Mehr zu:
IndonesienFDI
Wirtschaftsumfeld
Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?
Wirtschaftsumfeld | Indonesien | Auslandsinvestitionen
Nach zwei Jahren Rückgang steht ein Plus bei ausländischen Direktinvestitionen (FDI) in Indonesien zu Buche. Künftig soll das reformierte Investitionsrecht mehr Mittel anlocken.
01.02.2021
Von Frank Malerius | Jakarta
Nach Angaben der indonesischen Investitionsbehörde BKPM hat der Archipel im Jahr 2020 Auslandsinvestitionen in Höhe von 28,7 Milliarden US-Dollar (US$) eingeworben. Das ist ein Plus von 0,5 Milliarden US$ gegenüber dem Vorjahr. Der Rekordwert von 32,1 Milliarden US$ stammt allerdings aus dem Jahr 2017.
Die aktuellen Zahlen spiegeln jedoch allenfalls einen groben Trend wider, weil die Erfassung der Zuflüsse laut Kennern oft ungenau und mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung geschieht. Auch die Umrechnung nach den Wechselkursen, die dem jeweiligen Staatshaushalt zugrunde liegen, führt zu Verzerrungen. Die Differenzen zu den Auslandsinvestitionszahlen der UNCTAD für Indonesien sind oft erheblich.
Wichtigstes Herkunftsland der FDI ist mit großem Abstand Singapur, über das nicht nur viele chinesische, sondern auch westliche Unternehmen ihre Mittel in den Archipel lenken. Fast zwei Drittel aller FDI stammen aus dem Stadtstaat sowie aus Hongkong und China.
Die Bedeutung der Länder außerhalb Asiens nimmt immer weiter ab. Lediglich die Niederlande, die USA und Australien finden sich unter den ersten zehn FDI-Herkunftsländern. Aus Deutschland kamen 2020 Zuflüsse im Wert von nur 144 Millionen US$, das entspricht knapp 0,5 Prozent aller Mittel. Traditionell hat Deutschland die Rolle des Technologiezulieferers anstatt die eines Investors.
Die von BKPM breit definierten Sektoren lassen allenfalls eine grobe Zuordnung der Auslandsinvestitionen zu. Eines der wichtigsten Felder dürfte der Bau von Schmelzanlagen zur Verarbeitung von Erzen sein. Denn Indonesien hat ein Exportverbot für unverarbeitete Erze verhängt (gegen das sich die EU vor der Welthandelsorganisation WTO wehrt), um mehr Wertschöpfung im Land zu halten.
Laut Ministerium für Energie und Rohstoffe (ESDM) wurden 2020 insgesamt 19 Schmelzanlagen fertiggestellt. Davon verarbeiten 13 Projekte das für Batterien von Elektroautos wichtige Nickel. Weitere 34 Vorhaben sollen bis 2024 folgen. Das Ministerium gibt für die dann insgesamt 53 Anlagen eine Investitionssumme von 21,6 Milliarden US$ an. Beim Bau von Schmelzanlagen im Archipel gelten chinesische Unternehmen als besonders aktiv.
Die Direktinvestitionen aus Deutschland verteilten sich zu etwa zwei Dritteln auf die ebenfalls breit definierten Sektoren Maschinenbau/Elektronik/Medizintechnik/Mess- und Regeltechnik sowie Kfz/Transportausrüstung und Bergbau.
Im Verhältnis zu seiner Wirtschaftskraft verzeichnet Indonesien im Vergleich zu andern Ländern der ASEAN zu geringe Auslandsinvestitionen. Ihr verstärktes Einwerben hat eine hohe politische Priorität. Schließlich will der Inselstaat im Jahr 2045 Industrieland sein. Vor allem produzierende Unternehmen, denen China zu teuer geworden ist oder die ihre Fertigung regional diversifizieren wollen, sollen im Archipel eine neue Heimat finden.
Doch dafür bedarf es mehr an verarbeitender Industrie. Ihr Anteil an der Wirtschaftsleistung ist aber seit vielen Jahren rückläufig, und sie besteht zu einem erheblichen Teil aus günstiger Lohnfertigung. Größte Hindernisse für Neuansiedlungen wertschöpfungsstärkerer Branchen sind das geringe Bildungs- und Ausbildungsniveau sowie die vergleichsweise schwierigen Investitionsbedingungen.
Große Hoffnungen ruhen daher auf der im Oktober 2020 verabschiedeten Reform des Investitionsrechts im Rahmen der sogenannten Omnibus Law. Noch fehlen einige Durchführungsbestimmungen, doch das Reformpaket gilt als eines der ambitioniertesten politischen Vorhaben der vergangenen Jahrzehnte.
Inwieweit die Öffnung vormals geschlossener Bereiche für Auslandsinvestitionen, die Lockerung des strikten Arbeitsrechts, die Verlagerung von Entscheidungskompetenzen aus den Provinzen nach Jakarta und die Liberalisierung strenger Umweltstandards tatsächlich substanziell mehr Auslandsinvestitionen nach Indonesien locken, bleibt abzuwarten. BKPM vermeldete bereits einige Neuansiedlungen. Ob diese aber wirklich realisiert werden oder nur politische PR bleiben, ist bisweilen schwer zu beurteilen.