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Wirtschaftsumfeld | Italien | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten

Lohnkosten

Italiens Arbeitskosten liegen deutlich unter den deutschen, fallen aber weiter durch anteilig hohe Nebenkosten auf. 

Von Oliver Döhne | Mailand

Löhne und Gehälter

Eine Arbeitsstunde kostete in Italien laut dem nationalen Statistikamt im Jahr 2022 im Durchschnitt 29,40 Euro, davon entfielen 21,20 Euro auf den Bruttoverdienst und 8,20 Euro auf Personalzusatzkosten. In der verarbeitenden Industrie waren es durchschnittlich 20,20 Euro Bruttoverdienst und 8,40 Euro Zusatzkosten. Beim Bruttoverdienst lag Italien damit recht deutlich unter dem deutschen Vergleichswert (30,30 Euro) und leicht unter dem Durchschnitt der Europäischen Union (22,90 Euro), bei den Zusatzkosten über dem europäischen Mittelwert (7,40 Euro). Gegenüber dem Vorjahr nahm der durchschnittliche Bruttoverdienst pro Stunde in Italien besonders im 4. Quartal zu (5,5 Prozent).Viele Firmen erhöhen die Löhne nur in strategischen Positionen und bieten sonst vermehrt leistungsbezogenen sonstige Benefits an. 

Entwicklung der durchschnittlichen Bruttojahreslöhne

2017

2018

2019

2020

2021

2022

nominal (in Euro)

25.693

26.226

26.307

26.485

26.660

27.468

reale Veränderung (in %)*)

0,7

2,1

0,3

0,7

0,7

3,0

*) gegenüber Vorjahr Quelle: Istituto Nazionale di Statistica (ISTAT) 2023

Mindestlohn wieder vom Tisch

Hatte der ehemalige Ministerpräsident Mario Draghi noch einen Mindestlohn geplant, was ja auch die Europäische Union anstrebt, bevorzugt die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni Maßnahmen wie Steuersenkungen für Niedrigeinkommen. Ansonsten gelten weiterhin die in den nationalen Tarifverträgen festgelegten Löhne für die jeweilige Branche und Berufsgruppe als unterstes Lohnniveau. Das gilt auch für Unternehmen, die kein Mitglied im Arbeitgeberverband sind und die Tarifabkommen nicht unterschrieben haben.  

Starke regionale Lohnunterschiede

Da die Tarifverträge in Italien nationale Geltung haben, existieren theoretisch keine regionalen Unterschiede - die Gewerkschaften wollen ein einheitliches Lohnniveau. In der Praxis hat sich ein Lohngefälle zwischen dem Norden und dem Süden des Landes herausgebildet, das nach Schätzungen bei etwa 10 Prozent (und mehr) liegt, wobei die höchsten Löhne im Großraum Mailand gezahlt werden.

Durchschnittliche Bruttojahreslöhne (in Euro)

2020

2021

2022

Veränderung 2022/21 (in %)*)

Landesdurchschnitt

26.485

26.660

27.468

3,0

Durchschnittslohn Arbeiter 

23.475

23.672

23.982

1,3

Durchschnittslohn Angestellte

28.763

28.920

30.105

4,0

*) realQuelle: Istituto Nazionale di Statistica (ISTAT) 2023

Auch zwischen kleinen und großen italienischen Unternehmen besteht ein deutliches Lohngefälle, das über 50 Prozent erreichen kann. Allerdings sind diese Angaben mit Vorsicht zu betrachten, denn Schwarzzahlungen sind bei Kleinunternehmen verbreitet, werden von Großunternehmen meist aber nicht praktiziert. Eine wichtige Rolle spielt auch die Berufserfahrung - langjährige Erfahrung wird mit erheblichen Zuschlägen vergütet.

