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Branchen | Belgien | Gesundheitswesen

Entwicklungen im Gesundheitswesen

Das belgische Gesundheitswesen ist seit Ausbruch der Coronapandemie stark belastet und Finanzierungsproblemen ausgesetzt. Der Markt für Gesundheitsleistungen soll stark wachsen.

Von Torsten Pauly | Berlin

Für mögliche Covid-19-Patienten mussten die Gesundheitseinrichtungen Kapazitäten freihalten, so dass Krankenhäuser im Jahr 2020 einen Einnahmerückgang von 4,1 Prozent verzeichnet haben. Dies teilt das Nationale Institut der Kranken- und Invaliditätsversicherung INAMI mit. Insgesamt sind im Gesundheitswesen 2020 etwa 1,5 Milliarden Euro durch verschobene Leistungen ausgefallen. Diese Summe ist weit höher als das Budget, das 2020 für zusätzliche Coronamaßnahmen bereitgestellt wurde (809 Millionen Euro).

Digitalisierung des Gesundheitswesens gewinnt an Bedeutung 

Belgien hat Digital Health bereits vor Ausbruch der Covid-19-Pandemie vorangetrieben und hierzu einen Aktionsplan aufgelegt sowie ein eigenes Internetportal eingerichtet. Die Coronakrise hat jedoch einen zusätzlichen Modernisierungsschub angestoßen, da Defizite insbesondere in der Ferndiagnostik und Telemedizin offensichtlich wurden. Für deren Entwicklung bestehen in Belgien dank eines dichten Netzwerks in der Forschung und Entwicklung (F&E) hervorragende Voraussetzungen.

Der Sektor der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ist weit entwickelt und hat 2020 etwa 4,5 Prozent der belgischen Wertschöpfung erbracht. Gut aufgestellt ist das Land auch in der Erforschung großer medizinischer Datenmengen mithilfe der künstlichen Intelligenz (KI). Unter anderem bestehen KI-Studiengänge in Löwen, Gent und Brüssel. Insbesondere die Katholische Universität Löwen genießt dabei hohes Renommee. In Kortrijk gibt es auch eine AI (Artificial Intelligence) Academy.

Ein führender europäischer Forschungs- und Produktionsstandort

Belgien spielt in der Pandemiebekämpfung auch international eine wichtige Rolle. Zum einen produzieren Biontech/Pfizer und Astra Zeneca dort ihren Impfstoff. Zum anderen ist der Brüsseler Flughafen dank seiner Spezialausstattung ein weltweit führendes Drehkreuz für den Transport von Arzneimitteln.

Der belgische Arzneimittelmarkt soll 2021 ein Volumen von 5,2 Milliarden Euro erreichen und bis 2025 auf 5,7 Milliarden Euro ansteigen. Dies erwarten die Analysten von Fitch Solutions. Der exportorientierte Pharmasektor zählt in Belgien in allen Regionen zu den führenden Industriebranchen. Im Jahr 2018 haben 167 Unternehmen 26,4 Milliarden Euro umgesetzt. Auch weltweit führende Konzerne wie GSK, Pfizer, Sanofi und Novartis haben sich in Belgien angesiedelt. Die Innovationskraft ist sehr hoch. Die  Forschungs- und Entwicklungsabteilungen beschäftigen über 6.200 Mitarbeiter und die Ausgaben hierfür sind 2020 - auch wegen der Coronapandemie - um 29,1 Prozent auf 5 Milliarden Euro gestiegen. Belgien ist aufgrund der günstigen Gesetzeslage eines der wichtigsten europäischen Länder für klinische Studien, insbesondere auch in der ersten Phase.

In der Biotechnologie ist Belgien dank seiner starken universitären Forschung bereits seit den siebziger Jahren einer der führenden europäischen Standorte. Heute existieren etwa 400 Biotechunternehmen, die 30.000 Mitarbeiter beschäftigen, 24 Prozent der europäischen Marktkapitalisierung auf sich vereinen und ein Zehntel aller europäischen F&E-Ausgaben tätigen. Zentren sind neben Brüssel die flämischen Städte Gent, Löwen und Mechelen und in Wallonien Lüttich, Charleroi, Namur, Ottignes, Mons und Gembloux. Es gibt renommierte Forschungsinstitute wie das VIB und die Cluster FlandersBio in Flandern und Biowin, das vor allem in Wallonien und Brüssel Mitglieder hat.

Das belgische Marktvolumen für Medizintechnik soll sich laut Fitch Solutions zwischen 2021 und 2025 von 3,1 Milliarden Euro auf 3,8 Milliarden Euro erhöhen. Die Medizintechnikbranche ist in Belgien ebenfalls stark vertreten. Sie wird dominiert von kleineren und mittelgroßen Betrieben, die in ihren Sparten innovations- und exportstark sind. Im Jahr 2018 gab es in Belgien 1.057 Hersteller, die zusammen 1,5 Milliarden Euro umgesetzt haben. Dabei haben 43 Prozent aller Firmen einen teilweisen oder ausschließlichen Fokus auf Software oder digitalen Entwicklungen. Insgesamt 68 Prozent bringen Masken und andere Verbrauchgegenstände auf den Markt.

Belgien hat eine sehr rege Start-up-Szene und Gesundheitslösungen bilden eine der wichtigsten Sparten. Es existieren spezielle Programme wie der MedTech Accelerator in Brüssel oder der MedTech Booster.

Es gibt im Gesundheitssektor auch viele branchenübergreifende Kooperationen wie Alcimed. Medizintechnikverbände haben 2018 mit dem Technologieverband Agoria, Ministerien, Kliniken und weiteren Organisationen die Initiative HealthTech.Belgium gegründet. Ein Fokus liegt dabei auf digitalen Innovationen im Gesundheitswesen. Die Initiative ist offen für Kooperationen seitens ausländischer Unternehmen.

 

Eckdaten Gesundheitsmarkt

Indikator

Wert

Einwohnerzahl (2021 in Mio.)

11,6

Bevölkerungswachstum (2021 in % p.a.) *)

0,3

Altersstruktur der Bevölkerung (2020)

 Anteil der unter 14-Jährigen (in %)

17,0

 Anteil der über 65-Jährigen (in %)

19,3

Durchschnittsbruttomonatslohn (2018 in Euro)

3.627

Gesundheitsausgaben

 pro Kopf (2019 in Euro)

4.418

 öffentlich

3.393

 privat

1.025

Anteil der Gesundheitsausgaben

 am BIP (2019 in %)

10,7

Medikamente (2020 in Mrd. Euro)

5,2

Anzahl Krankenhäuser (2020), davon

164

 öffentlich (in %)

76,7

 privat (in %)

23,3

Ärzte/1000 Einwohner (2019)

3,2

Krankenhausbetten/1000 Einwohner (2020)

5,5

*) PrognoseQuelle: Eurostat 2021; OECD 2021; Fitch Solutions 2021

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