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Branchen | Zentralamerika und Karibik | Erneuerbare Energien
In Zentralamerika dominiert Wasserkraft. Die Karibikinseln sind komplett von Öl und Gas abhängig. Wie sieht der Strommix in 20 Jahren aus und welche Geschäftschancen bieten sich?
02.02.2021
Von Sofia Hempel | Bonn
Beim Ausbau von Erneuerbaren Energien (EE) sind Zentralamerika und die Karibik unterschiedlich weit. Während Costa Rica Strom fast vollständig aus regenerativen Quellen gewinnt und auch andere Länder wie El Salvador und Guatemala stark auf grüne Energie setzen, stammt 90 Prozent des produzierten Stroms in der Karibik noch aus konventionellen Kraftwerken.
In den nächsten 20 Jahren wird sich der Strommix in der Region verändern. In Zentralamerika bleibt Wasserkraft zwar die wichtigste Ressource für die Stromproduktion, wie aus einem Branchenausblick der Lateinamerikanischen Energieorganisation (OLADE) hervorgeht. Sie hat anhand von energiepolitischen Zielen der einzelnen Länder ausgerechnet, dass bis 2040 zusätzlich 3.900 Megawatt durch den Bau von Wasserkraftwerken entstehen werden. Allerdings wird auch deutlich, dass die zentralamerikanischen Länder einen massiven Ausbau von Erdgasanlagen planen: Bis 2040 sollen über 7.000 Megawatt installiert werden, um die Stromversorgung langfristig sicherzustellen. Aktuell gibt es in der gesamten Region nur ein Erdgaskraftwerk. Dieses befindet sich in Panama und ging 2018 in Betrieb.
Neben Wasserkraft spielt Geothermie in einigen Ländern Zentralamerikas eine wichtige Rolle. Geht es nach den Ausbauplänen der Regierungen sollen die Kapazitäten bis 2040 um 140 Prozent auf 1.572 Megawatt anwachsen, wie aus dem Branchenausblick von OLADE hervorgeht.
Der Ausbau von Wind- und Solarenergie hat erst vor wenigen Jahren eingesetzt. OLADE prognostiziert, dass bis 2040 in Zentralamerika weitere 1.000 Megawatt durch den Bau von Wind- und 760 Megawatt durch den Bau von Solarkraftwerken entstehen werden. Der Ausbau von Windenergie wurde zuletzt am stärksten in Guatemala, dem bevölkerungsreichsten Land Zentralamerikas, vorangetrieben.
Zu den dynamischsten Fotovoltaikmärkten zählen Panama und vor allem El Salvador. Durch den Bau größerer Solarparks hat sich die installierte Leistung in El Salvador zwischen 2017 und 2019 um 235 Prozent auf rund 400 Megawatt erhöht. In den nächsten Jahren wollen die Länder weiter in den Ausbau investieren, auch wenn sich bereits geplante Projekte wegen der Coronabeschränkungen verschieben werden. So hat das staatliche Energieunternehmen El Salvadors, Comisión Ejecutiva Hidroeléctrica del Río Lempa, angekündigt, den Bau eines über 40 Millionen US-Dollar teuren Solarparks auf 2021 zu verlegen.
Der in der Region bislang größte Solarmarkt Honduras gilt dagegen als gesättigt. Innerhalb weniger Jahre hat sich das 10-Millionen-Einwohnerland zum viertgrößten Fotovoltaikmarkt in ganz Lateinamerika entwickelt. Mittelfristig kalkuliert das Energieministerium allerdings nur noch mit einem Zubau von 32 Megawatt für das zentrale Stromnetz.
Auf den Karibikinseln soll sich der EE-Anteil an der Stromproduktion in den nächsten 20 Jahren verdoppeln: Von 10 auf 20 Prozent, so die Prognosen der Energieorganisation OLADE. Die Länder wollen hierzu Biomasse-, Wind- und Solarkraftwerke ausbauen.
Im bevölkerungsreichsten Inselstaat Kuba sollen bis 2030 sogar fast ein Viertel des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Sowohl ausländische Privatfirmen als auch kubanische Staatsbetriebe bauen derzeit Fotovoltaik-, Wind- und Bioenergieanlagen auf, auch unter deutscher Beteiligung. So hat sich die installierte Leistung von Fotovoltaikanlagen zwischen 2017 und 2019 mehr als verdoppelt - auf 140 Megawatt. Der Ausbau könnte schneller verlaufen, doch langwierige Genehmigungsverfahren und die Monopolstellung des Stromversorgers UNE (Unión Eléctrica) bremsen Projekte aus. Und nicht zuletzt die schwierigen Finanzierungsbedingungen.
Zu den dynamischsten Windenergiemärkten der Karibik und Zentralamerikas gehört die Dominikanische Republik. Innerhalb von zwei Jahren sind auf dem Inselstaat zusätzlich 236 Megawatt installiert worden, so dass das Land im Jahr 2019 mit 370 Megawatt über die zweithöchste Windenergiekapazität nach Costa Rica verfügte. Wer in der Dominikanischen Republik aktiv werden will, sollte sich allerdings auf eine überbordende Bürokratie einstellen und mit gutvernetzten Marktexperten zusammenarbeiten.
Geschäftschancen in der Region bieten auch dezentrale Lösungen. Das zeigt das Beispiel des deutschen Start-ups Balance of Storage Systems (BOS). Im Jahr 2019 installierte das Neu-Ulmer Unternehmen mit seinem lokalen Partner Innovative Business Solutions (IBS) fünf Solarspeichersysteme in Honduras - drei in Hotels auf der karibischen Inselkette Bay Islands und zwei in Rathäusern auf dem karibischen Festland. Die Idee dahinter: Kunden in ländlichen Gebieten mit Strom versorgen, wo kein staatliches Netz hinreicht und wo sich die Menschen mit Dieselgeneratoren behelfen. Auch wenn das Arbeiten in solchen Gegenden wegen tagelanger Tropenstürme und einer schlechten Logistik riskant sei, ist Marvin Trochez, Geschäftsführer bei IBS überzeugt: "Die Nachfrage nach verlässlicher Energie ist sehr groß."
Und das gilt für viele Kommunen in Zentralamerika. Das deutsch-honduranische Konsortium will seine Speicherlösungen daher langfristig in der gesamten Region verkaufen. Sophie Heitz von der Deutschen Energie-Agentur (dena) bewertet die Erfolgsaussichten durchaus positiv: "BOS hat sich einen etablierten lokalen Partner gesucht, zudem arbeitet das Konsortium mit einer spanischen Nichtregierungsorganisation zusammen, die in ganz Zentralamerika aktiv ist und sogar eine Vorfinanzierung mitbringt."
Dena hat BOS bei der Umsetzung des Pilotprojektes unterstützt, nachdem es bei einer Ausschreibung im Rahmen des Exportförderprogramms Renewable-Energy-Solutions-Programm (RES) im Jahr 2018 gewonnen hatte. "Und gerade wurde ein neues Projekt mit einem deutschen KMU in Nicaragua gestartet", so Heitz.