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E-Commerce legt auch in Corona-Zeiten kräftig zu

In Kasachstan wird Einkaufen per Internet immer populärer. Für wichtige Impulse sorgt Kaspi.kz, eine App, die bereits die halbe Bevölkerung des Landes verwendet.

Von Jan Triebel | Almaty

Die Aussichten für den Online-Einzelhandel in Kasachstan sind ausgezeichnet. Der Gründer und Vorstandschef von Chocofamily, Ramil Muchorjapow, hält bereits für 2024 ein Marktvolumen von umgerechnet 8,5 Milliarden US-Dollar (US$) für möglich­ - eine Vervielfachung gegenüber dem aktuellen Stand. Seine Unternehmensgruppe ist einer der größeren Akteure im kasachischen Onlinehandel.

In einem Pressegespräch sagte Muchorjapow zudem voraus, dass sich der Anteil der über das Internet abgewickelten Einkäufe am Gesamtumsatz des Einzelhandels rasant erhöhen wird. Innerhalb der kommenden fünf bis sieben Jahre rechnet er damit, dass der Beitrag auf 40 Prozent und mehr zulegen könnte. Im Vergleich dazu: Basierend auf Daten des staatlichen Büros für Statistik machte der Onlinehandel 2020 erst gut 4 Prozent vom Gesamtergebnis des Einzelhandels aus.

Onlineumsätze 2020 mehr als verdoppelt

Wie zutreffend die Prognosen des Chefs der Chocofamily-Gruppe sind, wird sich im Laufe der Zeit zeigen. Fest steht jedenfalls: Kasachstans E-Commerce befindet sich in einer Phase kräftigen Wachstums und hat sich auch in einem von der Coronakrise stark geprägten Umfeld bemerkenswert entwickelt.

Während der private Konsum 2020 um fast 4 Prozent nachgab und der Einzelhandel Verluste in ähnlicher Höhe einfuhr, gelang es den Internetshops, ihre im Privatkundengeschäft erzielten Umsätze zu verdoppeln. Mit umgerechnet knapp 1,2 Milliarden US$ stiegen ihre Verkaufserlöse um rund 114 Prozent gegenüber dem Vorjahr an, so das Büro für nationale Statistik.

Dabei erhöhte sich die Zahl der online abgewickelten Einkäufe mit etwa 89 Millionen um mehr als das Dreifache. Hauptschwerpunkt ist Kasachstans größte Stadt Almaty, deren nahezu 2 Millionen Einwohner 2020 gut 93 Prozent aller Internet-Einkäufe tätigten und etwa zwei Drittel aller Onlineumsätze generierten.

Bedarf für Homeoffice besonders gefragt

Bei den im E-Commerce bestimmenden Warengruppen gab es zuletzt strukturelle Verschiebungen. Da pandemiebedingt auch in Kasachstan große Teile des stationären Einzelhandels wochenlang geschlossen blieben und das Homeoffice gleichzeitig ein wichtiger Arbeitsplatz wurde, zog die Nachfrage in den E-Shops insbesondere bei Bürobedarf, Computertechnik und Mobilfunkgeräten 2020 stark an.

So lagen die Verkäufe von Büromaterialien dem Wert nach annähernd um das 15-Fache höher als im Vorjahr, so Daten des Büros für nationale Statistik. Diese Warengruppe avancierte sogar zum neuen Hauptumsatzträger im Onlinehandel des Landes. Des Weiteren verzeichnete der Absatz von PC-Technik eine Verdreifachung; der von Mobilfunkgeräten und ihrem Zubehör verdoppelte sich.

Gleichzeitig verloren andere Produktgruppen zum Teil deutlich an Bedeutung. So etwa Kosmetika und Körperpflegemittel, welche die wichtigsten Umsatzbringer im kasachischen E-Commerce des Jahres 2019 waren. Anbieter dieser Erzeugnisse hatten in Coronazeiten im Onlinegeschäft innerhalb eines Jahres wertmäßig einen Absatzeinbruch um 47 Prozent hinzunehmen.

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Die Hälfte der Bevölkerung nutzt Kasachstans Super-App

Außerdem hat sich der Trend hin zum Smartphone als Hauptinstrument zum Abwickeln von Onlineeinkäufen weiter verstärkt. Für 2019 lag der entsprechende Anteil bei 80 Prozent, ein Jahr später bei 88 Prozent. Experten führen diese Entwicklung vor allem auf den Erfolg von Kaspi.kz zurück, der "Super- App" in Kasachstan schlechthin.

Für den Onlinehandel im Land hat diese längst den Status als wichtigster Treiber erlangt. Im Pandemie-Jahr 2020 liefen über Kaspi.kz Schätzungen zufolge 46 Prozent aller privaten Transaktionen. Marketplace, die in der Super App integrierte Plattform für den E-Commerce, setzte 2020 Waren und Dienstleistungen für umgerechnet knapp 2 Milliarden US$ um. Auf Dollarbasis entsprach dies einem Zuwachs um knapp 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr, so Kaspi.kz im Geschäftsbericht 2020.

Im Zuge der Coronakrise gelang es den Machern, den bereits überaus hohen Popularitätsgrad der App weiter zu steigern. Über das Jahr hinweg zog die Zahl ihrer aktiven Nutzer um 59 Prozent auf etwa 9,1 Millionen an - bei einer Gesamtbevölkerung Kasachstans Ende 2020 von knapp 18,9 Millionen.

Weitere Online-Größe aus Russland drängt auf den Markt

Der Erfolg von Kaspi.kz und die guten Aussichten für den E-Commerce in Kasachstan bleiben auch im Ausland nicht unbemerkt. Wenig überrascht hat daher auch die im Frühjahr 2021 erfolgte Ankündigung von Ozon, einem der führenden russischen Onlinehändler, noch 2021 mit einem eigenen Webshop in den kasachischen Markt einzusteigen. Zur Strategie von Ozon zählt dabei, seine Handelsplattform für Firmen aus Kasachstan zu öffnen, was diesen den Absatz ihrer Waren an Kundschaft in Russland wesentlich erleichtern wird.

Daneben können kasachische Akteure seit Mitte 2021 auch die Verkaufskanäle von Wildberries nutzen, einem weiteren aus dem Nachbarland Russland stammenden Akteur des E-Commerce. Im Gegensatz zu Ozon ist Wildberries in Kasachstan bereits bestens etabliert; das Unternehmen vertreibt dort bereits seit 2014 vor allem Bekleidung und Schuhe online. Neben Russland und Kasachstan ist Wildberries in einem Dutzend weiterer Länder aktiv, darunter seit Anfang 2021 in Deutschland.

Mehr Optionen für kasachische Waren auf internationalem Parkett

Recht neu ist auch, dass Interessenten aus Kasachstan über die Plattform von Amazon Auslandsmärkte erreichen können. Die Möglichkeit für kasachische Akteure, eigene Shops auf einem der weltweit größten Portale für den Onlineversandhandel zu betreiben, besteht seit Mitte Mai 2021.

Die chinesische Alibaba-Gruppe, einer der großen Wettbewerber von Amazon, hatte bereits zu einem früheren Zeitpunkt damit begonnen, mit Firmen aus Kasachstan zusammenzuarbeiten. Das Ministerium für Handel und Integration in Nur-Sultan ging Ende 2020 von etwa 100 Anbietern mit kasachischer Herkunft aus, die auf der Handelsplattform der Chinesen, AliExpress, aktiv waren.

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