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Erneuerbare Energien sollen 2030 für 30 Prozent der Stromerzeugung sorgen. Bis dahin sind Investitionen von 23 Milliarden US-Dollar in die Elektrizitätswirtschaft geplant.
20.06.2020
Von Wladimir Struminski | Jerusalem
Die israelische Strombehörde (Electricity Authority) hat im Juni 2020 einen Plan für beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien im Lande veröffentlicht. Der auf Anweisung des Energieministeriums (Ministry of Energy) erarbeitete Plan sieht bis 2030 den Bau von auf erneuerbaren Energien beruhenden Stromerzeugungskapazitäten von 12.000 Megawatt vor. Dies würde die gegenwärtige Erzeugungskapazität auf das Sechsfache des Standes von 2019 erhöhen.
Wie die Strombehörde erklärte, soll der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung 2030 auf 30 Prozent steigen, wobei dieser Anteil im Tagesverlauf schwanken und um die Mittagszeit 80 Prozent erreichen soll. Das erklärt sich aus der Tatsache, dass Israel vor allem auf Sonnenenergie setzt. Zu bestimmten Zeitpunkten im Tagesverlauf könnte die erneuerbare Stromerzeugung sogar den aktuellen Gesamtstrombedarf übertreffen.
Die Vorgabe, 30 Prozent Ökostrom 2030 zu erreichen, verlangt umfangreiche Investitionen und wurde von Energieminister Yuval Steinitz als „ehrgeizig“ bezeichnet. Das bisherige Ziel für 2030 lag bei 17 Prozent. Bei erfolgreicher Realisierung des Plans, so die Strombehörde, würde Israel bei der Nutzung von Solarstrom in die Weltspitze aufrücken.
Jahr | 2020 1) | 2030 2) |
---|---|---|
Anteile in % | ||
- Kohle | 24 | 0 |
- Erdgas | 66 | 70 |
- Erneuerbare Energien | 10 | 30 |
TWh 3) | ||
- Kohle | 17,8 | 0 |
- Erdgas | 48,8 | 53,8 |
- Erneuerbare Energien | 7,4 | 22,2 |
Ein Hemmnis bleibt die Bodenknappheit des dichtbesiedelten Landes. Die im Rahmen bestehender Ausbauprogramme bereits eingeplanten Bodenflächen für die Errichtung von Solaranlagen belaufen sich auf insgesamt 35 Quadratkilometer. Durch planerische und regulatorische Änderungen, so die Strombehörde, lassen sich weitere 50 Quadratkilometer für diesen Zweck umwidmen, doch ist auch das nicht genug.
Deswegen sieht der Plan auch eine großangelegte Nutzung sogenannter dualer Flächen für den Aufbau solarer Kapazitäten vor: Wasserreservoirs, Dächer, Straßen, Autobahnkreuze und Parkplätze. Auf diesen Flächen sollen mehrere Zehntausend Solaranlagen errichtet werden. Das Nutzungspotenzial dualer Flächen wird auf insgesamt 95 Quadratkilometer geschätzt; hiervon entfallen 90 Prozent auf Wasserreservoirs und Dächer. Bei Neubauprojekten wird die Integration fotovoltaischer Anlagen Pflicht.
Eine weitere Herausforderung ist der für effiziente Nutzung der Sonnenenergie erforderliche Ausbau von Energiespeicherkapazitäten. Für diesen Zweck soll moderne, energieeffiziente Speichertechnologie zum Einsatz kommen.
Ferner wird ein Ausbau des Stromtransportnetzes inklusive Schaltstationen erforderlich sein, vor allem, um Solarstrom aus dem einstrahlungsintensiven Landessüden ins Landeszentrum zu leiten. Aus Berechnungen der Strombehörde geht hervor, dass die Aufstockung der solaren Erzeugungskapazität um 100 Megawatt, den Bau eines Umspannwerkes erforderlich macht. Dort, wo fotovoltaische Kraftwerke mit einer Leistungskapazität von 1.000 Megawatt und mehr errichtet werden, muss jeweils eine Schaltanlage gebaut und mit mehreren Umspannwerken verbunden werden. Die Durchführung des Plans wird insgesamt den Bau von 6 Schaltanlagen, fast 100 Umspannwerken, 1.000 Kilometer von 161-Kilovolt- und 600 Kilometer von 400-Kilovolt-Leitungen erfordern.
Ein weiteres Ziel beim Ausbau des Stromnetzes ist es, mehr Flexibilität beim Stromtransport zu ermöglichen. Zu diesem Zweck, so die Strombehörde, muss das Planungs- und Genehmigungsverfahren für Stromnetzprojekte vereinfacht und beschleunigt werden. Sonst sei die optimale Nutzung neuzubauender Solarkapazitäten nicht möglich.
Ein übergreifender Zweck des Programms ist die Optimierung der Stromwirtschaft. So etwa muss ein zur jeweiligen Tageszeit möglichst effizienter Erzeugungsmix von fossilen und erneuerbaren Kraftwerken ermittelt und durch eine Anpassung des Stromtransport- und Stromverteilungsnetzes möglich gemacht werden.
Kategorie | Mrd. US$ *) |
---|---|
Insgesamt | 23,2 |
Erneuerbare Energie | 11,7 |
Entwicklung des Stromnetzes | 5,4 |
Energiespeicherung | 2,6 |
Andere | 3,7 |
Der Anteil fossiler Erzeugungskapazitäten am Energiemix zur Stromerzeugung soll von 90 Prozent 2020 auf 70 Prozent sinken. Trotzdem bleibt der Bedarf an fossilbetriebenen Kraftwerken im Wesentlichen stabil. Hauptgrund dafür ist der schnell steigende Strombedarf, sowohl wegen des Wirtschaftswachstums, das bis zur Coronakrise bei etwas mehr als 3 Prozent pro Jahr lag, als auch wegen des mit 1,9 bis 2 Prozent pro Jahr schnellen Bevölkerungswachstums. Der neue Plan geht von einer durchschnittlichen Zunahme des Strombedarfs um 2,8 Prozent pro Jahr aus.
Die Strombehörde betont die Notwendigkeit marktfreundlicher Regulation, um den Bau neuer Solaranlagen für die Investoren attraktiv zu machen. Auch die Regulierung für fossil betriebene Kraftwerke müsse überprüft werden, um deren Integration in den durch Solarstrom veränderten Elektrizitätsmarkt zu erleichtern.
Der israelische Markt für Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen ist privatwirtschaftlich aufgestellt. Deshalb bietet der neue Plan, ausländischen Investoren ebenso wie Lieferanten von Anlagen und Ausrüstungen, zahlreiche Chancen zum Engagement.
Mit dem beschleunigten Ausbau der Sonnenenergie – und dem Ausstieg aus der Kohle – will Israel zudem die Umwelt stärker als bisher geplant entlasten. Gegenüber 2015 soll der Ausstoß von Treibhausgasen je Einwohner um 50 Prozent reduziert werden.
Der neue Plan besiegelt endgültig die Tatsache, dass der Ausbau erneuerbarer Energien in Israel auf absehbare Zeit durch Fotovoltaik bestritten wird. Das bedeutet nicht, dass andere erneuerbare Quellen gar nicht zur Anwendung kommen. So etwa erhielt Ende April 2020 ein von der Projektgesellschaft PSP Investment gebautes Pumpspeicherkraftwerk die endgültige Betriebserlaubnis. Das Kraftwerk hat eine Kapazität von 300 Megawatt. Indessen werden solche Projekte ebenso wie Windkraft oder Biomasse, Randerscheinungen bleiben. Auch sind keine neuen thermosolaren Kraftwerke geplant.