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Special | Italien | EU-Förderung

EU-Förderung in Italien

Italien ist einer der Hauptempfänger der europäischen Aufbaugelder und will diese einmalige Chancen nutzen, um das Land auf breiter Front zu modernisieren. 

Von Oliver Döhne | Mailand

Mittelzuweisungen für Italien 2021-2027 (Zuschüsse, in Milliarden Euro)

Förderprogramm

Betrag *

Aufbau- und Resilienzfazilität

68,9

Kohäsionspolitische Mittelzuweisungen, darunter 

42,7

  Europäischer Sozialfonds Plus (ESF+)

14,8

  Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)

26,3

  Kohäsionsfonds

0

*) Alle Angaben zu laufenden PreisenQuelle: EU-Kommission 2022

  • Förderung im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität

    Italien erhält aus der Fazilität mehr als 190 Milliarden Euro. Die Mittel sollen vor allem in die Digitalisierung, die Mobilität und die Nachhaltigkeit fließen (Stand: August 2021). 

    Mit einer gewissen Erleichterung nahm Italiens Premierminister Mario Draghi am 22. Juni 2021 die Zustimmung der Europäischen Kommission für Italiens Recovery Plan auf. Darin teilt die Regierung die erwarteten 191,5 Milliarden Euro auf sechs Felder auf: Digitalisierung, grüner Wandel, Infrastruktur/nachhaltige Mobilität, Bildung/Forschung, Inklusion/Kohäsion sowie Gesundheit. 

    Mission Digitalisierung

    Hauptadressat der Maßnahmen für die Digitalisierung ist die verarbeitende Industrie. Diese kann in den kommenden Jahren von großzügigen Steuergutschriften beim Kauf von Industrie 4.0-Ausrüstung ausgehen. Im Recovery Plan sind dafür rund 13,4 Milliarden Euro vorgesehen. Diese gelten auch für den Kauf deutscher Ausrüstung, sofern sie in Betrieben in Italien zum Einsatz kommt. Für Anschaffungen von Industrie 4.0-Maschinen im Wert von bis zu 2,5 Millionen Euro können bis zu 50 Prozent an Steuergutschriften geltend gemacht werden, für Software 20 Prozent. Ab einem bestimmten Wert ist ein technisches Gutachten nötig, das bestätigt, dass die Anlage in die förderungswürdige Kategorie fällt. Hier können unter anderem Zertifizierungsgesellschaften wie TÜV,  Dekra oder Rina weiterhelfen.

    Ein weiterer Schwerpunkt der Digitalisierung ist der flächendeckende Ausbau des Ultrabreitband- und 5G-Netzes, besonders in abgelegenen Landesteilen. Für diesen Zweck sind 6,7 Milliarden Euro eingeplant. Das ursprünglich angedachte Einheitsnetz für das Ultrabreitband, das durch die Zusammenführung der staatlich kontrollierten Open Fiber und der mehrheitlich privaten TIM realisiert werden sollte, scheint vorerst vom Tisch zu sein.

    Insgesamt sollen 9.000 Schulgebäude, 12.000 Gesundheitszentren und 18 kleineren Inseln digital angeschlossen werden. Bis 2026 will Italien landesweit eine Mindestdatengeschwindigkeit von 1 Gigabyte/Sekunde gewährleisten. Auch die Satellitentechnik wird im Plan genannt. 

    Die öffentliche Verwaltung soll rund 9,8 Milliarden Euro für den digitalen Wandel erhalten. Öffentliche Ausschreibungen werden vereinfacht und beschleunigt werden, so die Pläne. Für die öffentlich Beschaffung von Telekommunikations- und Informationstechnologie will Italien eine White List zertifizierter Lieferanten aufstellen, ein Fast Track-Verfahren einführen und schnelle Vergleiche zertifizierter Anbieter ermöglichen.

    Wichtige Themen sind die Migration in die Cloud, Cybersecurity und die Interoperabilität von IT-Systemen. Eine wichtige Rolle kommt dabei der staatlichen Beschaffungsorganisation Consip zu. Weitere Mittel für die digitale Wende fließen in den Tourismussektor, in Restaurations- und Energieeffizienzmaßnahmen von Sehenswürdigkeiten, Museen, Theatern und Unterkünften. Potenzielle Kunden sind hier sowohl private wie auch staatliche Einrichtungen.

    Grüne Revolution

    Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit, für die 60 Milliarden Euro bereitgestellt werden, sind der größte Posten in Italiens Recovery Plan. Die Zahl der Projekte ist groß.

