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Special Ägypten

Ägyptens Unterstützung für Jungunternehmer wächst

Seit der Revolution 2011 verzeichnet Ägypten eine wachsende Gründungs- und Innovationskultur. Während vorher der öffentliche Dienst mit seinen sicheren Arbeitsplätzen für viele Absolventen das angestrebte Ziel war, wird die unternehmerische Selbstverwirklichung zunehmend populärer. Der Global Entrepreneurship Monitor 2016/2017 (GEM) ermittelte, dass der soziale Status erfolgreicher Unternehmer und das Unternehmertum als Karriereoption in Ägypten einen besonders hohen Stellenwert genießen.

Kairo ist der lokale Dreh- und Angelpunkt für Start-ups und verfügt mit Abstand über das größte Ökosystem mit zahlreichen Inkubatoren. Schon seit 2010 fördert das staatliche Technology Innovation and Entrepreneurship Center (TIEC) die Informations- und Kommunikationstechnologiebranche und nimmt Jungunternehmen für ein Jahr unter seine Fittiche. Der Inkubator Injaz Egypt ist eine Nichtregierungsorganisation, die für drei bis sechs Monate Unternehmen beherbergt. Der Inkubator Gesr gehört zur Stiftung Misr el-Kheir und konzentriert sich auf Projekte in den Bereichen Wasser, Energie, Nahrungsmittel, Bildung und Gesundheit mit einer Unterstützungsdauer von sechs bis zwölf Monaten.

Bedaya wurde 2011 von der General Authority for Investment and Free Zones als Inkubator gegründet. Ziel ist es, jungen Unternehmen den Zugang zu finanziellen und anderweitig unterstützenden Dienstleistungen zu erleichtern. Das AUC Venture Lab war 2013 der erste Inkubator einer Universität in Ägypten, der American University in Kairo. Es richtet sich an Unternehmen in der Früh- und Wachstumsphase und verzichtet als nicht gewinnorientierter Inkubator auf Anteile an den Start-ups. Dass nicht nur in Kairo die Musik spielt, belegt ein neues Projekt in Suez mit technischem Fokus. Das Wagniskapitalunternehmen Innoventures, die Universität Suez und die Academy of Scientific Research and Technology (ASRT) planen einen "Start-up-Reaktor". Dieser ist Teil eines landesweiten Inkubatorprogramms der ASRT namens INTILAC.

Der Accelerator Flat6Labs plant ein gemeinsames Programm mit der europäischen Förderbank EBRD. Über einen Zeitraum von vier Jahren sollen Start-ups von praxisorientierten Workshops, spezialisierten Beratern und Aktivitäten zur Geschäftsplanung profitieren. Falak ist der Accelerator des staatlichen Programms Fekretak Sherketak (Deine Idee ist Dein Unternehmen), das junge Menschen und Unternehmertum fördert. An Falak ist auch die lokale Investmentbank EFG Hermes beteiligt.

Ein traditionsreicher Standort ist der Technologie- und Innovationspark GrEEK Campus, der bereits seit 1964 im Zentrum Kairos besteht. Enpact aus Berlin eröffnete hingegen erst im Mai 2018 ein „Start-up-Haus“ im lebendigen Downtown Cairo. Die Initiative wird unter anderem vom Auswärtigen Amt getragen und organisiert neben Räumlichkeiten auch Mentoringprogramme und Delegationsreisen. Die in verschiedenen Stadtteilen entstehenden Coworking Spaces bilden ebenfalls eine Basis für junge Unternehmen.

Noch 2016 landete Ägypten bei der staatlichen Unternehmensförderung lediglich auf Platz 56 von 65 Ländern im Global Entrepreneurship Monitor (GEM). Seitdem verstärkt sich das Engagement jedoch durch Initiativen wie Fekretat Sherketak. Die staatliche Information Technology Industry Development Agency (ITIDA) fördert kleine Unternehmen aus den Bereichen Softwaredesign und Elektronikfertigung durch Beratung und vergünstigte Kredite. Auch die deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit ist aktiv und arbeitet im Rahmen der Stärkung des Privatsektors und von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) mit jungen ägyptischen Firmen.

Für technologiebasierte Gründungen können auch Technologiezonen wie das Smart Village (mit Inkubatoren) oder der Cairo Technology Park in Kairo sowie die geplante Knowledge City in der neuen Verwaltungshauptstadt Anknüpfungspunkte bilden. Letztere soll aus Vertretungen ausländischer Universitäten, Forschungseinrichtungen und einem regionalen Softwareexportzentrum bestehen. Ägyptische Schulen sind bislang kein Hotspot unternehmerischer Bildung, wie Rang 64 von 65 im GEM 2016 unterstreicht.

Risikobereitschaft der Kapitalgeber wächst langsam

Der GEM 2016 sieht Ägypten bei der Unternehmensfinanzierung auf Platz 44 von 65 Ländern. Zu Beginn stützen sich Gründer oft auf Eigenkapital von Familien, Freunden und Bekannten. Einige bemängeln, dass sie klassische Bankkredite meistens erst dann ohne größere Hürden erhalten können, wenn das Unternehmen bereits mehrere Jahre erfolgreich arbeitet. Insbesondere der Weg bis dahin ist oft steinig, wenn Finanzmittel besonders dringend benötigt werden, aber nur schwer verfügbar sind.

Die Unterstützung für Start-ups in der Frühphase verbessert sich aber offenbar. Das Nachrichtenportal Enterprise berichtete von einem Finanzierungsrekord. In den ersten fünf Monaten 2018 vermeldeten zehn Unternehmen Investitionen von insgesamt 17,8 Millionen US-Dollar. Gegenüber dem Vorjahr entsprach das einem Plus von rund 21 Prozent. In späteren Phasen stützen sich Finanzierungen oft auf Investoren aus der Region. Damit verbindet sich der Vorteil, dass diese auch Wissen über Märkte außerhalb von Ägypten besitzen.

Laut Forbes Middle East zielt der große internationale Wagniskapitalfonds und Accelerator „500 Startups“ verstärkt auf die MENA-Region (Middle East and North Africa) ab. Im Mai 2017 mobilisierte der Fonds erste 15 Millionen US$ zur Unterstützung junger Unternehmen in der Region. Cairo Angels als Netzwerk von Investoren in Kairo ist zu einer bekannten Adresse geworden. Ein auch in den Medien präsenter Angel-Investor in Ägypten ist Khaled Ismail. Sein Unternehmen KIAngel stellt Startkapital für Unternehmen bereit. Ismail legt besonderen Wert darauf, dass Gründer Gelegenheiten und den richtigen Zeitpunkt ausreichend berücksichtigen.

Häufig steht bei der Betrachtung von Start-ups die Finanzierungsfrage im Mittelpunkt. Neben den Finanzen sollte jedoch auch die Bedeutung von Mentoring und Beratung zu Themen wie Recht und Steuern nicht unterschätzt werden. Unternehmen sind mit vielen Fragen konfrontiert und können von erfahrenen Ratgebern sehr stark profitieren und verbreitete Fehler vermeiden. In der Anfangsphase ebenso berufserfahrenes wie auch bezahlbares Personal zu finden, stellt Gründer immer wieder vor eine knifflige Aufgabe. Entsprechend verzeichnen viele Unternehmen eine hohe Fluktuation.


Text: Oliver Idem

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