Durchschnittliche Bruttojahreslöhne nach Branchen (in Euro)

2021

2022

Veränderung 2022/2021 (in %)

Insgesamt

26.660

27.468

3,0

Bauwirtschaft

26.387

26.955

2,1

Verarbeitendes Gewerbe, darunter

26.169

26.538

1,4

 Nahrungsmittel-/Getränkeindustrie

27.348

27.793

1,6

  Textilindustrie

23.016

23.302

1,2

  Chemische Industrie

28.790

29.131

1,2

  Gummi- und Kunststoffindustrie

26.690

27.153

1,7

  Maschinenbau

26.594

26.935

1,3

  Metallurgie

25.882

26.101

0,8

  Elektrotechnik/Elektronik

27.149

27.936

2,9

  Fahrzeugbau

27.665

28.136

1,7

Handel, Reparaturen

25.323

25.581

1,0

Quelle: Istituto Nazionale di Statistica (ISTAT) 2023

Nach Aussagen von deutschen Unternehmern liegen die Löhne für Arbeiter und Angestellte in Italien unter den Einkommen vergleichbarer Tätigkeiten in Deutschland. Wenn es aber um Leitungsfunktionen geht, sogenannte Dirigenti oder Quadri, sind die Einkommen vergleichsweise höher als in Deutschland. In dieser Kategorie sind auch die Arbeitgeberbeiträge zu den Sozialabgaben deutlich höher.

Durchschnittliche Bruttojahreslöhne nach ausgewählten Positionen

2022 (in Euro)*

Chief Executive Officer  (mittelgroßes Unternehmen)

ab 500.000

Finanzvorstand (CFO)

ab 150.000

Führungskräfte (dirigenti) 

119.173

Technischer Direktor (mehr als 10 Jahre Erfahrung)

ab 80.000

Angestellte mit erweiterten Kompetenzen (quadri)

61.004

Executive Assistent/Office Manager (mehr als 10 Jahre Erfahrung)

50.000

Buchhaltung (mehr als 5 Jahre Berufserfahrung)

ab 35.000

Arbeitskräfte mit teilweise erweiterten Kompetenzen (impiegati)

33.514

Einfache Arbeitskräfte (operai)

26.981

*) Führungskräfte hier nur fixer Lohnanteil; Werte können gemäß Berufserfahrung stark variierenQuelle: Posizioni Aperte, OD&M Consulting (2023)

Die Löhne und Gehälter, die in großen ausländischen Unternehmen gezahlt werden, entsprechen denen großer italienischer Unternehmen wie Leonardo, Eni oder Enel.

Bruttolöhne (Produktion) 1)

2020 (in Euro)

Veränderung 2020/2019 (in %)

Angelernte Arbeiterin (Tätigkeiten, die in wenigen Tagen zu erlernen sind und für die keine spezielle Berufsausbildung notwendig ist)2)

21.024 bis 27.814

0,0

Mitarbeiterin, die unter Aufsicht Tätigkeiten ausführt, für die eine mehrjährige Berufsausbildung erforderlich ist

24.192 bis 31.895

0,3

Ausgebildete Mitarbeiterin mit mehrjähriger, praktischer Berufserfahrung, die Aufgaben zuverlässig ohne Aufsicht durchführen und Fertigungsprozesse einrichten kann

25.946 bis 34.139

1,0

Mitarbeiterin mit mehrjähriger Erfahrung und Leitungsbefugnis, die als Vorarbeiterin die Arbeit von Produktionsbereichen verantwortet

26.696 bis 36.093

1,5

1) jährliches Grundgehalt im Durchschnitt; 2) zur besseren Lesbarkeit wird in dieser Tabelle bei den Berufsbezeichnungen die jeweilige Begrifflichkeit sowohl für die männliche als auch die weibliche Form verwendet Quelle: OD&M Consulting 2021

Weitere Lohnbestandteile

Die Zahlung eines 13. Monatsgehaltes vor Weihnachten ist üblich. In vielen Tarifverträgen wird außerdem die Zahlung eines 14. Monatsgehaltes festgeschrieben, das in der Regel im Juni ausgezahlt wird. Die Vereinbarung eines Jahresentgeltes ist möglich, das Entgelt darf aber die Summe aller im nationalen Tarifvertrag vorgesehenen Zahlungen nicht unterschreiten. Boni werden vor allem für Führungspersonal vereinbart - inzwischen enthalten circa 40 Prozent aller betrieblichen Tarifvereinbarungen eine variable Lohnkomponente. Üblich ist auch ein täglicher Essensgutschein (Pasto).