    Für den größten Bereich "Erneuerbare Energie, Wasserstoff, Netz und nachhaltige Mobilität" sind insgesamt knapp 24 Milliarden Euro vorgesehen, davon 5,9 Milliarden für erneuerbare Energien. Hier stehen die Förderung von Selbstversorgern, Biomethan und Agrovoltaik (Solarzellen über Anbauflächen) im Fokus. Rund 3,6 Milliarden Euro sollen in den Ausbau von Smart Grids fließen.

    Im Zentrum des Einsatzes von Wasserstoff stehen energieintensive Sektoren wie Stahl, Zement, Glas und Papier. Hier sollen elektrische Öfen, die mit Wasserstoff betrieben werden, fossile Brennstoffe ablösen. Außerdem testet Italien den Einsatz von Wasserstoff auf ausgewählten Bahnstrecken und Autobahnen. Für den lokalen Transport sind 8,6 Milliarden Euro vorgesehen, davon 3,6 Milliarden Euro für die Anschaffung grüner Busse und Züge, weitere 3,6 Milliarden für neue U-Bahnstrecken und Straßenbahnen. 

    Eine höhere Energieeffizienz der Gebäude will Italien über hohe Steuergutschriften im Rahmen des Förderinstruments Superbonus erreichen. Insgesamt rund 15 Milliarden Euro stehen dafür bereit, ein interessantes Feld für deutsche Hersteller von Fenstern, Türen, Wärmepumpen, Isolierungen, auch Berater könnten hiervon profitieren. Die Kreislaufwirtschaft erhält rund 5,2 Milliarden Euro, davon 1,5 Milliarden Euro für neue Anlagen und die Modernisierung bestehender Anlagen. Ansprechpartner sind die lokalen Entsorgungsunternehmen wie A2A, Hera und Iren. 600 Millionen Euro sind eingeplant für Leuchtturmprojekte für das Recycling von Kunststoffen und Abfällen im Meer.

    Rund 500 Millionen Euro fließen in die Innovation und Mechanisierung der Agrarwirtschaft, in Precision Farming und andere Anwendungen der Landwirtschaft 4.0. Ein weitere wichtiger Posten ist der Boden- und Gewässerschutz, für den insgesamt rund 15 Milliarden Euro bereitstehen. 

    Mobilität, Bildung, Gesundheit

    Mit rund 25 Milliarden Euro erhält der Bahnsektor einen großen Teil des Recovery-Geldes. Im Mittelpunkt der geplanten Projekte stehen die Hochgeschwindigkeitsstrecken im Norden, die Italien mit Europa verbinden, aber auch im bisher sträflich vernachlässigten Süden. Deutsche Unternehmen sind beliebte Lieferanten bei der italienischen Bahn, die den größten Teil ihres Materials über die Infrastrukturtochter RFI beschafft.

    Weitere Förderschwerpunkte sind die Aus- und Weiterbildung, insbesondere was die Digitalisierung betrifft. Hier könnten sich Chancen für Berater und Bildungsanbieter ergeben. Nicht zuletzt wird der Gesundheitssektor modernisiert und erhält dafür rund 15,6 Milliarden Euro, unter anderem 7,4 Milliarden Euro für eine Modernisierung seines Technologieparks. So sollen unter anderem 3.133 größere elektromedizinische Anlagen beschafft werden. Für rund 7 Milliarden Euro will Italien die Telemedizin und die Heimversorgung ausbauen. Die Beschaffung dürfte zum großen Teil über das Consip-Portal erfolgen. 

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Förderung im Rahmen der Kohäsionspolitik

    Ergänzend zum Recovery Fund gehen über die EU-Strukturprogramme erneut umfangreiche Mittel nach Italien. Schwerpunkt ist die regionale Entwicklung im Süden. 

    Italien erhält von der Europäischen Union (EU) im Rahmen der kohäsionspolitischen Förderung für die Jahre 2021 bis 2027 Zuschüsse in Höhe von 42,7 Milliarden Euro für soziale, wirtschaftliche und territoriale Entwicklungsprojekte, mit einem Schwerpunkt auf dem strukturschwachen Süden des Landes. Davon kommen 26,3 Milliarden Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, 14,8 Milliarden Euro aus dem Europäischen Sozialfonds Plus, etwa 1 Milliarde Euro aus dem Just Transition Fund (Fonds für einen gerechten Übergang) und 519 Millionen Euro aus dem Europäischen Meeres- und Fischereifonds. Gemeinsam mit der Kofinanzierung der italienischen Regierung stehen insgesamt rund 75 Milliarden Euro bereit. 

