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Zuständige Gerichte

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Wer seine Forderungen vor Gericht durchsetzen möchte, muss sich zunächst klar darüber werden, wo er dies machen kann. Er muss also seine Gegenpartei vor dem zuständigen Gericht verklagen.

Bei Gerichtsprozessen zwischen Parteien aus Dänemark und Deutschland muss hierzu geklärt werden, ob die dänischen oder deutschen Gerichte den Streit entscheiden dürfen. Das Gericht, vor dem man klagt (oder verklagt wird), muss also international zuständig (international kompetence) sein. Anschließend muss man sich bewusst machen, an welchem Ort in diesem Staat geklagt werden muss. Dafür muss man wissen, ob es (zum Beispiel wegen der Höhe der Forderung oder des besonderen Gegenstandes des Streits) speziellen Gerichten vorbehalten ist, in dem Fall zu entscheiden. Dies bezeichnet man als sachliche Zuständigkeit (saglig kompetence). Zudem muss das jeweilige Gericht innerhalb seines Staates örtlich zuständig (stedlig kompetence) sein.

Internationale Zuständigkeit

Bei Streitigkeiten zwischen dänischen Dienstleistungserbringern und deutschen Dienstleistungsempfängern richtet sich im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Frage der internationalen und örtlichen Zuständigkeit zunächst nach der EuGVVO. Bis zum 9.1.2015 galt die EuGVVO in der Fassung der Verordnung (EG--Europäische Gemeinschaft) Nr.--Nummer 44/2001 (Brüssel-I-Verordnung). Dänemark war zunächst an die am 1.3.2002 in Kraft getretene EuGVVO nicht gebunden, da es sich nicht an der Annahme der Verordnung beteiligt hat. Erst auf Grund eines am 19.10.2005 in Brüssel unterzeichneten und am 1.7.2007 in Kraft getretenen Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark findet die EuGVVO auch für Dänemark Anwendung. Die Brüssel-I-Verordnung wurde zum 10.1.2015 durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-Ia-Verordnung) ersetzt. Dänemark hat der Europäischen Kommission mit Schreiben vom 20.12.2013 mitgeteilt, dass es die Verordnung umsetzen wird. Dänemark hat zur Brüssel-I-Verordnung das Durchführungsgesetz Nr. 1563 vom 20.12.2006 (Lov om Bruxelles I-forordningen m.v.) erlassen. Dieses wurde u.a.--unter anderen durch das Gesetz Nr. 518 vom 28.5.2013 (Lov om ændring af lov om Bruxelles I-forordningen m.v.) geändert. Die nachfolgenden Änderungsgesetze zählt das dänische Gesetzesportal unter "Senere ændringer til forskriften" oben in der Spalte rechts neben dem Gesetzestext auf.

Welche Fassung der EuGVVO im konkreten Fall gilt, hängt davon ab, wann das Verfahren eingeleitet wurde (vgl.--vergleiche zum zeitlichen Anwendungsbereich der Fassungen der EuGVVO den Abschnitt Anerkennung / Vollstreckung dieses Länderberichts).

Gerichtsstandsvereinbarungen sind dabei grundsätzlich zulässig. Unter einer Gerichtsstandsvereinbarung versteht man eine Vertragsklausel, die bestimmt, an welchem Ort oder vor welchem Gericht bei Streitigkeiten geklagt werden darf. Es ist also möglich, mit einer Gerichtsstandsvereinbarung die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts vertraglich zu regeln. Auch wenn gemäß Artikel 23 Brüssel-I-Verordnung beziehungsweise Artikel 25 Brüssel-Ia-Verordnung nicht nur schriftliche Gerichtsstandsvereinbarungen möglich sind, ist eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien ratsam. Allerdings kann sich bei Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung bei bestimmten Angelegenheiten, zum Beispiel Versicherungs- und Verbraucherverträgen, deren Unwirksamkeit ergeben. 

Fehlt eine Gerichtsstandsvereinbarung im Vertrag, sind nach Artikel 2 Brüssel-I-Verordnung beziehungsweise Artikel 4 Brüssel-Ia-Verordnung grundsätzlich die Gerichte des Wohnsitzstaates des Beklagten international zuständig. Für juristische Personen wie zum Beispiel eine GmbH wird (mangels Wohnsitzes) auf den satzungsmäßigen Sitz, die Hauptverwaltung oder die Hauptniederlassung abgestellt.

Beim grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehr ist allerdings die besondere Zuständigkeit nach Artikel 5 Brüssel-I-Verordnung beziehungsweise Artikel 7 Brüssel-Ia-Verordnung zu beachten.

