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Baumaterialien sind auch in Aserbaidschan begehrte Ware
Die Baustoffbranche hat gute Entwicklungschancen. Hierfür sprechen der wieder anziehende Hoch- und Tiefbau sowie der Wiederaufbau der Region Karabach.
18.02.2022
Von Uwe Strohbach | Baku
Der Industriezweig gilt in Aserbaidschan als perspektivreich: Aufgrund des im Land kaum entwickelten lokalen Maschinenbaus bestehen gute Chancen für Ausrüstungslieferanten aus dem Ausland. Zudem können viele ausländische Unternehmen mit ihrem international erprobten Know-how für die Gewinnung und Nutzung nicht-metallischer Rohstoffe punkten und sich somit als Ansprechpartner für neue Förderprojekte in Aserbaidschan empfehlen.
Die Baustofffertigung zeigte im Jahr 2021 nach zwei schwachen Vorjahren wieder nach oben. Der wertmäßige jährliche Ausstoß bleibt aber mit etwa 500 Millionen US-Dollar (US$) noch weit hinter seinem Potenzial zurück. Doch es gibt Signale, die eine positive Entwicklung der Branche erwarten lassen.
Wachstum der Baustoffindustrie fußt auf breiter Basis
Für die zuversichtlichen Perspektiven in der Branche sprechen:
- schrittweise in Fahrt kommende Wiederbelebung des Bau- und Immobilienmarktes (erwartetes reales Wachstum der Bauwirtschaft in den Jahren 2022 bis 2025: durchschnittlich 3 Prozent pro Jahr),
- zahlreiche Projekte für den Wiederaufbau der Transport-, Versorgungs- und sozialen Infrastruktur in den Ende 2020 von Armenien zurückeroberten Gebieten in der Region Karabach,
- Ausbau des sozialen Wohnungsbaus in den Städten Baku, Sumgait (Sumqayıt), Gändschä (Gəncə) und Länkäran (Lənkəran; Projektträger: Gesellschaft MIDA der Staatlichen Agentur für Wohnungsbau),
- Investitionsbelebung im Öl- und Gassektor (erwartete jährliche Investitionen in Bau- und Montageleistungen sowie Ausrüstungen: 3,9 Milliarden US$ für 2022 und 2023 gegenüber jeweils 3,5 Milliarden US$ in den beiden Vorjahren),
- neue Initiativen für den forcierten Abbau von Baurohstoffen,
- zunehmende staatliche Förderung in der verarbeitenden Industrie (Gewährung von Zinszuschüssen, Steuer-, Zoll- und anderen Präferenzen).
Projektvorhaben reichen von Baustein über Dachmaterialien bis Fliesen
Im Zentrum des aktuellen und mittelfristigen Ausbaus der Baustoffindustrie stehen die öffentlich geförderten Industrieparks und -zonen. Diese bieten auch Chancen für ausländischen Lieferanten von Ausrüstungen und Maschinen.
Unter den angekündigten Vorhaben der Baustoffindustrie im Industriepark Sumgait (Sumqayıt) ragt der Bau einer Fliesenfabrik mit einem Projektwert von 40 Millionen US$ hervor. Das Unternehmen Azerbaijan Vanhong Ceramics Co., eine Tochter der chinesische Gesellschaft Wenzhou Wanhong Trading Co., will jährlich bis zu 15 Millionen Quadratmeter keramische Fliesen produzieren.
Die Tochtergesellschaft Penoplex Prikawkasje des russischen Unternehmens Penoplex SPb (Teil der Penoplex Holdig) plant Investitionen in die Baustoffindustrie im Gewerbegebiet Hadschigabul (Hacıqabul). Penoplex SPb vertreibt in Aserbaidschan etwa 40 verschiedene Produkte (einschließlich XPS-Dämmstoffe).
Lokale Baustoffproduzenten wollen sich in den noch im Aufbau befindenden Industrieparks Aghdam/Ağdam und Aras-Tal (Region Karabach) ansiedeln und dort unter anderem Dachmaterialien, Eisenbeton-, Gips- und Kalkerzeugnisse sowie Ziegel produzieren. Hinter den geplanten Projekten stehen etablierte aserbaidschanische Baustoffhersteller und auch neue Privatunternehmen.
