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Europäischer Spitzenreiter bei Hausgeräten
Polen war 2021 nach Produktionswert größter Hersteller von Hausgeräten in der EU. Viele Geräte gehen in den Export. Allerdings trüben sich im In- wie Ausland die Aussichten ein.
25.05.2022
Von Beatrice Repetzki | Berlin
Rund 2,4 Milliarden Euro gaben die Menschen in Polen 2021 für weiße Ware aus. Das entspricht auf Złoty-Basis einer nominalen Steigerung um 19 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das geht aus Erhebungen des Marktforschungsunternehmens GfK Polonia hervor. Zur Konsumfreudigkeit trug wohl auch die anziehende Inflationsrate bei: Konsumenten investieren ihr Geld lieber in langlebige Konsumgüter und hochwertige Hausgeräte, statt das Geld bei niedriger Verzinsung zu sparen.
Inlandsnachfrage schwächt sich 2022 ab
Allerdings setzte sich dieser kräftige Wachstumstrend im 1. Quartal 2022 nicht fort. Laut dem Statistischen Hauptamt GUS blieben die Umsätze des Einzelhandels bei Möbeln sowie Audio-, Video- und Hausgeräten gegenüber dem 1. Quartal 2021 inflationsbereinigt weitgehend stabil (+0,4 Prozent). Im Jahr 2021 hatte der Zuwachs noch 5,8 Prozent gegenüber 2020 betragen. Während der Coronakrise haben viele Menschen in Polen neue Einrichtungsgegenstände und Haushaltsgeräte angeschafft. Dadurch macht sich nun eine gewisse Marktsättigung bemerkbar.
Im 1. Quartal 2022 legte der mengenmäßige Absatz von weißer Ware in Polen laut dem Branchenverband der Hersteller von Hausgeräten APPLiA Polska gegenüber dem 1. Quartal 2021 nur um 4 Prozent zu (1. Quartal 2021: +22 Prozent). In den ersten drei Monaten 2022 wurden vor allem Geschirrspülmaschinen (+25 Prozent), Herde (+14 Prozent) und Mikrowellenöfen (+13 Prozent) stark nachgefragt. Während die Nachfrage nach Waschmaschinen stabil blieb, sank sie bei Kühlschränken (-5 Prozent) und Wäschetrocknern (-7 Prozent).
Kaffeemaschinen bei Konsumenten beliebt
Unter den Kleingeräten erfreuen sich in Polen insbesondere Kaffeemaschinen großer Beliebtheit. Die Ausgaben dafür erreichten im 1. Halbjahr 2021 laut GfK 116,4 Millionen Euro. Damit liegt Polen in Europa nur hinter Deutschland (533 Millionen Euro) und Frankreich (242,3 Millionen Euro). Besonders gefragt sind technologisch aufwendige Kaffeevollautomaten im höheren Preissegment. Auf sie entfallen laut GfK Polonia fast zwei Drittel der Ausgaben (64,4 Prozent).
APPLiA Polska beziffert die inländischen Verkäufe von Kaffeemaschinen (ohne solche zum Einbauen und ohne Kaffeekapselmaschinen) 2020 auf 212,5 Millionen Euro (2019: 191,6 Millionen Euro, auf Złoty-Basis +14,6 Prozent). In den ersten zehn Monaten 2021 lagen sie demnach bereits bei 180,8 Millionen Euro. Branchenkenner gehen auf Złoty-Basis auch 2021 von einem zweistelligen Zuwachs aus.
Teilemangel bremst den Produktionsanstieg
Nach zumeist zweistelligen Zuwachsraten im Jahr 2021 ging im 1. Quartal 2022 der Output von großen Elektrogeräten merklich zurück. Das gilt insbesondere für Waschmaschinen. Aufgrund unterbrochener Lieferketten mangelt es einigen Herstellern an Komponenten und Bauteilen, wie der Vorsitzende von APPLiA Polska, Wojciech Konecki, bestätigt. Im Jahr 2021 hatte die Produktion von Geschirrspülmaschinen und Staubsaugern besonders stark zugenommen.
2021* | Veränderung 2021/20 | 1. Quartal 2022* | Veränderung zum 1. Quartal 2021 | |
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Computer | 3.490 | 3,8 | 990 | 28,7 |
Fernsehgeräte | 19.326 | 15,7 | 5.058 | 10,3 |
Automatische Waschmaschinen | 7.013 | 3,5 | 1.562 | -21,1 |
Geschirrspüler | 5.886 | 19,1 | 1.561 | -3,6 |
Kühlschränke, Tiefkühler | 3.952 | 12,3 | 906 | -10,3 |
Elektroherde | 1.603 | 13,6 | 350 | -8,4 |
Gasherde mit Backofen | 302 | 14,3 | 45,2 | -45,1 |
Staubsauger | 1.250 | 22,1 | 271 | -11,1 |
Polen stieg 2021 auch wertmäßig zum größten Hersteller von Hausgeräten in der Europäischen Union (EU) auf und hält einen Anteil von 30 Prozent (Deutschland 29 Prozent). Mengenmäßig war das Land schon länger führend, wobei der Anteil an der EU-Produktion 2021 auf 39 Prozent zulegte.
In Polen gibt es 35 Fabriken für Hausgeräte. Die meisten davon gehören zu internationalen Konzernen. 2021 wurden laut APPLiA Polska 27,2 Millionen Stück weiße Ware hergestellt. Das waren rund 3 Millionen Stück mehr als 2020. Die Branche selbst beschäftigt rund 31.000 Mitarbeitende. Bei Berücksichtigung von Zulieferern und Dienstleistern sind es mehr als 100.000 Personen.
Samsung investiert in zusätzliche Kapazitäten
Der koreanische Konzern Samsung Electronics Poland Manufacturing will seine Produktionsstätten erweitern und später eine neue Fabrik errichten. Dadurch erhöht sich seine Jahreskapazität von 4 Millionen auf 5,2 Millionen Hausgeräte. Das gesamte längerfristige Vorhaben soll rund 194 Millionen Euro kosten und kann auf einen öffentlichen Zuschuss in Höhe von 19 Millionen Euro hoffen. Die Hersteller von Hausgeräten investieren seit Jahren kräftig in Polen.
Die Produktionszuwächse erhöhten 2021 auch die Exporte. Insgesamt 26 Millionen Stück weiße Ware führte Polen für 5,3 Milliarden Euro aus. Hauptabnehmer war Deutschland mit einem Anteil von 23 Prozent vor Frankreich und dem Vereinigten Königreich mit jeweils 11 Prozent, Italien (9 Prozent) und Russland (6 Prozent). Für 2022 befürchtet das Polnische Wirtschaftsinstitut (Polski Instytut Ekonomiczny; PIE) jedoch einen Rückgang der Ausfuhren. Der Grund sind steigende Rohstoffpreise, unterbrochene Lieferketten, wegfallende Märkte und eine insgesamt eingetrübte Weltkonjunktur.