Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branchen | Türkei | Bau

In der Bauwirtschaft geht es aufwärts

Der Branchenverband erwartet ein Wachstum im Bauwesen. Vor allem die Vorhaben bezüglich Infrastruktur, Industrie und Logistik sowie die Baustoffproduktion entwickeln sich positiv.

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

Die weltweite Bauindustrie ging stark angeschlagen aus der Coronapandemie hervor. Der Verband der türkischen Baumaterialienproduzenten IMSAD (Türkiye İnşaat Malzemesi Sanayicileri Derneği) erwartet in seiner Juli-Prognose nun ein Plus für 2021 von real 3 Prozent. Maßgeblich für diese positive Entwicklung ist ein Basiseffekt aus den Rückgängen 2019 und 2020. Die Wirtschaftstätigkeit blüht auf und die Exportnachfrage bei Baumaterialien steigt an. Insbesondere, dass Geschäfte wieder öffnen durften und Coronamaßnahmen abgeschafft wurden, erleichtert den Auftrieb im Baugewerbe. Das Jahr 2020 schloss die Branche trotz zinsgünstiger Kredithilfen mit einem Minus von 3,5 Prozent ab. 

Analysten prognostizieren größeres Wachstum 

Die Entwicklung in der Baubranche könnte besser ausfallen, als die im Juli von IMSAD prognostizierten 3 Prozent. Die Annahme basiert auf einem Wirtschaftswachstum in der Türkei von 4 Prozent. Analysten haben ihre Prognosen seit Sommer 2021 deutlich nach oben korrigiert. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet für 2021 mit einem Wachstum von real 9 Prozent, bevor es 2022 wieder auf rund 3 Prozent fallen soll. 

Trotz der Wachstumsaussichten haben sich viele makroökonomische Kennzahlen 2021 verschlechtert. Die finanzielle Lage der Türkei ist durch eine expansive Geldpolitik der Zentralbank geschwächt. Die Türkische Lira (TL) hat deutlich an Wert verloren, die Inflation ist hoch, das Außenhandelsdefizit ist rasant gestiegen und die Währungsreserven sind niedrig. Analysten gehen davon aus, dass die Wechselkursschwäche der Türkischen Lira anhalten und die Inflation hoch bleiben wird.

Prognosen für die Entwicklung der türkischen Bauwirtschaft

2020/2019

2021/2020*

Wirtschaftswachstum (in %)

1,8

4,0

Wachstum der Baubranche (in %)

-3,5

3,0

Wachstum des Inlandsmarktes Baustoffe (in %, zu aktuellen Preisen)

8,1

20,0

Baumaterialien Inlandsmarkt (in Mrd. TL)

4081)

4902)

Wachstum der Baustoffexporte (in %)

-1,5

12,0

Baustoffexport (in Mrd. US$)

21,21)

23,72)

*Prognose; 1) Im Jahr 2020; 2) Im Jahr 2021; TL= Türkische LiraQuelle: Verband der Baustoffhersteller İMSAD 2021

Mehr Baugenehmigungen für Industrie- und Logistikflächen

Die Anzahl der Baubewilligungen im ersten Halbjahr 2021 zeigt weiterhin eine zurückhaltende Nachfrage bei Büros, Hotels und Einkaufszentren. Gleichzeitig stiegen die Genehmigungen baulicher Anträge für Industrie- und Logistikflächen deutlich an. Dies ist auf den gesteigerten Kapazitätsbedarfs in der Produktion, einem erhöhten Exportaufkommen und dem Ausbau des E-Commerce zurückzuführen.

Der Verkauf von Wohnimmobilien ging im ersten Halbjahr 2021 um 11 Prozent zurück. Die Anzahl der erteilten Baugenehmigungen legte jedoch kräftig zu. Mit den Zinssenkungen im Oktober könnte der Wohnungsbau wieder anziehen.

Ausgewählte Strukturdaten zur Bauwirtschaft in der Türkei

Strukturdaten

2019

2020

1. Halbjahr 2021

Veränderung in % *)

Wert der Bauleistungen (in Mrd. TL, zu laufenden Preisen)

233,9

264,9

80,9

31,3

  Anteil an BIP (in %)

5,4

5,2

5,5

5,9

Erteilte Baugenehmigungen

  Anzahl der Bauten

56.308

95.408

63.401

88,4

  Fläche (Mio. qm)

74,6

110,9

65,49

45,3

  Wert (Mrd. TL)

120,9

206,8

153,4

93,7

  Anzahl der Wohnungen

324.839

547.211

328.042

49,8

*) 1. Halbjahr 2020 zu 1. Halbjahr 2021; TL=Türkische LiraQuelle: Türkisches Statistikamt TÜIK 2021

Nutzungsrechte der Bauwirtschaft in der Türkei

Bezeichnung

2019

2020

1. Halbjahr 2021

Veränderung in % *)

Nutzungsrechte

  Anzahl der Bauten

94.067

77.679

39.287

19,0

  Fläche (Mio. qm)

150,5

122,0

57,1

3,3

  Wert (Mrd. TL)

