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Branchen | USA | Möbel

Die Coronakrise hat den US-Möbelmarkt kräftig aufgewirbelt

Auf den Nachfrageansturm bei Wohnmöbeln waren nicht alle Firmen vorbereitet. Vor der Krise für viele undenkbar: Kein anderes Segment im US-Onlinehandel wächst derzeit so stark.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Da die Menschen nun weniger reisen und mehr Zeit zu Hause verbringen, wollen sie es aufwerten. Neben Heimbüro- legen sie sich in der Pandemiezeit daher auch neue Wohnmöbel zu.

Angebot von Wohnmöbeln hinkt der Nachfrage hinterher

Das Segment wächst in den USA so stark, dass das Angebot mit der Nachfrage kaum Schritt halten kann. Zum Teil liegt das am globalen Lieferkettenrückstau: In den US-Eingangshäfen liegen Schiffe mitunter bis zu neun Wochen, bevor sie entladen werden können. Besonders stark davon betroffen sind Großhäfen an der Westküste wie Los Angeles und Long Beach.  Dorthin werden neben Kleidung und Elektronik vor allem Möbel transportiert. 

Doch es fehlen auch Produktionskapazitäten: So mussten Kunden von La-Z-Boy im Frühjahr fünf bis neun Monate auf Sofas und andere Artikel warten. Der Polstermöbelhersteller aus Michigan hat daher in seinen US-Werken Wochenend- und Nachtschichten eingeführt und seine Produktionsanlagen in Mexiko erweitert.

Bei Matratzen und Bettwaren trotz Zuwächsen erste Sättigungstendenzen

Außerdem schnellten die Verkäufe von Betten und Schlafzimmermöbeln in die Höhe, wie Einzelhändler und Matratzenhersteller berichten. Da US-Kunden solche Produkte in der Coronazeit immer häufiger online kaufen, verzeichneten Unternehmen wie Tempur Sealy International, Casper Sleep und Purple Innovation 2020 ein starkes Umsatzwachstum, jeweils zwischen 20 und 50 Prozent. Mit 5 bis 6 Prozent wird bei Wohnmöbeln und Bettwaren auch 2021 nochmals ein ordentlicher Zuwachs in den USA erwartet.

In das Segment der Schlafzimmermöbel will nun die Lifestylemarke Parachute vordringen, die bisher vor allem Bettwäsche, Matratzen und Kissen im Programm hatte. Parachute will in den USA fortan auch Bettgestelle per Direktvertrieb an Endkunden verkaufen (Direct to Consumer; D2C). Eine Umfrage der Fachzeitschrift „Furniture Today“ im Juni/Juli 2021 offenbart jedoch auch Sättigungstendenzen: Danach gaben nur noch rund 17 Prozent der Befragten an, sich in den nächsten zwölf Monaten eine neue Matratze kaufen zu wollen. Bei Babyboomern – also Personen, die zwischen 1946 und 1964 geboren wurden – äußerte immerhin noch knapp ein Fünftel diese Absicht.

In US-Küchen sind vor allem maßgeschneiderte Einbaulösungen gefragt

Wie bereits im Vorjahr verzeichneten US-Hersteller von Küchenschränken in den ersten Monaten von 2021 erneut hohe Umsatzzuwächse. Laut dem US-Verband der Küchenmöbelhersteller KCMA war es von Januar bis Mai gegenüber demselben Vorjahreszeitraum ein Plus von knapp 22 Prozent. Einbauküchen nach Maß legten mit einem Plus von 24 Prozent leicht über Durchschnitt zu.

Gartenmöbelsegment wächst moderat, aber stetig

Auch Gartenmöbel und Zubehör dürften sich in den nächsten Jahren eines leichten Wachstums erfreuen: Laut Schätzungen des Technologieforschungs- und Beratungsunternehmens Technavio soll dieser Teilmarkt in den USA bis 2025 im Schnitt um rund 3 Prozent auf sodann fast 918 Millionen US$ zulegen.

Boom im Onlinemöbelhandel beschert Amazon und Wayfair gewaltige Zuwächse

Vorangetrieben haben das D2C-Geschäft mit Möbeln und Bettwaren vor allem die E-Commerce-Giganten Wayfair und Amazon. Laut „Furniture Today“ ist im Onlinehandel 2020 kein anderes Einzelhandelssegment so stark gewachsen wie dieses. Mehr Umsatz in dieser Produktkategorie erwirtschaften nur noch traditionelle Möbelhäuser wie Rooms To Go, Raymour & Flannigan und Havertys. Viele Einzelhändler mit Möbeln und Einrichtungsgegenständen, darunter Kirkland’s und Bed Bath & Beyond, schließen immer mehr Filialen und Läden. Pier 1 Imports verkauft im Zuge eines Sanierungsplans seine Produkte seit Ende 2020 nur noch online.

Für deutsche Möbelexporteure ist das US-Geschäft in der Pandemie schwieriger geworden

Von den Transport- und Logistikproblemen sind ausländische Anbieter im US-Geschäft noch stärker als heimische Produzenten betroffen. Zum einen ist es schwieriger geworden, Waren fristgerecht zu liefern. Zum anderen steigen die Kosten. So manches Unternehmen reagiert auf die hohen Frachtkosten und ersetzt zumindest einen Teil seiner Einfuhr durch mehr heimische Produktion: Aus dem Grund hat der US-Hersteller und -Importeur maßgefertigter Teppiche Delos im September weitere Tuftingmaschinen gekauft.

Die deutschen Möbelexporte in die USA gingen 2020 um rund ein Fünftel zurück. Seither haben sie sich noch nicht erholt. Zwar zog die deutsche Ausfuhr von Möbeln insgesamt im 1. Halbjahr 2021 wieder kräftig an: um fast 11 Prozent gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum. Dagegen stagnierten die deutschen Lieferungen in die USA bei rund 115,4 Millionen Euro.

Von den im Sommer 2018 erhobenen US-Sonderzöllen unter anderem auf Möbel aus China profitierte vor allem Vietnam: Das südostasiatische Land lieferte laut der Fachzeitschrift „Furniture Today“ 2020 Möbel im Wert von etwas mehr als 7,4 Milliarden US$ in die USA. Das war fast ein Drittel mehr als 2019.

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