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Wirtschaftsumfeld | EU | Grünes Wachstum
Der Green Deal ist die neue Wachstumsstrategie der EU-Kommission. Nachhaltiges Wirtschaften soll dabei das neue Alleinstellungsmerkmal der EU werden, auch dank Investitionen.
25.03.2020
Von Heike Hoffmann | Brüssel
Der Green Deal war bereits Thema vor der Wahl von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die direkt nach Dienstantritt ihr Ziel bekannt gab, bis 2050 Klimaneutralität in der EU erreichen zu wollen. Im März 2020 stellte die EU-Kommission nun ihre konkretisierten Pläne vor.
Der Green Deal ist eine ehrgeizige Wachstumsstrategie der EU. Idee: Ein veränderter Lebens- und Arbeitsstil, Produktionsbedingungen und Konsumverhalten sollen zu einem nachhaltigen ökologischen Wandel beitragen, der die Konjunktur ankurbelt und Unternehmen innovationsfähig macht. Er soll Arbeitsplätze schaffen, den Menschen zu mehr Gesundheit und Lebensqualität verhelfen und die Natur schützen.
Die EU will ihr Wirtschaftsmodell von Grund auf nachhaltiger gestalten und zu einer sauberen und kreislauforientierten Wirtschaft verändern. Innovations- und Investitionsprogramme sollen dabei die richtigen Anstöße liefern, um Technologien umweltfreundlicher zu gestalten. So will die EU Unternehmen eine Möglichkeit zur Modernisierung und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit bieten. „Wir werden unserer Wirtschaft dabei helfen, zum globalen Vorreiter zu werden, indem sie vor allen anderen handelt und indem sie schnell handelt“, so Ursula von der Leyen. Der Green Deal soll Planbarkeit für die Wirtschaft bringen. Investitionen in Nachhaltigkeit sollen mobilisiert und abgesichert werden. Märkte für Sekundärrohstoffe sind auszubauen.
Kommissions-Vizepräsident Timmermans betont: Jedes Land und jeder Wirtschaftszweig werden an diesem Wandel teilhaben, vom produzierenden Gewerbe, das sich effizienter und nachhaltiger gestalten soll bis zum Finanzsektor, der Kapital vornehmlich in nachhaltige Investitionen lenken soll.
Damit dabei keine Wettbewerbsnachteile für Europäische Firmen entstehen, will die EU zum Beispiel Branchen, in denen das Risiko von Wettbewerbsnachteilen besteht, kostenfreie Emissionszertifikate zur Verfügung stellen. Eine mögliche Alternative dafür: Ein „CO2-Grenzausgleichssystem“. Damit sollen Importe aus Ländern, welche sich nicht an die Europäischen Klimastandards halten, mit höheren Abgaben belegt werden, während Exporte aus der EU entlastet werden sollen. Die EU will auch in Handelsabkommen auf den Faktor Nachhaltigkeit bestehen.
Der Green Deal zielt aber nicht nur auf die Wirtschaft ab. Er soll Verbrauchern langlebigere Produkte und eine weniger gesundheitsschädliche Umwelt sowie geringere Energiekosten ermöglichen.
Zur Umsetzung sieht die EU zeitlich gestaffelte Maßnahmen vor. Sie reichen von drastischen Emissionssenkungen über Investitionen in Spitzenforschung und Innovation bis hin zum Erhalt der natürlichen Umwelt. Die Vorhaben der EU betreffen zahlreiche Politikbereiche.
