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Israels Pharmaindustrie stellt sich auf die Zukunft ein

Trotz der Krise des Pharmariesen Teva bleibt Israels Pharmaindustrie forschungs- und entwicklungsintensiv. In der Produktpalette bleiben aber auch künftig Generika wichtig.

Von Wladimir Struminski | Jerusalem

Die seit 2016 anhaltende Schrumpfung der israelischen Pharmaindustrie setzt sich fort. Die Wertschöpfung der Branche lag 2020 real um 41,9 Prozent unter dem 2015 erreichten Stand. Ihr Umsatz in laufenden Binnenpreisen brach in derselben Zeitspanne um genau die Hälfte ein. Die Ausfuhr erlebte ebenfalls einen tiefen Sturz.

Branche trotz Teva-Krise vital

Allerdings ist es nicht so, dass der Produktionseinbruch die gesamte Branche beträfe. Vielmehr konzentriert sich die Krise auf Teva, den bedeutendsten Akteur der israelischen Pharmaindustrie, der seit mehreren Jahren ein hartes globales Sanierungsprogramm durchmacht. Dabei wurde die Produktion im heimatlichen Israel radikal zurückgefahren, auch wenn das Hauptquartier des Konzerns sich immer noch in Israel befindet.

Auch einige andere israelische Hersteller mussten Umsatzeinbußen hinnehmen. Diese lagen aber deutlich unter dem Branchendurchschnitt. Das bedeutet, dass Tevas Umsatztief das Gesamtergebnis der Branche entscheidend nach unten drückt.

Trotzdem ist die israelische Pharmaindustrie kein Auslaufmodell. Vielmehr will sie nicht nur das bisherige Pharmageschäft aufrechterhalten, sondern mithilfe neuer Technologien auch neue Gebiete erschließen.

Die Chancen, dass Teva sich sowohl weltweit als auch in Israel stabilisiert, stehen allem Anschein nach nicht schlecht. Damit bleibt der Konzern, wenngleich auf niedrigerem Niveau, der führende Player der israelischen Pharmabranche. Tevas langjährige Kernspezialisierung ist und bleibt die Entwicklung von Generika. Allerdings will der Konzern auch die Entwicklung patentgeschützter Originalmittel nicht aufgeben.

Generika, Inhaltsstoffe und Biopharma

Neben Teva ist eine Reihe weiterer Pharmahersteller tätig. Zwar dürfte für die meisten von ihnen die kostspielige Entwicklung von Originalmedikamenten allenfalls schwer zu bewältigen sein. Indessen sind auch sie innovativ und weltmarktorientiert. Sie werden weiterhin bestrebt sein, Umsatz und Rentabilität vor allem durch schnelle und erfolgreiche Entwicklung generischer Mittel zu sichern, um der internationalen Konkurrenz, nach Möglichkeit voraus zu sein.

Führende Pharmaunternehmen 2020

Unternehmen

Umsatz in Mio. US$ 1)

Davon: Export und/oder Umsatz an Auslandsstandorten in %

Anmerkungen

Teva Pharmaceutical Industries

16.671

96,0

Großteil des Umsatzes wird an Auslandsstandorten erzielt

Taro Pharmaceutical Industries

645

93,4

Pharmahersteller

Dexcel

269

k.A.

Pharmahersteller

Perrigo 2)

254

95,3

Tochterfirma der US-amerikanisch-irischen Perrigo pls

Omrix Biopharmaceuticals

160

k.A.

Tochterfirma des US-amerikanischen Konzerns Johnson & Johnson, Hersteller plasmabasierter Produkte

Kamada

133

72,9

Hersteller plasmabasierter Produkte

1) Binnenpreisangaben, umgerechnet nach dem jahresdurchschnittlichen Wechselkurs 2) nur hebräisch mit Link zur englischsprachigen internationalen WebsiteQuelle: Dun & Bradstreet Israel

Ein weiterer Bereich, in dem israelische Unternehmen sowohl auf dem Binnenmarkt als auch auf dem Weltmarkt tätig sind, ist das Segment aktiver pharmazeutischer Inhaltsstoffe. Diese werden unter anderem von führenden Arzneimittelherstellern produziert. Darüber hinaus spezialisiert sich die Firma Wavelength Pharmaceuticals spezifisch auf Inhaltsstoffe. Weitere Spezialisten im Bereich der Inhaltsstoffe sind Mapi Pharma und Taro Pharmaceutical. Indessen ist der Weltmarktwettbewerb auch in diesem Bereich intensiv. Medienberichten zufolge erwägt Teva sogar, das israelische TAPI-Werk, das aktive Inhaltsstoffe herstellt, wegen mangelnder Wettbewerbsfähigkeit zu schließen oder zu verkleinern.