Danach kann trotz Wohnsitzes in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union (beispielsweise Deutschland) der Dienstleistungsempfänger an dem Ort verklagt werden, an dem die Dienstleistung nach dem Vertrag erbracht worden ist oder hätte erbracht werden müssen (beispielsweise Dänemark).

Denkbar sind im Ergebnis folgende Fälle, in denen in Streitigkeiten deutscher gewerblicher Dienstleistungsempfänger mit dänischen Dienstleistern vor einem dänischen Gericht zu klagen wäre:

  1. Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung sieht dies ausdrücklich vor.
  2. Bei Fehlen einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung: der Beklagte (Dienstleistungsempfänger oder auch Dienstleistungserbringer) hat seinen Wohnsitz beziehungsweise Geschäftssitz in Dänemark
  3. Besonderheit: Wurde die Dienstleistung in Dänemark erbracht oder hätte sie nach Vertrag in Dänemark erbracht werden müssen, so kann auch vor einem dänischen Gericht geklagt werden.

Der Inhalt der Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit ist größtenteils unverändert geblieben. Insofern kann für weitere Informationen auf den Überblick über die Verordnung (EG) Nr. 44/2001, den das europäische Gesetzgebungsportal Eur-Lex in deutscher Fassung anbietet, verwiesen werden. Es bietet darüber hinaus einen Überblick über die durch Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 eingeführten Neuerungen beispielsweise im Zusammenhang mit der Vereinbarung von Gerichtstandsvereinbarungen.

Die örtliche und sachliche Zuständigkeit des dänischen Gerichts bestimmt sich im Anschluss an die Feststellung der internationalen Zuständigkeit nach den nationalen Vorschriften des dänischen Rechts.

Örtliche und sachliche Zuständigkeit

Die Organisation und die Zuständigkeiten der dänischen Gerichte sowie die vor ihnen geltenden Verfahren sind in der dänischen Prozessordnung (Retsplejeloven) niedergeschrieben. Diese liegt derzeit in der Gesetzesbekanntmachung Nr.--Nummer 1445 vom 29.9.2020 vor, allerdings gab es danach bereits Änderungen. Die nachfolgenden Änderungsgesetze zählt das dänische Gesetzesportal unter Senere ændringer til forskriften in der Spalte links neben dem Gesetzestext auf.

Der Gerichtsaufbau der ordentlichen Gerichte, die für den deutschen Dienstleistungsempfänger als relevanteste Gerichte anzusehen sind, stellt sich nach Kapitel 1 (§§ 1 ff.--folgende) Retsplejeloven wie folgt dar:

  • 24 Amtsgerichte (byretter)
  • 2 Landgerichte (landsretter): Westliches Landgericht in Viborg (Vestre Landsret) und das Östliche Landgericht in Kopenhagen (Østre Landsret) - See- und Handelsgericht in Kopenhagen (Sø- og Handelsretten)
  • Oberster Gerichtshof (Højesteret)

Die Regeln über die sachliche Zuständigkeit in Dänemark enthält vornehmlich Kapitel 21 (§§ 224 ff.) Retsplejeloven.

Hiernach ist grundsätzlich das Amtsgericht in bürgerlichen Sachen sachlich zuständig, wenn im Gesetz nicht ausdrücklich etwas anderes angeordnet wird (§ 224 Retsplejeloven). Das Amtsgericht kann die Rechtssache auf Antrag einer Partei entweder an das Landgericht (§ 226 Retsplejeloven) oder See- und Handelsgericht (§ 227 Retsplejeloven) verweisen, sofern sie prinzipiellen Charakter hat.

Spezielle erstinstanzliche Zuständigkeiten hat auch das See- und Handelsgericht (§ 225 Retsplejeloven), insbesondere bei Rechtsstreitigkeiten mit internationalem Bezug, im Zusammenhang mit dem Konkursgesetz sowie gewerblichen Rechtsschutz.

Die örtliche Zuständigkeit der dänischen Gerichte ist in Kapitel 22 (§§ 235 ff.) Retsplejeloven geregelt.

Sofern gesetzlich nichts Anderes vorgesehen ist, ist das Gericht zuständig, in dessen Gerichtsbezirk der Beklagte seinen Wohnsitz hat (§ 235 Retsplejeloven). Handelt es sich um eine Gesellschaft, so ist das Gericht zuständig, in dessen Gerichtsbezirk ihre Hauptverwaltung (hovedkontoret) liegt (§ 238 Retsplejeloven). Dies nennt man auch allgemeiner Gerichtsstand.

