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Türkische Chemieindustrie erwartet Erholung

Die Nachfrage in wichtigen Abnehmerbranchen zieht an. 

Von Katrin Pasvantis | Istanbul

Die chemische Industrie schloss das Jahr 2020 mit einem Rückgang ab. Dabei entwickelten sich einzelne Segmente durchaus positiv und einzelne Unternehmen erzielten kräftige Zuwächse. Für das laufende Jahr lassen die Entwicklungen in den Abnehmersektoren ein positives Gesamtergebnis für die Chemie erwarten.

Nachfrage der Kfz-Industrie könnte wieder steigen

Besonders negativ betroffen waren im letzten Jahr Erzeugnisse für die Kfz-Industrie, wie Lacke, Beschichtungen, Kunststoffe und Kunstfasern. Im Jahr 2020 wurden in der Türkei weniger Fahrzeuge produziert (Pkw: -13 Prozent, Kfz: -8 Prozent). Mittlerweile zieht die Nachfrage in wichtigen Exportmärkten wieder an. In den ersten sechs Monaten 2021 stieg analog die türkische Produktion von Pkw und Nutzfahrzeugen in allen Segmenten mit Ausnahme von Bussen (Pkw: +15 Prozent; Nutzfahrzeuge: +43 Prozent). Diese Entwicklung lässt auch für die Zulieferer aus der Chemieindustrie auf ein positives Jahresergebnis 2021 hoffen.

Covid-19 hat die Konsumgewohnheiten geändert

Durch die Coronapandemie hat sich die Verpackungsindustrie stark entwickelt. Zudem gab es einen erheblichen Anstieg der Nachfrage nach Hygiene- und Reinigungsprodukten. Branchenvertreter erwarten, dass sich Verbrauchergewohnheiten dauerhaft geändert haben und der Nachfrageanstieg in diesen Bereichen anhalten wird.

Negative Auswirkungen der Pandemie waren im Dienstleistungssektor zu beobachten, etwa durch zeitweise Schließungen von Hotels, Restaurants, Friseurgeschäften oder Einkaufszentren etc. Zum 1. Juli 2021 hat die türkische Regierung die Coronabeschränkungen umfassend gelockert. Der Tourismus zieht wieder an, bleibt aber weiter deutlich unter dem Vor-Pandemieniveau.

Pharmaexporte lassen nach

Die türkische Pharmaindustrie konnte ihre Exporte angetrieben durch die Coronapandemie 2020 um 29 Prozent auf 1,7 Milliarden US-Dollar (US$) steigern. Der Wachstumstrend hielt jedoch nicht an. Die Ausfuhren waren in den ersten sechs Monaten 2021 rückläufig. Die beiden größten Exportmärkte sind Branchenberichten zufolge Südkorea und der Irak. Weitere bedeutende Absatzmärkte sind die Länder der Europäischen Union (EU) und die USA.

Während der Pandemie ist der türkische Pharmamarkt laut dem Fachverband IEIS geschrumpft. Die Anzahl der 2020 im Inland verkauften Packungen ging um 7 Prozent auf 2,2 Milliarden Stück zurück. Dabei blieben die Importe mit 300 Millionen Packungen auf dem Vorjahresniveau. Auf der anderen Seite legte der Absatz von Gesundheitsprodukten wie Vitamin- und Nahrungsergänzungsmitteln um kräftige 34 Prozent zu, wie die Wirtschaftszeitung Dünja meldete.

Düngemittelnachfrage legt kräftig zu

Im Agrarsektor ist die Nachfrage nach chemischen Erzeugnissen Branchenberichten zufolge erheblich gestiegen. Die Preise für Düngemittel haben sich 2020 gegenüber dem Vorjahr im Durchschnitt mehr als verdoppelt. Der Branchenriese Gübretas produzierte eigenen Angaben zufolge in den ersten sechs Monaten 2021 rund 42 Prozent mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Der Absatz von Festdünger stieg um 12 Prozent, der von Flüssig- und Pulverdünger um 27 Prozent. Gübretas baut eine neue NPK-Mehrstoffdüngeranlage mit einer Jahreskapazität von 200.000 Tonnen in Iskenderun, die 2023 die Produktion aufnehmen soll.