    Gewichtung der strategischen Ziele der EU-Strukturprogramme in Italien

    Ziel

    Zuschüsse der EU (in Mrd. Euro)

    Fonds *)

    Schwerpunkte

    Ein intelligenteres Europa

    9,5

    EFRE

    Innovation, Digitalisierung, Konnektivität, Aufwertung Humankapital 

    Ein grüneres Europa

    9,3

    EFRE, EMFF

    Emissionssenkung, Energieeffizienz, nachhaltige Mobilität, Erosions- und Gewässerschutz, Biodiversität

    Ein verbundeneres Europa

    1,6

    EFRE

    Regionale Bahnstrecken, intermodale Logistik, Häfen 

    Ein sozialeres und inklusiveres Europa

    17,1

    ESF+

    Aus- und Weiterbildung, Dozentenbildung, Arbeitskräftevermittlung, Inklusion marginalisierter und diskriminierter Gruppen

    Ein bürgernäheres Europa

    2,2

    EFRE, ESF+

    Revitalisierung der Städte, digitale öffentliche Dienstleistungen, Verwaltungsbildung

    *) EFRE: Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, ESF+: Europäischer Sozialfonds Plus, EMFF: Europäischer Meeres- und FischereifondsQuelle: Ministerium für den Süden und die territoriale Kohäsion 2022

    Regionale und zentrale Strukturprogramme im Fokus

    Die finanziellen Mittel gehen zum Teil direkt in die Regionen und zum Teil in landesweite Programme. Von den EU-Zuschüssen fließen 42,2 Milliarden Euro in insgesamt 38 regionale Programme, inklusive nationale Kofinanzierung sogar 48,5 Milliarden Euro. Davon sind 73,8 Prozent für die "weniger entwickelten Regionen" Sizilien (7,4 Milliarden Euro, inklusive nationaler Kofinanzierung), Kampanien (7 Milliarden Euro), Apulien (5,6 Milliarden Euro), Kalabrien (3,2 Milliarden Euro), Sardinien (2,3 Milliarden Euro), Basilikata (1 Milliarde Euro) und Molise (0,4 Milliarden Euro) vorgesehen.

    Weitere 3,5 Prozent der Zuschüsse fließen an die "Regionen in Transition" Abruzzen (1,1 Milliarden Euro), Umbrien und Marken (beide 0,8 Milliarden Euro) sowie 22,6 Prozent in die "weiter entwickelten" restlichen Regionen Italiens. Die landesweiten Programme bekommen hingegen 25,6 Milliarden Euro und sind ebenfalls thematisch untergliedert. 

    Umsetzung in nationale Programme

    Nationales Programm

    Zuschüsse (in Mrd. Euro)

    Fonds*

    Ziel

    Forschung, Innovation, Wettbewerbsfähigkeit, grüner und digitaler Wandel

    5,6

    EFRE

    Weniger entwickelte Regionen

    Jugend, Frauen, Arbeit

    5,1

    ESF+

    Landesweit

    Inklusion, Armutsbekämpfung

    4,1

    EFRE, ESF+

    Landesweit

    Schule und Kompetenzen

    3,8

    EFRE, ESF+

    Landesweit

    Metro Plus und mittelgroße Städte im Süden 

    3,0

    EFRE, ESF+

    Metropolen, Städte im Süden

    Kohäsionskapazität

    1,3

    EFRE, ESF+

    Landesweit

    Just Transition Fund

    1,2

    JTF

    Taranto, Sulcis Iglesiente

    Kultur

    0,6

    EFRE, ESF+

    Weniger entwickelte Regionen

    Gleichheit in der Gesundheit

    0,6

    EFRE, ESF+

    Weniger entwickelte Regionen

    Rechtssicherheit

    0,2

    EFRE

    Weniger entwickelte Regionen

    * EFRE: Europäischer Fonds für regionale Entwicklung, ESF+: Europäischer Sozialfonds Plus, JTF: Just Transition FundQuelle: Ministerium für den Süden und die territoriale Kohäsion 2022

    Strukturfonds komplementär zum Recovery Fonds

    Die Zuschüsse sollen die Mittel des Next Generation EU-Pakets ergänzen und haben trotz thematisch gleicher Zielrichtung oft andere Adressaten. So zielen die Zuschüsse für Mobilität und Bahnstrecken eher auf regionale Verbindungen, Bahnhöfe und funktionale Logistikeinrichtungen, während der Recovery Plan einen Schwerpunkt bei Hochgeschwindigkeitsstrecken setzt. Im Energiesektor liegt der Schwerpunkt der Strukturprogramme darauf, die Effizienz beim finalen Nutzer zu erhöhen, während der Recovery Fund Themen wie Wasserstoff und innovative erneuerbare Energien wie Offshore-Windkraft und Agrivoltaik angeht.

