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Branchen | Iran | Ölraffinerien

Ausbau der Raffineriekapazitäten macht Fortschritte

Die Modernisierung und Erweiterung des Raffineriesektors würde durch mehr ausländisches Engagement beschleunigt. Derzeit ist Iran aber vor allem auf eigene Ressourcen angewiesen.

Von Robert Espey | Dubai

Die 2018 erfolgte Reaktivierung der US-Sanktionen haben den Expansionsprozess des iranischen Raffineriesektors erheblich behindert, aber nicht stoppen können. Dem Ölministerium zufolge sind die Kapazitäten der Ölraffinerien (Rohöl und Kondensate) zwischen 2015/2016 (iranisches Jahr 1394; 21. März bis 20. März) und 2021/2022 von 1,7 Millionen auf 2,3 Millionen bpd (barrel per day) gestiegen.

Nach Angaben der für die Kontrolle und Steuerung des Raffineriesektors zuständigen National Iranian Oil Refining & Distribution Company (NIORDC) lag der Raffineriedurchsatz 2021 bei durchschnittlich 2 Millionen bpd. Der Tagesspitzenwert erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um 6 Prozent auf 2,2 Millionen bpd.

Kapazitätserweiterung um 50 Prozent angestrebt

Die aktuelle Regierungsplanung sieht bis Ende 2025/2026 eine Kapazitätserweiterung auf 3,5 Millionen bpd vor. Beobachter halten allerdings diesen Zeitrahmen selbst unter der Annahme einer Sanktionslockerung für sehr ambitioniert. Auch Ölminister Javad Owji scheint mittlerweile Zweifel zu haben. Im Mai 2022 sprach Owji von einer Erhöhung der Kapazitäten innerhalb der nächsten fünf Jahre um nur 1 Million bpd. Erst im Januar 2022 hat der Minister das Ziel von 3,5 Millionen bpd verkündet.

Im Jahr 2016 hatte die damalige Regierung für 2020/2021 eine Zielmarke von 3,3 Millionen bpd gesetzt. Die Zielverfehlung kann nur teilweise auf die Rückkehr der Sanktionen zurückgeführt werden. Auch verschiedene interne Probleme spielten eine Rolle.

Die Steigerung des Raffinerieausstoßes ist zur Deckung des stark wachsenden Inlandsbedarfs bei Kraftstoffen (Benzin, Diesel etc.) sowie bei Vorerzeugnissen für die chemische Industrie erforderlich. Zudem wird angestrebt, die Ausfuhren von Raffinerieerzeugnissen deutlich auszuweiten.

Persian Gulf Star Refinery verarbeitet Kondensate

Der Großteil des seit 2015/2016 erreichten Kapazitätszuwachses entfällt auf die Persian Gulf Star Refinery in der Nähe von Bandar Abbas. Nach über zehn Jahren Bauzeit wurde die 1. Phase der Raffinerie 2017 mit einer Kapazität von 120.000 bpd in Betrieb genommen. Ursprünglich waren nur drei Ausbaustufen mit insgesamt 360.000 bpd vorgesehen. Mittlerweile ist aber eine 4. Ausbauphase realisiert. Die nominale Kapazität liegt nun bei 450.000 bpd. Die Raffinerie verarbeitet das im South Pars Gasfeld als Nebenprodukt anfallende Leichtöl (Kondensate).

Ein weiterer Ausbau der Persian Gulf Star Refinery ist im Gespräch. Raffinerie-Geschäftsführer Mohammadali Dadvar spricht von einer möglichen Erweiterung um 90.000 auf 540.000 bpd. Eigentümer der privatwirtschaftlich organisierten Raffinerie sind drei staatliche Akteure (Tamin Petroleum & Petrochemical Investment Company, Oil Industry Pension Fund, National Iranian Oil Refining & Distribution Company).

Im Januar 2022 wurde auf der Freizoneninsel in Qeshm Irans erste Raffinerie für sehr schweres Rohöl eröffnet. In Betrieb genommen wurde die 1. Ausbauphase mit einer Kapazität von 35.000 bpd. Mit der 2. Phase, die weitere 70.000 bpd bringen soll, ist kürzlich begonnen worden. Das Hauptprodukt der Pars Behin Qeshm Refinery ist Bitumen, zusätzlich werden Naphtha, Kerosin und Diesel hergestellt.