Die umsatzstärksten Düngemittelunternehmen der Türkei 2020

Unternehmen

Umsatz (Millionen TL)

Export (Milionen US$)*)

Standort/Provinz

Gübre Fabrikalari (Gübretas)

5.414

170

Istanbul

Toros Tarim

4.337

106

Istanbul

Istanbul Gübre

3.328

k.A.

Kocaeli

Gemlik Gübre

1.510

12

Bursa

*) Durchschnittlicher Wechselkurs 2020: 1 US$ = 7,02 Türkische Lira (TL)Quelle: Wirtschaftsmagazin „Capital“ Nr. 8/2021

Pandemie treibt auch türkische Verbraucher in die Baumärkte

Die Anbieter von Produkten für die Bauindustrie beobachteten durch die Pandemie eine steigende Nachfrage in den Baumärkten und über E-Commerce-Kanäle nach Produkten für Reparaturen und die Heimrenovierung. Die Nachfrage nach Farben und Lacken, aber auch Silikonen und Klebstoffen ist gestiegen. Ob dieser Trend anhält, bleibt abzuwarten.

Kunststoffindustrie investiert in Maschinenpark

Die Produktion von Kunststoffen ist Schätzungen des Fachverbands PAGDER zufolge im 1. Halbjahr 2021 um 13 Prozent auf 5,4 Millionen Tonnen gestiegen. Die Ausfuhren legten um 22 Prozent zu. Die Nachfrage zog besonders bei Kunststofffolien für Verpackungen, technischen Kunststoffen und Kunststoffbauprodukten an. 

Die Kunststoffindustrie investierte im 1. Halbjahr 2021 rund 500 Millionen US$ in Maschinen und Ausrüstungen, rund 29 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode, meldet der Fachverband PAGEV. Auf importierte Technik entfielen rund 339 Millionen US$.

Kunststofferzeugnisse in der Türkei

Messgröße

1. Halbjahr 2020

(1.000 t)

1. Halbjahr 2021

(1.000 t)

1. Halbjahr 2020 (Millionen US$)

1. Halbjahr 2021 (Millionen US$)

Produktion

4.800

5.400

16.600

20.600

Import

290

333

1.345

1.675

Export

1.082

1.320

2.465

3.438

Inlandsnachfrage

4.000

4.400

15.400

18.800

Quelle: Kunststoffverband Pagev 2021

Polisan Kimya hat Pressemeldungen zufolge den Grundstein für eine neue Harzfabrik gelegt. Die Produktion soll im April 2024 anlaufen und die Kapazität bei Harzen um 30 Prozent steigern. Polisan Kimya hat bei auf Formaldehyd basierten Harzen einen Marktanteil von 40 Prozent.

Produktionsindex (2010 = 100) *)

Industriezweig (NACE Rev 2)

2018

2019

 2020

1.Halbjahr 2021

19 Koks und raffinierte Erdölprodukte

90

116

111

107

20 Chemikalien und chemische Erzeugnisse

114

115

122

145

21 Arzneimittel

123

140

152

159

22 Kautschuk- und Kunststoffprodukte

118

112

118

137

*) Saison- und kalenderbereinigte JahresdurchschnittswerteQuelle: Türkisches Statistikamt TÜIK 2021

Chemieexporte legen kräftig zu

Der Chemiesektor konnte im 1. Halbjahr 2021 seine Exporte um 40 Prozent auf 12 Milliarden US$ steigern, meldete der Istanbuler Verband der Exporteure von Chemikalien und chemischen Fertigprodukten, IKMIB (Veränderungen stets gegenüber der vergleichbaren Vorjahresperiode). Für das Gesamtjahr prognostiziert IKMIB Ausfuhren in Höhe von 23 Milliarden US$.

Türkische Ausfuhr ausgewählter Chemieerzeugnisse (in Millionen US$; Veränderung in Prozent)

SITC

Produktgruppe

2019

2020

1. Halbjahr 2021

Veränderung 1. Halbjahr 2021/1. Halbjahr 2020

51

Organische chemische Erzeugnisse

598

373

298

109,9

52

Anorganische chemische Erzeugnisse

1.833

1.099

657

24,7

53

Farbmittel, Gerbstoffe, Farben (und Lacke)

848

817

503

47,5

54

Medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse

1.319

1.704

786

-4,6

55

Ätherische Öle, Körperpflege-, Putz- und Reinigungsmittel etc.

