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Wirtschaftsumfeld | Belgien | Investitionsförderung

Praxischeck

Der hohe Grad an regionaler Autonomie bringt einen hohen administrativen Aufwand mit sich. Auch die Steuern und Nebenkosten auf Löhne sind komplex.

Von Torsten Pauly | Berlin

Belgien gliedert sich in die autonomen Regionen Flandern, Wallonien und Brüssel-Hauptstadt. Unternehmen beklagen, dass die heterogene regionale Verwaltungsstruktur mit niederländisch-, französisch- und im Gebiet der ostbelgischen Gemeinschaft auch deutschsprachigen Institutionen sie vor Probleme stellt. Dies gilt nicht nur für die Investitionsentscheidung, sondern auch für die Marktbearbeitung. Da es in Belgien auch erhebliche kulturelle Unterschiede und differierende Kundenpräferenzen gibt, bedienen viele Anbieter die jeweiligen Regionen mit eigenen Vertretern oder Vertriebsstrukturen. Der an sich im internationalen Vergleich mittelgroße belgische Markt gliedert sich so in kleinere Märkte mit etwa 7 Millionen niederländischen und 4,5 Millionen französischsprachigen Konsumenten.

Dieses Problem des heterogenen Marktes gilt allerdings nicht für exportorientierte Unternehmen, wenn sie sich erstmal für einen belgischen Standort entschieden haben. Eine Produktion in Wallonien eignet sich sogar hervorragend zur Bedienung auch des französischen Marktes, so wie sich mit einer Präsenz in Flandern die Niederlande sehr gut bearbeiten lassen.

Große regionale Ungleichgewichte

Problematisch ist zudem das regionale Gefälle in der Wirtschaftskraft. Im Jahr 2019 lag das BIP pro Kopf in Brüssel um 72 Prozent über dem belgischen Mittel. Im übrigen Land hatte Flandern ein um 40 Prozent höheres Niveau als in Wallonien, wo viele Gebiete einen anhaltenden Strukturwandel durchlaufen, da sie die vergangene Montan- und Textilindustrie bisher nicht adäquat ersetzen konnten. Gerade dort können Investoren aber Arbeitskräfte zu günstigeren Konditionen finden.

Ein weiterer Nachteil ist der wegen relativ hoher und langer Transferzahlungen rigide Arbeitsmarkt, was sich auch in der Bewertung des World Economic Forums in seinem Global Competitiveness Report niederschlägt. Dies verhindert den Umzug Arbeitsloser in prosperierendere Gebiete insbesondere dann, wenn eine Sprachbarriere damit einhergeht.

Guter Ausbildungsstand

Internationale Investoren in Belgien rühmen das gute Ausbildungsniveau einschließlich der Kenntnisse von Fremdsprachen, die große Offenheit gegenüber dem Ausland und das pragmatische Gebaren im Wirtschaftsleben. Auch die dichte Straßen- und Bahninfrastruktur einschließlich der Häfen und Wasserwege findet Anerkennung. Diese Einschätzungen bestätigen auch internationale Rankings wie der Global Competitiveness Report des World Economic Forums in Davos. Dieses erteilt Belgien sehr gute Einschätzungen in punkto Bildungssystem und Innovationsfähigkeit, aber auch bei der Infrastruktur.

Deutsche Firmen kritisieren das komplexe Steuersystem und den hohen Aufwand bei den Lohnzahlungen. Zwar lassen sich aufgrund der großen regionalen Unterschiede auch zahlreiche Standorte mit günstigem Lohnniveau finden. Für über neun von zehn Beschäftigten sind jedoch Tarifabkommen zu berücksichtigen, die je nach Branche und Region sehr detailliert ausfallen. Die Quote der Lohnnebenkosten war in Belgien 2020 mit 23 Prozent noch leicht höher als in Deutschland (22 Prozent). Auch die Einkommenssteuer ist im internationalen Vergleich hoch. Zu diesen Fragen bietet unter anderem die AHK Debelux einen umfassenden Service an.


WEF-Länderrating 2019, Belgien (wirtschaftlicher Rang von insgesamt 141 Ländern)

Kriterien

Belgien

Deutschland

Gesamtrang

22

7

1 Institutionen

23

18

2 Infrastruktur

14

8

3 Adaption von Informations- und Kommunikationstechnologien

47

36

4 Makroökonomisches Umfeld

1

1

5 Gesundheit

30

31

6 Bildung und Ausbildung

18

5

7 Produktmärkte

27

9

8 Arbeitsmarkt

43

14

9 Finanzsystem

24

25

10 Marktgröße

33

5

11 Dynamik des Geschäftsumfeldes

19

5

12 Innovationsfähigkeit

17

1

Quelle: World Economic Forum (Global Competitiveness Report) 2019

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