Weitere neue Raffinerien im Bau und in Planung

Ebenfalls ein Projekt zur Verarbeitung von Kondensaten aus South Pars ist der im Aufbau befindliche Siraf Refining Park, der Teil der 2. Phase der Pars Special Energy Economic Zone in Assaluyeh ist. Der Raffineriekomplex soll Standort von acht unabhängigen Raffinerien mit einer Kapazität von jeweils 60.000 bpd werden.

Das Projekt wird von der Siraf Refineries Infrastructure Company koordiniert. Derzeit ist eine erste Anlage im Bau. Ein koreanisch-japanisches Konsortium hatte 2017 eine Absichtserklärung für Investitionen im Raffineriepark in Höhe von 3 Milliarden US-Dollar (US$) unterschrieben. Sanktionsbedingt kam es aber bislang nicht zu einer Realisierung.

Eine weitere Kondensat-Raffinerie mit einer Kapazität von 120.000 bpd soll im Bau sein. Der Auftrag ging an das zu den Revolutionsgarden gehörende Unternehmen Khatam Al-Anbiya.

Mit dem Bau einer fünften Raffinerie in der Provinz Hormozgan, der Shahid Soleimani Petro-Refining Plant, werde in Kürze begonnen, so der Ölminister. Die Anlage (Kapazität: 300.000 bpd) soll in der Nähe der Persian Gulf Star Refinery errichtet werden. Zuvor war als Standort Jask im Gespräch. Neue Raffinerien sind auch auf der Insel Lavan (Kapazität: 150.000 bpd) und in Kermanshah (Anahita Refinery; 150.000 bpd) geplant.

Modernisierung und Erweiterung bestehender Anlagen

Im ältesten iranischen Raffineriekomplex in Abadan (Produktion seit 1912) wird derzeit eine neue Anlage mit einer Kapazität von 210.000 bpd errichtet. Die Kosten werden mit 1,1 Milliarden US$ angegeben. Gemäß MEED Projects ging der Hauptvertrag 2014 an ein Konsortium aus dem chinesische Unternehmen Sinopec und der lokalen Oil Design & Construction Company. Welche Auswirkungen die US-Sanktionen auf die Auftragsabwicklung gehabt haben, ist unklar. Die neue Anlage soll im September 2022 mit der Produktion beginnen und 2023 in den Vollbetrieb gehen.

Die alten Anlagen in Abadan haben eine nominale Kapazität von 360.000 bpd. Zunächst war geplant, nur eine Produktionslinie mit einer Kapazität von 150.000 bpd zu modernisieren und die anderen stillzulegen. Damit läge die Gesamtkapazität der Raffinerie nach Modernisierung und Erweiterung wieder bei 360.000 bpd.

Jetzt scheint aber eine Modernisierung weiterer Anlagen vorgesehen zu sein. Das Unternehmen spricht nun von einer Erhöhung der Gesamtkapazität auf 450.000 bpd. Bei Bedarf könne ein Ausbau auf 540.000 bpd erfolgen, so Geschäftsführer Hakim Ghayem.

Die Kapazität der Raffinerie in Kermanshah wird für 930 Millionen US$ von 22.000 auf 75.000 bpd erhöht. Das Projekt befindet sich noch in einer frühen Planungsphase, soll aber schon in drei Jahren fertig sein. Modernisierung- und Erweiterungsprojekte laufen auch in den Raffinerien Shiraz, Esfahan, Arak, Tabriz, Teheran und Bandar Abbas.

Sanktionen haben viele Projekte verhindert

Vor der Reaktivierung der US-Sanktionen wurde mit vielen ausländischen Firmen über Projekte zur Modernisierung und Erweiterung bestehender Raffinerien gesprochen. Beispielsweise gab es Verhandlungen über die Raffinerie in Esfahan mit den japanischen Firmen Marubeni, Mitsui und Chiyoda sowie der südkoreanischen Daelim. Marubeni und Chiyoda sollen auch an der Bandar Abbas Raffinerie interessiert gewesen sein, die SK Group (Südkorea) und Italiens Saipem an der Tabriz Raffinerie, Saipem zusätzlich an der Raffinerie in Shiraz.

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