    In der Datenkonnektivität und Digitalisierung steht bei den Strukturprogrammen die letzte Meile der Anschlüsse im Vordergrund, insbesondere in schwieriger zugänglichen ländlichen, weniger bevölkerten Regionen, Berglandschaften und auf kleineren Inseln. Dagegen adressiert  der Recovery Plan größere Themen wie den landesweiten 5G-Ausbau, Satelliten und die Digitalisierung der zentralen Verwaltung.

    Ein Schwerpunkt ist die öffentliche Verwaltung

    Ein Fokus der Strukturgelder liegt darauf, die Kompetenzen in der öffentlichen Verwaltung zu erhöhen, damit diese die zahlreichen anstehenden Projekte effizient und möglichst reibungslos vergeben und unterstützen können. Außerdem ist der Zugang der vielen marginalisierten Bevölkerungsschichten zum Arbeitsmarkt, nicht zuletzt die vielen arbeitslosen Jugendlichen im Süden, eines der zentralen Anliegen Italiens bei der Verwendung der EU-Strukturgelder. Vom Erwerb neuer Kompetenzen bis zur Weiterbildung von Dozenten und der Unterstützung bei Unternehmensgründungen ist eine Vielzahl von Hilfsmaßnahmen geplant.

    Ein weiteres Anliegen ist es, veraltete und problematische Industrieregionen zu modernisieren. Eine besondere Rolle spielen hier der Stahlkomplex in Taranto in Apulien und die Kohleabbauregion Sulcis auf Sardinien, für deren Sanierung im Just Transition Fund mehr als 1 Milliarde Euro vorgesehen ist. In günstigere, saubere und sichere Energie, in Investitionen in die Dekarbonisierung und in Kreislaufwirtschaft sowie in energieeffiziente Renovierungen öffentlicher Gebäude sollen insgesamt 8,7 Milliarden Euro fließen. Über den Europäischen Meeres- und Fischereifonds will Italien mit rund 1 Milliarde Euro eine nachhaltige Nutzung der Gewässer sicherstellen. 

    Grenzüberschreitende Projekte geplant

    Zudem wird Italien von 2021 bis 2027 an 19 grenzüberschreitenden EU-Programmen beteiligt sein. Partnerländer sind zum Beispiel Griechenland, Frankreich, die Schweiz, Österreich, Malta, Slowenien und Kroatien. Außerdem gibt es Programme, an denen mehrere Partnerländer beteiligt sind. Zu diesen gehören IPA Ionisches Meer, IPA südliche Adria, Alpenregion, Zentraleuropa, Euromed, NexMed, Interreg Europa, Urbact IV, Espon 2030 und Interact. Dafür erhält Italien von der EU Zuschüsse von 948 Millionen Euro und kofinanziert weitere 300 Millionen Euro.

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Kontaktadressen

    Institution

    Anmerkungen

    Vertretung der Europäischen Kommission in Italien

    Auskunfts- und Beratungsstelle für EU-programme 

    Regionalpolitik Italiens

    Europäische Fonds für regionale Entwicklung und Kohäsionsfonds 

    Ministero dello Sviluppo Economico 

    Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung

    Agenzia per la Coesione territoriale

    Agentur für Regionalentwicklung

    Dipartimento per le Politiche Europee presidenza del Consiglio dei Ministri

    Direktion für europäische Angelegenheiten Italiens

    Rete Italiana dei centri di documentazione Europea

    Europäisches Dokumentationszentrum für Italien

    Consip 

    Beschaffungsportal für öffentlichen Verwaltung

    Portale gare d'appalto del ministero delle infrastrutture e della mobilità sostenibile

    Ausschreibungsportal

    OPEN BDAP

    Datenbank der öffentlichen Verwaltung

    OPEN CUP

    Daten zu öffentlichen Investitionsentscheidungen 

    Deutsche Botschaft in Rom

    Vertretung Deutschlands in Italien

    AHK Italien

    Vertretung der deutschen Wirtschaft in Italien

    InfoAppalti

    Internet Portal


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