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Die Solarenergie steht in Bangladesch noch ganz am Anfang, hat aber Potenzial. Die ersten größeren Anlagen sind am Netz, und das Interesse ausländischer Projektentwickler wächst.
04.02.2021
Von Boris Alex | New Delhi
Erneuerbare Energien spielen in Bangladesch bislang kaum eine Rolle, doch das könnte sich bald ändern. Ende 2020 hat die Regierung einen detaillierten Aktionsplan zum Ausbau der Solarstromerzeugung vorgestellt. Das Potenzial hierfür schätzt die Sustainable and Renewable Energy Development Authority (SREDA) in den nächsten 30 Jahren auf bis zu 40 Gigawatt (GW). Ende 2020 hatten die erneuerbaren Energien mit 700 Megawatt (MW) einen Anteil von gerade einmal 3 Prozent am Strommix. Die Solarkapazitäten lagen bei knapp 470 MW, davon waren allerdings nur die Hälfte netzgebunden. Der Rest entfiel auf Stand-alone-Aufdachanlagen, Solarpumpen, Straßenbeleuchtung und die Stromversorgung von Mobilfunkmasten.
Eine stärkere Fokussierung auf die erneuerbaren Energien wäre auch eine Kurskorrektur der bisherigen Energiepolitik. Bangladeschs Wirtschaft ist in den den letzten zehn Jahren rasant gewachsen, und die Stromerzeugung wurde kontinuierlich ausgebaut. Lagen die Kapazitäten 2009 noch bei 5 GW waren es Ende 2020 bereits 22 GW. Um den wachsenden Strombedarf decken zu können, müssten sie bis 2030 auf 40 GW gesteigert werden, so eine frühere Schätzung des Ministry of Power, Energy and Mineral Resources. Den Investitionsbedarf hierfür beziffert die Regierung auf mindestens 70 Milliarden US-Dollar (US$).
Um dieses Ziel zu erreichen, sollte eigentlich die Stromproduktion aus fossilen Brennstoffen weiter ausgebaut werden. Im Jahr 2018 entfielen rund drei Viertel der Erzeugung in Höhe von fast 80.000 Gigawattstunden auf Erdgas und weitere 20 Prozent auf Öl. Obwohl das Land über umfangreiche Erdgasvorkommen im Golf von Bengalen verfügt, sollten die neuen Gaskraftwerke verstärkt mit importiertem Flüssigerdgas (Liquefied Natural Gas; LNG) befeuert werden. Zudem war ein Ausbau der Stromerzeugung aus Kohle geplant. Dieser Energieträger hat bislang einen Anteil am Strommix von etwa 2 Prozent.
Vom Bau neuer Kohlekraftwerke hat sich die bangladeschische Regierung aber inzwischen wohl wieder verabschiedet, und auch beim geplanten Ausbau der Gaskapazitäten zugunsten der deutlich teureren Ölverstromung scheint sich eine Trendwende anzukündigen, schätzt das Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA). Berechnungen des Forschungsinstituts zufolge produziert das südasiatische Land bereits heute mehr Strom als benötigt, und die Überkapazitäten dürften durch den Bau neuer Gaskraftwerke weiter steigen. Im Finanzjahr 2019/20 (1. Juli bis 30. Juni) lag die Auslastung der bestehenden Anlagen bei 40 Prozent.
Mit dem schnellen Bau weiterer Großkraftwerke - bis 2026 könnten Neu- und Ersatzkapazitäten von bis zu 21 GW ans Netz gehen, während rund 5,5 GW stillgelegt werden - würde die Auslastung weiter sinken und die Betreiber finanziell unter Druck setzen. Statt neuer leistungsstarker Erdgas- und LNG-Kraftwerke wäre es besser, kleinere und skalierbare Solaranlagen zu bauen, so die Empfehlung von IEEFA. Die staatliche Energiebehörde SREDA scheint nun in ihrem Aktionsplan dieser Empfehlung zu folgen.
Eigentlich wollte Bangladeschs Regierung dort, wo ursprünglich Kohlekraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 13 GW geplant waren, zunächst LNG-Gaskraftwerke errichten. Doch nun könnten die Flächen für den Bau von Solarparks genutzt werden. In ihrem Aktionsplan hat SREDA weitere Gebiete für den Bau von großen Freiflächenanlagen identifiziert. Je nach Szenario beziffert die Behörde das Potenzial hierfür bis 2041 auf 5 bis 25 GW. Angesichts der Landknappheit im dichtbesiedelten Bangladesch schätzen Kritiker dies allerdings als schwer realisierbar ein.
Darüber hinaus ist das Stromübertragungs- und -verteilungsnetz auf zentrale Großkraftwerke ausgelegt und müsste zunächst modernisiert und ausgebaut werden, damit es nicht unter der Last vieler dezentraler Kleineinspeiser zusammenbricht. Der Marktforscher Northeast Group beziffert den Investitionsbedarf zum Aufbau eines intelligenten Stromnetzes (Smart Grid) bis 2029 auf mindestens 5 Milliarden US$. Damit der Ausbau der Solarenergie gelingt, müsste zudem in Speichertechnik investiert werden. Auch gibt es bislang kaum lokale Hersteller von kritischer Ausrüstung wie Solarzellen und -module oder Wechselrichter.
Bangladesch zählt erst seit Kurzem zu den Solar-Nationen. Der erste Solarpark mit einer Leistung von 3 MW ist 2017 im Distrikt Jamalpur ans Netz gegangen. Bis Mitte 2020 wurden laut SREDA Absichtserklärungen über den Bau von 27 weiteren Solaranlagen mit einer Kapazität von insgesamt 1,6 GW unterzeichnet. Die Projektgröße reicht von 5 MW bis zu 200 MW, für jedes vierte Vorhaben wurde ein Stromabnahmevertrag geschlossen. Eine Liste der geplanten Projekte ist in der National Solar Energy Roadmap enthalten. Aktuell sollen rund 35 Vorhaben in der Pipeline stecken.
Zwar hat sich die Fertigstellung der für 2020 geplanten Solarparks wegen der Corona-Pandemie verzögert, dennoch gehen diese nun nach und nach ans Netz. Im November 2020 wurde im Distrikt Maimansingh die mit 50 MW bislang größte Solaranlage Bangladeschs in Betrieb genommen. Das Konsortium bestehend aus Hetat (Singapur), Ditrolic (Malaysia) und IFDC Solar (Bangladesch) hat insgesamt 80 Millionen US$ in den Park investiert. Anfang 2021 ist die 35-MW-Anlage von Spectra Engineers (Bangladesch) und Shunfeng Investment (Hongkong) ans Netz gegangen. Die Regierung hat sich verpflichtet, für 20 Jahre Solarstrom zu umgerechnet 0,17 US$ respektive 0,13 US$ pro Kilowattstunde abzunehmen.
Das Interesse an Solarvorhaben in Bangladesch wächst. Der US-Projektentwickler Eleris Energy möchte Pressemitteilungen zufolge Solarkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 2,2 GW entlang der Küste in der Region Chittagong sowie auf der Insel Swarna Dweep errichten. Hero Future Energies aus Indien will für rund 50 Millionen US$ eine 50-MW-Anlage im Distrikt Khulna bauen.