Besondere Gerichtsstände sieht die Prozessordnung u.a.--unter anderen in folgenden Fällen vor:

  • Klage gegen einen Unternehmer: Gericht, von dessen Gerichtsbezirk aus er sein Unternehmen führt (§ 237 Retsplejeloven)
  • im Zusammenhang mit Grundstücken: Gericht, in dessen Gerichtsbezirk das Grundstück belegen ist (§ 241 Retsplejeloven)
  • bei Vertragsverhältnissen: Gericht, in dessen Gerichtsbezirk die Verpflichtung erfüllt wurde oder erfüllt werden soll (§ 242 Retsplejeloven)
  • im Zusammenhang mit Strafen und Schadensersatz anlässlich einer Rechtsverletzung: Gericht, in dessen Gerichtsbezirk die Rechtsverletzung stattfand (§ 243 Retsplejeloven)
  • bei einer Forderung, für die eine Arrestanordnung ergangen ist, sofern der Arrest nicht durch eine Sicherheit abgewendet wurde: Gericht, in dessen Gerichtsbezirk der Arrest durchgeführt wurde oder durchgeführt wird (§ 246a Retsplejeloven)

In diesen Fällen kann der Kläger zwischen dem allgemeinen und besonderen Gerichtsstand wählen, d.h. er entscheidet, ob er die Klage lieber am Wohnsitz / Geschäftssitz des Beklagten erheben oder sich auf die besondere Zuständigkeit des Gerichts berufen möchte.

Das Internetportal der dänischen Gerichte (Danmarks Domstole) bietet weitere Informationen zum dänischen Justizsystem. Auch finden sich die Adressen zu den einzelnen Gerichten. Darüber hinaus kann der für einen bestimmten Ort zuständige Gerichtsbezirk und damit das örtlich zuständige Gericht über eine Suchmaske durch Eingabe der Adresse gefunden werden.


Rechtsmittel

Hat ein dänisches Gericht ein Urteil erlassen, kann dagegen nach Kapitel 36 (§§ 368 ff.--folgende) Retsplejeloven grundsätzlich Berufung eingelegt werden:

  • Eines der beiden Landgerichte (Vestre Landsret oder Østre Landsret) ist Berufungsinstanz für Urteile des Amtsgerichts (byret) (§ 368 Absatz 1 Satz 1 Retsplejeloven). Beträgt der Streitwert nicht mehr als 20.000 dkr (etwa 2.678 Euro), kann gegen das Urteil nur mit Zustimmung des Rechtsmittelausschusses (Procesbevillingsnævnet) Berufung eingelegt werden (§ 368 Absatz 1 Satz 2 Retsplejeloven). Dieser kann die Berufung zulassen, wenn es sich um eine Sache prinzipiellen Charakters handelt oder besondere Gründe vorliegen. Die Zulassung zur Berufung muss beim Ausschuss grundsätzlich innerhalb von vier Wochen nach der Verkündung des Urteils beantragt werden (§ 368 Absatz 2 Retsplejeloven).
  • Gegen erstinstanzliche Urteile des Landgerichts kann beim Obersten Gerichtshof (Højesteret) Berufung eingelegt werden (§ 368 Absatz 3 Retsplejeloven).
  • Gegen Urteile des See- und Handelsgerichts kann beim Obersten Gerichtshof oder einem der beiden Landgerichte Berufung eingelegt werden. Beim Obersten Gerichtshof wird Berufung eingelegt, wenn es sich um eine Sache prinzipiellen Charakters handelt und diese generelle Bedeutung für die Rechtsanwendung und -entwicklung hat oder von wesentlicher gesellschaftlicher Tragweite ist oder wenn besondere Gründe vorliegen (§ 368 Absatz 4 Retsplejeloven).

Die Berufung muss innerhalb von vier Wochen nach Verkündung des Urteils eingelegt werden (§ 372 Absatz 1 Retsplejeloven).

Gegen Urteile, die das Landgericht in zweiter Instanz, also als Berufungsinstanz, gefällt hat, kann grundsätzlich keine Revision eingelegt werden (§ 371 Absatz 1 Satz 1 Retsplejeloven). Allerdings kann auch hier der Rechtsmittelausschuss die Revision zum Obersten Gerichtshof zulassen, wenn die Sache von grundsätzlicher Bedeutung ist (§ 371 Absatz 1 Satz 2 Retsplejeloven). Der Antrag hierfür muss grundsätzlich innerhalb von vier Wochen nach Verkündung des Urteils gestellt werden (§ 371 Absatz 2 Retsplejeloven).

Germany Trade & Invest (Stand: 12.7.2021)

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