reintegration vernachlässigter Vorstädte steht auf dem Programm.  

    Weitere Informationen: 

    Branche kompakt Bauwirtschaft Italien

    Italien -  Markt für Architekturdienstleistungen

    Mit der Bahn aus der Krise

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Chemieindustrie

    Die gute Gesamtkonjunktur beschert der chemischen Industrie einen Umsatzzuwachs in allen Segmenten.

    Italiens chemische Industrie hat das Vorkrisenniveau bereits im Laufe des Jahres 2021 wieder erreicht und übertroffen. Der Branchenverband Federchimica erwartet für das Gesamtjahr 2021 ein Umsatzplus von 8,5 Prozent und für 2022 ein erneutes Plus von 3 Prozent. Positive Impulse kommen aus der boomenden Bauindustrie, der expandierenden Pharma-, Kosmetik- und Lebensmittelindustrie sowie aus der verarbeitenden Industrie insgesamt. Die Preissteigerungen von Vorprodukten und Energie machen der Branchen zwar etwas zu schaffen, können aber die positive Grundstimmung insgesamt nicht trüben. Die geplante Plastiksteuer wird auf 2023 verschoben.    

    Weitere Informationen:

    Branche kompakt chemische Industrie

    Meiste europäische Wirkstoffe kommen aus Italien

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Energiewirtschaft

    Beim Ausbau der Energie aus erneuerbaren Quellen soll die Bürokratie abgebaut werden. Gasnetzbetreiber Snam macht seine Pipelines für den Betrieb mit Wasserstoff fit.

    Bis 2030 will Italien 43 Gigawatt (GW) an neuer Fotovoltaik-Kapazität und 12 GW neue Windkraftkapazität aufbauen. Bei künftigen Auktionen sollen geringere Auflagen das Interesse von Investoren steigern. Die Zukunft der Windkraft liegt laut Experten in Offshoreanlagen mit Distanz zur Küste. Interesse besteht unter anderem bei Großfirmen wie Eni, Fincantiere, Saipem und Leonardo. Italien will Agrarflächen für Fotovoltaik nutzen. Biomethan, das bisher fast ausschließlich als Treibstoff verwendet wird, soll auch stärker zur Stromerzeugung dienen.

    Zudem will sich Italien als Hub für Wasserstoff aus Nordafrika positionieren und richtet sein weitreichendes Gaspipelinenetz entsprechend aus. In den kommenden fünf Jahren plant Gasnetzbetreiber Snam dafür 8 Milliarden Euro zu investieren. Mithilfe europäischer Fördergelder aus dem Aufbaufonds haben einige energieintensive Industrien wie die Keramik- und Stahlindustrie Energieeffizienzprojekte auf den Weg gebracht. 

    Weitere Informationen:

    Italien sucht Energie auf dem Wasser

    Das Interesse an Wasserstoff steigt

    Italien fördert Energieeffizienz im Gebäudebau

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Gesundheitswirtschaft

    Die Regierung von Ministerpräsident Mario Draghi will mithilfe der europäischen Aufbaugelder den Sektor runderneuern. Der Modernisierungsbedarf für Medizintechnik ist hoch. 

    Die Nachfrage nach Medizintechnik ist groß und steigt weiter. Das hohe Durchschnittsalter der Bevölkerung, zunehmende chronische Erkrankungen und eine künftige Pandemievorsorge erhöhen den Druck, das Gesundheitssystem effizienter und digitaler zu gestalten. Bei vielen Produkten ist Italien auf Importe angewiesen. Dazu zählen Orthopädieausrüstungen, motorische Hilfsmittel und Diagnosegeräte. Dazu kommen IT-gestützte Lösungen und digitale Tools. Der Gesundheitssektor ist einer der Schwerpunkte des Recovery Plans Italiens und soll rund 20 Milliarden Euro erhalten. Konkret ist geplant, landesweit 1.350 einheitlich ausgestattete Gesundheitszentren (Case di comunità) und 400 Krankenhäuser (Ospedali di comunità) einzurichten und dafür ab 2022 umfangreiche Medizintechnik auszuschreiben.  