1.619

1.879

908

8,5

56

Düngemittel (ausgenommen solche der Gruppe 272)

298

283

200

69,4

57

Kunststoffe in Primärformen

1.425

1.251

1.089

92,7

58

Kunststoffe in anderen Formen als Primärformen

2.575



2.727

1.700

39,0

59

Andere chemische Erzeugnisse und Waren

988

1.306

659

-1,3

Quelle: Türkisches Statistikamt TÜIK 2021

Hohe Importabhängigkeit

Von den steigenden Exporten der türkischen Chemieindustrie profitieren auch die internationalen Zulieferer. Die Importabhängigkeit in der türkischen Chemieindustrie ist hoch. Rund 70 Prozent der verwendeten Rohstoffe werden importiert und 30 Prozent lokal hergestellt. Die beiden bedeutendsten Lieferländer chemischer Erzeugnisse gemessen am Wert der Importe waren 2020 die VR China und Deutschland, es folgten mit Abstand Südkorea, Saudi-Arabien, die USA, Belgien und Frankreich. Bei Technologien ist die Türkei in hohem Umfang auf Importe angewiesen.

Regierung legt Förderprogramm zur Stärkung lokaler Fertigung auf

Der Chemie- und Gesundheitssektor wurde in das staatliche Investitionsförderprogramm "Technology-Oriented Industry Move Program" aufgenommen. Unterstützt werden können 421 Produkte und Investitionen in 80 innovative Technologien, die zuvor identifiziert wurden.

Türkischer Import anorganischer chemischer Elemente, Oxide und Halogensalze (SITC 522, in Millionen US$, Veränderung in Prozent)

SITC-Rev.4

Produktbezeichnung

2019

2020

1. Halbjahr 2021

Veränderung 1. Halbjahr 2021/ 1. Halbjahr 2020

522

Anorganische chemische Elemente, Oxide und Halogensalze

1.103,7

974,1

642,3

25,6

   Deutschland

76,6

74,1

42,1

22,0

522.1

Kohlenstoff (einschl. Ruß), a.n.g.

245,4

203,8

148,3

51,0

522.2

andere chemische Elemente

34,1

49,5

36,6

53,1

522.3

Anorganische Säuren und anorganische Sauerstoffverbindungen der Nichtmetalle

239,3

180,9

148,9

52,9

522.4

Halogen oder Schwefelverbindungen der Nichtmetalle

1,4

1,7

1,2

50,0

522.5

Zink, Chrom, Mangan, Eisen, Cobalt, Titan u. Bleioxide

55,9

52,9

28,6

13,9

522.6

Andere anorganische Basen und Metalloxide –hydroxide

533,1

485,2

278,7

4,8

Quelle: Türkisches Statistikamt TÜIK 2021

Türkischer Import von Metall- und Peroxosalzen der anorganischen Säuren (SITC 523, in Millionen US$, Veränderung in Prozent)

SITC-Rev.4

Produktbezeichnung

2019

2020

1. Halbjahr 2021

Veränderung 1. Halbjahr 2021/ 1. Halbjahr 2020

523

Metallsalze und Peroxosalze der anorganischen Säuren

364,8

360,9

195,7

10,4

  Deutschland

64,1

61,4

35,6

15,9

523.1

Fluoride, Fluorosillicate, Fluoroaluminate u.a. Fluorosalze

10,1

12,3

7,9

19,7

523.2

Chloride, Chloridoxide und Chloridhydroxide, Bromide

19,2

21,3

14,2

32,7

523.3

Hypochlorite, handelsübliches Calciumhypochlorit

7,5

7,6

4,0

-20,0

523.4

Sulfide, Polysulfide, Dithionite, Sulfite, Thiosulfate,

73,6

68,9

41,9

19,4

523.5

Nitrite, Nitrate

34,9

39,6

14,2

-5,3

523.6

Phosphinate (Hypophosphite) Phosphonate (Phosphite)

43,9

46,4

26,8

10,7

523.7

Carbonate, Peroxocarbonate (Percarbonate)

93,4

74,3

39,1

5,1

523.8

Andere Metallsalze und Peroxosalze der anorganischen Säuren

95,6

90,5

47,6

9,7

Quelle: Türkisches Statistikamt TÜIK 2021

Türkischer Import von anderen anorganischen chemischen Erzeugnissen (SITC 524, in Millionen US$, Veränderung in Prozent)

