Wasser ist ein knappes Gut in der Region Nahost und Nordafrika (MENA). Trockenheit und Bevölkerungswachstum erhöhen die Anforderungen für eine effiziente Nutzung der verfügbaren Wasserressourcen. Bislang werden mehr als 80 Prozent der Abwässer der Region nicht wiederverwertet. Vielerorts macht alleine die Landwirtschaft mehr als drei Viertel des Wasserverbrauchs aus. Die Wasserqualität hingegen ist aufgrund veralteter oder mangelhafter Anlagen und Technik oft unzureichend.
Deutsches Know-how stark nachgefragt
Daraus resultieren vielfältige Chancen für deutsche Anbieter von Produkten und Dienstleistungen aus dem Wassersektor – etwa in den Bereichen Kläranlagenbau, technische Ausrüstungen, Technik für Kanalisationsnetze, Beratung zur Effizienzsteigerung, landwirtschaftliche Bewässerung, Pumpstationen oder Abwasserbehandlung, Reststoffverwendung und Klärschlamm-Behandlung. Dass einige Länder milliardenschwere Programme aufgesetzt haben, um den Herausforderungen im Wassersektor entgegenzuwirken und die Liberalisierung und Privatisierung voranzutreiben, bestärkt das wachsende Interesse deutscher Unternehmen. Viele haben die Chancen des Marktes bereits erkannt und sehen neben der Wertschätzung von verlässlichen Produkten »made in Germany« auch eine steigende Nachfrage nach innovativen Lösungen.
Kooperation als Erfolgsmodell
Insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen birgt die Region jedoch auch Herausforderungen – politische Spannungen, komplizierte rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen, die Suche nach vertrauenswürdigen Geschäftspartnern oder die Absicherung von Investitionen und Exporten erschweren den Einstieg oftmals. Der rege Austausch zwischen wirtschaftlichen Akteuren aus Deutschland und den MENA-Ländern trägt spürbar dazu bei, bestehende Hürden abzubauen – befördert durch die verstärkte Kooperation zwischen Akteuren der deutschen Entwicklungszusammenarbeit und Außenwirtschaft sowie lokalen Verbänden.
Die Region im Überblick
Die Staaten der MENA-Region gehören zu den Ländern, die weltweit am meisten unter Wassermangel leiden. Weltweit stehen jedem Menschen im Jahr durchschnittlich 7.500 Kubikmeter Wasser zur Verfügung. In der MENA-Region sind es jedoch lediglich knapp 750 Kubikmeter Wasser. Allein von den 22 arabischen Staaten leiden 18 unter Wasserarmut – die bei weniger als 1.000 Kubikmeter Wasser pro Kopf und Jahr beginnt. Nach Angaben der Vereinten Nationen (United Nations, UN) hatten 8 Prozent der arabischen Bevölkerung – rund 50 Millionen Menschen – im Jahr 2017 keinen Wasseranschluss. Der Anteil der Bevölkerung mit einem Wasseranschluss stieg seit der Jahrtausendwende um acht Prozentpunkte an. Während jedoch in den Städten schon 97 Prozent einen Wasseranschluss haben, sind es auf dem Land erst 84 Prozent. In den einzelnen Ländern gibt es teilweise noch deutlich stärkere Unterschiede zwischen Land und Stadt. In Marokko haben etwa 96 Prozent der städtischen Bevölkerung einen Wasseranschluss, auf dem Land dagegen nur 65 Prozent.
Zuverlässige Wasserversorgung wird schwieriger
Die prekäre Wasserversorgung in der Region wird sich in Zukunft noch verschärfen. Einflussreiche Faktoren für die Wasserversorgung werden weiterhin wachsende Bevölkerungszahlen, die Urbanisierung, der Klimawandel und politische sowie möglicherweise auch militärische Konflikte sein. Die Bevölkerung in der MENA-Region hat sich zwischen 1959 und 2017 von 110 Millionen auf 569 Millionen Menschen mehr als vervierfacht. Bis zum Ende des Jahrhunderts könnte sich die Bevölkerung Prognosen der UN zufolge noch einmal verdoppeln. Die bereits heute zu knappen Wasserressourcen pro Kopf werden dann auf noch mehr Menschen verteilt werden müssen.