Israelische Pharmaunternehmen befassen sich aber nicht nur mit der Entwicklung und Herstellung von „klassischen“ Medikamenten, die auf chemisch entwickelten Molekülen basieren. Ein zunehmend wichtiger Bereich ist die Entwicklung biotechnologischer Mittel. Nach Feststellung von Carmel Feldman Abubtbul, der leitenden Koordinatorin des Chemie-   und Pharmaverbands (Chemical and Pharmaceutical Society) in der Industriellenvereinigung (Israel Manufacturers Association), verfügen alle größeren Pharmaunternehmen im Lande über eigene Forschungs- und Entwicklungsabteilungen für medizinische Biotechnologie. Darüber hinaus ist in Israel eine Anzahl von Start-ups in diesem Bereich tätig.

Eine wichtige Finanzierungsquelle biotechnologisch-medizinischer Unternehmen sind Investitionsfonds, so Feldman Abutbul gegenüber Germany Trade & Invest. Ihrer Einschätzung nach werden sich ausländischen Firmen in den kommenden Jahren vermehrt Möglichkeiten des Zukaufs medizinischer Biotechnologie in Israel bieten.

Zahlreiche israelische Unternehmen spezialisieren sich auch auf Methoden der Wirkstoffverabreichung. Im Oktober 2021 wies die Datenbank der gemeinnützigen Hightech-Organisation Start-up Nation 100 Unternehmen aus, die auf diesem Gebiet agierten. Bei den meisten handelte es sich um kleine Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten, doch sind auch einige Großunternehmen mit mehr als 200 Mitarbeitern, darunter auch Teva.

Erleichterungen für Cannabisindustrie

Israel ist auch ein wichtiger Standort der medizinischen Cannabisindustrie. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums sind in Israel 35 Versuchs- und 31 Anbaufarmen für Cannabis sowie 9 Produktionsstätten für medizinische Cannabiserzeugnisse tätig. Der Umsatz der medizinischen Cannabisindustrie nehme um rund 30 Prozent pro Jahr zu und habe 2020 umgerechnet rund 200 Millionen US-Dollar (US$) erreicht.

Im August 2021 haben die Ministerien für Finanzen, Wirtschaft, Gesundheit und innere Sicherheit, die bis dahin geltenden Exportbeschränkungen für Cannabisprodukte gelockert. Damit soll der Branche volle Realisierung ihres Exportpotenzials ermöglicht werden, welches das Wirtschaftsministerium auf 2 bis 3 Milliarden US$ schätzt.

Importbedarf gestiegen

Die massive Schließung einheimischer Produktionskapazitäten durch Teva war der entscheidende Grund für den tiefen Fall der israelischen Pharmaexporte. Hatten diese auf dem Höhepunkt im Jahr 2017 bei 7,3 Milliarden US$ gelegenen, so waren es 2020 nur noch 1,7 Milliarden. Gleichzeitig verlieh der Rückgang der einheimischen Produktion der Einfuhr von Medikamenten neue Impulse. Diese kletterte von 2 Milliarden US$ (2016) auf 3,3 Milliarden US$ 2020. Auch deutsche Anbieter konnten an dem Importboom partizipieren.

Israels Außenhandel mit Pharmaprodukten 2016 - 2020 (Millionen US$)

Jahr

Ausfuhr

Einfuhr

Davon: Importe aus Deutschland

2016

6.658

2.007

187

2017

7.286

2.171

237

2018

5.633

2.434

203

2019

2.983

2.798

239

2020

1.661

3.304

291

Quelle: Zentralamt für Statistik (Central Bureau of Statistics)

Führende Lieferländer für Pharmaprodukte 2020

Land

Einfuhr, Mio. US$

Importmarktanteil in %

Schweiz

705

21,3

Belgien

483

14,6

USA

372

11,3

Vereinigtes Königreich

292

8,8

Deutschland

291

8,8

Niederlande

283

8,6

Irland

199

6,0

Frankreich

159

4,8

Österreich

115

3,5

Dänemark

98

3,0

Quelle: UN Comtrade Database

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