SITC-Rev.4

Produktbezeichnung

2019

2020

1. Halbjahr 2021

Veränderung 1. Halbjahr 2021/ 1. Halbjahr 2020

524

Andere anorganische chemische Erzeugnisse

66,2

71,0

42,7

24,9

  Deutschland

8,2

7,6

6,1

35,6

524.3

Salze der Metallsäuren, organische und anorganische Verbindungen der Edelmetalle

22,6

28,2

18,7

32,6

524.9

Anorganische und organische chemische Erzeugnisse

43,6

42,8

24,0

20,0

Quelle: Türkisches Statistikamt TÜIK 2021

Türkischer Import von radioaktiven Stoffen (SITC 525, in Millionen US$, Veränderung in Prozent)

SITC-Rev.4

Produktbezeichnung

2019

2020

1. Halbjahr 2021

Veränderung 1. Halbjahr 2021/ 1. Halbjahr 2020

525

Radioaktive Stoffe und dergleichen

26,3

25,4

14,4

33,3

  Deutschland

1,4

1,2

0,6

20,0

525.1

Radioaktive chemische Elemente und radioaktive Isotope

22,2

21,2

11,7

31,5

525.9

Stabile Isotope und ihre Verbindungen

4,1

4,2

2,7

42,1

Quelle: Türkisches Statistikamt TÜIK 2021

Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in der Türkei

Akteur

Projekt

Investitionssumme

(Mio. US$)

Anmerkungen

SOCAR

Mercury Petrochemiekomplex in Izmir, Kapazität: 1,25 Mio. tpa Terephthalsäure PTA, 840.000 tpa PX, 340 tpa Benzol

2.000

BP ist nicht mehr mit dem Projekt verbunden; SOCAR verhandelt mit anderen Unternehmen über Investitionen und wird voraussichtlich bis 2022 die endgültige Investitionsentscheidung für das Projekt treffen

Bayegan/Sonatrach/Ronesans

Polypropylen Produktion in der Ceyhan Industriezone in Adana; 450.000 tpa

1.400

Projekt befand sich gemäß der letzten Aktualisierung im Dezember 2020 in der Studienphase

SASA Polyester/Sanayi AS

PTA Anlage in Adana, 1,5 Mio. tpa

935

Bauarbeiten sollen bis März 2023 abgeschlossen sein

Eti Maden

Schwefelsäure-Anlage, 350.000 tpa

175 

Bauarbeiten werden voraussichtlich im 1. Quartal 2023 abgeschlossen sein

Ceyport Tekirdag


Bau eines Chemielagerterminals mit einer Lagerkapazität von 300.000 m3

150 

Oktober 2020: Planungsphase; Dezember 2026: geplante Fertigstellung

Tüpras Kirikkale

Schwefelrückgewinnungsanlage

53 

Geplante Fertigstellung Oktober 2024; Hauptauftragnehmer: Tekfen Construction.

Gübretas

Düngemittelfabrik, 200.000 tpa

k.A.

NPK-Verbunddüngemittel-Anlage; geplante Fertigstellung 2023.

Quelle: Meed Projects September 2021 sowie Pressemeldungen 2020 und 2021

Kontaktadressen

Bezeichnung

Anmerkungen

Türkiye Kimya Sanayicileri Dernegi (TKSD)

Verband der türkischen Chemieindustrie

Plastik Sanayicileri Dernegi (PAGDER)

Verband der Kunststoffindustrie

Boya Sanayicileri Dernegi (BOSAD)

Verband der Farbenindustrie

Türk Plastik Sanayicileri Vakfı (PAGEV)

Stiftung der Kunststoffindustrie

Ilac Endüstrisi Isverenler Sendikasi (IEIS)

Arbeitgeberverband der Pharmaindustrie

Kimya Mühendisler Odasi

Kammer der Chemieingenieure

Turkchem Chem Show Eurasia*)

Fachmesse Istanbul, alle zwei Jahre, geplant  24. bis 26. November 2022

Plast Eurasia*)

Fachmesse der Kunststoffindustrie Istanbul, geplant vom 1. bis 4. Dezember 2021

*) Wegen der Corona-Maßnahmen werden Messen teilweise verschoben oder online durchgeführt. Bitte aktuelle Meldungen beachten.

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