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Special Ägypten

In Ägypten spielen soziale Aspekte eine Rolle

Obwohl seit 2011 eine Gründungswelle durch Ägypten rollt, sind so gut wie keine Zahlen zu Start-ups verfügbar. Die Datenlage im Land ist auch allgemein eher schwierig. Diese Tatsache betrifft auch Vertreter neuer Unternehmen. Gründer haben vielfach Schwierigkeiten, an verfügbare, aktuelle und bezahlbare Informationen selbst zu ihrer eigenen Branche oder zur Konkurrenzsituation darin zu kommen. Eine oft zitierte Zahl ist ein Risiko von 80 bis 90 Prozent, mit einem Start-up zu scheitern.

Eindeutige Boombranchen für Gründer existieren in Ägypten nicht. Häufig fällt auf, dass junge Unternehmen Lücken schließen, die vom Markt oder Staat nicht ausgefüllt werden. Dieses gilt zum Beispiel bei Vergleichs-, Vermittlungs- oder Bewertungsportalen. In einem Land mit sehr unterschiedlich qualifizierten und dienstleistungsorientierten Handwerkern sind verlässliche Empfehlungen besonders wertvoll. Ähnliche Geschäftsideen beziehen sich auf die Suche nach guten Ärzten oder bewährten haushaltsnahen Dienstleistern. Die von einer niedrigen Basis aus wachsenden erneuerbaren Energien ziehen ebenfalls Start-ups an. Manche neuen Unternehmen stammen aus den Bereichen Technik und Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT), andere sind in den Feldern Mode, Design und Kunsthandwerk aktiv.

Für die zumeist jungen Teams der neuen Unternehmen scheint außerdem der Themenkomplex Umwelt und Nachhaltigkeit eine größere Rolle zu spielen, als das insgesamt in Ägypten der Fall ist. Oft integrieren die Gründer soziale Ansätze ganz selbstverständlich, ohne sich als explizites „social start-up“ zu bezeichnen. Mit Aquaponiksystemen bezahlbare Nahrungsmittel ohne Pestizidrückstände zu erzeugen, in ländlichen Regionen handwerkliche Arbeitsplätze durch die Verarbeitung lokaler Rohstoffe zu schaffen oder entlegenen Orten durch dezentrale Solarlösungen erstmals elektrischen Strom zu bringen sind Beispiele für solche Ansätze. Die regionalen Gegensätze und die schwierige finanzielle Situation vieler Ägypter spornt viele Jungunternehmen dazu an, auch etwas für die Gesellschaft zu tun.

Kairo ist das Gründerzentrum

Obwohl Ideen in verschiedenen Landesteilen entstehen, ist Kairo die eindeutige Gründungshochburg in Ägypten. Ende 2015 kürte Forbes die Stadt sogar als einen der zehn Top-Standorte zur Gründung eines Start-ups. Zu dieser Bedeutung trägt sicher auch bei, dass die Stadt über bedeutende nationale und internationale Universitäten verfügt und das politische und wirtschaftliche Zentrum Ägyptens ist. Mit dem RiseUp Summit findet seit 2013 jährlich eine vielbeachtete Veranstaltung zu Unternehmertum und Innovation in Kairo statt.

Zu den am Markt erfolgreichen Start-ups zählt Instabug, eine Gründung von 2012. Das Unternehmen startete mit der Idee, Hinweise auf Programmierfehler einfach durch das Schütteln des Endgeräts zu übermitteln. Auch der 2008 gegründete mobile Bezahldienst Fawry zählt zu den bekanntesten Gründungen der vergangenen zehn Jahre. Fawry konnte früh finanzkräftige und erfahrene Partner gewinnen und ist heute mit 75.000 Servicepunkten in 300 ägyptischen Städten vertreten. Im Mai 2018 vereinbarte Fawry mit der Metrogesellschaft in Kairo, auch die Bezahlung von Fahrkarten online anzubieten. Für 2018 strebt das Unternehmen an, Transaktionen im Gesamtwert von rund 1,7 Milliarden Euro nach 1,2 Milliarden Euro im Vorjahr abzuwickeln.

In der noch jungen Solarbranche Ägyptens tauchen häufig die Namen zweier Start-ups auf. KarmSolar entstand 2011 und vermarktet Pump- und Bewässerungssysteme ebenso wie große netzgebundene oder Offgrid-Energiestationen. Das Tochterunternehmen KarmBuild fokussiert sich auf den energieeffizienten und nachhaltigen Gebäudebau. Solartechnik wird dabei bereits in das Gebäudedesign einbezogen. SolarizEgypt bietet Fotovoltaikgesamtlösungen an und finanziert, entwirft, installiert und betreibt entsprechende Anlagen. Das Unternehmen wurde 2013 gegründet. Erst im November 2017 ging die App Halan online. Das stark wachsende Start-up koordiniert Fahrgemeinschaften für Motorräder und Tuktuks. Laut eines Medienberichts verzeichnete Halan innerhalb der ersten Monate mehr als 100.000 Downloads und vermittelt täglich eine vierstellige Anzahl von Fahrten.


Text: Oliver Idem

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