Informationen über geplante Baustoffprojekte in den Industrieparks und -zonen können bei der Agentur für die Entwicklung von Wirtschaftszonen eingeholt werden. Diese soll auch verstärkt ausländische Investoren für ein Engagement in den Gewerbegebieten gewinnen.
2018 | 2019 | 2020 | 2021 | |
---|---|---|---|---|
Produktion insgesamt (in Mio. US$) ¹) | 430,3 | 439,0 | 437,0 | 512,8 |
Anteil am Ausstoß im verarbeitenden Gewerbe insgesamt (in %) | 6,8 | 6,4 | 6,4 | 4,0 |
Anzahl der aktiven Baustoffbetriebe ¹) | 236 | 254 | 266 | 275 ²) ³) |
Anzahl der aktiven individuellen Unternehmer | 1.972 | 2.114 | 2.305 | 2.500 2) |
Realisierte Bruttokapitalanlagen (in Mio. US$) | 81,0 | 59,0 | 70,0 | k.A. |
Produktion von Baustoffen (in 1.000 t) | ||||
Zement | 3.444,8 | 3.488,4 | 3.237,1 | 3.440,0 |
Fertige Betonmischungen | 1.466,7 | 1.960,7 | 2.945,9 | 2.769,5 |
Bauziegel (in 1.000 cbm) | 388,7 | 462,8 | 542,7 | 784,9 |
Asphalt | 290,2 | 418,8 | 186,4 | 208,0 |
Baublöcke und Ziegel aus Zement und Kunststein | 64,1 | 83,1 | 50,9 | 88,7 |
Baukonstruktion aus Beton (in 1.000 cbm) | 135,5 | 51,0 | 56,2 | 81,2 |
Verarbeiteter Marmor, Travertin und Alabaster und Erzeugnisse daraus | 33,7 | 37,8 | 25,6 | 40,1 |
Baugips | - | 14,7 | 24,2 | 35,8 |
Baukalk | 30,8 | 44,6 | 34,1 | 35,8 |
Viele neue Lagerstätten werden erschlossen
Eine Regierungsinitiative zur beschleunigten Förderung von Baurohstoffen sorgt ebenfalls für Wachstumsimpulse in der Branche. Im Rahmen von Online-Auktionen werden in den Jahren 2021 und 2022 Lizenzen für eine ganze Reihe von Lagerstätten versteigert. Lokale Bau- und Baustoffunternehmen erwarben im Zeitraum 2021 bis Februar 2022 die Rechte für die industrielle Nutzung von rund 20 Sand-, Kies-, Splitt-, Gips-, Anhydrit-, Ton-, Granit-, Granodiorit- und Bausteinlagerstätten. Die Investoren, darunter die Holdings MSDIS und NB (Tochter NB Ceramik MMC) und die Bauunternehmen Körpü-Bina-Tikinti MMC und Evrascon ASC, planen Investitionen in die Beschaffung von Förderanlagen.
Besonders zahlreiche und ergiebige Vorkommen an Baurohstoffen gibt es in den Ende 2020 von Armenien zurückeroberten Landesteilen in der Region Karabach. Hierzu zählen Verblend-, Naturwerk-, Bau- und Bimsstein, Zementrohstoffe, Gips, Ton, Anhydrid, Sand und Kies. Allein die Vorräte an Verblendstein im Landkreis Gubadli (Qubadlı) betragen 18,4 Millionen Kubikmeter. Die Lizenzen für die Erschließung einiger der Baustofflagerstätten in Karabach sollen in naher Zukunft ausgeschrieben werden.
Anlaufstellen für die Vergabe von Nutzungsrechten für die Erschließung der Baustofflagerstätten sowie für Informationen über die Art und Struktur der Vorkommen sind der Staatliche Dienst für Vermögensfragen und die Staatliche Agentur für die Verwaltung mineralischer Ressourcen.
Modernisierungsbedarf bei bestehenden Gruben
Nach Angaben des Ministeriums für Umweltschutz und natürliche Ressourcen bedürfen viele der heute in Aserbaidschan betriebene Stein- und Sandgruben einer technischen Erneuerung. Ein großer Teil der Brech-, Zerkleinerungs- und Siebanlagen, Bohrwerkzeuge, Bagger, Kipper und Lader entspricht nicht den aktuellen Sicherheits- und Umweltstandards. Entstaubungs-, Staubbinde- und Filteranlagen fehlen in vielen Gruben, sind defekt oder veraltet. Die Staub- und Schadstoffemissionen übersteigen in einigen Steinbrüchen und Kieswerken die Norm um ein Mehrfaches.
