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Branchen | Iran | Klimawandel

Für Klimaschutz fehlen Kapital und Technologie

Iran gehört weltweit zu den größten Verursachern von CO₂-Emissionen. Die Reduktionsziele sind aber bislang bescheiden und zudem an Bedingungen geknüpft. 

Von Robert Espey | Dubai

Den UN-Klimagipfel 2021 in Glasgow hat Iran genutzt, um das Ende der gegen die Islamische Republik verhängten US-Wirtschaftssanktionen zu fordern. Der neue Chef der iranischen Umweltbehörde, Ali Salajegheh, erklärte, Iran werde dem Pariser Klimaabkommen erst nach Aufhebung aller Sanktionen beitreten. Bereits 2016 wurde das Abkommen von der damaligen Regierung unter Präsident Rouhani unterschrieben, aber die Ratifizierung steht seither aus.

Angesichts der sanktionsbedingten Belastungen und Beschränkungen sei Iran nicht in der Lage, Verpflichtungen im Rahmen des Pariser Abkommens zu übernehmen, so die iranische Position. Im Zeitraum zwischen der Sanktionslockerung Anfang 2016 und der Reaktivierung der US-Sanktionen 2018 hatte es vielfältige Verhandlungen mit westlichen Regierungsvertretern und Unternehmen über klimarelevante Projekte, die Zugang zu entsprechenden Technologien und erforderlichen Finanzierungen ermöglicht hätten, gegeben.

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Hohe CO₂-Emissionen und spürbarer Klimawandel

Im weltweiten Vergleich gehört Iran zu den zehn größten Verursachern von CO₂-Emissionen. Dem "Global Carbon Projects" zufolge hat Iran seinen CO₂-Ausstoß zwischen 2005 und 2020 um insgesamt 61 Prozent auf 745 Millionen Tonnen erhöht, dies entspricht einem durchschnittlichen Zuwachs von 3,2 Prozent. Bei Fortsetzung dieses Wachstumstempos würde 2030 der Ausstoß bei über 1 Milliarde Tonnen liegen.

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Die Folgen des Klimawandels sind in Iran massiv zu spüren. Das derzeit größte Problem ist der Rückgang der jährlichen Niederschläge, der die Wasserknappheit weiter verschärft. In diesem Jahr hat es schwere Proteste gegen die Unterbrechung oder Reduzierung der Wasserversorgung gegeben. Die Durchschnittstemperaturen sind signifikant gestiegen und Extremwetterlagen (Sandstürme, Überschwemmungen etc.) häufen sich.

Keine Verpflichtungen und keine ambitionierten Ziele

Iran hat 1996 die UN-Rahmenübereinkunft über Klimaänderungen (UN Framework Convention on Climate Change/UNFCCC) ratifiziert und seither drei Berichte (National Communications/NC) vorgelegt. Der jüngste Bericht (NC3) lag als Entwurf bereits 2015 vor, wurde aber erst 2017 offiziell veröffentlicht. Ferner hat Iran 2015 eine unverbindliche Erklärung über beabsichtigte nationale Beiträge zur CO₂-Reduktion (Intended Nationally Determined Contribution/INDC) abgegeben.

Die in der INDC formulierten CO₂-Reduktionsziele sind bescheiden und werden zudem an Bedingungen geknüpft. Ohne Aufhebung aller Wirtschaftssanktionen und massiver internationaler Finanzhilfe will Iran den CO₂-Ausstoß bis 2030 gegenüber einem "Business As Usual"-Szenario (BAU) lediglich um 4 Prozent vermindern.

Das BAU-Szenario kalkuliert zwischen 2010 und 2030 mit einer hohen durchschnittlichen Steigerung der CO₂-Emissionen um jährlich 4,7 Prozent. Für 2010 wird von einem Ausstoß von 700 Millionen Tonnen ausgegangen, damit würden 2030 etwa 1,7 Milliarden Tonnen erreicht. Abzüglich der 4-prozentigen Reduktion wären es dann noch über 1,6 Milliarden Tonnen. Im Falle einer Sanktionsaufhebung und internationaler Finanzspritzen in zweistelliger Milliardenhöhe soll eine Verminderung gegenüber dem BAU-Szenario von 12 Prozent angestrebt werden.

