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Der Branchenverband erwartet ein Wachstum im Bauwesen. Vor allem die Vorhaben bezüglich Infrastruktur, Industrie und Logistik sowie die Baustoffproduktion entwickeln sich positiv.
29.10.2021
Von Katrin Pasvantis | Istanbul
Die weltweite Bauindustrie ging stark angeschlagen aus der Coronapandemie hervor. Der Verband der türkischen Baumaterialienproduzenten IMSAD (Türkiye İnşaat Malzemesi Sanayicileri Derneği) erwartet in seiner Juli-Prognose nun ein Plus für 2021 von real 3 Prozent. Maßgeblich für diese positive Entwicklung ist ein Basiseffekt aus den Rückgängen 2019 und 2020. Die Wirtschaftstätigkeit blüht auf und die Exportnachfrage bei Baumaterialien steigt an. Insbesondere, dass Geschäfte wieder öffnen durften und Coronamaßnahmen abgeschafft wurden, erleichtert den Auftrieb im Baugewerbe. Das Jahr 2020 schloss die Branche trotz zinsgünstiger Kredithilfen mit einem Minus von 3,5 Prozent ab.
Die Entwicklung in der Baubranche könnte besser ausfallen, als die im Juli von IMSAD prognostizierten 3 Prozent. Die Annahme basiert auf einem Wirtschaftswachstum in der Türkei von 4 Prozent. Analysten haben ihre Prognosen seit Sommer 2021 deutlich nach oben korrigiert. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet für 2021 mit einem Wachstum von real 9 Prozent, bevor es 2022 wieder auf rund 3 Prozent fallen soll.
Trotz der Wachstumsaussichten haben sich viele makroökonomische Kennzahlen 2021 verschlechtert. Die finanzielle Lage der Türkei ist durch eine expansive Geldpolitik der Zentralbank geschwächt. Die Türkische Lira (TL) hat deutlich an Wert verloren, die Inflation ist hoch, das Außenhandelsdefizit ist rasant gestiegen und die Währungsreserven sind niedrig. Analysten gehen davon aus, dass die Wechselkursschwäche der Türkischen Lira anhalten und die Inflation hoch bleiben wird.
2020/2019 | 2021/2020* | |
---|---|---|
Wirtschaftswachstum (in %) | 1,8 | 4,0 |
Wachstum der Baubranche (in %) | -3,5 | 3,0 |
Wachstum des Inlandsmarktes Baustoffe (in %, zu aktuellen Preisen) | 8,1 | 20,0 |
Baumaterialien Inlandsmarkt (in Mrd. TL) | 4081) | 4902) |
Wachstum der Baustoffexporte (in %) | -1,5 | 12,0 |
Baustoffexport (in Mrd. US$) | 21,21) | 23,72) |
Die Anzahl der Baubewilligungen im ersten Halbjahr 2021 zeigt weiterhin eine zurückhaltende Nachfrage bei Büros, Hotels und Einkaufszentren. Gleichzeitig stiegen die Genehmigungen baulicher Anträge für Industrie- und Logistikflächen deutlich an. Dies ist auf den gesteigerten Kapazitätsbedarfs in der Produktion, einem erhöhten Exportaufkommen und dem Ausbau des E-Commerce zurückzuführen.
Der Verkauf von Wohnimmobilien ging im ersten Halbjahr 2021 um 11 Prozent zurück. Die Anzahl der erteilten Baugenehmigungen legte jedoch kräftig zu. Mit den Zinssenkungen im Oktober könnte der Wohnungsbau wieder anziehen.
Strukturdaten | 2019 | 2020 | 1. Halbjahr 2021 | Veränderung in % *) |
---|---|---|---|---|
Wert der Bauleistungen (in Mrd. TL, zu laufenden Preisen) | 233,9 | 264,9 | 80,9 | 31,3 |
Anteil an BIP (in %) | 5,4 | 5,2 | 5,5 | 5,9 |
Erteilte Baugenehmigungen | ||||
Anzahl der Bauten | 56.308 | 95.408 | 63.401 | 88,4 |
Fläche (Mio. qm) | 74,6 | 110,9 | 65,49 | 45,3 |
Wert (Mrd. TL) | 120,9 | 206,8 | 153,4 | 93,7 |
Anzahl der Wohnungen | 324.839 | 547.211 | 328.042 | 49,8 |
Bezeichnung | 2019 | 2020 | 1. Halbjahr 2021 | Veränderung in % *) |
---|---|---|---|---|
Nutzungsrechte | ||||
Anzahl der Bauten | 94.067 | 77.679 | 39.287 | 19,0 |
Fläche (Mio. qm) | 150,5 | 122,0 | 57,1 | 3,3 |
Wert (Mrd. TL) | 244,4 | 225,3 | 133,0 | 37,7 |
Anzahl der Wohnungen | 740.470 | 599.889 | 279.635 | 3,4 |
Sektor | 2019 | 2020 | 1. Halbjahr 2021 | Veränderung in % *) |
---|---|---|---|---|
Staatlich | 5.711 | 5.060 | 3.293 | 50,6 |
Privat | 49.898 | 89.204 | 59.586 | 93,9 |
Genossenschaft | 699 | 1.144 | 522 | -29,4 |
Die Baustoffnachfrage im Inland steigt IMSAD zufolge 2021 um 20 Prozent auf 490 Milliarden TL. Die Preise für Baumaterialien werden jedoch im Jahresdurchschnitt um 18 Prozent steigen.
