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Branchenbericht | Ostafrika | Nahrungsmittel-, Verpackungsmaschinen

Ostafrika bemüht sich um mehr Nahrungsmittel-Wertschöpfung

Brauereien und Wasserabfüller tätigen nach der Coronapandemie wieder Investitionen. Im Nahrungsmittelmarkt holt Äthiopien auf - es gibt aber Strukturschwächen. (Stand: 27.04.2023)

Von Ulrich Binkert | Bonn

Getränkehersteller investieren wieder

Fortlaufende Beschaffungen von Technik können Maschinenanbieter in Ostafrika für die Herstellung von Getränken erwarten. Marktbeobachter sehen in der Region eine hohe Nachfrage an alkoholischen Getränken; so prognostiziert die Imarc Group für 2022 bis 2027 ein fast zweistelliges Plus pro Jahr. Bereits vor Ende der Coronapandemie hatte es vermehrt Nachrichten über Investitionen gegeben, so von Brauereien in Kenia und Äthiopien. In Äthiopien nahmen zudem große Anlagen zur Herstellung von Braugerste die Produktion auf. Einen Überblick über Konsumtrends in Afrika gibt eine aktuelle Studie des Marktforschungsinstituts Euromonitor.

Brauereien in Ostafrika gehören im Wesentlichen europäischen Konzernen wie Heineken oder Castell. Anders ist dies im boomenden Trinkwasser-Geschäft in Äthiopien. Dort ist in den letzten Jahren eine Vielzahl von Abfüllunternehmen in den Markt eingestiegen. Nun erwarten Branchenvertreter aber eine Konsolidierung: Waren bisher fast nur billige und kleine Anlagen aus China oder der Türkei gefragt, setzen größere Hersteller nun offenbar auf leistungsfähige Technik aus Europa.

Äthiopien überrundet Kenia

Äthiopien, das Kenia 2019 und 2020 bei den Importen für Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen überholt hatte, löste 2022 Kenia als größte Volkswirtschaft in Ostafrika ab. Nach Daten des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat das Land makroökonomisch die Coronakrise am besten überstanden. Zwischen 2019 und 2022 wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Schnitt um real gut 6 Prozent, während es in den südlichen großen Nachbarländern eher 4 Prozent waren.

Äthiopiens Wirtschaft wächst am schnellsten *)

Land

Wachstumsrate in %

Äthiopien

6,2

Kenia

4,2

Ruanda

4,6

Tansania

4,8

Uganda

3,2

*) BIP-Veränderung, real, 2019-2022 pro Jahr im SchnittQuelle: Internationaler Währungsfonds (IWF): WEO April 2023

Äthiopien sowie Uganda und Ruanda haben zuletzt auch bei der Wirtschaftsleistung pro Kopf aufgeholt. Sie wuchs dort nach den IWF-Daten von 2020 bis 2022 etwa doppelt so schnell wie in Kenia und Tansania. In Kenia erwirtschaftet ein Einwohner aber immer noch rund doppelt so viel wie in den Nachbarländern.

Wirtschaftskraft 2020 (gemessen am BIP): Kenia liegt noch vorne

Land

BIP (in Mrd. US$)

BIP/Kopf (in US$)

Äthiopien

                  97

                969

Kenia

                101

             2067

Ruanda

                  10

                804

Tansania

                  66

             1130

Uganda

                  38

                910

Quelle: IWF 2023

In den letzten Jahren waren Uganda und Äthiopien relativ gute Kunden von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen: Pro erwirtschaftetem Dollar der Gesamtwirtschaft importierten diese Länder mehr als Kenia und Tansania. In dieser Betrachtung fällt der auch in absoluten Zahlen kleine Markt Ruanda nochmal deutlich ab.

Technikimporte unterschiedlich intensiv *)

Land

Wert

Äthiopien

               1,37

Kenia

               1,24

Ruanda

               0,83

Tansania

               1,23

Uganda

               1,46

*) Importe von Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen (in US$, 2018 bis 2021 im Jahresschnitt) pro 1.000 US$ BIP (2020)Quelle: VDMA 2023; IWF 2023; GTAI-Berechnungen 2023

Getreide und Brot - wie Technikmärkte ticken

Wie sich Technikmärkte um die Nahrungsmittelverarbeitung bewegen, zeigt sich in Ostafrika bei Getreide. Als Hersteller von Brot nennt die Welternährungsorganisation (FAO) der Vereinten Nationen unter den größeren Ländern für 2020 praktisch nur Kenia. Auch für Äthiopien hat die FAO für 2020 noch keine Produktionsdaten. Dies dürfte sich aber ändern: In Äthiopien verschieben sich Ernährungsgewohnheiten und öffnen industrielle Bäckereien - und seit 2018 hat das Land deutlich mehr gewerblich genutzte Backöfen importiert als Kenia.

