Wirtschaftsumfeld | Russland | Sanktionen
Russische Zentralbank: "Reserven sind endlich"
Die Chefin der Zentralbank stimmt die Öffentlichkeit in Russland auf eine anhaltend hohe Inflation und einen tiefen Strukturwandel im realen Sektor des Landes ein.
20.04.2022
Von Hans Peter Pöhlmann | Bonn
Am 18. April 2022 ließ eine Erklärung von Russlands Zentralbankchefin Elvira Nabiullina aufhorchen: Die russische Wirtschaft zehre von den noch vorhandenen Reserven, jedoch gingen diese allmählich zur Neige. Dies zwinge zu einem Strukturwandel und zur Suche nach neuen Geschäftsmodellen. Die "Transformation" der Wirtschaft beginne bereits im 2. und 3. Quartal 2022.
Die Äußerungen relativieren die Position der Regierung, der zufolge die westlichen Sanktionen schnell abgefedert werden können. Noch am 11. April hatte das Wirtschaftsministerium erklärt, die russische Wirtschaft könne sich innerhalb eines Jahres auf dem Niveau von Ende 2021 stabilisieren.
Die oberste Währungshüterin führte aus, dass sich die westlichen Sanktionen bisher vor allem auf das Finanzsystem ausgewirkt hätten. Nun sei zunehmend auch der reale Sektor betroffen. Sanktionen bei Importen und Exporten sowie Engpässe im Transport- und Logistiksektor zwängen russische Hersteller und Exporteure dazu, neue Partner und Transitwege zu suchen. Unterbrochene Lieferketten und Sanktionen im Warenverkehr erforderten die Umstellung auf Produkte früherer Generationen.
Nach den Prognosen der Weltbank vom April 2022 wird das russische Bruttoinlandsprodukt bis Ende des Jahres um 11,2 Prozent schrumpfen. Die Inflation liegt mit aktuell 17,5 Prozent im Vorjahresvergleich auf dem höchsten Wert seit über 20 Jahren. Die Zentralbankchefin rechnet damit, dass das Inflationsziel von 4 Prozent pro Jahr nicht vor 2024 erreicht wird.