Bei den Exporten von Baustoffen erwartet der Hersteller einen Anstieg um 12 Prozent auf 23,7 Milliarden US-Dollar. Wachstumstreiber sind neben einem deutlichen Nachfrageanstieg nach Baumaterialien im Ausland, steigende Exportkosten und der Inlandsmarkt wächst nur langsam, sodass der Fokus auf den Export gerichtet sein wird. Zuletzt erhöhe die Wechselkursschwäche der Türkischen Lira die Wettbewerbsfähigkeit.
Die Industrieproduktion von Baustoffen stieg IMSAD zufolge in den ersten sieben Monaten 2021 um knapp 28 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Den höchsten Produktionszuwachs gab es indes bei Sanitärkeramik mit knapp 60 Prozent. Die Produktion von Ziegeln stieg um 51 Prozent, Schloss- und Beschlagartikel um 46 Prozent, Eisen- und Stahlheizkörper sowie isolierte Kabel jeweils um 44 und Prozent. Vergleichsweise langsamer stieg die Fertigung von Metalltüren und –fenstern, Zement und Metallbau sowie Gebäudeteilen.
Die Preiserhöhung der Baustoffe sind aktuell eines der größten Probleme der Bauherren und Bauunternehmer. Bis Juli 2021 betrug der jahresdurchschnittliche Preisanstieg bei Baustoffen sogar 57 Prozent. Laut Angaben des Verbands TOBB haben zwischen Juli 2020 und Juli 2021 insgesamt 6.188 Unternehmen, die für Wohn- und Nichtwohngebäude zuständig sind, den Betrieb eingestellt.
Im Vorjahr 2020 stiegen die Baukosten um 25 Prozent. Die Arbeitskosten legten um 14, die Baustoffpreise um 30 Prozent zu. Letztere stiegen insbesondere durch den schwachen Wechselkurs der Türkischen Lira.
Die Bauausgaben zu laufenden Preisen stiegen 2020 trotz, dass sich die Branche verkleinert hat, um 8 Prozent auf 628 Millionen TL. Um die Inflation bereinigt sind die Ausgaben jedoch um real 13,6 Prozent gesunken.
Projektbezeichnung | Investitions-summe (Mio. US$) | Projektstand; geplante Ausschreibung | Ansprechpartner |
---|---|---|---|
Sancaktepe Gesundheitscampus, Istanbul | 2.000 | Studie; März 2022 | |
Katastrophenvorsorgeschule, Izmir | 300 | EOI* für EPC Vertrag im April 2021 abgegeben; Dezember 2021 | Privater Entwickler |
Limak Hotel, Mersin | 120 | Studie; Oktober 2022 | |
Osmangazi Kinderklinik für spastische Erkrankungen, Bursa | 90 | Studie; März 2022 | |
Elazig Palu Stadtkrankenhaus | 60 | Design, kurz vor Fertigstellung; Januar 2022 | |
Radisson Collection Resort & Spa, Bodrum | 60 | Studie; Juli 2022 | |
Sanko Hauptsitz, Istanbul | 30 | Design; Juli 2022 |
Türkische Bauunternehmen waren in den letzten Jahren unter anderem im Mittleren Osten, aber auch in Afrika sehr aktiv. Unter den größten 500 Kontraktoren weltweit sind 44 aus der Türkei. Im Ausland führten die türkischen Bauunternehmen 299 Projekte mit einem Auftragswert von 14,4 Milliarden US-Dollar durch. Die Anzahl der Projekte ist zurückgegangen, dafür stieg der durchschnittliche Auftragswert im Ausland auf 48 Milliarden US-Dollar. Davon waren 19 Prozent Wohnprojekte und 17 Prozent Verkehrsprojekte.
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