Produktion *) von Bier und ausgewählten Nahrungsmitteln

Produkt

Kenia

Tansania

Äthiopien

Uganda

Ruanda

Bier

                430

                450

                900

                360

                220

Zucker

                772

                340

                335

                436

                  47

Weizenmehl

             1.571

                779

             3.593

                460

                  91

Maismehl

             3.265

             3.600

             5.890

             2.722

                361

Brot

346

0

k.A.

3

k.A.

*) jeweils 2020 und in 1.000 Tonnen; Bier: 2021 und in Millionen LiterQuelle: FAO 2023; Barth-Haas (Bier) 2023

Das Beispiel Brot zeigt aber die im regionalen Kontext immer noch weite Entwicklung von Kenias Nahrungsmittelindustrie, gerade im Vergleich zu Äthiopien. Während Kenia auch Gebäck, Cerealien und andere stark verarbeitete Nahrungsmittel auf Getreidebasis herstellt, produziert Äthiopien vor allem viel Mehl für seine rund doppelt so große Bevölkerung. Impulse für die Weiterverarbeitung kommen in Kenia auch aus dem Einzelhandel, der in Afrika als am zweitmeisten entwickelt gilt. In Kenia eröffnen laufend neue Geschäfte, während es in Äthiopien immer noch keine größeren Supermarktketten gibt.

Wertschöpfungs-Initiativen stoßen an Grenzen

Es gibt in Ostafrika immer wieder Pläne der Politik, die Produktion von Agrargütern und Nahrungsmitteln zu erhöhen. Und zwar auch jenseits von Bier, Wasser oder Softdrinks, wo hohe Transportkosten lange Importwege verbieten. Ergebnisse dieser Ankündigungen, die im Erfolgsfall auch das Geschäft der Technikanbieter anschieben würden, sind jedoch schwer abzuschätzen. Äthiopien zum Beispiel konnte zuletzt auf Basis einer Sektor-Entwicklungsstrategie seine Weizenproduktion erhöhen und Importe ersetzen. Pläne für eine Verbesserung der Baumwollproduktion scheinen hingegen trotz langjähriger Anstrengungen immer noch nicht zu greifen.

Entsprechend zurückhaltend bewerten Beobachter in Äthiopien die kürzliche Ankündigung eines Vierjahresplans vonseiten des Agrarministeriums. Demnach würde das Land fast doppelt so viel Milch und mehr als dreimal so viele Hähnchen erzeugen. Ein Stück weiter sind die Behörden mit Plänen, den Devisenfresser Speiseöl durch einheimische Produkte zu ersetzen. Tatsächlich gingen in den letzten Jahren große Speiseölfabriken in Betrieb. Deren Wertschöpfung beschränkt sich aber noch vielfach auf die Fertigstellung von Palmöl aus Südostasien.

Kaffee wird weiterhin im Ausland veredelt

Auch bei Kaffee finden sich wenig Hinweise auf eine stärkere Verarbeitung in den ostafrikanischen Anbauländern selbst. Für Äthiopien und Uganda ist Kaffee das mit Abstand wichtigste Exportprodukt. Uganda exportiert über 95 Prozent der Bohnen als grünen Kaffee, wenn auch "sekundär aufbereitet". Bei Äthiopien ist es ähnlich, auch wenn das Land als "Kaffeetrinkernation" die halbe Erzeugung selbst verbraucht.

Es gibt immer wieder Initiativen für mehr Wertschöpfung. Offenkundig ist es aber schwer, in einem Markt mit starken und lange etablierten Playern näher an die Verbraucher in den Industrieländern heranzukommen. So nennt Ugandas 15-Jahre-Sektor-Plan von 2017 als Ziel, mehr private Investoren anzuziehen - aber lediglich für das Waschen der Bohnen und für das Rösten von Kaffee, für Märkte mit einfacheren Produkten im Inland und anderen Ländern Ostafrikas.

Selbst die Produktion von Kaffeebohnen könnte in Uganda zurückgehen, fürchten nun manche Beobachter. Business Focus verweist dafür auf Pläne der Regierung, die für Kaffee spezialisierte Behörde im Landwirtschaftsministerium aufgehen zu lassen. Im benachbarten Kenia habe ein ähnliches Vorgehen dazu beigetragen, dass die Kaffeeproduktion dort im letzten Jahrzehnt um gut zwei Drittel gesunken sei.

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