    Weitere Informationen:

    Health Care Monitor Italien

    Fact Sheet Gesundheitswirtschaft Italien

    Meiste europäische Wirkstoffe kommen aus Italien

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Maschinenbau

    Ein positives Investitionsklima versetzt die Branche in eifrige Geschäftigkeit.    

    Nach einem überraschend starken Jahr 2021, das die einheimischen Branchenfirmen beim Auftragseingang mit einem Plus von 10 bis 15 Prozent abschließen könnten, deuten die Anzeichen für 2022 auf volle Auftragsbücher. Besonders gute Werte verkündeten Ende 2021 die Hersteller von Automatisierung, Robotik und Werkzeugmaschinen sowie Landtechnik.

    Das umfangreiche Industrie 4.0-Programm (Transizione 4.0) läuft weiter, wenn auch mit etwas reduzierten Prozentsätzen. Es ermöglicht Steuergutschriften von 40 Prozent für Anschaffung von 4.0-Ausrüstung bis zu 2,5 Millionen Euro, 20 Prozent für Käufe zwischen 2,5 Millionen und 10 Millionen Euro sowie 10 Prozent darüber hinaus. Ebenfalls neu gefüllt wird das Förderprogramm für den Kapitalgüterkauf kleiner und mittelständischer Unternehmen (Nuova Sabatini), das günstige Zinssätze, Zuschüsse und Garantien beinhaltet.

    Insgesamt stellt das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung 2022 in diesem Rahmen 725 Millionen Euro bereit. Die gesamten Fördermittel zur Unterstützung italienischer Industriefirmen beim digitalen Wandel betragen in den kommenden vier Jahren über 4 Milliarden Euro. 

    Weitere Informationen:

    Branche kompakt Maschinenbau

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Pkw- und Nfz-Produktion

    Die Pkw-Produktion liegt weiter deutlich unter dem Vorkrisenniveau. Nutzfahrzeuge entwickeln sich etwas besser.

    Die italienische Kfz-Industrie leidet unter der Knappheit wichtiger Komponenten wie Halbleiter und unter den Reibungsverlusten im raschen Branchenwandel. Im 3. Quartal 2021 lag die mengenmäßige Produktion von Pkw um 46,1 Prozent unter dem entsprechenden Vorjahreswert. Dabei hatten im 3. Quartal 2020 starke Kaufanreize die Branche belebt, während sie sich nun teilweise verzögern. In den Fiat-Werken kam es im Herbst zu längeren Stillständen. Da das 1. Halbjahr 2021 aber positiver verlaufen war, stieg die Produktion in den ersten neun Monaten gegenüber 2020 um 16,3 Prozent, lag jedoch um 23,8 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Im Vergleich zur gesamten verarbeitenden Industrie Italiens hinkt die Kfz-Industrie deutlich hinterher. Der dominierende Stellantis-Konzern erwägt die Schließung eines der Turiner Werke, will aber gleichzeitig in die übrigen Produktionsanlagen investieren und zudem ein großes Batteriewerk errichten. 

    Weitere Informationen:

    Motor läuft noch nicht rund

    Italiens Halbleiterindustrie

    Förderfeuerwerk soll Markt beleben

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Textil- und Bekleidungsindustrie

    Die Branche könnte sich als eine der letzten Industriesparten von der Coronakrise erholen und erst 2023 wieder das Vorkrisenniveau erreichen. 

    Die italienische Textil-, Bekleidungs- und Modeindustrie konnte zwar im Verlauf des Jahres 2021 Produktion und Umsatz wieder schrittweise steigern, ist aber vom Wert für 2019 noch weit entfernt. So lag die Produktion von Bekleidung nach Angaben des nationalen Statistikamtes im August 2021 erst wieder bei 61,3 Prozent des Niveaus von 2019.

