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Branchen | Vereinigte Arabische Emirate | Bau

Baubranche verliert an Dynamik

Die Projektvergabe in der Baubranche der VAE verlangsamt sich. Künftig soll Digitalisierung das Wachstum des Sektors vorantreiben. 

Von Heena Nazir | Dubai

Der Bausektor ist ein wichtiger Bereich der emiratischen Wirtschaft, der etwa 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des Landes (Öl ausgenommen) ausmacht. In den letzten Jahren hat die Branche mehrere Höhen und Tiefen erlebt. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) hoffen, die Probleme des Industriezweigs durch  langfristige ausländische Investitionen sowie der Digitalisierung des Sektors zu beseitigen.

Projekte in Milliardenhöhe im Bau

Nach einer intensiven Bauphase rund um die Weltausstellung Expo 2020 in Dubai (von Oktober 2021 bis März 2022) fließen zwar weiterhin öffentliche Investitionen in die Branche, allerdings weniger als zuvor. Für das Jahr 2022 hat die Regierung den Staatshaushalt für den Infrastruktursektor um 7,4 Prozent gekürzt. Der verringerte Fokus der Regierung auf die Infrastruktur hängt unter anderem auch mit dem Ende der Megaprojekte im Zusammenhang mit der Großveranstaltung zusammen.

In Vorbereitung auf die Weltausstellung vergab die Regierung von Dubai 47 Bauaufträge im Gesamtwert von 3 Milliarden US-Dollar (US$) an lokale und ausländische Unternehmen. Die Transportbehörde von Dubai (RTA) gibt zusätzliche Vorhaben im Wert von umgerechnet 4 Milliarden US$ an, die mit dem Großevent zusammenhängen. Dazu gehört die Fertigstellung der Linie 2020 der Dubai Metro, der Bau von Straßen mit einer Gesamtlänge von 138 Kilometer und die Neuorganisation öffentlicher Buslinien und Bahnhöfe.

Die Zeit nach der Expo 2020

Die Bauwirtschaft der VAE sieht schwierigen Zeiten entgegen. Abgesehen von dem Ende der Infrastrukturvorhaben im Rahmen der Expo 2020 leidet die Branche seit Jahren unter Überkapazitäten. Bereits seit 2017 ist ein rückläufiger Trend bei den Auftragsvergaben für den Bau- und Transportsektor zu beobachten. Weiterhin stellen die negativen Auswirkungen der Covid-19-Krise und ein schwächeres Wirtschaftswachstum eine zusätzliche Belastungsprobe dar. Die Projektvergabe ist im Jahr 2020 auf 16 Milliarden US$ gefallen, den niedrigsten Stand seit 2011. Von den im Land geplanten oder laufenden Vorhaben im Wert von schätzungsweise 264 Milliarden US$ befinden sich derzeit mehr als die Hälfte im Bau. Zu den größten Vorhaben gehören zwei große Wohn- und Freizeitzentren in Dubai – Dubai Creek Harbour und das Projekt District 7 Meydan City – sowie der Abu Dhabi Midfield Terminal-Komplex.

Die Herausforderungen des Sektors setzen Unternehmen unter Druck, dem nicht alle standhalten können. Arabtech, einer der größten Baukonzerne im Mittleren Osten und Erbauer des höchsten Gebäudes der Welt – des Burj Khalifa – meldete im Jahr 2021 Insolvenz an. Das Unternehmen hat Verbindlichkeiten in Höhe von umgerechnet 2 Milliarden US$. Allein im Zeitraum von Januar bis Juni 2020 hat der Konzern Verluste im Wert von über 200 Millionen US$ hinnehmen müssen.

Unternehmen sind abhängig von Bankfinanzierungen

Die Finanzinstitutionen sind vorsichtiger bei der Vergabe von Krediten geworden und erhöhten die garantierten Margen von einer Rate von 5 bis 10 Prozent auf 25 bis 30 Prozent. Dies führte zu einer Verringerung der Liquidität von Auftragnehmern. Nach Angaben der Zentralbank der VAE betrug der Anteil des Bausektors an der gesamten Kreditvergabe der Geschäftsbanken im zweiten Quartal 2021 circa 20,3 Prozent gegenüber 19,5 Prozent im Jahr 2019. Unternehmen sehen sich außerdem einem starken globalen Anstieg für Baumaterialkosten, die im Jahr 2020 um mehr als 20 Prozent gestiegen sind.

Der Sektor dürfte kurz- bis mittelfristig aufgrund weiter steigender Rohstoffpreise und Verzögerungen bei der Fertigstellung von Projekten weiter unter Druck stehen. Experten rechnen mit Umschuldungen und Konsolidierungen. Höhere Ölpreise erhöhen die Liquidität regionaler Banken, aber die Finanzierung könnte immer noch ein Problem darstellen. Die Leitzinsen in den USA werden wahrscheinlich ab Mitte 2022 steigen. Entsprechend rechnet man auch in den VAE mit höheren Zinsen.

Öffentlich-private-Partnerschaften sollen Abhilfe schaffen

Der Trend geht landesweit zur stärkeren Beteiligung des Privatsektors an der Finanzierung von Vorhaben über öffentlich-private Projekte (Public-Private-Partnerships, PPP). Im Jahr 2020 wurden Ausschreibungen in Höhe von 2,7 Milliarden US$ im Rahmen der PPP angekündigt, was durch den Musataha-Vertrag (dieser ermöglicht es privaten Investoren, Immobilien auf staatseigenem Land für einen bestimmten Zeitraum zu bauen und zu betreiben) erleichtert wurde. Im Oktober 2021 kündigte das Finanzministerium von Dubai Projekte für die Summe von über 6,8 Milliarden US$ an.

Digitalisierung: Zukunft der Baubranche?

Die VAE verfolgen das ehrgeizige Ziel, der erfolgreichste Markt für die digitale Baubranche zu werden. Bereits im Dezember 2019 hat der Golfstaat die Beratungsstelle „UAE Council for the Fourth Industrial Revolution“ gegründet, um Innovationen in Zukunftstechnologien zu fördern. Unter anderem soll in den kommenden zehn Jahren ein Viertel aller Gebäude im Emirat Dubai im 3D-Verfahren gebaut werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: Es ist kostengünstig und effizient.

Das erste 3D-gedruckte Bürogebäude der Welt steht bereits in Dubai. Die Baumaterialien wurden in nur 17 Tagen gedruckt und das Gebäude in 48 Stunden aufgebaut. Dabei belaufen sich die Kosten für das so entstandene 250 Quadratmeter große Gebäude auf umgerechnet 140.000 US$. Weitere Vorhaben sind in der Planung: Zu den bekanntesten gehört das „Museum of the Future“. Auch hier wurden 3D-Technologien angewandt.

Weiterhin setzen die VAE auch auf Künstliche Intelligenz, die bei Scannern oder Datenverarbeitung angewendet werden kann. Lohnenswert erscheint es darüber hinaus, weitere Trends der digitalen Baubranche im Blick zu behalten: Internet of Things (IoT), Robotik, Automatisierung und Machine Learning werden die Zukunft des Bauens prägen.

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