In den kollektiven nationalen Tarifverträgen (Contratto Collettivo Nazionale di Lavoro, CCNL) wird das Recht auf eine zusätzliche Tarifvereinbarung auf Betriebsbasis eingeräumt. Diese betriebliche Vereinbarung darf die Arbeitnehmer nicht schlechter stellen als der nationale Tarifvertrag, bietet aber die Möglichkeit, die Entwicklung der Produktivität zu berücksichtigen. Die betrieblichen Vereinbarungen sehen für Führungspersonal oft auch Lohnnebenleistungen in Form von Dienstwagen, Smartphones und anderen nicht-monetären Vergünstigungen vor. In norditalienischen Industrieunternehmen wird zum Ausgleich für die hohen Lebenskosten oft ein Produktionsbonus gezahlt.

Börsennotierte Unternehmen gewähren dem obersten Management in der Regel Aktienoptionen. Eine Gewinnbeteiligung hat sich in Großunternehmen ebenfalls durchgesetzt, spielt aber bei der großen Mehrheit der kleinen und mittleren Unternehmen meist keine Rolle. Provisionszahlungen sind bei Handelsvertretern üblich, sie orientieren sich an Branche, Produktart und Verkaufsvolumen.

Sozialversicherungsbeiträge

Die Lohnnebenkosten sind vergleichsweise hoch. Auf 100 Euro Bruttoverdienst zahlen Unternehmen etwa 39 Euro Lohnnebenkosten. Damit liegt Italien in Europa nur noch hinter Schweden und Frankreich. 

Größter Posten sind in Italien die Sozialversicherungsabgaben, die Contributi, aus denen Renten, Invaliditätszahlungen, Hinterbliebenen-Rente und Familienbeihilfe finanziert werden. Der Arbeitgeber führt hier einen Beitrag von etwa 31 Prozent des Bruttolohns an die Sozialversicherung INPS ab. Die Beitragssätze für Angestellte differieren nach Branche und Position.

Der staatliche Gesundheitsdienst, der Servizio Sanitario Nazionale (SSN), der allen Einwohnern eine weitgehend kostenlose Behandlung garantiert, wird zu rund einem Fünftel aus der regionalen Wertschöpfungssteuer IRAP, (Imposto Regionale sulle Attivitá Produttive) finanziert. Hierfür fallen in den wichtigsten Industrieregionen 3,9 Prozent des Unternehmensumsatzes an, in anderen Regionen bis zu maximal 4,8 Prozent. Hinzu kommt die obligatorische Arbeitsunfallversicherung, die in der Regel individuell für jeden Arbeitnehmer errechnet wird und zulasten des Arbeitgebers geht. Bei der Einstellung von besonders förderwürdigen Personen können Firmen den Arbeitgeberanteil der Sozialbeiträge reduzieren.

Sozialbeiträge 2023 (in Prozent der Bemessungsgrundlage)

Invaliditäts-, Alters- und Hinterbliebenenrenten (IVS) 

rund 33% (davon 9,19% Arbeitnehmer)1)

Einzahlung in die anzusparende Abfertigung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (trattamento fine rapporto, TFR)

etwa ein Monatslohn pro Jahr

Mutterschaftsgeld (contributo maternità), Familiengeld (Assegno Nucleo Familiare), Kurzarbeitskasse (CIG), Solidaritätsfonds, Pensionsfonds (Quota DS)

variieren nach Kriterien

Regionale Wertschöpfungssteuer IRAP (Teilfinanzierung des nationalen Gesundheitssystems)

3,9% - 4,82%2)

Arbeitsunfallversicherung (INAIL)

Circa 0,38% bis 0,4%3)

ASPI Arbeitslosenversicherung (Sonderabgabe für befristete Arbeitsverhältnisse)

1,4%, +0,5% bei jeder Verlängerung 1)

1) des Bruttolohns, variiert nach Branche, Alter, Firmengröße und Tätigkeit, 2023 für Niedrigeinkommen gesenkt; 2) auf Produktionskosten/Umsatz, variiert nach Region; 3) des Bruttolohns, variiert nach Alter, Tätigkeit und RisikoQuelle: Istituto Nazionale della Previdenza Sociale (INPS) 2023; Istituto Nazionale per l’Assicurazione contro gli infortuni sul Lavoro (INAIL) 2023

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