    Internationale Besucher sind noch nicht im normalen Umfang zurückgekehrt, viele Branchentreffen finden weiter online statt. Schwierigkeiten bereiten neben der nur langsam zurückkehrenden Nachfrage auch höhere Preise für Vorprodukte, Verpackungen, Logistik und Energie. Für 2022 erwarten Branchenexperten einen stabilen Jahresanfang und ab dem 2. Halbjahr stärkere Wachstumsimpulse, besonders aus dem Ausland, das für mehr als die Hälfte des Umsatzes verantwortlich ist. Ab 2022 gilt in Italien eine Recyclingpflicht für Textilien. 

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Nahrungsmittelmarkt

    Die Nachfrage erholt sich mit dem stetigen Comeback der Gastronomie. Das Vorkrisenniveau könnte Italien Mitte 2022 erreichen.  

    Der Hotel-, Restaurant- und Cateringsektor meldet bessere Umsätze, dadurch begünstigt, dass viele Italiener ihren Urlaub 2021 vorrangig im eigenen Land verbrachten. Branchenexperten rechnen für 2022 mit einer Fortsetzung des Home Nesting und noch immer unterdurchschnittlich hohen aushäusigen Ausgaben für Lebensmittel.

    Bleiben die Exporte auf einem guten Niveau, könnte die Branche Mitte 2022 wieder das Vorkrisenniveau erreichen. Mit Erleichterung nahm der Sektor die vertagten Zucker- und Plastikabgaben zur Kenntnis, hat aber stattdessen mit steigenden Kosten für Energie, Logistik und Vorprodukte zu kämpfen. Italien setzt sich erneut gegen das französische Nutriscore-Label ein und positioniert sich verstärkt als Anbieter von Qualitätsprodukten aus transparenter Produktion. Bei den Konsumenten zählen neben der Herkunft zunehmend auch eine umwelt- und tiergerechte Produktion sowie gesundheitliche Verträglichkeit als Kaufargument. Diese Themen sollten in Italien laut Marktexperten besonders deutlich kommuniziert werden.  

    Weitere Informationen:

    Smart Farming in Italien

    Zurück an den Herd (Branche kompakt)

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Informations- und Kommuniktationstechnologie

    Der Ausbau von Breitband- und 5G-Netz läuft landesweit. Noch unklar ist dabei, ob das Glasfasernetz künftig öffentlich oder privat betrieben werden soll. 

    Im Zentrum der Aktivitäten des Telekommunikationssektors steht der Ausbau des 5G- und des Ultrabreitbandnetzes. Aus dem europäischen Aufbaufonds sollen 3,8 Milliarden Euro in das Glasfasernetz und in Fixed Wireless Access-Anschlüsse fließen sowie rund 2 Milliarden Euro in den 5G-Ausbau. Bis 2026 will Italien so im gesamten Land eine Geschwindigkeit von 1 Gigabit pro Sekunde (Gbps) erreichen. Noch zu klären ist, in welcher organisatorischen Form das politisch gewünschte Einheits-Glasfasernetz Realität werden soll und welche Rolle der Privatsektor beim Netzbetrieb haben wird. Zurzeit laufen noch parallele Aktivitäten von Italiens größtem Telekommunikationsdienstleister TIM (an dem die italienische Förderbank cdp und die französische Vivendi beteiligt sind) einerseits, und von dem cdp kontrollierten staatlichen Konzern Open Fiber andererseits. Bewegung könnte in die Situation kommen, wenn der US-Investmentfonds KKR tatsächlich die Mehrheit an TIM übernimmt. In der Folge könnte TIM womöglich in zwei Unternehmen aufgespalten werden, eines für das Netz und eines für Telekommunikationsdienstleistungen.  

    Weitere Informationen: 

    Italien steht vor einer Richtungsentscheidung in der Telekommunikation

    Italiens Halbleiterindustrie

    Italien öffnet der digitalen Seidenstraße die Tür

    Von Oliver Döhne | Mailand

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