244,4

225,3

133,0

37,7

  Anzahl der Wohnungen

740.470

599.889

279.635

3,4

*) 1. Halbjahr 2020 zu 1. Halbjahr 2021; TL= Türkische LiraQuelle: Türkisches Statistikamt TÜIK (2021)

Baugenehmigungen nach Sektoren

Sektor

2019

2020

1. Halbjahr 2021

Veränderung in % *)

Staatlich

5.711

5.060

3.293

50,6

Privat

49.898

89.204

59.586

93,9

Genossenschaft

699

1.144

522

-29,4

*) 1. Halbjahr 2020 zu 1. Halbjahr 2021Quelle: Türkisches Statistikamt TÜİK 2021

Baustoffindustrie kurbelt Produktion an

Die Baustoffnachfrage im Inland steigt IMSAD zufolge 2021 um 20 Prozent auf 490 Milliarden TL. Die Preise für Baumaterialien werden jedoch im Jahresdurchschnitt um 18 Prozent steigen.

Bei den Exporten von Baustoffen erwartet der Hersteller einen Anstieg um 12 Prozent auf 23,7 Milliarden US-Dollar. Wachstumstreiber sind neben einem deutlichen Nachfrageanstieg nach Baumaterialien im Ausland, steigende Exportkosten und der Inlandsmarkt wächst nur langsam, sodass der Fokus auf den Export gerichtet sein wird. Zuletzt erhöhe die Wechselkursschwäche der Türkischen Lira die Wettbewerbsfähigkeit.

Die Industrieproduktion von Baustoffen stieg IMSAD zufolge in den ersten sieben Monaten 2021 um knapp 28 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Den höchsten Produktionszuwachs gab es indes bei Sanitärkeramik mit knapp 60 Prozent. Die Produktion von Ziegeln stieg um 51 Prozent, Schloss- und Beschlagartikel um 46 Prozent, Eisen- und Stahlheizkörper sowie isolierte Kabel jeweils um 44 und Prozent. Vergleichsweise langsamer stieg die Fertigung von Metalltüren und –fenstern, Zement und Metallbau sowie Gebäudeteilen.

Rekordhohe Baupreise bescheren schwierige Zeiten 

Die Preiserhöhung der Baustoffe sind aktuell eines der größten Probleme der Bauherren und Bauunternehmer. Bis Juli 2021 betrug der jahresdurchschnittliche Preisanstieg bei Baustoffen sogar 57 Prozent. Laut Angaben des Verbands TOBB haben zwischen Juli 2020 und Juli 2021 insgesamt 6.188 Unternehmen, die für Wohn- und Nichtwohngebäude zuständig sind, den Betrieb eingestellt.

Im Vorjahr 2020 stiegen die Baukosten um 25 Prozent. Die Arbeitskosten legten um 14, die Baustoffpreise um 30 Prozent zu. Letztere stiegen insbesondere durch den schwachen Wechselkurs der Türkischen Lira.

Die Bauausgaben zu laufenden Preisen stiegen 2020 trotz, dass sich die Branche verkleinert hat, um 8 Prozent auf 628 Millionen TL. Um die Inflation bereinigt sind die Ausgaben jedoch um real 13,6 Prozent gesunken.

Geplante Bauprojekte in der Türkei


Projektbezeichnung

Investitions-summe (Mio. US$)

Projektstand; geplante Ausschreibung

Ansprechpartner

Sancaktepe Gesundheitscampus, Istanbul

2.000

Studie; März 2022

Türkisches Gesundheitsministerium 

Katastrophenvorsorgeschule, Izmir


300

EOI* für EPC Vertrag im April 2021 abgegeben; Dezember 2021

Privater Entwickler

Limak Hotel, Mersin

120

Studie; Oktober 2022

Limak Holding 

Osmangazi Kinderklinik für spastische Erkrankungen, Bursa

90

Studie; März 2022

Türkisches Gesundheitsministerium 

Elazig Palu Stadtkrankenhaus

60

Design, kurz vor Fertigstellung; Januar 2022

Türkisches Gesundheitsministerium 

Radisson Collection Resort & Spa, Bodrum


60

Studie; Juli 2022

Ant Yapi 

Sanko Hauptsitz, Istanbul

30

Design; Juli 2022

Sanko Holding 

* EOI = Expression of InterestQuelle: Meed Projects 2021

Projektgeschäft im Ausland

Türkische Bauunternehmen waren in den letzten Jahren unter anderem im Mittleren Osten, aber auch in Afrika sehr aktiv. Unter den größten 500 Kontraktoren weltweit sind 44 aus der Türkei. Im Ausland führten die türkischen Bauunternehmen 299 Projekte mit einem Auftragswert von 14,4 Milliarden US-Dollar durch. Die Anzahl der Projekte ist zurückgegangen, dafür stieg der durchschnittliche Auftragswert im Ausland auf 48 Milliarden US-Dollar. Davon waren 19 Prozent Wohnprojekte und 17 Prozent Verkehrsprojekte.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback

Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.