Politiksektor | Wie | Die EU will… |
---|---|---|
Fokus auf Energieeffizienz und weitgehend erneuerbare Energien im Energiemix Sicherstellung einer stabilen Energieversorgung Schaffung eines vernetzten, digitalen und vollständig vernetzten EU-Energiemarkt | Bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 50 bis 55% senken Bis 2050 klimaneutral werden Eine Förderung von EU-Standards auf globaler Ebene | |
Förderung der Kreislaufwirtschaft und der Verwendung nachhaltiger Produkte Fokuspunkte sind zunächst die Ressourcenintensiven Sektoren, wie der Textil-, der Bau-, der Elektronik und der Kunststoffsektor Dekarbonisierung energieintensiver Branchen wie der Stahlindunstrie | Ausschließlich wiederverwendbare, bzw. recycelbare Verpackungen bis 2030 in der EU einführen Eine Änderung der Verbrauchergewohnheiten hin zu langlebigen und Mehrwegprodukten Umfassende Digitalisierung Rücknahmesysteme für rohstoffintensive Produkte | |
Verbesserung der Energieeffizienz Verbesserte Klimaverträglichkeit von Gebäuden | Eine Renovierungsinitiative 2020: Die aktuellen Sanierungsraten sollen verdoppelt werden Striktere Durchsetzungen der Gesamtenergieeffizienzvorschriften | |
Nutzung unterschiedlicher Energieträger Förderung der Verwendung von nachhaltigen alternativen Kraftstoffen Höhere Kosten für klimaschädliche Technologien Verringerung der Luftverschmutzung Digitalisierung | Eine Senkung der Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor um 90% bis 2050 Keine Subventionen für fossile Brennstoffe mehr sowie stärkere Reglementierung des See- und Luftverkehrs durch den Europäischen Emissionshandel Eine Reform des einheitlichen europäischen Luftraums | |
Erhaltung der Ökosysteme, insbesondere der Wälder und Meere | Eine Ausdehnung der Waldflächen | |
Nachhaltigere Kreislaufwirtschaft – vom Empfänger zum Erzeuger Gesünderer Nahrungsmittelkonsum Eingeführte Lebensmittel aus EU-Drittstaaten müssen den EU-Umweltstandards entsprechen | Die Gewährleistung einer nachhaltigeren Lebensmittelkette Einen fairen und gerechten Übergang hin zu einer nachhaltigeren Lebensmittelwirtschaft | |
Beseitigung der Wasser-, Luft-, und Bodenverschmutzung | Die Erhaltung der Biodiversität Die Verringerung von Verschmutzungen durch Mikroplastik und Arzneimittel Durchsetzung und Überprüfung der Luftqualitätsnormen Schutz vor gefährlichen Chemikalien und die Entwicklung nachhaltigerer Alternativen |
Öffentliche Finanzen werden nicht ausreichen, um die Wirtschaft nachhaltig und wettbewerbsfähig zu gestalten, so von der Leyen. „Wir müssen uns private Investitionen sichern, indem wir grüne und nachhaltige Finanzierung in den Mittelpunkt unserer Investitionskette und unseres Finanzsystems stellen.“
Um die Klima-und Energieziele bis 2030 zu erreichen, sind Investitionen von 260 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr erforderlich. Dafür sollen sowohl private als auch öffentliche Gelder mobilisiert werden. Die EU will mindestens 25 Prozent des EU-Haushalts für Klimaschutz aufwenden, die Europäische Investitionsbank soll ebenfalls beitragen.
Diese Punkte resultierten in der Ankündigung von der Leyens, mindestens eine Billion Euro an Investitionen innerhalb der nächsten zehn Jahre für diese grüne Wende mobilisieren zu wollen. Möglich machen soll dies der Investitionsplan für den Europäischen Grünen Deal. Er sieht Subventionen einerseits und Garantien für neue Finanzinstrumente andererseits vor.
Ein gerechter Übergangsmechanismus ist geplant.
Mobilisiertes Kapital in Milliarden Euro | Institution und Beteiligung durch EU-Haushalt in Milliarden Euro |
---|---|
50 | Gerechter Übergangsfonds mit 7,5 Mrd.€ |
45 | InvestEU mit 1,8 Mrd.€ |
30 | Darlehensfazilität der EIB mit 1,8 Mrd.€ |
Die EIB will des Weiteren insgesamt (inklusive Übergangsmechanismus) 250 Milliarden Euro mobilisieren und 50 Prozent statt wie bisher 25 Prozent ihrer Investitionen bis 2025 in Klimaprojekte investieren.
Die über die Finanzierungsmöglichkeiten des Green Deals finanzierten Projekte müssen die Politikziele des Green Deals (nachhaltige Industrie, Arbeitsplatzschaffung, Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft) unterstützen. Die Programme des Green Deals können Projekte jeder Größenordnung finanzieren, von der Modernisierung von städtischen Fernwärmesystemen bis hin zur energetischen Sanierung von Häusern.
Im März 2020 hat die EU das neue Klimagesetz offiziell vorgestellt. Sie will damit die Mitgliedstaaten verpflichten, Maßnahmen zur CO2 Reduzierung zu ergreifen und ab 2023 alle 5 Jahre die Fortschritte bewerten. Ab 2030 wird geprüft, ob noch ehrgeizigere Maßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität bis 2050 nötig sind.
Die EU beabsichtigt weiterhin, eine EU-Taxonomie (Verbindliche Definition für ökologisch nachhaltige Aktivitäten und Investitionen) zu erstellen. Zum Thema Klima ist bis Ende 2020 eine Taxonomie zu erwarten, für andere Umweltziele bis Ende 2021.
Auch auf internationaler Ebene setzt sich die EU für Klimaschutz und Klimadiplomatie ein. Langfristig strebt die EU an, sich dem Rest der Welt als Vorbild für Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit zu präsentieren und zum Mitmachen zu überzeugen.
Nähere Informationen liefert ein Infoblatt und ein Fahrplan zum Green Deal, eine Übersicht zu Investitionsvorhaben und die Homepage der EU-Kommission. Weiterhin veröffentlichte die Kommission ein Q&A mit vielen relevanten Informationen. Auch der Entwurf des Klimagesetzes und eine dazugehörige öffentliche Konsultation, die alle Beteiligten einbindet, ist einsehbar.