Nachhaltige Entwicklungsziele erfordern hohe Investitionen
Die Nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) sehen vor, dass bis zum Jahr 2030 alle Menschen über einen Wasseranschluss verfügen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten nach Angaben der Weltbank die Staaten in Nordafrika und im Mittleren Osten bis 2030 jährlich jeweils 579 Millionen US-Dollar (US$) für eine einfache Trinkwasserversorgung (»Basic Water«) der Bevölkerung ausgeben. Für eine sichere Trinkwasserversorgung müssten sie jährlich 3,3 Milliarden US$ bezahlen. Die Kosten für eine sichere Trinkwasserversorgung beliefen sich in Nordafrika damit auf 0,58 Prozent des jährlichen Bruttoinlandprodukts (BIP) und im Mittleren Osten auf 0,36 Prozent des jährlichen BIP.
Die zunehmende Urbanisierung ist zugleich eine Chance wie auch eine Herausforderung. Die Kosten für den Aufbau einer Infrastruktur sind in den Städten durchschnittlich günstiger. Eine Reihe von Städten, wie zum Beispiel Kairo, wachsen jedoch so schnell und teilweise auch ungeplant, dass ein Großteil der Bevölkerung bisher gar nicht oder nur unzureichend mit Wasser versorgt werden. Die Versorgung dieser meist sehr armen Bevölkerungsschichten stellt für eine Reihe von Staaten eine erhebliche soziale und finanzielle Herausforderung dar.
Der Klimawandel wird in der MENA-Region erhebliche Auswirkungen haben. So rechnet das Max-Planck-Institut etwa mit deutlich heißeren Sommern. Die Durchschnittstemperatur könnte bereits Mitte des Jahrhunderts um durchschnittlich 4 Grad Celsius wärmer sein. Am Ende des Jahrhunderts könnte die Temperatur sogar um bis zu 6 Grad Celsius über den Durchschnittstemperaturen zu Anfang des Jahrhunderts liegen. Auch die Niederschläge könnten in Teilen der Region zurückgehen. Außerdem könnte der Nil – die wichtigste oberirdische Wasserquelle der Region – in Zukunft deutlich weniger Wasser führen. In der Ursprungsregion des Nils fiel bereits in den vergangenen Jahren deutlich weniger Regen. Diese Entwicklung wird sich voraussichtlich in den kommenden Jahren weiter verstärken.
Schließlich besteht die Gefahr, dass Wassermangel zu Konflikten führt und Konflikte wiederum Wassermangel hervorrufen. Der Streit um Wasserressourcen belastet bereits das Verhältnis von Staaten wie Ägypten, Äthiopien und Sudan, die gemeinsam das Wasser des Nils nutzen. Zudem führen Konflikte zur Zerstörung von Wasserinfrastruktur und dem Verlust von Know-how durch den Weggang von ausgebildetem Fachpersonal. Nach Angaben der Weltbank waren etwa in Syrien im Jahr 2017 bereits 57 Prozent der Pumpstationen und 30 Prozent der Wasserbecken beschädigt. Außerdem bedeuten Konflikte eine erhebliche Belastung für die Wassersysteme der Länder, die viele Geflüchtete aufnehmen.
Grundwasser wird nicht nachhaltig genutzt
Das Grundwasser ist für viele Staaten der MENA-Region die wichtigste Wasserquelle. Die meisten Grundwasservorkommen werden jedoch nicht nachhaltig bewirtschaftet. Da der Verbrauch des Grundwassers deutlich höher ist als die Menge, die wieder nachfließt, gehen die Grundwasservorräte kontinuierlich zurück.
Beispiel Jordanien: Das Königreich gehört zu den fünf wasserärmsten Ländern dieser Welt. Der jährliche Wasserbedarf in Höhe von 1 Milliarde Kubikmeter wird zum größten Teil aus Grundwasser gewonnen. Von den vorhandenen zwölf Grundwassersenken werden nur bislang zwei nachhaltig bewirtschaftet. Sechs Grundwasservorkommen werden dagegen überbeansprucht. Derzeit werden rund 200 Millionen Kubikmeter mehr Wasser entnommen als wieder nachfließt. Dadurch geht der Grundwasserspiegel in den meisten Regionen Jordaniens kontinuierlich zurück.
Qualifizierte Fachkräfte für effizientes Wassermanagement
Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH unterstützt im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) die Regierung Jordaniens seit vielen Jahren bei der Entwicklung einer nachhaltigen Wasserstrategie. Eine Komponente ist die Ausbildung von Fachpersonal. Denn von dem zur Verfügung stehenden Wasser geht über die Hälfte verloren: Ein kleiner Teil durch illegale Nutzung und ein erheblicher Teil von bis zu 40 Prozent durch den Verlust beim Transport. Durch den Bau und die Instandsetzung eines besseren Wasserversorgungssystems könnte eine erhebliche Menge an Wasser eingespart werden.
Von Michael Monnerjahn
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Bonn