Im NC3-Report findet sich ein umfangreicher Katalog möglicher Maßnahmen zur CO₂-Reduzierung. Das Spektrum umfasst unter anderem die Installation energiesparender Heizungsanlagen, Modernisierungen konventioneller Kraftwerke, die Nutzung erneuerbarer Energien, die Optimierung industrieller Prozesse, den Ausbau öffentlicher Verkehrssysteme oder die Beendigung des Gasabfackelns in Öl- und Gasfeldern (Gas Flaring).

Die von Iran bislang ergriffenen CO₂-reduzierenden Aktivitäten beziehen sich zumeist auf Investitionen, die auch ohne Berücksichtigung von Klimaaspekten in Angriff genommen worden wären. Beispiele sind der Kraftwerkssektor oder die weitgehende Beendigung von "Gas Flaring".

CO₂-Reduktion in der Stromwirtschaft

Eine im NC3-Report genannte Maßnahme sind Effizienzsteigerungen bei konventionellen Kraftwerken durch Umbau bestehender Anlagen in kombinierte GuD-Anlagen (Gas- und Dampfturbinen) sowie die Errichtung neuer GuD-Kraftwerke. Zwischen 2015 und 2025 soll der GuD-Anteil an den gesamten Stromerzeugungskapazitäten von 27,3 auf 54,2 Prozent steigen. Aktuell liegt die Quote mit 31 Gigawatt bei etwa 36 Prozent.

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Der NC3-Report sieht den Bau von zwei weiteren Atomkraftwerken mit einer Leistung von jeweils 1 Gigawatt vor. Russland hat Aufträge für zwei Anlagen bekommen, zumindest eine ist im Bau. Zusammen mit dem seit 2011 produzierenden Kraftwerk in Bushehr wären es dann 3 Gigawatt. Langfristig wird über Nuklearkapazitäten von bis zu 30 Gigawatt diskutiert.

Im Bereich der erneuerbaren Energien hat Iran seine Zielmarken weit verfehlt. Bis 2022 sollten die Kapazitäten auf 5 Gigawatt steigen, nur 0,9 Gigawatt waren es im September 2021. Die Investitionen sollen weitgehend von privaten in- und ausländischen Unternehmen getätigt werden, die aber unter den aktuellen Rahmenbedingungen dazu kaum bereit sind.

Verstärkte Nutzung von assoziiertem Gas

Gemäß dem "Global Gas Flaring Tracker Report" lag Iran 2020 beim Gasabfackeln weltweit mit 13,3 Milliarden Kubikmeter auf dem 3. Rang. Den Tracker-Daten zufolge erreichte das abgefackelte Gasvolumen 2017 mit 17,8 Milliarden Kubikmeter einen Höchststand und sank 2019 auf 13,8 Milliarden Kubikmeter. Diese Schrumpfung korreliert teilweise mit der sanktionsbedingten Drosselung der Ölförderung.

Ein 2017 vom iranischen Parlament verabschiedetes Gesetz verlangt bis 2021 eine Reduzierung des abgefackelten Gasvolumens um mindestens 90 Prozent. Die Projekte zum Auffangen und Verwendung des Gases in Kraftwerken, Raffinerien, petrochemischen Anlagen oder für EOR-Maßnahmen (Enhanced Oil Recovery) sollen private Investoren realisieren. Im Ölfeld Maroun 6 (Provinz Khuzestan) wurde kürzlich ein Vorhaben fertiggestellt. Dort werden täglich 0,45 Millionen Kubikmeter gesammelt und in der Maroun Petrochemical Company verarbeitet.

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