Unternehmensgruppen dominieren den Markt
Das aktuelle Marktgeschehen in der aserbaidschanischen Baustoffindustrie konzentriert sich auf etwa 40 bis 50 Branchenakteure. Das Gros der Kapazitäten entfällt auf eine überschaubare Anzahl von Holdings und Firmengruppen.
Unternehmen (Firmengruppe) | Produkt |
---|---|
Beton und Betonzusatzstoffe, Asphalt, Bauchemie und Farben, feuerfeste Ziegel, keramische Fliesen, Gips, Kalkstein, Paneele aus extrudiertem Polystyrolschaum, Gipskarton- und Verbundplatten, Kalzit, Thermoisolationsplatten | |
Korporation Akkord/Accord Industrial Company | Zement, Eisenbeton- und Stahlkonstruktionen, Beton- und Eisenbetonrohre, Beton, Asphalt, Ziegel, Türen, Fenster und Fassadenelemente, Natursteinerzeugnisse aus Marmor und Granit |
Zement- und Gipsmischungen, Erzeugnisse aus Gips inklusive Gipstrenn- und -zwischenwänden, Gipskartonsysteme, Betonmischungen, bauchemische Erzeugnisse, synthetische Leime und Ausrüstungen für die Baustoffindustrie (Unternehmen Elberg im Aufbau) | |
Zement, Beton, Ziegel, Marmor- und Travertinerzeugnisse, Gips und Gipserzeugnisse, Baukalk | |
Trockenbaumischungen auf Zement- und Gipsbasis, Baufarben, keramische Fliesen | |
Zement, Asphalt, Baustein, Kies und Sand | |
Fassadenverglasung, Dachmaterialien (Metall, Ziegel), Kunststofftüren und -fenster, Bauziegel, Verblendstein (Naturstein), Rohrsysteme | |
Beton und Betonrohre, Asphalt, Brückenkonstruktionen, Kies und Schotter | |
PVC-Profile und -rohre und andere PVC-Erzeugnisse für die Bauwirtschaft, Betonerzeugnisse, Dachmaterialien | |
Bauglas, Kunststofftüren und -fenster, Aluminiumprofile | |
Porenbetonblöcke, Fiberzement, Kalk- und Quarzsande, Bauklebstoffe | |
Beton- und Betonerzeugnisse, Eisenbetonerzeugnisse, Schotter | |
Zement | |
Zement | |
Mauerwerkziegel, vier Fabriken für die Herstellung von klassischen, Block- und porosierten Ziegeln |
Ansprechpartner
Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
oberste Behörde für Wirtschaftspolitik und Regionalentwicklung, Förderung der verarbeitenden Industrie inklusive der Baustoffbranche | |
Staatliches Komitee für Städtebau und Architektur der Republik Aserbaidschan | oberste Behörde für Städtebau und -planung (inklusive Erstellung städtischer Entwicklungskonzepte) |
Hauptverwaltung für Architektur und Städtebau der Region Karabach T +994 12 595 13 50, +994 12 493 34 67 | Koordinierung und Planung des Wiederaufbaus der Städte und Gemeinden in den Wirtschaftsregionen Karabach und Ost-Sangesur |
Gesellschaft (Fonds) für Export-und Investitionsförderung in Aserbaidschan AZPROMO | One-Stop-Shop für ausländische Investoren (untersteht dem Ministerium für Wirtschaft) |
Verband der Hersteller von Baustoffen Aserbaidschans (Kontakt über die Firmengruppe Мatanat A) | Fachverband der nationalen Baustoffindustrie |
Aserbaidschanisches Institut für Standardisierung (Azstand) | nationales Standardisierungsbehörde, Informationen über nationale und internationale Standards in der Bauwirtschaft und Baustoffindustrie |
BakuBuild, Baku | jährliche internationale Leitmesse für die Bauwirtschaft, 27. Jahrgang: 19. bis 21. Oktober 2022 |